AG Geldordnung und Finanzpolitik/ThemaSparen und Investieren

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80px|Vorbemerkung Vorbemerkung:
Dies ist eine Meinung, die derzeit von dem Mitglied Patrik vertreten wird und spiegelt nur die Meinung einiger Mitglieder der Piratenpartei oder der AG Geldordnung und Finanzpolitik wider. Wer Anmerkungen/Fragen hat schreibt diese bitte auf die Vorlage:Diskussionsseite zu diesem Artikel.


Einleitung

Über das Thema Sparen und Investieren gibt es viele gängige Behauptungen, die bestenfalls ungenau oft genug aber einfach falsch sind. Insbesondere gilt dies für die Aussage, dass Sparen und Investieren notwendigerweise immer gleich sein müssen.

Die Fehler sind auf ein verkürztes Verständnis der Materie zurückzuführen, oder die Ungenauigkeiten werden bewusst ausgenutzt, um politisch Präferenzen scheinbar rational zu begründen.

Nachfolgend soll gezeigt - und nachgewiesen - werden, was an den jeweiligen Ansichten richtig oder falsch ist.

Die schwäbische Hausfrau

Die schwäbische Hausfrau und das Unternehmen

Die erste naive Herangehensweise an das Thema Sparen, ist sicher die der "schwäbischen Hausfrau". Man schließt also von den Verhältnissen des privaten Haushaltes, den man aus eigenem Erleben kennt auf volkswirtschaftliche Verhältnisse. Vieles an diesem Ansatz ist sehr intuitiv und wird daher gerne von der Politik (und anderen) instrumentalisiert. Wie denkt nun die "schwäbische Hausfrau"?

Jeden Monat gibt es ein Einkommen. Von diesem Einkommen werden Ausgaben getätigt und was übrig bleibt, kommt ins Sparschwein oder auf Sparbuch. Man ist umso reicher, ja voller das Sparschwein oder das Sparbuch ist. Alle Transaktionen werden in Bar getätigt.

Das scheint erst einmal so ganz sinnvoll sein, und deshalb wird dieses Modell gerne auf den Staat und die Volkswirtschaft übertragen. Wozu führt das?

Im einfachsten Fall stellt man sich die Wirtschaft wie folgt vor:

  • Es gibt Haushalte (H) und Unternehmen (U)
  • Die Haushaltsmitglieder arbeiten bei den Unternehmen und kriegen dafür Lohn (L)
  • Die Unternehmen liefert Konsumgüter und erzielen Erlöse (Y)
  • Von ihrem Lohn (L) kaufen die Haushalte diese Konsumgüter (C), und den Rest sparen sie (S) bei der Bank
  • Was die Unternehmen nicht für Löhne ausgeben, verbleibt als Gewinn (G) im Unternehmen

Fasst man das in Formel zusammen sieht das wie folgt aus:

Haushalte:

  • L = C + S (der Lohn wird entweder für Konsum verwendet oder gespart)

Unternehmen:

  • Y = L + G (die Erlöse werden entweder für Löhne ausgegeben oder verbleiben als Gewinn im Unternehmen)

Das so weit ganz logisch aus, aber es zeigen sich die ersten Probleme:

Die Erlöse der Unternehmen können ja nur aus dem Konsum der Haushalte kommen, folglich gilt

  • C = Y = L + G

Nun gilt aber L = C + S (siehe oben), also

  • C = C + (S + G)

Das kann nicht aufgehen, es sei denn es gilt immer

  • G = -S

Tut es das? Was bedeutet die Formel?

Wenn man davon ausgeht, dass die Ersparnis positiv ist, dann muss der Gewinn negativ sein, sprich die Unternehmen machen Verlust. Anders gesagt, die Ausgaben sind höher als die Einnahmen. Natürlich geht das nur sehr kurzfristig. Wenn ein Unternehmen die Löhne nicht zahlen kann, muss es Schulden aufnehmen, aber bei wem?

Da es im Modell nur zwei Akteure gibt, nämlich die Unternehmen und die Haushalte, gibt es nur eine Möglichkeit: Die Unternehmen müssen sich das Geld von den Haushalten leihen, und diese können nur so viel verleihen, wie sie sparen.

Konkreter:

  • Wenn die Haushalte 10 verdienen (L) und davon 2 sparen (S), dann können sie nur für 8 konsumieren (C)
  • Wenn Unternehmen 8 einnehmen, aber 10 für Löhne ausgeben müssen, müssen sie 2 als Schulden aufnehmen
  • Die Unternehmen bieten den Haushalten also verzinsliche Anleihen als Finanzanlagen, damit sie die 2 nicht ins Sparschwein stecken, sondern ins Unternehmen investieren (I)

Wenn es so geschieht - und das muss es, damit die Gleichung aufgeht - dann gilt S = I. Was gespart wird, muss also auch investiert werden.

Aber was passiert, wenn die Haushalte nicht mitspielen wollen, also bspw. aus Angst vor Verlust das Geld einfach im Sparschwein belassen?

Nun, dann ist das simple Modell der "schwäbischen Hausfrau" am Ende.

Die Schwäbische Hausfrau und die Bank

Nun gab es ja auch noch die Möglichkeit des "Sparbuchs", das wir bisher nicht betrachtet haben. Hierzu braucht es einen dritten Akteur, nämlich die Bank.

Vielleicht ist es der "schwäbischen Hausfrau" zu riskant direkt Unternehmensanleihen zu kaufen, aber vielleicht kann sie der nette Banker überzeugen ihr hart erspartes Geld in den sicheren Safe der Bank zu legen, und sogar Zinsen dafür zu bekommen? Gehen wir mal davon aus, dass dies der Fall ist.

In diesem Falle würden also 2 bei der Bank eingezahlt werden (S) und die Bank kauft ihrerseits die Unternehmensanleihen (I)

Und so gilt wieder S = I, und die Gleichung geht auf. Gehen wir also davon aus, dass die Banken immer das erhaltene Geld investieren, dann ist das Modell gerettet.

Man kann an dieser Stelle die Gleichung sogar erweitern, wenn man sagt, dass der Verkauf der Anleihen aus Sicht des Unternehmens eine Schuldenaufnahme darstellt. Es ergibt sich von selbst, dass in jedem Fall D = I gilt, und - soweit die Bank immer investiert - gilt auch I = S und somit auch D = S.

Aber stimmt das?

Wenn die Banken ihrerseits nicht mehr in das Unternehmen investieren wollen, sei es, weil es schon zu verschuldet ist - was zwangsläufig irgendwann der Fall ist, wenn sich das beschriebene Szenario in jeder Periode wiederholt - oder weil die Bank anfängt, Zweifel an den Geschäftsaussichten des Unternehmens zu haben, dann hat man das selbe Problem wie vorher.

Damit bricht auch dieses Modell zusammen.

Die schwäbische Hausfrau und die Geldschöpfung

Was man an den bisherigen Modellen erkennt ist, dass Sparen ein volkswirtschaftliches Problem darstellt, wenn das Geld nicht wieder vollständig investiert wird; sei es, dass das Geld im Sparschwein verbleibt, sei es, dass die Bank die eingezahlten Beträge nicht mehr investiert und im Safe lässt. Dieser Betrag fehlt dann als Erlös der Unternehmen und sie machen Verlust. Eine zeitlang mag das Unternehmen noch von der Bank finanziert werden, aber irgendwann wird auch sie keinen Kredit mehr geben, wenn keine Besserung eintritt.

Nehmen wir nun einmal an, dass die schwäbische Hausfrau ihr Geld nicht mehr zur Bank bringen will, sondern unter die Matratze legt - als Notgroschen, man weiß ja nie.

Nun kann die Bank das Unternehmen nicht mehr weiter finanzieren, selbst wenn es wollte, denn ihr fehlen die Zuflüsse. Wenn sie aber immer noch Zutrauen in das Unternehmen hat und weiter finanzieren, braucht sie also neues Geld. Woher soll es kommen?

Nun, erneut muss das Modell erweitert werden. Auch das ursprüngliche Bargeld fiel ja nicht vom Himmel, sondern wurde von einer Zentralbank in Umlauf gebracht. Wie passiert das? Im einfachsten Fall druckt sie einfach neue Banknoten und kauft dafür etwas, bspw. kauft sie der Bank einen Teil der Unternehmensanleihen ab.

Geld, das gespart wird, muss also durch neues ersetzt werden.

Hier ist also eine grundsätzliche Lösung des Problems gefunden worden: Solange die Zentralbank bereit ist neues Geld für Anleihen herauszugeben, kann immer genügend investiert werden.

Auch in diesem Fall gilt weiterhin D = I, aber wie sieht es mit I = S aus, wenn man unter S alle Beträge versteht, die entweder auf das Sparbuch eingezahlt wurden oder im Sparschwein stecken?

Wenn die Zentralbank Anleihen von der Bank kauft, dann ersetzt sie soz. die Anleihen bei gegen Geld. Kauft die Bank nun wiederum neue Anleihen vom Unternehmen, dann findet bei der Bank wieder das Gegenteil statt. Sie hat also genauso viel Anleihen wie vorher, mitsamt den Anleihen bei der Zentralbank hat sich aber ihre Gesamtzahl erhöht, allerdings auch die Zahl der Banknoten, die letztlich im Sparschwein landen. Somit gilt auch wieder I = S.