Repressionen gegen Piratenpartei
19. September 2008: Repressionen gegen Piratenpartei werden fortgesetzt
Der Fall um die Repression von Mitgliedern der Piratenpartei setzt sich fort. Nachdem Ende vergangener Woche (ssl) ein Durchsuchungskommando beim Pressesprecher der Partei, Ralph Hunderlach, anrückte und ein Server des ehemaligen politischen Geschäftsführers der Partei, Jan Huwald, beschlagnahmt wurde, zieht der Fall nun weitere Kreise. Vorausgegangen war eine Veröffentlichung eines internen Dokuments des bayerischen Justizministeriums durch die Piratenpartei im Januar. Dieses Dokument belegt den damals rechtswidrigen Einsatz von Trojanern, mit deren Hilfe die Polizei in der Lage ist, verschlüsselte Telefonate via Skype und SSL-Verbindungen abzuhören.
Nun wurde Huwald auch der elektronische Zugang zur Universität gesperrt. Da dieser erst nach der Beschlagnahmung seines Server als Kommunikationsmittel verwendet wurde, liegt die Vermutung nahe, dass es sich um eine weitere Maßnahme der Behörden handelt. Huwald wurde bis heute weder über die Beschlagnahmung noch die Sperrung informiert, sondern musste diese erst durch eigene Nachforschungen erfahren. Der Zugang zu den Dokumenten zur Beschlagnahmung und damit dem Mittel, sich juristisch zur Wehr zu setzen, wurde Huwald seitens seines Providers verweigert.
"Bis vor einer Woche habe ich nur abstrakt gegen die allumfassende elektronische Überwachung gekämpft. Jetzt erfahre ich sie am eigenen Leib", so Huwald. "Durch meinen aktuellen Auslandsaufenthalt kann ich mich mit meinem Anwalt nur elektronisch in Verbindung setzen. Nachdem all meine privaten E-Mail-Adressen gesperrt wurden, musste ich auf einen Freemailer ausweichen. Nur sind die in Deutschland zur Vorhaltung aller E-Mails an die Polizei verpflichtet. Ein vertrauliches Gespräch mit einem Anwalt ist damit unmöglich, und mir bleibt die Möglichkeit zur Verteidigung verwehrt." Huwald und Hunderlach werden trotz der erschwerten Bedingungen gegen die Repression ihrer politischen Arbeit mit juristischen Mitteln vorgehen.
Andreas Popp, Vorsitzender der bayerischen Piraten, meint dazu: "Diese Schikanen veranlassen uns nur dazu, uns noch mehr ins Zeug zu legen. Die beiden Betroffenen haben die volle Unterstützung der ganzen Partei. Es wurde bereits beschlossen, ihnen bei den Kosten für die Verfahren unter die Arme zu greifen, und aus ganz Deutschland melden sich Parteimitglieder, die ihren Teil dazu beitragen wollen. International erregt der Fall großes Aufsehen, weltweit berichten Magazine darüber."
Ihr Fall zeigt ein weiteres Mal, dass ein Quellenschutz in Deutschland nur noch am Gutdünken der Obrigkeit hängt und dass im bayerischen Einparteienstaat Transparenz mit allen Mitteln bekämpft, statt gefördert wird. Die PIRATEN fühlen sich nun umso mehr in der Notwendigkeit ihrer politischen Arbeit bestärkt. "Wir werden uns trotz dieser Einschüchterungsversuche gegen einzelne Mitglieder nicht von unserem Weg abbringen lassen, die Bürgerrechte auch im digitalen Zeitalter zu bewahren. Diese Vorfälle zeigen umso deutlicher, dass das Thema Überwachung keine Lappalie ist und dass es uns alle treffen kann. Die Überwacher müssen dringend stärker selbst kontrolliert werden, sonst bildet sich ein Staat im Staate", sagt Jens Seipenbusch, stellvertretender Vorsitzender der Piratenpartei Deutschland.
Interview mit Andreas Popp (Bayrischer Landesvorstandsvorsitzender) (ssl) im FRN.