LoeschenStattSperren/Rede

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Löschen statt Sperren!

XiongShui von buettchenbunt.de hat diese Rede für die Demonstration/Mahnwache am 20. Juni 2009 in Düsseldorf erarbeitet. Die Rede kann gerne auch in anderen Städten genutzt werden.


Guten Tag, meine Damen und Herren, wir, die Piratenpartei, treten für Löschen - statt -Sperren! ein. Warum ist das so?

Vorgestern Abend erfolgte der endgültige Sündenfall in der Politik der Bundesrepublik Deutschland. Durch die von keinem Sachverstand getrübte Zähigkeit einer Familienministerin, die Wahlkampf auf dem Rücken unzähliger missbrauchter und vergewaltigter Kinder betreibt, wurde die rechtsstaatliche Grundlage verlassen und ein Willkürregime errichtet. Dazu haben federführen die CDU, sowie die SPD als Erfüllungsgehilfen Beihilfe geleistet! Auch die Grünen haben sich nicht etwa wiedersetzt, sondern mit 15 Enthaltungen gestimmt. Es wird Zeit, daß wider mehr Demokratie in den Bundestag Einzug hält, darum: Klarmachen zum Ändern!

Was bedeutet nun rechtsstaatliche Grundlage? In einer Demokratie ist es nicht nur üblich, sondern es ist ein Kennzeichen der Demokratie, daß eine Gewaltenteilung stattfindet, die die verschiedenen Verfassungsorgane einerseits zur Zusammenarbeit zwingt und andererseits einen Mechanismus der gegenseitigen Kontrolle enthält. Wir unterscheiden daher

   * Legislative, das sind jene, die die Gesetze erlassen,
   * Exekutive, das sind die, welche ihre Ausführung überwachen und durchsetzen,
   * und Judikative, das ist der Justizapparat, der Verfehlungen ahndet und seinerseits darüber wacht, daß die Gesetze nicht missbräuchlich angewendet werden.

Das gestern verabschiedete Zensurgesetz allerdings verwischt diese Grenzen, indem es den ausführenden Organen, Polizei und Staatsanwaltschaft die Kontrolle darüber gibt, was strafbar ist und was nicht.

Ja, sie haben richtig gehört: nicht mehr Gerichte bestimmen, was im Einzelfall unter ein bestimmtes Gesetz, unter einen bestimmten Straftatbestand fällt, sondern die Polizei. Damit wurde der demokratische Grundsatz der Gewaltenteilung aufgehoben und ein System staatlicher Willkür errichtet. Derartige Verwischung der Gewaltenteilung kommt in der Regel ausschließlich in totalitären Systemen vor.

     (Hand ans Ohr: herumhorchen.)

Wie? Höre ich da - 'Kontrollgremium'?

     Ach ja, es soll ja ein 'Kontrollgremium' eingesetzt werden. Haben sie auch mitbekommen, wer das Kontrollgremium kontrolliert? Richtig! Der Bundesdatenschutzbeauftragte.

Herr Schaar, das ist der Bundesdatenschutzbeauftragte, hat zwar honorigerweise erklärt, er stünde dazu nicht zur Verfügung - nur leider nützt diese Erklärung garnichts. Denn: der Datenschutzbeauftragte ist an Weisungen seines Arbeitgebers gebunden - und der Arbeitgeber ist die Regierung. Mit anderen Worten

   * Die Regierung erlässt neuerdings Gesetze, deren Einhaltung und Ausführung sie selbst überwacht. Das ist eine Struktur die einem totalitären System angemessen ist, aber keiner Demokratie.

Ja, das haben sie richtig verstanden: die ordentlichen Gerichte, deren Aufgabe die neutrale Beurteilung von Rechten ist, wurde auf perfide Weise ausgeschaltet: indem man anscheinend eine Kontrolle installiert, die jedoch keine sein kann, weil sie Weisungen annehmen muss, von genau der Stelle, die sie angeblich kontrollieren soll.

Entweder wird Herr Schaar also seinen Hut nehmen und damit einem Nachfolger Platz machen, der keine Magenschmerzen bekommt, wenn er an einem derartigen Unrechtssystem teilnehmen soll, oder Herr Schaar wird das tun, was ihm die Regierung befiehlt - beide Lösungen sind gleich schlecht.

     Was das mit Kinderpornografie zu tun hat? Mit: Löschen - statt - Sperren?

Nicht das Geringste, da haben Sie völlig Recht! Dieses ganze Gesetzesvorhaben hatte nämlich von Anfang an nichts mit Kinderpornografie zu tun - es geht um Wahlkampf!

     Um Wahlkampf, der mit den Schicksalen von missbrauchten und vergewaltigten Kindern betrieben wird!

Um Wahlkampf, der die Opfer solcher Taten ein weiteres Mal missbraucht.

     Und damit kommen wir zum Thema: Löschen statt Sperren!

Warum sagen wir: Löschen - statt - Sperren?

Ganz einfach: die Maßnahme, die gestern beschlossen wurde, ist nicht nur dumme wahlkampftaktische Augenwischerei, sie ist auch gefährlich. Denn wenn die Angebote an Kinderpronografie nicht aus dem Netz entfernt, sondern nur mit einer Art Vorhang versteckt werden, können sie jederzeit mit minimalem Aufwand wieder sichtbar gemacht werden - und die Technik dazu beherrscht jeder, der einmal seinen Router selbst angeschlossen hat - heute nahezu Standard bei der Neueinrichtung eines DSL- Anschlusses, die Provider geben gerne Hilfestellung dazu.

Jene, die also wirklich an Kinderpornografie interessiert sind, brauchen nur einige Sekunden, um das 'Stopschild' zu umgehen, genau wie der Autofahrer, der an einem Stopschild einige Sekunden anhält, um nach Links und Rechts zu sehen, um dann beruhigt weiter zu fahren.

Gefährlich ist es auch noch: denn die Listen, die von der Polizei erstellt werden, um Stopschilder anzuzeigen, sind nach Erfahrungen im Ausland innerhalb kürzester Zeit im Netz abrufbar. Das heißt nichts anderes, als daß man den Päderasten einen Katalog zur Verfügung stellt, mit dem sie ihrer absonderlichen Neigung noch intensiver nachgehen können.

Aber auch auf Seiten der Polizei und Staatsanwaltschaft, die sich von Amts wegen mit diesen Dingen zu beschäftigen haben, eröffnen sich Gefahrenquellen: denn durch die Sperrlisten sind die Verbreiter von Kinderpornografie, die die Polizei ja ausfindig machen soll gewarnt; sie können innerhalb von Minuten auf einen anderen Server umziehen und dort weiter ihren Geschäften nachgehen. Polizei und Staatsanwalt haben das Nachsehen...

Wäre wirklich eine wirksame Maßnahme gegen Kinderpornografie geplant gewesen, wäre es ein leichtes gewesen, die Polizei, die im übrigen relativ efolgreich auf diesem Gebiet arbeitet, mit mehr technischen Mitteln und mehr Fachpersonal auszustatten - das hätte allerdings kaum wahlkampfträchtige Schlagzeilen hergegeben - und wenn, dann auch nur für den Innenminister und nicht für Frau Zensursula. Ein Übername, den Vanderleyen wohl kaum wieder los wird. - Nebenbei, die Vorgestern veröffentlichte Polizeistatistik weist einen deutlichen Rückgang der Verbreitung von Kinderpornografie aus...

Da ich gerade von Geschäften sprach: die 'Millionengeschäfte', von denen Frau Zensursula sprach, sind ein Märchen, wie die Antwort auf eine kleine Anfrage im Bundestag ergab. Die Zahlen, die Vanderleyen nannte, sind aus der Luft gegriffen - nicht der einzige Punkt, an dem diese Dame, ausweislich der Antwort des Bundestagspräsidenten auf die kleine Anfrage, nicht die Wahrheit gesagt hat.

Diese 'Geschäfte' fallen nämlich kaum ins Gewicht. Tatsache ist, daß die meisten Missbrauchsfälle innerhalb der Familie und innerhalb des Bekannten- und Freundeskreises vorkommen. Ebenso werden auch Bilder und Videos nur in geringem Umfang ver- und gekauft. In den überwiegenden Fällen werden sie 'unter Freunden' getauscht.

     Und wo werden sie getauscht?

Wenn nicht unmittelbar, dann in Chatrooms und Communities, die - man höre und staune - in diesem wunderbaren Gesetz ausdrücklich ausgenommen werden!

     Dies alles und noch einiges mehr, ist der Grund, warum wir sagen: Löschen - statt - Sperren!

Das Sperren ist

   * unwirksam, weil leicht zu umgehen
   * gefährlich, weil es die Verfolgung der Täter vereitelt
   * grundgesetzwidrig, weil es die Gewaltenteilung - Grundlage der Demokratie - aufhebt
   * reines Wahlkampfgetöse ohne jede Substanz - es schützt nicht ein einziges Kind in der Zukunft vor Missbrauch und Vergewaltigung
   * es macht die Opfer von Missbrauch und Vergewaltigung zum zweiten Mal zu Opfern - zu Opfern eines billigen Wahlkampfmanövers

Darum stehen wir ein für: Löschen - statt - Sperren!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.