Bundesparteitag 2011.2/Antragsfabrik/Programmänderung 126

Anmerkung: Ich habe mich entscheiden, den Antrag nicht zum aktuellen BPT einzureichen. Zwar halte ich die Idee weiterhin für verkannt und piratig, aber es ist offenbar mehr Vorarbeit nötig. Eine Liquid Feedback Initiative dürfte das geeignete Medium sein. -- Fuchsbeuter

Tango-preferences-system.svg Dies ist ein Programmänderung (im Entwurfsstadium) für den Bundesparteitag 2011.2.

Bitte hilf mit diesen Antrag zu verbessern und zu erweitern. Bitte bekunde auch Deine Unterstützung oder Ablehnung auf dieser Seite, bzw., falls möglich, in LiquidFeedback.

Antragstitel

Finanzpolitik 6: Schuldenbremse

Antragsteller

F u c h s b e u t e r

Antragstyp

Programmänderung

Antragstext

Es wird beantragt, im Parteiprogramm an geeigneter Stelle ein Kapitel"Finanzpolitik/Steuern und Abgaben" einzufügen und in dieses Kapitel folgenden Absatz aufzunehmen.


Neue Fassung
Die Piratenpartei bekennt sich zur Notwendigkeit ausgeglichener Haushalte und steht Haushalten mit einer geplanten Aufnahme neuer Schulden kritisch gegenüber.

Die PIRATEN erkennen dabei an, dass ein Ausgleich des Haushalts nicht automatisch über die Ausgabenseite erreicht werden soll. Hinter der Haushaltskonsolidierung stehen Entlastungen der Bürger b.a.W. zurück. Eine staatliche Neuverschuldung darf nur mit Parlamentsmehrheiten beschlossen werden, die auch zur Änderung der Verfassung ausreichen würden.

Die ins deutsche Grundgesetz eingefügte Schuldenbremse wird unter diesen Voraussetzungen begrüßt. Entstandene Staatsschulden sollen zurückgeführt werden, indem Haushaltsüberschüsse und Steuermehreinnahmen sowie Gewinnabführungen der Deutschen Bundesbank und der Europäischen Zentralbank grundsätzlich zur Tilgung bestehender Schulden eingesetzt werden.
Antragsbegründung

Ein Programmkern der Piratenpartei ist die Transparenz. Wesentlicher Bestandteil tatsächlicher Transparenz ist es, dass die Folgen politischer Entscheidungen absehbar sind und bewertet werden können. Bei der Finanzierung staatlicher Aufgaben durch Aufnahme neuer Schulden ist dies nicht der Fall. Es ist zum Zeitpunkt der Entscheidung unklar, wer in welcher Weise wann eingegangene Verbindlichkeiten zurückzahlen wird und somit die Folgen der Entscheidung zu tragen hat. Staatsschulden führen deshalb immer zur Intransparenz und sind nicht piratig.

Jede staatliche Neuverschuldung führt in folgenden Haushaltsperioden durch die Ausweitung des Kapitaldienstes zu einer fiskalischen Beschränkung der politischen Handlungsmöglichkeiten. Auch dies ist bei der eigentlichen Entscheidung noch nicht absehbar und somit intransparent.

Ein Staat mit andauernder Neuverschuldung gerät zudem immer mehr in die Gefahr, ein strukturelles Defizit zu entwickeln. Ist ein Staat jedoch aufgrund solcher strukturellen Defizite auf das Wohlwollen von Geldgebern angewiesen, können diese ggf. Entscheidungen erzwingen, denen es an einer ausreichenden demokratischen Legitimation mangelt oder deren Zusammenhang mit früheren politischen Entscheidungen nicht offensichtlich ist (vgl. z.B. aktuell konkrete Vorgaben gegenüber Griechenland). Staatsverschuldung schwächt damit das Vertrauen in demokratische Systeme oder blockiert das Einwirken auf andere Staaten im Dienste der Menschenrechte und der Transparenz bzw. allgemein piratiger Themen (vgl. z.B. beträchtliche Währungsreserven der Volksrepublik China).

Der Verzicht auf Finanzierung staatlicher Aufgaben durch Kreditaufnahmen bedeutet in keiner Weise eine automatische Einschränkung staatlicher oder sozialer Leistungen. Es ist jedoch notwendig und auch gewollt, nicht nur für Ausgaben des Staates, sondern auch für die entsprechenden Einnahmen zeitnah Mehrheiten zu organisieren.

Es wird ausdrücklich nur vermeidbare Neuverschuldung abgelehnt, d.h. es sollten grundsätzlich keine nicht ausgeglichenen Haushalte geplant werden. Greifen z.B. in einem unerwarteten Abschwung automatische Stabilisatoren im Sinne rückläufiger Steuereinnahmen und steigender Sozialausgaben, sind entsprechende Staatsschulden hinzunehmen. Ansonsten ist Staatsverschuldung nur in absoluten Ausnahmefällen der Kategorie Fukushima oder im Fall von Verlusten der Zentralbank akzeptabel, weshalb keine Sondertatbestände als Rechtfertigung in gesetzliche Regelungen aufgenommen werden sollten. Insbesondere willkürlich definierte konjunkturelle Ungleichgewichte taugen nicht zur Rechtfertigung. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass derartige weiche Begründungen jederzeit genutzt werden, um Staatsverschuldung unabhängig von der tatsächlichen Lage zu legitimieren. Im Falle einer tatsächlichen nationalen Katastrophe, die eine Staatsverschuldung unumgänglich macht, dürfte eine parlamentarische 2/3-Mehrheit möglich sein.

Die zweckgebundene Verwendung des Bundesbankgewinns (wohlgemerkt zur Tilgung, nicht zur Zinszahlung) hat bereits bei der Rückführung des Erblastentilgungsfonds (Altschulden der DDR) funktioniert (die Diskussion über tatsächliche Umbuchung eines Teilbetrags in den Staatshaushalt und somit Neuverschuldung kann hier unterbleiben, da Neuverschuldung ja gerade ausgeschlossen wird). Als von Steuern und Abgaben unabhängige Ertragsquelle des Staates ist der politische Druck zur Verwendung der Mittel verhältnismäßig gering. Der Charme der zweckgebundenen Verwendung der Zentralbankgewinne liegt auch darin, dass der Gewinn einer Zentralbank überwiegend vom Zinsniveau bestimmt wird. D.h. vereinfacht, je belastender ein Zinsniveau für den Staat ist, der hohe Zinsen zu zahlen hat, desto höher ist gleichzeitig die Verminderung der Verschuldung, sodass der Kapitaldienst zukünftig leichter fällt.


Dieser Antrag ist mit den anderen sechs Anträgen Teil des vielleicht etwas hochmütigen Versuchs, ein Kapitel "Finanzpolitik/Steuern und Abgaben" für das Parteiprogramm zu entwerfen.

Die Anträge stehen in Konkurrenz zu anderen Anträgen und LiquidFeedback-Einträgen. Eine Zusammenstellung der konkurrierenden Anträge wird hier ggf. nachgepflegt oder bei Einreichung des Antrags beigefügt. Vorher möchte ich jedoch ein Meinungsbild einholen. Eine Nutzung von LiquidFeedback ist mir als Neupirat leider noch nicht möglich. Vielleicht ist es für den aktuellen Parteitag auch zu kurzfristig oder ich habe AGs übersehen, denen ich auf die Füße trete. Ich freue mich auf jede Anregung.

Dies ist wie gesagt der zarte Versuch eines Neupirats. Falls ich irgendwelche vergangenen Diskussionen oder Ergebnisse von Arbeitsgruppen nicht berücksichtigt habe, bitte ich um Nachsicht und Nachricht.


Datum der letzten Änderung

27.12.2011



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Unterstützung / Ablehnung

Piraten, die vrstl. FÜR diesen Antrag stimmen

  1. Fuchsbeuter: beim eigenen Antrag Ehrensache
  2. ScumPH 16:13, 1. Nov. 2011 (CET) - schon allein, um die Ehre der schwäbischen Hausfrau zu retten! Sorry Miltiades, aber Dein Argument riecht mir zu sehr nach "alternativlos"
    --Miltiades 08:37, 2. Nov. 2011 (CET)Ich verstehe Dein Argument nicht. Was meinst Du mit "alternativlos"? Wenn Du meinst, daß ich es für alternativlos halte, daß die Haushaltshoheit bei dem jeweils gewählten Parlament liegen soll und nicht bei einer verfassungsändernden Mehrheit, hast Du recht. Die Ehre der schwäbischen Hausfrau brauchst Du im übrigen nicht zu retten, die rettete doch schon derjenige, der sich auf sie berief, um zu begründen, warum er gegen den Antrag sei. Denn damit erkannte er doch ausdrücklich an, daß die schwäbische Hausfrau mehr nach den Grundsätzen der Sparsamkeit anhand der vorhandenen Mittel agiert, als das gegenwärtig der Staat und die verantwortliche Mehrheit tut. Willst Du nun sagen, die schwäbische Hausfrau könne doch nicht mit Geld umgehen und brauche deswegen eine Vorschrift, die ihr verbietet, zu wirtschaften, wie sie es für sinnvoll hält? Ich glaube Du siehst nicht, daß die Schuldenbremse, die ja ein Ausfluß der großen Koalition ist, hauptsächlich dazu da ist, für alle Zukunft eine vom Willen dieser damaligen Großkoalitionäre unterschiedliche Politik zu machen. Stell Dir vor die Piraten erreichen 15%, die Grünen auch 15%, die Linken 10% und die FDP 11%. Das wäre dann die Chance auf eine Koalition der Kleinen gegen die Großen. Für 2013 mag das noch utopisch erscheinen, aber wenn 4 Jahre später die Bürger feststellen, daß sich mal wieder nichts bewegt hat, könnte ich mir das schon vorstellen. Die Piraten also dann an der Regierung beteiligt und ... keiner merkt es, weil 90% der Haushaltsausgaben durch langfristig gebundene Ausgaben ohnehin fix sind und die restlichen 10% auch zu ca. 6% schon verteilt sind, ehe sie hereinkommen. Wovon willst Du dann eine piratige Energiepolitik finanzieren? O.k., Du könntest - sinnvolle - Schulden machen, aber halt, das geht ja auch nicht, weil das Grundgesetz es verbietet. Also Selbstbeschneidung des Parlaments ist für mich ein klares No go! Die letzte Selbstbeschneidung mit ähnlicher, wenn auch doch noch erheblich größerer Tragweite, war das "Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich". Was das für Folgen hatte brauche ich einem Deutschen ja wohl nicht zu erklären. Ich wäre im Gegenteil für eine Aufnahme des Haushaltsrechts des Parlaments in die Ewigkeitsgarantie des Grundgesetzes.
    Deine Argumentation und deren Kern (Haushaltsrecht als Königsrecht des Parlaments) kann ich gut nachvollziehen. Du übersiehst jedoch, dass es einen Unterschied zwischen theoretischen Maximen und Auswirkungen in der Praxis gibt und dass Schulden gerade diesen Wesenskern einschränken. Du erliegst dem Irrglauben, dass Staaten Schulden unbegrenzt und folgenlos eingehen können. Neuverschuldung erhöht aber immer den Kapitaldienst in Folgeperioden und schränkt die Haushalte nicht weniger ein als der Verzicht auf Verschuldung. Denn unbegrenzt Kredit gibt es nicht, siehe Griechenland. Wenn Du irgendein Anliegen finanzieren willst, mach es ehrlich und transparent und erhöhe Deine Einnahmen. Wenn Du dafür keine Mehrheit bekommst, kann Dein Ziel nicht so umsetzungswürdig sein. Davon abgesehen musst Du etwas an Deiner nebenläufigen Argumentation arbeiten (welche piratige Energiepolitik? Koalition aus Linken und FDP? Ist klar! Und Dir ist schon klar, dass nicht nur die große Koalition die Schuldenbremse stützt, sondern auch Grüne und FDP und eine breite Bevölkerungsmehrheit ...) -- Fuchsbeuter
  3. ...

Piraten, die vrstl. GEGEN diesen Antrag stimmen

  1. Andena
  2. ?--LiRoyce 17:29, 26. Okt. 2011 (CEST) Die Schuldenbremse ist völliger Wahnsinn, der Staat ist keine schwäbische Hausfrau. Die Politik hat sich damit nur ihrer Verantwortung entzogen und sich ein argumentatives TINA geschafft. -- Fuchsbeuter: Ich sehe das anders und finde gerade diesen Weg verantwortungsbewusst. Es ist gerade nicht TINA, denn wir hatten Jahrzehnte lang die einfache Alternative mit für jedermann sichtbaren Folgen. Dass sich die Politik hier bindet und nicht mehr sagt, "nach mir die Sintflut", finde ich mutig. Ich wohne übrigens in Hessen, hier hat sich die Bevölkerung mit überwältigender Mehrheit in einer Volksabstimmung zur Schuldenbremse bekannt und das trotz umfangreicher Gegenkampagnen von Kirchen, Gewerkschaften und Parteien, übrigens inkl. der Piratenpartei Hessen. Wenn wir die Meinung der Wähler hier nicht ernst nehmen, wo denn dann? Wie Ernst meinen wir es mit dem Willen des Volkes? Sagen wir bei jeder Entscheidung, die uns nicht passt, die haben das bestimmt nicht richtig verstanden?
  3. --Miltiades 21:09, 27. Okt. 2011 (CEST)Sorry, aber das sehe ich genauso, wie LiRoyce! Der Staat darf m.E. gar nicht auf die Möglichkeit, in entsprechenden Situationen, Schulden aufzunehmen, verzichten. Entweder haben wir verantwortliche Politiker, die vom Volk gewählt werden, um seinen Nutzen zu mehren und Schaden von ihm abzuwenden, oder aber Deppen, die nicht bis 3 zählen können, dann sollten wir zur Diktatur zurückkehren, da geht es dann allemal schneller mit den Entscheidungen. Das Ziel des Schuldenabbaus ist natürlich richtig, aber so geht das nicht, sondern durch die Wahl kluger, verantwortungsvoller Politiker.
  4. --Spearmind 22:11, 27. Okt. 2011 (CEST)
  5. --Lars! 21:16, 30. Okt. 2011 (CET)
  6. --GargleBlaster 11:16, 31. Okt. 2011 (CET) Kredite sind letztendlich auch Investition. Gerade eine gewisse Zurückhaltung (beispielsweise bei der Krankenhausplanung) kann sich auch ins Gegenteil verkehren. Daher: es liegt an den Politikern, nicht in der Sache an sich.

Piraten, die sich vrstl. enthalten

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