NRW:Rhein-Erft-Kreis/SMV/Geschäftsordnung

Geschäftsordnung der Ständigen Mitgliederversammlung der Piratenpartei Rhein-Erft

§ 1 - Allgemeines

(1) Die Ständige Mitgliederversammlung (SMV) ist eine online stattfindende Form des Kreisparteitages.

(2) Nimmt ein Mitglied nicht an der SMV teil, so entstehen ihm hieraus keine rückwirkenden Rechte; insbesondere ergibt sich ihm hieraus kein Recht zur Anfechtung von Beschlüssen der SMV.

§ 2 - Akkreditierung

(1) Die Akkreditierung zur SMV erfolgt jeweils für das laufende und das folgende Kalenderjahr durch persönliches Erscheinen vor dem und Akkreditieren durch das zuständige Vorstandsmitglied auf einer vom diesem dazu autorisierten öffentlichen Versammlung. Das Vorstandsmitglied kann andere Personen mit der Durchführung der Akkreditierung beauftragen.

(2) Bei der Akkreditierung werden folgende Informationen erhoben:

  • der bürgerliche Name (gemäß Personalausweis oder Reisepass),
  • die Mitgliedsnummer bei der Piratenpartei Deutschland,
  • die Zugehörigkeit zur niedrigsten Gliederung der Piratenpartei Deutschland,
  • Ort und Zeit der persönlichen Akkreditierung, und
  • der Name der Person, die die Akkreditierung durchgeführt hat.

(3) Die Akkreditierung ist durch das zuständige Vorstandsmitglied aufzuheben, wenn

  • die akkreditierte Person es persönlich verlangt oder
  • die akkreditierte Person nicht mehr Mitglied des Kreisverbandes ist.

(4) Das Stimmgewicht eines akkreditierten Mitglieds ist zu deaktivieren, wenn

  • es nicht stimmberechtigt ist,
  • es seit 60 Tagen nicht am System angemeldet war,
  • das Mitglied durch Vorstandsbeschluss von der Ausübung seiner Rechte ausgeschlossen ist oder
  • seine Mitgliedschaft in der Partei ruht.

(5) Das Stimmgewicht eines Mitglieds ist wiederherzustellen, sobald der Grund für die Deaktivierung entfällt.

§ 3 - Versammlung

(1) Die SMV tagt ständig, öffentlich, dezentral und online nach den in § 4 definierten Prinzipien.

(2) Alle Entscheidungsprozesse werden öffentlich und transparent dokumentiert. Geheime Abstimmungen finden nicht statt.

(3) Die SMV ist konstituiert, wenn der Kreisparteitag oder der Kreisvorstand dies beschlossen hat und mindestens X^0.5 Mitglieder akkreditiert sind. Die Zahl X ist dabei die Anzahl der stimmberechtigten Mitglieder des Kreisverbandes zum Zeitpunkt der Beschlussfassung.

(4) Die SMV kann ihre Arbeit nach Themenbereichen unterteilen. Die Mitarbeit in den einzelnen Themenbereichen steht allen SMV-Mitgliedern offen.

§ 4 - Anforderungen an das verwendete Liquid Democracy-System

(1) Alle SMV-Mitglieder sind im System gleichberechtigt.

(2) Alle SMV-Mitglieder haben die Möglichkeit, selbständig Anträge ins System zu stellen.

(3) Zulassungsquoren und Antragskontingente sind zulässig. Eingebrachte Anträge dürfen nicht gegen den Willen der Antragsteller von anderen verändert oder gelöscht werden. Jedes SMV-Mitglied hat die Möglichkeit, innerhalb eines bestimmten Zeitraums Alternativanträge einzubringen.

(4) Das eingesetzte Abstimmungsverfahren darf Anträge, zu denen es ähnliche Alternativanträge gibt, nicht prinzipbedingt bevorzugen oder benachteiligen. Es ist möglich, mehreren konkurrierenden Anträgen gleichzeitig zuzustimmen. Der Einsatz eines Präferenzwahlverfahrens ist hierbei zulässig.

(5) Jedes SMV-Mitglied kann ein anderes SMV-Mitglied bis auf Widerruf als Vertretung benennen. Die Vertretung übernimmt dabei alle Rechte und Stimmgewichte, von denen das SMV-Mitglieder nicht selbst Gebrauch macht, auch solche, die es in Vertretung anderer verwendet. Es ist möglich, für verschiedene Themen (Gruppen von Anträgen, die gemeinsam abgestimmt werden), Themenbereiche oder Gliederungsebenen verschiedene Vertretungen zu bestimmen.

(6) Das Stimmgewicht eines SMV-Mitglieds wird automatisch deaktiviert, wenn es sich über einen Zeitraum von 60 Tagen nicht am System angemeldet hat. Bei der nächsten Anmeldung wird das Stimmgewicht automatisch reaktiviert. Das Mitglied soll über die Deaktivierung informiert werden.

(7) Jedem SMV-Mitglied ist Einsicht in den abstimmungsrelevanten Datenbestand des Systems zu gewähren. Während einer laufenden Abstimmung darf der Zugriff auf die entsprechenden Abstimmungsdaten anderer Mitglieder vorübergehend gesperrt werden.

§ 5 - Diskussions- und Abstimmungsprozess

(1) Der Diskussions- und Abstimmungsprozess der SMV ist in vier aufeinander folgende, zeitlich begrenzte Phasen unterteilt:

  • In Phase 1 (Neu) können Anträge und Alternativanträge gestellt, weiterentwickelt und unterstützt werden. Hat ein Antrag ein Quorum an Unterstützern erreicht, so beginnt für ihn wie auch alle Alternativanträge die nächste Phase.
  • In Phase 2 (Diskussion) können die Anträge weiterentwickelt und unterstützt sowie weitere Alternativanträge gestellt werden.
  • Mit Beginn von Phase 3 (Eingefroren) können Anträge nicht mehr verändert werden. Das Unterstützen von Anträgen und Stellen von Alternativanträgen ist weiterhin möglich. Alle Anträge, die am Ende dieser Phase ein Quorum an Unterstützern erreichen, gelangen in die nächste Phase.
  • In Phase 4 (Abstimmung) werden die Anträge abgestimmt.

(2) Nach der Abstimmung wird die Schulze-Methode (Anlage 1) auf alle zur Abstimmung zugelassenen Anträge angewendet. Dabei wird ein zusätzlicher virtueller Antrag »Status Quo« (Anlage 2) hinzugefügt. Bei jeder einzelnen Stimmabgabe werden alle Anträge, denen zugestimmt wird, dem Status Quo gegenüber vorgezogen; der Status Quo wiederum wird allen Anträgen, die abgelehnt werden, vorgezogen. Die Schulze-Methode erstellt aus den paarweisen Vergleichen eine Reihenfolge (»Schulze-Rang«) der zur Wahl stehenden Anträge.

(3) Ein Antrag auf politische Stellungnahme, Verabschiedung, Änderung oder Aufhebung eines Positionspapieres, organisatorische Entschließung oder Beschlussempfehlung für Amts- und Mandatsträger oder Organe an die SMV ist erfolgreich abgestimmt, falls

  • er im gemäß § 6 zuständigen Themenbereich abgestimmt wurde,
  • er im gemäß § 7 zuständigen Regelwerk abgestimmt wurde,
  • sein Schulze-Rang besser als der des Status Quo ist,
  • sein Schulze-Rang besser als der Schulze-Rang aller anderen Anträge ist und
  • die Anzahl der Zustimmungen größer als die Anzahl der Ablehnungen ist.

(4) Eine Antrag auf Änderung der Wahl- oder Grundsatzprogramme, der Satzung oder dieser Geschäftsordnung an die SMV ist erfolgreich abgestimmt, falls

  • er im gemäß § 6 zuständigen Themenbereich abgestimmt wurde,
  • er im gemäß § 7 zuständigen Regelwerk abgestimmt wurde,
  • sein Schulze-Rang besser als der des Status Quo ist,
  • sein Schulze-Rang besser als der Schulze-Rang aller konkurrierenden Anträge ist und
  • die Anzahl der Zustimmungen mindestens doppelt so groß ist wie die Anzahl der Ablehnungen ist.

(5) Betrifft ein Antrag mehrere der untern § 6 genannten Themenbereiche, so ist er nur erfolgreich abgestimmt, wenn er mit gleichem Wortlaut in allen betroffenen Themenbereichen im Abstand von höchstens zwölf Tagen erfolgreich abgestimmt wurde.

(6) Maßgeblich ist das Stimmrecht des Abstimmungsteilnehmers und der Delegierenden zum Ende der Abstimmungsphase.

(7) Ist ein Mitglied der Meinung, dass ein Antrag in einem falschen oder nicht in allen betroffenen Themenbereichen abgestimmt wurde oder dass der Antrag im falschen Regelwerk abgestimmt wurde und ist die erfolgreiche Abstimmung davon abhängig, kann das Mitglied beim Vorstand begründet Widerspruch erheben. Der Vorstand entscheidet in diesem Fall, ob der Widerspruch berechtigt war. Jedes Mitglied kann die diesbezügliche Entscheidung des Vorstandes beim zuständigen Schiedsgericht anfechten.

(8) Der Themenbereich Sandkasten/Spielwiese dient ausschließlich dem Erfahrungsgewinn von Mitgliedern mit dem System. Dort getroffene Beschlüsse entfalten keine Wirkung.

§ 6 - Themenbereiche

(1) Es werden folgende Themenbereiche eingerichtet:

  • Familienpolitik
  • Finanzpolitik
  • Gesundheitspolitik
  • Integrationspolitik
  • Jugendpolitik
  • Kulturpolitik
  • Schulpolitik
  • Sozialpolitik
  • Sportpolitik
  • Verkehrspolitik
  • Sonstige politische Themen
  • Satzung und Parteistruktur
  • Sonstige innerparteiliche Fragen
  • Geschäftsordnung und Liquid Democracy Systembetrieb
  • Sandkasten/Spielwiese

§ 7 - Regelwerke

(1) Es werden folgende Regelwerke angelegt:

  • Stellungnahme / Positionspapier
  • Geschäftsordnungsänderung
  • Satzungsänderung
  • Programm
  • Meinungsbild / Beschlussempfehlung
  • Organisatorische Entschließung
  • Schnellverfahren

(2) Für den Themenbereich Sandkasten/Spielwiese können durch das zuständige Vorstandsmitglied weitere Regelwerke eingerichtet werden.

(3) Folgende Regelwerke stehen ausschließlich in den jeweils genannten Themenbereichen zur Verfügung:

  • Geschäftsordnungsänderung: Geschäftsordnung und Liquid Democracy Systembetrieb
  • Satzungsänderung: Satzung und Parteistruktur
  • Programm: *politik, Sonstige politische Themen
  • Organisatorische Entschließung: Satzung und Parteistruktur, Sonstige innerparteiliche Fragen, Geschäftsordnung und Liquid Democracy Systembetrieb
  • Schnellverfahren: Sandkasten/Spielwiese

(4) Die Phase »Neu« dauert beim Regelwerk Schnellverfahren längstens 30 Stunden, bei den Regelwerken Programm, Satzungsänderung und Geschäftsordnungsänderung längstens zwölf Tage, bei allen anderen Regelwerken längstens acht Tage. Wird der Antrag innerhalb dieser Zeit nicht mit einem Stimmengewicht unterstützt, das mindestens zehn Prozent der am Themengebiet oder Thema interessierten Mitglieder entspricht (Quorum), ist er abgelehnt.

(5) Die Phase »Diskussion« dauert beim Regelwerk Schnellverfahren 30 Stunden, bei den Regelwerken Programm, Satzungsänderung und Geschäftsordnungsänderung sechs Tage, bei allen anderen Regelwerken drei Tage.

(6) Die Phase »Eingefroren« dauert beim Regelwerk Schnellverfahren 30 Stunden, bei den Regelwerken Programm, Satzungsänderung und Geschäftsordnungsänderung vier Tage, bei allen anderen Regelwerken einen Tag. Wird der Antrag bei Ablauf dieser Frist nicht mit einem Stimmengewicht unterstützt, das mindestens zehn Prozent der am Themengebiet oder Thema interessierten Mitglieder entspricht (Quorum), ist er abgelehnt.

(7) Die Phase »Abstimmung« dauert beim Regelwerk Schnellverfahren 30 Stunden, bei den Regelwerken Programm, Satzungsänderung und Geschäftsordnungsänderung acht Tage, bei allen anderen Regelwerken vier Tage.

§ 8 - Datenschutz und Nachprüfung von Abstimmungen

(1) Die Versammlungsmitglieder treten im System unter einem von ihnen gewählten Benutzernamen auf. Dieser kann ihr bürgerlicher Name oder ein Pseudonym sein. Tritt ein Versammlungsmitglied unter seinem bürgerlichen Namen auf, kann es verlangen, dass dieser Umstand im System gesondert gekennzeichnet wird (verifizierter Benutzername).

(2) Mitgliedern der Ständigen Mitgliederversammlung werden nach Login Benutzernamen und Aktivitäten der anderen Mitglieder angezeigt. Während einer Abstimmung wird der Zugriff auf die Abstimmdaten anderer Mitglieder zu dieser Abstimmung gesperrt.

(3) Jedes Versammlungsmitglied hat das Recht, die Gültigkeit einer bindenden Abstimmung festzustellen. Auf seinen Antrag, der keiner Begründung bedarf und binnen eines Monats nach Ende der Abstimmung zu stellen ist, lässt sich das zuständige Schiedsgericht vom Kreisvorstand sämtliche Akkreditierungsdaten zu allen Benutzern vorlegen, die an der Abstimmung, auch im Wege der Delegation, teilgenommen haben, und überprüft deren Akkreditierung und Stimmberechtigung. Das Ergebnis der Überprüfung teilt das Schiedsgericht dem Antragsteller und dem Kreisvorstand mit. Allen Benutzern, die von einer solchen Überprüfung betroffen sind, wird vom Kreisvorstand dieser Umstand und der bürgerliche Name des Antragstellers mitgeteilt.

§ 9 - Veröffentlichung und Dokumentation

(1) Alle verbindlichen Stellungnahmen und Positionspapiere der Ständigen Mitgliederversammlung werden vom Kreisvorstand veröffentlicht und dokumentiert. Der Kreisvorstand dokumentiert auch alle Änderungen dieser Geschäftsordnung, der Programme und der Satzung.

§ 10 - Systembetrieb

(1) Für den Systembetrieb ist der Kreisvorstand zuständig. Störungen im Systembetrieb sind dem Kreisvorstand unverzüglich anzuzeigen.

(2) Bei Störungen von mehr als zwölf Stunden werden laufende Fristen bis zur Behebung der Störungen unterbrochen.

§ 11 - Inkrafttreten und Änderungen

(1) Diese Geschäftsordnung tritt unmittelbar mit Beschlussfassung des Kreisparteitages in Kraft. Änderungen der Geschäftsordnungen beschließt die Ständige Mitgliederversammlung selbst. Vor der Konstituierung der Ständigen Mitgliederversammlung kann der Kreisparteitag in physischer Versammlungsform diese Geschäftsordnung durch Beschluss mit Zweidrittelmehrheit ändern oder aufheben.

Anlage 1 – Schulze-Methode

Die Schulze-Methode wird wie in Kapitel 2 des Beitrages von Markus Schulze (»A New Monotonic, Clone-Independent, Reversal Symmetric, and Condorcet-Consistent Single-Winner Election Method«, verfügbar unter http://m-schulze.9mail.de/schulze1.pdf) beschrieben unter Anwendung des in Kapitel 6 beschriebenem Vergleichsoperators angewendet.

Anlage 2 – Status Quo

Das Verfahren des Satus-Quo-Antrags ist in »Preferential voting in LiquidFeedback« des Interaktive Demokratie e.V. Verein zur Förderung des Einsatzes elektronischer Medien für demokratische Prozesse beschrieben, erreichbar unter http://liquidfeedback.org/lqfb/preferential_voting/.