BE Diskussion:Squads/BGE/Gegenargumente

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Gegenargumente zum BGE:

1. "Kombilohn für alle": Nein, wer mehr ins System einzahlt als er raus bekommt, hat nur faktisch eine geringere Belastung seines Einkommens. Auch heute schon profitieren auch die Gutverdiener vom Grundfreibetrag. Für diejenigen, die nicht genug erwirtschaften können, dass sie davon leben können, haben wir ja jetzt schon eine Art Kombilohn (Aufstocker), nur mit einer sehr suboptimalen Anreizkurve. Die Zahl derjenigen, die mit einem BGE einen Kombilohn hätten steigt nur, weil die Anreizkurve verbessert wird.

Hinter diesem Argument steckt der Totschläger "Ich will aber nicht von Transferleistungen leben. Ich bin doch stolz darauf, dass ich von meiner Hände Arbeit leben kann."

2. "Unternehmen kriegen billige Arbeitskräfte": Natürlich muss jeder Arbeitnehmer mindestens die Kosten für seinen Arbeitsplatz wieder erwirtschaften und sein Gehalt muss sich am Arbeitsmarkt orientieren. Kostet er zu viel, wird über kurz oder lang der Arbeitsplatz abgebaut (orientiert sich am Markt, aber bringt zu wenig ein), oder jemand anders übernimmt die Stelle (orientiert sich nicht am Markt). Arbeit wird also nicht zwangsläufig billiger, eher teurer, weil die Arbeitskräfte leichter ablehnen können, wenn sich aus ihrer Sicht das gebotene Gehalt nicht am Markt orientiert. Es entsteht also eine Verknappung des Angebots an Arbeitskraft bei gleich bleibender Nachfrage.

3. "Regierung wird aus der Pflicht entlassen, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen." Erstens mal, welche Pflicht? Zweitens ist mit einem BGE Arbeitslosigkeit keine Katastrophe für den Betroffenen mehr. Statt schwachsinniger Aktionen wie ABM Massnahmen, könnten sich die Staatlichen Stellen auf die Vermittlung von Arbeitsplätzen zu Arbeitskräften konzentrieren.

4. "Durchsetzung weitreichender Deregulierungskonzepte wird möglich" Ja, genau. Das ist doch toll, dass der Staat uns danach nicht mehr in so viele Lebensbereiche reinreguliert. Ich finde die Deregulierung positiv, wenn es darum geht, dass der Staat sich gefälligst nicht für das Liebesleben und die Lebensplanung sozial schwacher Mitbürger zu interessieren hat (Bei ALG II kann es Einfluss auf den ALG II Satz haben, wenn der/die Geliebte im Haushalt lebt) Ich finde es auch positiv, wenn der Staat nicht bei der Lohnfindung reinredet. Ich finde es positiv, wenn auch am Arbeitsmarkt tatsächlich ein Markt existiert, bei dem sich Anbieter und Nachfrager relativ gut auf Augenhöhe treffen können.

5. "Warum bekommen auch Millionäre das Grundeinkommen ausgezahlt?" Auch heute schon gibt es den Steuerfreibetrag, von dem auch die Millionäre profitieren. Um die "Bedingungslosigkeit" durchzusetzen, muss es eben jeder bekommen. Die Einsparungen durch fehlende Bedürftigkeitsprüfung machen diesen Nachteil locker wieder wett.

6. "Sozialismus ist in Deutschland schon einmal gescheitert" Das höre ich viel von Menschen, die sich in der DDR gegen das Regime gestellt hatten. Danach ist eine weitere Diskussion oft nicht mehr möglich. Wie leitet man das Thema BGE ein, ohne den Verdacht aufkommen zu lassen, dass das was mit Sozialismus zu tun hat? --Niun +++


Frage 1:
Die Arbeitenden werden gezwungen, die nicht Arbeitenden mit zu versorgen; ohne dass die dafür eine Gegenleistung erbringen müssen - ist das nicht ungerecht?

Antwort 1:
Das setzt voraus, dass die nicht Arbeitenden eine Gegenleistung (in Form von bezahlter Arbeit) erbringen könnten. In Zeiten ständig steigender Massenarbeitslosigkeit (gemeint ist der langfristige Trend) darf getrost bezweifelt werden, dass jeder Arbeitswillige auch einen Arbeitsplatz findet. Angesichts der zunehmenden Rationalisierung (d.h. mehr Wohlstand wird durch weniger Arbeit geschaffen) scheint eine klassische Vollbeschäftigung langfristig auch nicht realistisch. Wäre es unter diesen Voraussetzungen nicht vielmehr ungerecht und inhuman, den Verlierern des Systems eine Grundversorgung vorzuenthalten?


Frage 2:
Ist es nicht ungerecht/unsozial, wenn man den Arbeitenden einen Teil von dem wegnimmt, was sie sich selbst erarbeitet haben?

Antwort 2:
Mit dem Argument kann man prinzipiell jede Form von Steuern und anderen Zwangsabgaben in Frage stellen. Allerdings hängen die allermeisten Dinge, die man sich in einer Gesellschaft erarbeiten kann, in vielfältiger Weise von der Hilfe der Anderen ab (Infrastruktur, Ausbildung, Rohmaterial, ...). Hinzu kommt, dass der Arbeitende die Sicherheit hat, von der Gesellschaft versorgt zu werden, falls er dies (aus welchen Gründen auch immer) einmal nicht mehr selbst tun kann. Insofern bekommt er auch eine Menge von der Gesellschaft zurück.


Frage 3:
Das BGE schafft Anreize, weniger bis gar nicht mehr zu arbeiten. Führt das nicht zu mehr Freizeit für manche und weniger Wohlstand für alle?

Antwort 3:
Das BGE befreit von der absoluten Notwendigkeit, für seinen Lebensunterhalt einer geregelten Arbeit nachgehen zu müssen. Andere Anreize zu arbeiten bleiben aber: Wünsche, die über das absolute Minimum hinausgehen, Bestätigung, Status, im Idealfall Selbstverwirklichung im Job. Verlässliche Vorhersagen der Auswirkungen eines BGE sind natürlich schwierig; dass insgesamt weniger gearbeitet würde, ist aber keineswegs ausgemacht. Oder würden Sie sich gerne für den Rest Ihres Lebens auf die faule Haut legen und nur das Nötigste zum Leben haben? Ohne den Zwang zur Erwerbsarbeit um jeden Preis hat man auch mehr Möglichkeiten, sich eine den eigenen Bedürfnissen entsprechende Arbeit zu suchen bzw. zu schaffen (z.B. ehrenamtliches Engagement); daher sollte der materielle Wohlstand (z.B. im Sinne des BSP) nicht das alleinige Maß für politisches Handeln sein.


Frage 4:
Man kann die Würde eines Menschen nicht verletzen, indem man von ihm erwartet, sich selbst um seine Grundbedürfnisse zu kümmern. Würdelos ist es doch vielmehr, von jemand anderem versorgt zu werden, obwohl man es nicht nötig hat.

Antwort 4:
Dies setzt voraus, dass jeder Mensch prinzipiell in der Lage ist, seine Grundbedürfnisse selbst zu befriedigen. Dazu müsste man jedem entweder ein Stück Land oder (ersatzweise) einen Arbeitsplatz garantieren. Beides scheint derzeit in Deutschland nicht praktikabel zu sein; angesichts der historischen Erfahrungen mit der Planwirtschaft scheint eine staatliche "Arbeitsplatzgarantie" auch nicht wünschenswert.


Frage 5:
Ein BGE ist doch ein Bisschen so, als würde sich Person A ein Haus bauen und dann gezwungen werden, Person B (die sich kein Haus gebaut hat) ohne Gegenleistung bei sich unterzubringen. Das wäre dann eine Verletzung der Grundrechte auf Freiheit, Eigentum und Selbstbestimmung.

Antwort 5:
Bei einem BGE würde A aber nicht gezwungen sein Haus, sondern "nur" sein Einkommen zu teilen. Der Eingriff in A's Freiheitsrechte ist also weniger schwerwiegend; und auch nicht fundamental anders als bei den bereits vorhandenen Steuern und Abgaben. Im Übrigen siehe Frage 2.


Frage 6:
Das BGE ist nur ein weiterer Versuch, das "System zu retten". Eigentlich müsste man [...].

Antwort 6:
Bei umfangreicheren Änderungen am Gesellschaftssystem wird es zunehmend schwierig, Konsens herzustellen und diese umzusetzen. Auch mit einer anderen/weitergehenden Vision einer "idealen" Gesellschaft im Hinterkopf kann man das BGE als Schritt in die richtige Richtung, oder zumindest als Verbesserung des status quo, in Betracht ziehen.


Frage 7:
Das BGE bringt letztlich gar nichts, weil es ja doch unter dem Existenzminimum liegen bzw. nachträglich gekürzt werden wird.

Antwort 7:
Richtig ist, dass ein "BGE" unterhalb des Existenzminimums seine wesentlichen Ziele (Garantie der Menschenwürde, Abbau von Bürokratie im Sozialsystem, Stärkung der Arbeitnehmer) verfehlen würde - weder könnte es die bestehenden Sozialleistungen ersetzen, noch die Abhängigkeit vom Arbeitsplatz lösen. Die meisten BGE-Befürworter sehen daher die existenzsichernde Höhe als integralen Bestandteil eines Grundeinkommens. Dies müsste ggf. in geeigneter Weise gesetzlich verankert werden. Das derzeit bei Hartz IV / ALG II zu beobachtende Tauziehen um die genaue Definition von "existenzsichernd" würde auch ein BGE freilich nicht beilegen.


Frage 8:
Ein BGE könnte die wesentlichen Funktionen des Wohlfahrtsstaates - Lebensstandardsicherung im Falle von Krankheit, Invalidität oder Arbeitslosigkeit - nicht ersetzen.

Antwort 8:
Auch das BGE ist keine eierlegende Wollmilchsau. Absicherungen wie Kranken- oder Berufsunfähigkeitsversicherung kann und soll es nicht ersetzen. Für die Sicherung des Lebensstandards bei kurzfristiger Arbeitslosigkeit sind verschiedene Modelle denkbar, u.a. Beibehaltung des ALG I oder eine (Pflicht-)Versicherung durch den Arbeitgeber.


Frage 9:
Das BGE wäre im Prinzip nichts anderes als ein Kombilohn für alle, und käme im Wesentlichen den Arbeitgebern zu Gute. Die könnten ihre Arbeitnehmer noch schlechter bezahlen und ihre Gewinne weiter steigern.

Antwort 9:
Wenn der Arbeitnehmer es mit den Lohnsenkungen und der Ausbeutung übertreibt, laufen ihm aber irgendwann die Arbeitnehmer weg - und zwar schneller als ohne BGE, da das Risiko einer Kündigung für den Arbeitnehmer mit BGE geringer ist. Die zur Finanzierung des BGE erhobenen Steuern würden zudem (direkt oder indirekt, je nach Modell) von den Gewinnen der Unternehmen wieder abgehen.


+++


1. "Dann würde doch keiner mehr arbeiten." (beliebt bei Leuten oft aus dem kleinbürgerlichen Millieu, die Arbeit der Arbeit wegen für einen Wert halten)

2. "Aber dann kriegt doch der Millionär genau so viel wie die Putzfrau." (Kommt vor Allem aus der Linken Ecke)

3. "Kinder brauchen doch auch weniger als Erwachsene" (was schlicht und einfach falsch ist).

4. "Ich will aber nicht von Transferleistungen leben. Ich bin doch stolz darauf, dass ich von meiner Hände Arbeit leben kann." (Wieder kleinbürgerliches, oder Arbeitermillieu)

5. "Dann kommen doch alle Ausländer zu uns und hängen auf unsere Kosten nur faul auf dem Sofa rum." (nahe verwandt mit diversen Aussagen über die angebliche Arbeitsmoral Rumänischer Fabrikarbeiter)

6. Das BGE wird, wenn es nicht sehr niedrig ist, eine riesige Inflation verursachen. In folge dieser Inflation werden alle, die etwas besitzen (und dafür vorher gearbeitet haben) quasi enteignet. Die Menschen, die heutzutage aber viel Geld verdienen, sind in der Lage sehr leicht ihren Arbeitsplatz zu wechseln. Wenn die Arbeitsbedingungen in Deutschland also schlechter werden (weil man große Teile der Bevölkerung subventioniert), werden diese Personengruppen auswandern (Brain Drain). diese Menschen stellen aber den einzigen Standortvorteil für Deutschland dar. Als Folge davon gibt es also keine Menschen mehr in Deutschland, die dann noch arbeiten (außer im Tertiär-Sektor) und nicht mit den Menschen aus Billig-Lohn-Ländern konkurrieren müssen. Somit wird der Lebensstandard mit dem BGE auf den eines Dritte-Welt-Landes sinken.

7. Das BGE löst nicht das Problem der Obdachlosen, da Drogenabhängige oder verschuldete Menschen das gesamte BGE für Drogen oder Schuldentilgung aufbringen müssen. Das ist schon heute so mit dem Arbeitslosengeld. In vielen Fällen wird das Arbeitslosengeld zur Schuldentilgung verwendet, da wenn man private Insolvenz anmelden würde eine Klage wegen Betruges an den Hals bekommen würde (HartzIV-Bezieher dürfen z.B. eigentlich keine Schulden machen, die Solvenz der Käufer wird aber meist nicht geprüft. Falls ein HartzIV Empfänger dennoch einen Fernseher auf Rate kauft, so gilt das in der Regel als Betrug).

Lösung: Das BGE sollte in Form von Sachmitteln (Wohnung, ÖPNV, Kleidung, Essen, ...) ausgezahlt werden (evtl. mit minimaler Individualitätspauschale von c.a. 100€ pro Monat). Dadurch ließen sich zusätzlich die Kosten des BGE wesentlich reduzieren und ein Leben in Menschenwürde wäre gesichert.