Diskussion:Transparenz und Organisation

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Beitrag 1

Hi Bernd,

Die Forderung nach innerparteilicher Transparenz begründet sich nicht aus der Forderung der Piratenpartei nach staatlicher Transparenz, sondern aus der Konsequenz demokratischen Handelns, welches nicht notwendigerweise an das Staatswesen dem Sinne nach gebunden ist.

Wie auf der Mailingliste schon geschrieben, erfordert der Wunsch nach einem mündigen Bürger, einem mündigen Mitglied einer Organisation oder auch nur eines losen Bundes die Informiertheit des selbigen.

Es ist also im ureigensten Interesse einer Partei, wie die der Piraten, die einen aktiven, politisch interessierten und engagierten Bürger sowohl für die Arbeit in der Partei aber, wichtiger noch, für die Arbeit an einem bürgerlichen, selbstbestimmten und demokratischen Staat gewinnen möchte, diesem die Möglichkeit zu geben sich zu informieren.

Eines dieser, wenn nicht gar *das* Mittel, ist Transparenz.

Du vertrittst die Auffassung, daß die Forderung nach innerparteilicher Transparenz sich parteischädigend auswirken könnte, da andere Parteien bei uns "klauen" könnten, sich Mitglieder bei ihrem Tun und Handeln "beobachtet" fühlen würden?

Genau diese Gefahren sehe ich überhaupt nicht. Im Gegenteil. Wenn innerparteiliche Diskussionen und Entscheidungsfindungen transparent gemacht werden, so bedeutet das doch für uns als Partei ein großes Plus. Wir gewinnen Glaubwürdigkeit, unsere "Wahlversprechen" können substanziell hinterfragt werden, wir können den Leuten zeigen, daß wir Themen nicht kopieren, sondern Ideen entwickeln, daß wir mit Verantwortung und Geldern sorgsam umgehen, jeder einzelne, jeder Verantwortliche von uns.

Es gibt dabei auch keinen Widerspruch zwischen innerparteilicher Transparenz auf der einen und Privatsphäre auf der anderen Seite. Es zählt mE. nicht zur Privatsphäre, wenn ich mich als Mitglied einer politischen Partei innerhalb der partei-internen Medien politisch äußere. Zur Privatsphäre zähle ich dann Sachen wie: "Wieviele Kinder hat der Vorsitzende", oder "Trinkt Bernd einen über den Durst". Das sind aber Dinge, die *sowieso* nicht auf partei-interne Medien gehören. Nicht zur Privatsphäre zähle ich aber Angaben bei "Parteiämter" bekleidenden Mitgliedern die Entscheidungsfindungen betreffen, wie "Wird bezahl t von xy" oder "Ist Mitglied in ...", oder "hat schon wieder kein geld überwiesen".

Ich glaube, daß Transparenz die Antriebskraft unserer Partei sein wird. Eine Partei, und das wird die Zukunft zeigen, ist nur dann glaubwürdig, wenn die Leute sehen, hier wird wird gehandelt, wie gedacht, hier wird nicht geklüngelt, sondern geklotzt. Die Leute werden uns nicht vertrauen, nur weil wir die "Piratenpartei" heißen und nur weil wir neu sind. Sie vertrauen uns, und auch der Politik im Allgemeinen nur, wenn sie merken, daß wir als Partei nichts zu verstecken haben. Und nur das, Transparenz auch innerhalb der Partei, wird dazu führen, daß die Bürger unseres Landes mehr Zutrauen in die Politik bekommen und mehr Vertrauen in uns.

--AndreasRomeyke 17:33, 23. Jan. 2008 (CET)

Erstmal: Grundsätzlich ist Transparenz richtig, wie du ausführst. Was ich für problematisch halte, ist eine Art Transparenz-Fundamentalismus, d.h. die Forderung, alles müsse prinzipiell offen gelegt werden. Damit verbunden ist dann auch häufig, bei den im Text genannten Beispielen, ein Mangel an Reflektion.
Was ich argumentiere ist, dass und wann es _auch_ richtig sein kann, Informationen gezielt abzuschotten und nur einer bestimmten Organisation, Arbeitsgruppe o.ä. zugänglich zu machen. Es ging nicht darum, Transparenz _per se_ zu kritisieren. Okay? --Bernd 17:50, 23. Jan. 2008 (CET)

Jens in der aktive-ML

-------- Original Message --------
Subject: Re: [Aktive] Meinungen zu Innerparteiliche Transparenz
Date: Thu, 07 Feb 2008 11:03:40 +0100
From: Jens Seipenbusch
To: Hauptmailingliste der Piraten <aktive@lists.piratenpartei.de>

Hallo xx,

xx schrieb:
> Wir können nach außen ja nichts einfordern, was im Innern nicht
> praktiziert wird. 
Da ist er schon wieder, der beliebte Denkfehler. ;-)
Dieser Satz ist so (allgemein) wie er da steht, plausibel, aber falsch.
Natürlich muss eine Partei, die politische Transparenz der 
Entscheidungsprozesse fordert, auch im Inneren die Transparenz der 
Entscheidungsprozesse gewährleisten, einerseits um glaubwürdig zu sein, 
andererseits, um das umzusetzen, was man für richtig hält.
Dann gibt es aber generell mindestens zwei Dinge zu berücksichtigen,  
den Anwendungsbereich ('scope') und die Frage, wer davon betroffen ist 
und wem gegenüber Rechenschaft geschuldet ist ('reach' ?).
Im Falle der Transparenz kann man zum Beispiel sagen: 'wir sind für 
totale innerparteiliche Transparenz' - und kann dies realisieren, indem 
für Parteimitglieder 'alles transparent ist' (was immer das auch konkret 
heisst, oder wie man das realisiert). Dann wäre der Anwendungsbereich 
die Partei und identisch mit dem Kreis der von den Entscheidungen 
Betroffenen.
Andererseits kann man auch sagen: 'wir wollen, dass die ganze Welt 
unsere Entscheidungsprozesse mitverfolgen kann', dann ist der 
Anwendungsbereich die ganze Welt, und der ist dann zunächst _nicht_ 
identisch mit dem Kreis der Betroffenen.
Wenn wir dann an den Fall denken, dass ein Abgeordneter der 
Piratenpartei in einem Parlament sitzt, dann wird das schon schwieriger. 
Dann ist für diesen Abgeordneten nämlich der Kreis der von seinen 
Entscheidungen Betroffenen der Kreis derer, die vom betreffenden 
Parlament 'regiert' werden. Er wird aber wahrscheinlich auf Konzepte und 
Entscheidungen aus der Piratenpartei zurückgreifen. Dieser Punkt 
verdient m.E. eine breite Diskussion (die ich hier nur anstoßen möchte).
Ein anderer Punkt ist der, den man etwas platt folgendermaßen 
verdeutlichen kann:
Wenn ich beim Bäcker auf transparentes Brötchenbacken achte, schaue ich 
vielleicht alle 2 Minuten in den Ofen und öffne dazu die Ofentür. 
Anschliessend sind die Brötchen aber wahrscheinlich mißlungen (oder 
neutral gesagt: anders).  Wir sollten also bedenken, dass ein 
Entscheidungsprozess immer auch an den sich entwickelnden Stand der 
daran beteiligten Personen geknüpft ist, was sich u.U. auch positiv im 
Ergebnis niederschlagen kann.

Dies nur zum Aspekt der Transparenz. Der obige Satz formuliert den 
Anspruch aber sogar nicht nur in dieser Hinsicht. In vielerlei anderer 
Hinsicht macht dieser Satz gar keinen Sinn (ich kann sehr gut einen 
Abbruch des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan fordern, ohne den im 
Inneren zu praktizieren). Auch dies sollte ausführlich betrachtet 
werden, aber die Mail ist nun schon lang genug. :-)

Viele Grüße, Jens

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