BE:Squads/LiquidFeedback/2010-04-23 Bericht BuVo
Einleitung und Kurzzusammenfassung
Dieser Bericht über den Einsatz von LiquidFeedback wurde aufgrund einer Bitte des Bundesvorstands erstellt.
Der Landesverband Berlin hat am 03.01.2010 den Test von LiquidFeedback begonnen, mit der Zielsetzung die Landesmitgliederversammlung vorzubereiten. Hierzu wurde jedem stimmberechtigten Mitglied des Landesverbandes ein Einladungscode übermittelt, mit dem genau ein Account in der Testumgebung angelegt werden konnte. Auf der Landesmitgliederversammlung 2010.1 wurden die in LiquidFeedback zuvor entwickelten Anträge zur Satzung einschließlich der Verankerung der Konzepte der Liquid Democracy mit großer Mehrheit beschlossen. Am 07.03.2010 hat der Landesvorstand den Einsatz des unter lqpp.de betriebenen LiquidFeedback-Systems gemäß §11 der neuen Landessatzung beschlossen. Damit sind alle Organe des Landesverbandes gehalten, in LiquidFeedback erfolgreich behandelte Anträge vorrangig zu behandeln und sie als Grundlage ihrer Entscheidungen zu verwenden. Eine formale Verpflichtung dazu besteht jedoch nicht.
Testzugänge
Der Landesverband Berlin bietet allen interessierten Landesverbänden zum Testen der Software eine eigene Instanz auf lqpp.de an (Vorstandsbeschluß). Ansonsten gibt es für jeden die Möglichkeit, die offene Testinstanz der Entwickler zu verwenden.
Screenshots
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Nicht abgestimmte Themen
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Profil
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Themengebiete
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Themengebiet
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Thema
Detaillierter Bericht
Grundsätzliches
LiquidFeedback ist ein Online-System, in das jeder berechtigte Nutzer Anträge einstellen kann mit dem Ziel, diese Anträge von einer Mehrheit beschließen zu lassen. Anträge werden in Form einer Initiative eingebracht, die entweder für sich allein stehend ein neues Thema eröffnet oder eine Alternative zu Initiativen eines bestehenden Themas darstellt. Damit Anträge für die Abstimmung zugelassen werden, müssen die Initiativen Unterstützerstimmen sammeln. Weil nicht jeder Antrag gleich perfekt ist, bietet das System die Möglichkeit, dass jeder seine potentielle Unterstützung einer Initiative unter Angabe der notwendigen Änderungen am Antragsentwurf mitteilt. Es steht den Initiatoren frei, solche Änderungsvorschläge in ihr Konzept einzuarbeiten oder die Änderungswünsche zu ignorieren. Wer ignoriert wird, kann natürlich jederzeit eine eigene Initiative einbringen. (Quelle: http://liquidfeedback.org/projekt/ )
Facts zum Betrieb
Der LiquidFeedback-Betrieb wurde am 03.01.2010 gestartet. Wir haben die diversen Aktivitäten, die es seit der Aufnahme des Betriebs gibt, in Zahlen zusammengefasst (Stand 21.04.2010 14:38 MESZ):
Im System gibt es 17 Themenbereiche, von denen bisher 16 genutzt wurden. Einer dieser Themenbereiche ist der soganannte “Sandkasten / Spielwiese” in dem man sich mit dem System vertraut machen kann. Die nachfolgenden Zahlen beziehen sich nur auf Themen außerhalb dieses Sandkastens.
Von den 869 eingeladenen Mitgliedern des Landesverbandes Berlin haben zur Zeit 469 Piraten (54%) einen Zugang zu LiquidFeedback. Hiervon traten 144 Piraten mindestens einem Themenbereich bei. Die Gesamtbeteiligung liegt jedoch höher: So haben 293 Piraten direkt oder mittels Delegation Einfluss auf Abstimmungen oder Diskussionen genommen, wobei sich 223 Piraten auch durch direkte Stimmabgabe bei mindestens einer Endabstimmung beteiligten.
Insgesamt gab bzw. gibt es 293 Themen, von denen 264 durch Erreichen des 1. Quorums akzeptiert wurden. Nur 25 Themen scheiterten bisher an dieser ersten Hürde. Von den 264 akzeptierten Themen enthalten 119 einen einzelnen Antrag, während bei 145 Themen mindestens ein zusätzlicher Gegen- bzw. Alternativantrag gestellt wurde.
94 Piraten stellten insgesamt 597 Anträge, wobei hiervon 63 Anträge vom jeweiligen Initiator zurückgezogen wurden. Durch Erreichen des 2. Unterstützerquorums gelangten 318 Anträge in die Abstimmung. Weitere 43 Initiativen sammeln derzeit noch Unterstützerstimmen für ihre Anträge. Aufgrund des 1. Quorums gelangten 28 Anträge nicht in die “Diskussionsphase”; weitere 152 Anträge scheiterten am 2. Quorum und wurden daher nicht zur Abstimmung gebracht.
Zum jetzigen Zeitpunkt wurden 209 Endabstimmungen über 308 Anträge abgeschlossen. 189 dieser Anträge wurden durch Erlangen der jeweils erforderlichen Zustimmungsmehrheit (z.Zt. 50% bzw. 2/3, je nach Themengebiet und Regelwerk) und aufgrund ggf. vorhandener mehrheitlicher Präferenzen gegenüber alternativen Anträgen im System beschlossen.
Von der Präferenzwahlfunktion machten 109 Piraten außerhalb des Sandkastens mindestens einmal selbst Gebrauch. Hierbei wurden Fürstimmen von 97 Piraten und Gegenstimmen von 60 Piraten in eine Rangreihenfolge gebracht.
Erfahrungen
Zu Beginn der Testphase ist deutlich geworden, dass die Benutzung des Systems erlernt werden muss, da die zur moderationsfreien, strukturierten Antragsentwicklung nötigen Prozesse sowie die Präferanzwahlmethode eine gewisse Komplexität aufweisen. Es hat sich herausgestellt, dass es mittels Vorträgen, Workshops und nicht zuletzt auch persönlichen Kontakten erfahrenerer mit weniger erfahrenen Benutzern möglich ist, viele Piraten schnell zur aktiven Teilnahme zu bringen.
Besonders hervorzuheben ist, dass es im bisherigen Betrieb des Systems trotz Moderationsfreiheit zu keinerlei Verhalten gekommen ist, das gerügt werden musste.
Damit die Teilnahme nicht an einen eigenen Internet- und Rechnerzugang geknüpft ist, wird in Crews, Squads und dem wöchentlichen Stammtisch angeboten, vorhandene Infrastruktur zu nutzen. Dies ermöglicht allen eine Teilnahme am System, unabhängig von der eigenen persönlichen technischen Ausstattung.
Diskussionen
Datenschutz / Transparenz (rechtlich)
Es wurde behauptet, dass LiquidFeedback gegen geltendes Datenschutzrecht verstoße und nicht betrieben werden dürfe. Konkrete Verstöße gegen bestimmte Regelungen konnten jedoch nicht vorgebracht werden. Der Vorstand des LV Berlin hat das System nach rechtlicher Prüfung in Betrieb genommen.
Datenschutz / Transparenz (politisch)
Es wurde vorgetragen, dass die Piratenpartei die "Datenschutzpartei" sei und daher ein System, dass derart auf die Offenheit der Vorgänge setzt, nicht mit den Grundprinzipien der Partei vereinbar sei. Es bestünden persönliche Risiken für Mitglieder, ihre Meinung kundzutun. Hierauf wurde erwidert, dass die Partei ebenfalls für Transparenz in der Politik stehe.
Die Mitglieder des LV Berlin haben sich mit 87 Stimmen bei 12 Gegenstimmen und einer Enthaltung für einen öffentlichen Lesezugriff auf das System (ohne Profildaten der Mitglieder) entschieden.
Wahlcomputer
Es wurde darauf verwiesen, dass mittels Computern (vergleiche https://wahlcomputer.ccc.de/) prinzipbedingt keine überprüfbaren geheimen Wahlen durchführbar seien. Die Piratenpartei hat sich entsprechend positioniert (http://web.piratenpartei.de/navigation/presse/pressemitteilungen/2006/wahlger%C3%A4te). Diese Bedenken sind bei LiquidFeedback berücksichtigt, denn es sind ausnahmslos offene namentliche (zumindest pseudonyme) Abstimmungen vorgesehen. Somit können alle Abläufe auch nachträglich überprüft werden. Mit LiquidFeedback sind keine geheimen Wahlen und Abstimmungen, keine Personenwahlen und keine Listenaufstellungen möglich.
Verbindlichkeit
Es wurde vorgebracht, dass es nicht akzeptabel sei, dass verbindliche Entscheidungen mittels eines Systems wie LiquidFeedback durchgeführt werden. Auch das Parteiengesetz erlaubt nicht die Entscheidungen und Handlungen eines Organs an irgendetwas anderes (z.B. ein LD-System) zu binden. Daher sieht die Verankerung der Grundsätze der Liquid Democracy in der Satzung des LV Berlin auch ausschließlich vor, dass die Organe (mit Ausnahme des Schiedsgerichts) gehalten sind, das Liquid Democracy System zur Einholung von Meinungsbildern zur Grundlage ihrer Beschlüsse zu nutzen. Eine formale Verbindlichkeit besteht also nicht. Im Gegensatz hierzu wird innerhalb des Systems größter Wert auf zweifelsfrei festgestellte und somit belastbare Ergebnisse gelegt.
Delegationen
Verschiedene Piraten haben zum Ausdruck gebracht, dass das Grundkonzept der Delegation in Gänze oder zumindest teilweise abzulehnen sei. Hauptsächlich wurden hierfür als Gründe eine Machtkonzentration bei Delegationsempfängern und der Kontrollverlust über die eigene Stimme benannt. Dem ist entgegenzusetzen, dass zum einen Delegationen jederzeit widerrufen werden können und es jedem Teilnehmer freisteht, seine Stimme ausschließlich selber zu verwenden.
Verschiedene Modifikationen und Einschränkungen des Delegationssystems wurden vorgeschlagen, sind aber jeweils mit deutlicher Mehrheit innerhalb von LiquidFeedback abgelehnt worden.
Fazit
LiquidFeedback hat entscheidend zum Erfolg der LMV Berlin beigetragen und unterstützt die Arbeit der entscheidungsfähigen Organe der Partei. Die Funktionalität geht über die Möglichkeiten eines klassischen E-Voting-Systems hinaus, eingebrachte Anträge haben im Verlauf der Diskussionsphase deutliche Verbesserungen erfahren. LiquidFeedback bildet die sozialen Strukturen der aktiven Piraten des LV Berlin ab. Es hat sich gezeigt, dass LiquidFeedback die Kommunikation im Landesverband insgesamt fördert. Der Landesvorstand hat in seiner Sitzung am 25.4.2010 beschlossen, den Antrag auf Einführung des bundesweiten Systems zu unterstützen. Aus unserer Sicht eignet sich LiquidFeedback grundsätzlich für einen bundesweiten Einsatz.
Anhang
Weiterführende Links
- Das produktive System: https://lqpp.de/
- Das SQUAD LiquidFeedback: BE:Squads/LiquidFeedback
- WIKI-Seite zum Betrieb des Systems: BE:LiquidFeedback
- Statistische Auswertungen: http://blog.politikpir.at/?p=240
- Projektseite der Entwickler: http://www.public-software-group.org/liquid_feedback
- Blog der Entwickler: http://liquidfeedback.org/
Aktueller Betriebszustand in der Piratenpartei
Landesverband Berlin
Betrieb als satzungsgemäßes Liquid Democracy System.
Landesverband Bremen
Testbetrieb, alle Mitglieder des LV eingeladen
Landesverband Hamburg
Testbetrieb, alle Mitglieder des LV eingeladen
Landesverband Nordrhein-Westfalen
Testbetrieb, alle Mitglieder des LV eingeladen
Landesverband Schleswig-Holstein
Testbetrieb, alle Mitglieder des LV eingeladen
Landesverband Thüringen
Betrieb einer eigenen LiquidFeedback-Instanz
Landesverband Rheinland-Pfalz
LiquidFeedback-Test wurde auf der LMV beschlossen. Vorstand hat den Beschluss bisher nicht umgesetzt.
Landesverband Brandenburg
Will einen Test in den nächsten Monaten starten
Landesverband Bayern
Vorstand hat Test beschlossen, Einladungen an alle interessierten Mitglieder werden z.Zt. versendet.
Landesverband Niedersachsen
Vorstand hat den Test von LiquidFeedback beschlossen. Einladungscodes werden in Kürze an alle Mitglieder versendet.
Landesverband Mecklenburg-Vorpommern
Testbetrieb wird vorbereitet
Landesverband Sachsen
Testbetrieb läuft
Landesverband Sachsen-Anhalt
Testbetrieb läuft
Partido Pirata do Brasil
Regelbetrieb wird vorbereitet (Testbetrieb läuft)