Telemedicus Fragen zur Bundestagswahl

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Deadline Di, 30. Juni 2009 verlängert bis Freitag, 3. Juli 2009, 19:00h

verantwortlicher Redakteur:


Pressemitteilung (ENTWURF! veraltet und nicht veröffentlicht)
Thema: Telemedicus Fragen zur Bundestagswahl
Ersteller: Bernhard Schillo
Status: in Arbeit
Verantwortlicher Redakteur: Bernhard Schillo
geprüft durch diese Lektoren: ?
Gliederung: Bund
Datum 03.07.2009


2te Fassung:

Fragen des Internetmagazin Telemedicus

I. Internetrecht

1. Hält Ihre Partei die Sperrung von Internetseiten mit kinderpornographischen Inhalten – auch in der derzeitigen technischen Umsetzung – für sinnvoll? Sollten Internetsperren zukünftig auch bei anderen Rechtsverletzungen, wie zum Beispiel solchen im Urheberrecht zum Einsatz kommen?

Nein, eine Bekämpfung von kinderpornografischen Angeboten im Internet muss allein mit rechtsstaatlichen Mitteln erfolgen. Internetsperren werden weder rechtsstaatlichen Anforderungen gerecht, noch den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit und voraussichtlich nicht einmal denen der Zuständigkeit. Darüber hinaus ist das Gesetz zur Bekämpfung von kinderpornografischen Angeboten im Internet unwirksam und sogar kontraproduktiv. Eine Rechtsverfolgung muss grundsätzlich am Ursprung beginnen, also beim Content Provider.

Wir lehnen Internetsperren als Maßnahme der vorbeugenden Strafverfolgung generell ab, da sie ein Mittel der Zensur darstellen, das nach dem Grundgesetz keinesfalls zu den rechtmäßigen Mitteln der Strafverfolgung zählt. Wir setzen uns entschieden für eine wirksame Bekämpfung von kinderpornografischen Angeboten im Internet ein. Man muss sich aber klarmachen, dass "gesperrte" Inhalte ja nicht aus dem Netz entfernt werden, sie werden nur ausgeblendet. Von versierten Internetnutzern können sie jederzeit eingesehen werden und durch die Sperrlisten können sie sogar noch einfacher gefunden werden. Internetseiten mit kinderpornografischen Inhalten sollten schleunigst komplett aus dem Netz entfernt werden. Dies geschieht nicht. Warum?

Der Bürgerrechtler Alvar Freude vom "AK Zensur" hat Provider angeschrieben, auf deren Servern Internetseiten gehostet waren, die sich auf den Sperrlisten befinden. Innerhalb der ersten 12 Stunden waren bereits 60 der Seiten schon offline. Wohlgemerkt auf das einfache Anschreiben eines aufmerksamen Bürgers hin. Warum können das BKA und Frau von der Leyen das nicht?

Um das Thema zu vertiefen, müsste man jetzt auf unterschiedliche Gesetzgebung in verschiedenen Ländern eingehen sowie auf die Frage, in welchen Ländern die illegalen Inhalte gehostet sind. Aber unserer Meinung nach besteht in so gut wie allen Fällen eine rechtsstaatliche Möglichkeit, illegale Inhalte komplett aus dem Netz zu nehmen - da braucht man nicht zu zensieren - bzw. filtern oder "sperren". Internetsperren stellen generell eine nicht zu rechtfertigende und letztlich auch unsinnige, weil nicht wirksam durchsetzbare Maßnahme dar, die wir natürlich auch bei anderen Rechtsverletzungen ablehnen. Sie dienen unserer Meinung nach keinem ersichtlichen legalen Zweck, sondern sind Augenwischerei und Aktionismus.


2. Welche Änderungen hält Ihre Partei am aktuellen Haftungsmodell des Telemedienrechtes für sinnvoll?

Es gibt leider in Deutschland eine Tendenz, dass Gerichte Inhalte, die Dritte auf einer Webseite eingestellt haben, (beispielsweise Forenbeiträge, hochgeladene Videos, etc.) als eigene Inhalte des Providers ansehen und ihm deshalb die volle Haftung für diese Inhalte aufbürden. Dieser strenge Haftungsmaßstab widerspricht der eigentlichen Intention des Gesetzes, neue Geschäftsmodelle zu ermöglichen. Wir plädieren dafür, dass man als Anbieter von Internetseiten strikt erst ab Kenntnis für Rechtsverletzungen haftet (“notice and take down”). In Amerika hat sich dieser Rechtsgrundsatz bewährt und ermöglicht viele moderne Geschäftsmodelle wie Youtube u. Ä.

Es muß vorrangiges Ziel sein, die rechtliche Gesamtsituation inkl. des Haftungsmodells des Telemediengesetzes so zu reformieren, dass eindeutige und verständliche Rechtsgrundlagen für alle Arten von Providern vor allem hinsichtlich der Haftung für von Nutzer generierten Inhalten (Foren, Gästebücher etc.) geschaffen werden. Die Umgehung des zu schaffenden Haftungsmodells muß dabei ausgeschlossen werden (z.B. Ausschluß der Mitstörerhaftung).

3. Hält Ihre Partei die aktuellen Impressumspflichten für ausreichend und sachgerecht? Für welche Änderungen setzen Sie sich ein?

- Die Impressumspflichten behindern in der aktuellen Form vor allem kleinere Anbieter, die teilweise unter erheblicher Rechtsunsicherheit agieren müssen. Der Gesetzgeber war sich nicht sicher, und hat sich so unscharf ausgedrückt, dass die Gerichte wieder einmal durch Präzedenzfälle das eigentliche Recht formulieren mussten und noch müssen. Die Abmahnwellen im Internet in den letzten Jahren, wo aus Abmahnungen ein regelrechter Geschäftszweig der Anwaltsbranche wurde, zeigen deutlich, dass die aktuelle Regierung und die Gerichte das Internet nicht verstanden haben.

Da die Piratenpartei für die Regelung von Impressumspflichten keine Position ausformuliert hat, können wir keine konkreten Änderungen versprechen - aber Sie können sicher sein, dass in der Piratenpartei Menschen sind, die das Internet verstanden haben und dass wir uns grundsätzlich für Chancengleichheit und eine Stärkung der lokalen Internetwirtschaft einsetzen.

4. Welche Maßnahmen sieht Ihre Partei vor, um Verbraucher wirksam gegen „Abofallen“ zu schützen?

Um den Verbraucher vor zweifelhaften bzw. erfundenen telefonischen "Vertragsabschlüssen" zu schützen, sieht die Piratenpartei als einen ersten Schritt das Verbot des Handels mit Verbraucherdaten (Stichwort: Listenprivileg). So gelangen Call-Center erst gar nicht an die Daten zur Kontaktaufnahme. Damit werden gleichzeitig die als äußerst lästig empfundenen Werbeanrufe eingedämmt.

Soweit Verträge für "Abofallen" per Internet angebahnt werden, sind diese wegen Verstoßes gegen AGB-Recht zumeist rechtlich unwirksam. Hierüber sollte der Verbraucher vermehrt aufgeklärt werden. Auch ist zu prüfen, ob Rechtsanwaltskosten, die bei der Beratung des zu unrecht zur Zahlung aufgeforderten Verbrauchers anfallen, im Rahmen einer Schadensersatzpflicht vom Anbieter der Abofalle zu ersetzen sind. Das damit verbundene erhöhte Kostenrisiko macht Abofallen weniger attraktiv. Eventuell kann auch das Wettbewerbsrecht zur Lösung beitragen. Eine ausführliche Auseinandersetzung zu diesem Thema hat parteiintern jedoch noch nicht stattgefunden.


II. Urheberrecht

1. Wie steht Ihre Partei zu der Idee von „Kulturflatrates“?

Prinzipiell lehnen wir die Kulturflatrate als untaugliches Mittel ab. Wir sehen das Problem der Vergütung vorrangig in der Notwendigkeit eines Wandels der Geschäftsmodelle der Verwertungsindustrie begründet. Mit dem Internet und anderen Techniken neuer Medien haben “Kulturarbeiter” erstmals die Kontrolle über ihre eigenen Produktionsmittel. Die Krise ist also nicht eine der Urheber sondern eine der Verwertungsindustrie. Eine staatliche Kompensation dieser Industrie lässt sich in unseren Augen vor der Gesellschaft nicht rechtfertigen. Unsere bisherige Beschäftigung mit diesem Thema lässt uns zu dem begründeten Urteil kommen, dass Urheber auch ohne Kulturflatrate ihre Werke mit marktwirtschaftlichen Mitteln erfolgreich verwerten werden können.

Die Haltung der Konzerne, die den Urhebern zurufen "wir wollen ein stärkeres Urheberrecht um euch zu schützen" ist verlogen und scheinheilig. Die denken nur an ihren eigenen Geldbeutel und werden auch versuchen, sich von einer Kulturflatrate den Löwenanteil zu sichern. Das Pauschalabgabensystem besteht allerdings momentan nun einmal und auch die Piratenpartei wird es nicht sofort beliebig umkrempeln können. Daher sind wir aber auch gesprächsbereit bezüglich "Kulturflatrate". Wir gestalten eine solche natürlich gerne mit, sollte sie kommen. Wir können uns sehr viele Verbesserungen an dem aktuell sehr intransparenten und auch von vielen Künstlern kritisierten System der Verwertungsgesellschaften vorstellen. Diese Änderungen sollten einen möglichst fairen Ausgleich zwischen Urheber und Konsument ermöglichen unter Minimierung der Beiteiligung der derzeitigen Rechteindustrie und eines bürokratischen Wasserkopfs der Verwertungsgesellschaften.


2. In welchen Bereichen des deutschen und europäischen Urheberrechts sieht Ihre Partei konkreten Reformbedarf?

- Die Privatkopie als Schranke des Urheberrechts muss (wieder) gestärkt werden werden.

- Insbesondere muss das Recht auf Privatkopie auch bei kopiergeschützten Werken durchsetzbar sein. Das Verbot der Umgehung von Kopierschutz muss rückgängig gemacht werden. Es hat sich gezeigt, dass diese Technologie eine Fehlinvestition der Verwertungsindustrie war und nicht funktionierte. Dann sollte sie durch entsprechende von den Lobbyisten der Verwertungsindustrie eingebrachte Gesetze doch durchgesetzt werden. Da aber die (legale) Möglichkeit besteht, kopiergeschützte digitale Inhalte einfach analog zu kopieren (die sogenannte “analoge Lücke”) und eine Kriminalisierung und Gängelung der eigenen Kundschaft nicht funktionieren kann, kommt die Verwertungsindustrie mittlerweile von selber schon wieder davon ab, Kopierschutz zu verwenden und die entsprechenden Gesetze sind mehr als überflüssig geworden.

- Die Schutzfristen für das Urheberrecht (Verwertungsrechte) sind deutlich zu lang.

- Von staatlichen Stellen erstellte oder bezahlte Werke müssen den Bürgern frei zur Verfügung stehen.

- Alternative Nutzungsformen (freie Lizenzen) werden aktuell behindert statt gefördert.

- Die Archivierung (z.B. in Bibliotheken), die Verfügbarkeit für spätere Generationen und die Wissensverbreitung allgemein werden aktuell behindert statt gefördert.

III.Datenschutz und Medienkompetenz

1. Wie möchte Ihre Partei datenschutzrechtlich mit Adresshandel umgehen? Halten Sie zum Beispiel das „Listenprivileg“ im Datenschutzrecht für gerechtfertigt?

Das Listenprivileg ist eine nicht zu rechtfertigende Verletzung des informationellen Selbstbestimmungsrechts und muss umgehend abgeschafft werden. Bestehende Datenschutzgesetze müssen konsequenter umgesetzt werden und insbesondere auch vorhandene Bußgeld und Strafvorschriften öfter angewandt werden.

2. „Soziale Netzwerke“ im Internet spielen im täglichen Leben von Kindern und Jugendlichen eine immer größere Rolle. Wie will Ihre Partei in Anbetracht dessen die Medienkompetenz in der Bundesrepublik verbessern?

Zum Einen würde sich die Situation auch unabhängig von der Medienkompetenz der Nutzer verbessern, wenn Soziale Netzwerke den Datenschutz besser berücksichtigen müssten. Oder die Nutzungsbedingungen bei "social networks" nicht einfach ohne Mitspracherecht der Nutzer geändert werden dürften.

Zum Anderen: Medienkompetenz muss schon in der Schule vermittelt werden. Lehrer müssen in diesem Bereich ausgebildet werden. Das Internet sollte weder als "rechtsfreier Sündenpfuhl" verteufelt werden noch sollte es vergöttert werden. Es ist ein gewaltiger Fortschritt, der in etwa mit der Erfindung des Buchdrucks vergleichbar ist. Dadurch wurde der damals vorrangig vorherrschende Analphabetismus beseitigt, aber es wurde auch möglich, Hetzschriften oder Pornografie zu veröffentlichen. Trotzdem hat sich doch eine Medienkompetenz bei Printmedien entwickelt. Man darf nicht vergessen, dass Kinder heutzutage mit dem Medium Internet groß werden, während die meisten von uns "Älteren" frühestens als Jugendliche damit in Berührung kamen.

1te Fassung:

Fragen des Internetmagazin Telemedicus

I. Internetrecht

1. Hält Ihre Partei die Sperrung von Internetseiten mit kinderpornographischen Inhalten – auch in der derzeitigen technischen Umsetzung – für sinnvoll? Sollten Internetsperren zukünftig auch bei anderen Rechtsverletzungen, wie zum Beispiel solchen im Urheberrecht zum Einsatz kommen?

Ich würde hier folgenden Absatz vorsetzen: Die geplante Sperrung von Webseiten will beim Zugangsprovider ansetzen, also beim Empfänger. Das halten wir für den falschen Ansatz. Eine Rechtsverfolgung muss grundsätzlich am Ursprung erfolgen, also beim Content Provider. --Alu 00:36, 3. Jul. 2009 (CEST)

Die Reihenfolge sollte imho sein: Nein, eine Bekämpfung von kinderpornografischen Angeboten im Internet muss allein mit rechtsstaatlichen Mitteln erfolgen. Weder Kinderpornografie noch Terrorismus rechtfertigen einen Ausnahmezustand hinsichtlich des Grundgesetzes. Das vorliegende Gesetz wird weder rechtsstaatlichen Anforderungen gerecht, noch den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit und voraussichtlich nichtmal denen der Zuständigkeit. Darüberhinaus ist das Gesetz zur Bekämpfung von kinderpornografischen Angeboten im Internet unwirksam und sogar kontraproduktiv. Abgesehen von diesem Gesetz lehnen wir Internetsperren als Massnahme der vorbeugenden Strafverfolgung generell ab, da sie ein Mittel der Zensur darstellen, dass nach dem Grundgesetz keinesfalls zu den rechtmäßigen Mitteln der Strafverfolgung zählt. Wir setzen uns entschieden gegen eine wirksame Bekämpfung von kinderpornografischen Angeboten im Internet ein, allerdings fordern wir die Berücksichtigung von nachprüfbaren Fakten und wollen nicht wie die Bundesregierung ohne vorliegende Erkenntnisse agieren. Internetsperren stellen generell eine nicht zu rechtfertigende und letztlich auch unsinnige, weil nicht wirksam durchstzbare Maßnahme dar, die wir natürlich auch bei anderen Rechtsverletzungen ablehnen. Sie dienen ja auch im übrigen keinem ersichtlichen legalen Zweck, sondern sind Augenwischerei und Aktionismus. --JensSeipenbusch 11:40, 3. Jul. 2009 (CEST)

- Die Sperrung von Internetseiten halten wir für alles andere als sinnvoll. Weder im Falle von kinderpornografischen Inhalten und erst recht nicht bei Urheberrechtsfragen. Diese "Sperrung" ist unserer Ansicht nach eine Zensur, die im Sinne von Artikel 5, Grundgesetz auch illegal ist. Man muss sich klarmachen, dass die "gesperrten" Inhalte ja nicht aus dem Netz entfernt werden, sie werden nur ausgeblendet. Von versierten Internetnutzern können sie aber jederzeit eingesehen werden und durch die Sperrlisten können sie sogar noch einfacher gefunden werden. Zum Beispiel die vielzitierten Internetseiten mit kinderpornographischen Inhalten sollten schleunigst komplett aus dem Netz entfernt werden. Dies geschieht nicht. Warum?

Der Bürgerrechtler Alvar Freude vom "AK Zensur" hat Provider angeschrieben, auf deren Servern Internetseiten gehostet waren, die sich auf den Sperrlisten befinden. Innerhalb der ersten 12 Stunden waren bereits 60 der Seiten schon offline. Wohlgemerkt auf das einfache Anschreiben eines aufmerksamen Bürgers hin. Warum können das BKA und Frau von der Leyen das nicht?

Um das Thema zu vertiefen müsste man jetzt auf unterschiedliche Gesetzgebung in verschiedenen Ländern eingehen sowie auf die Frage, in welchen Ländern die illegalen Inhalte gehostet sind. Aber unserer Meinung nach besteht in so gut wie allen Fällen eine rechtsstaatliche Möglichkeit, illegale Inhalte komplett aus dem Netz zu nehmen - da braucht man nicht zu zensieren - bzw. filtern oder "sperren".

2. Welche Änderungen hält Ihre Partei am aktuellen Haftungsmodell des Telemedienrechtes für sinnvoll?

Ich vermute, dass hier eine andere Art Haftung gemeint ist. Dazu hatte ja bereits Steffen Thomas auf der Mailingliste richtig geschrieben: "Das derzeitige lineare Haftungsmodell des Telemediengesetzes wird den Erfordernissen des modernen Internets (Web 2.0) nicht mehr gerecht und durch die Umgehung des Haftungsmodells unter Zuhilfenahme des §1004 BGB wird eine rechtlich unklare Situation für Seitenbetreiber geschaffen, die der Entwicklung und Nutzung des Internets entgegensteht. Es muß also vorrangiges Ziel sein, die rechtliche Gesamtsituation inkl. des Haftungsmodells des Telemdiengesetzes so zu reformieren, das eineindeutige und verständliche Rechtsgrundlagen für alle Arten von Providern vor allem hinsichtlich der Haftung für von Nutzer generierten Inhalten (Foren, Gästebücher etc.) geschaffen werden. Die Umgehung des zu schaffenden Haftungsmodells muß dabei ausgeschlossen werden (z.B. Ausschluß der Mitstörerhaftung)." --Alu 00:36, 3. Jul. 2009 (CEST)

- Grundsätzlich brauchen wir eine noch unkompliziertere Regelung als es mit den (immerhin schon mal gedeckelten) Abmahnkosten momentan der Fall ist. In Punkto Urheberrechtsverletzungen oder bei marginalen Verstößen im Bereich Kennzeichnungsrecht zum Beispiel wirken sich auch gedeckelte Abmahnungskosten negativ aus. Hier wäre es sinnvoll, dass vor einer kostenpflichtigen Abmahnung erst mal eine kostenfreie Unterlassungsaufforderung gesendet werden muss.

Es ist auch gegen unsere Philospphie, dass Provider oder gar Internetseitenbetreiber (z.B. von Foren) in der Pflicht sind, Nutzerdaten zu sammeln und speichern. Im Gegenteil müssen weniger Daten gesammelt werden und die informationelle Selbstbestimmung des Bürgers ausgebaut werden. Vor allem die zum Teil von Lobbyisten der Musik- und Filmindustrie eingebrachten Verschärfungen aus Paragraph 14 müssen unserer Ansicht nach rückgängig gemacht werden.

Im Gegensatz zu dem beschwörungsmäßig vorgebrachten Gefasel von dem "rechtsfreien Raum Internet" ist und war das Internet zu keinem Zeitpunkt ein rechtsfreier Raum. Das Internet besteht aus Rechnern und Leitungen, welche genauso reell sind und den jeweiligen Landesgesetzen unterliegen wie alle anderen Medien auch. Es besteht lediglich eine empfundene Rechtsfreiheit durch das Gefühl von Anonymität sowie eine unterschiedliche Gesetzgebung in verschiedenen Ländern.

Wenn jemand beispielsweise einen Spruch, der eine Aufforderung zu einer Straftat enthält, in mein öffentlich ausliegendes Gästebuch schreibt, dann bin ich doch weder für den Inhalt verantwortlich noch bin ich dafür verantwortlich, das Gästebuch ständig auf solche Sprüche hin zu überprüfen. Ich bin lediglich verpflichtet, den Spruch zu entfernen, sobald jemand mir diesen anzeigt. Und derjenige, der ihn geschrieben hat, kann dann ggf. polizeilich ermittelt werden. Wenn dies nicht mehr möglich ist, würde niemand fordern, dass wir nun die totale Überwachung brauchen, um das Schreiben solcher Sprüche zu verhindern. Oder dass jemand anderes als der Schreiber für den Inhalt geradestehen muss. Warum sollte das im Internet anders sein?

3. Hält Ihre Partei die aktuellen Impressumspflichten für ausreichend und sachgerecht? Für welche Änderungen setzen Sie sich ein?

- Die Impressumspflichten behindern in der aktuellen Form vor allem kleinere Anbieter, die teilweise unter erheblicher Rechtsunsicherheit agieren müssen. Der Gesetzgeber war sich nicht sicher, und hat sich so unscharf ausgedrückt, dass die Gerichte wieder einmal durch Präzedenzfälle das eigentliche Recht formulieren mussten und noch müssen. Die Abmahnwellen im Internet in den letzten Jahren, wo aus Abmahnungen ein regelrechter Geschäftszweig der Anwaltsbranche wurde, zeigen deutlich, dass die aktuelle Regierung das Internet nicht verstanden hat.

Da die Piratenpartei für die Regelung von Impressumspflichten keine Position ausformuliert hat, können wir keine konkreten Änderungen versprechen - aber Sie können sicher sein, dass in der Piratenpartei Menschen sind, die das Internet verstanden haben und dass wir uns grundsätzlich für Chancengleichheit und eine Stärkung der lokalen Internetwirtschaft einsetzen.

4. Welche Maßnahmen sieht Ihre Partei vor, um Verbraucher wirksam gegen „Abofallen“ zu schützen?

Um den Verbraucher vor zweifelhaften bzw. erfundenen telefonischen "Vertragsabschlüssen" zu schützen, sieht die Piratenpartei als einen ersten Schritt das Verbot des Handels mit Verbraucherdaten (Stichwort: Listenprivileg). So gelangen Call-Center erst gar nicht an die Daten zur Kontaktaufnahme. Damit werden gleichzeitig die als äußerst lästig empfundenen Werbeanrufe eingedämmt.

Soweit Verträge für "Abofallen" per Internet angebahnt werden, sind diese wegen Verstoßes gegen ABG-Recht zumeist rechtlich unwirksam. Hierüber sollte der Verbraucher vermehrt aufgeklärt werden. Auch ist zu prüfen, ob Rechtsanwaltskosten, die bei der Beratung des zu unrecht zur Zahlung aufgeforderten Verbrauchers anfallen, im Rahmen einer Schadensersatzpflicht vom Anbieter der Abofalle zu ersetzen sind. Das damit verbundene erhöhte Kostenrisiko macht Abofallen weniger attraktiv. Eventuell kann auch das Wettbewerbsrecht zur Lösung beitragen. Eine ausführliche Auseinandersetzung zu diesem Thema hat parteiintern jedoch noch nicht stattgefunden.


II. Urheberrecht

1. Wie steht Ihre Partei zu der Idee von „Kulturflatrates“?

Eigentlich beschäftigen wir uns bisher gerade nicht damit, wie Künstler vergütet werden, sondern wie man die Urheber- und Verwertungsrechte so neu ordnen kann, so dass die Gesellschaft nicht darunter leiden muss. Diese Formulierung ist aber vielleicht weniger kontrovers. --Alu 00:36, 3. Jul. 2009 (CEST)

Die Kulturflatrate lehnen wir als untaugliches Mittel ab. Wir sehen das Problem der Vergütung vorrangig in der Notwendigkeit eines Wandels der Geschäftsmodelle der Verwertungsindustrie begründet. Mit dem Internet und anderen Techniken neuer Medien haben die Kulturarbeiter erstmals die Kontrolle über ihre eigenen Produktionsmittel. Die Krise ist also nicht eine der Urheber sondern eine der Verwertungsindustrie. Eine staatliche Kompensation dieser Industrie lässt sich in unseren Augen vor der Gesellschaft nicht rechtfertigen. Unsere bisherige Beschäftigung mit diesem Thema lässt uns zu dem begründeten Urteil kommen, dass Urheber auch in der Zukunft ihre Werke mit marktwirtschaftlichen Mitteln erfolgreich verwerten werden können. --JensSeipenbusch 11:54, 3. Jul. 2009 (CEST)

Unsere Partei beschäftigt sich ja ganz besonders damit, wie Künstler im "digitalen Zeitalter" vergütet werden können, da sie aus diesem Thema heraus entstanden ist. Die konsequente Umsetzung "geistiger Eigentumsrechte" in digitalen Medien bedeutet die Aufhebung der im Grundgesetz zugesicherten Privatsphäre. Daher müssen neue Wege gefunden werden.

Eine "Kulturflatrate" kann verschiedene Formen haben. Im Grunde existiert mit den aktuellen System der Verwertungsgesellschaften schon eine "Kulturflatrate". Bzw. sie existierte einmal. Denn zur Zeit der Vinylschallplatte und Audio-Cassette war die Privatkopie in unbeschränktem Maße möglich. Dafür wurden Pauschalabgaben auf Medien, Leermedien, Vervielfältigungsgeräte etc. erhoben und über Verwertungsgesellschaften an die Urheber verteilt. Das ist so ziemlich genau das, was heute als "Kulturflatrate" bezeichnet wird.

Nun kann man natürlich sagen, "früher konnte man ja auch nicht mit einem Klick an alles rankommen". Das ist sicherlich richtig, aber ändert nichts an der Tatsache, dass die Technik vorangeschritten ist und für Künstler ja nun auch neue Produktions- und Vermarktungmöglichkeiten eröffnet. Die bisherige Verwertungsindustrie wird im Grunde nicht mehr benötigt oder nur noch in sehr geringem Maße. Als die Automobile erfunden wurden, hat die Pferdekutschen- und Hufschmiedeindustrie sicher auch gejammert, aber es half nichts - sie mussten sich an die neue Situation anpassen.

Wir halten nichts davon, jetzt populistisch nach einer "Kulturflatrate" zu rufen, um den Künstlern vorzuspiegeln, dass wir eine Idee hätten, wie sie in Zukunft pauschal vergütet werden können. Denn die bisherige Pauschalvergütung hat auch nicht wirklich gut funktioniert und das wird sich auch durch das Internet nicht ändern. Es sind echte neue Wege gefordert - nicht ein altes Konzept mit neuem Namen. Die Haltung der Konzerne, die den Urhebern zurufen "wir wollen ein stärkeres Urheberrecht um euch zu schützen" ist verlogen und scheinheilig. Die denken nur an ihren eigenen Geldbeutel und werden auch versuchen, sich von einer Kulturflatrate den Löwenanteil zu sichern.

Das Pauschalabgabensystem besteht allerdings momentan nun einmal und auch die Piratenpartei wird es nicht sofort beliebig umkrempeln können. Daher sind wir sicherlich gesprächsbereit bezüglich "Kulturflatrate". Wir gestalten eine solche natürlich gerne mit. Wir können uns sehr viele Verbesserungen an dem aktuell sehr intransparenten und auch von vielen Künstlern kritisierten System der Verwertungsgesellschaften vorstellen. Diese Änderungen sollten einen möglichst fairen Ausgleich zwischen Urheber und Konsument ermöglichen unter Minimierung der Beiteiligung der derzeitigen Rechteindustrie und des bürokratischen Wasserkopfs der Verwertungsgesellschaften.


2. In welchen Bereichen des deutschen und europäischen Urheberrechts sieht Ihre Partei konkreten Reformbedarf?

- Die Privatkopie muss wieder eingeführt werden.

- Die Schutzfristen für das Urheberrecht (Verwertungsrecht) sind deutlich zu lang.

- Von staatlichen Stellen erstellte oder bezahlte Werke müssten den Bürgern zur freien Verfügung stehen.

- Alternative Nutzungsformen (freie Lizenzen) werden aktuell behindert statt gefördert.

- Die Archivierung (z.B. in Bibliotheken), die Verfügbarkeit für spätere Generationen und die Wissensverbreitung allgemein werden aktuell behindert statt gefördert.

III.Datenschutz und Medienkompetenz

1. Wie möchte Ihre Partei datenschutzrechtlich mit Adresshandel umgehen? Halten Sie zum Beispiel das „Listenprivileg“ im Datenschutzrecht für gerechtfertigt?

Das Listenprivileg ist eine nicht zu rechtfertigende Verletzung des informationellen Selbstbestimmungsrechts und muss umgehend abgeschafft werden. Bestehende Datenschutzgesetze müssen härtere Konsequenzen haben.

2. „Soziale Netzwerke“ im Internet spielen im täglichen Leben von Kindern und Jugendlichen eine immer größere Rolle. Wie will Ihre Partei in Anbetracht dessen die Medienkompetenz in der Bundesrepublik verbessern?

Zum Einen würde sich die Situation auch unabhängig von der Medienkompetenz der Nutzer verbessern, wenn Soziale Netzwerke den Datenschutz besser berücksichtigen müssten. Oder die Nutzungsbedingungen bei "social networks" nicht einfach ohne Mitspracherecht der Nutzer geändert werden dürften.

Zum Anderen: Medienkompetenz muss schon in der Schule vermittelt werden. Lehrer müssen in diesem Bereich ausgebildet werden. Das Internet sollte weder als "rechtsfreier Sündenpfuhl" verteufelt werden noch sollte es vergöttert werden. Es ist ein gewaltiger Fortschritt, der in etwa mit der Erfindung des Buchdrucks vergleichbar ist. Dadurch wurde der damals vorrangig vorherrschende Analphabetismus beseitigt, aber es wurde auch möglich, Hetzschriften oder Pornografie zu veröffentlichen. Trotzdem hat sich doch eine Medienkompetenz bei Printmedien entwickelt. Man darf nicht vergessen, dass Kinder heutzutage mit dem Medium Internet groß werden, während die meisten von uns "Älteren" frühestens als Jugendliche damit in Berührung kamen.


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Quellen (kein Teil der Pressemitteilung)