AG Geldordnung und Finanzpolitik/Negatives Eigenkapital

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80px|Vorbemerkung Vorbemerkung:
Dies ist eine Meinung, die derzeit von dem Mitglied Arne Pfeilsticker vertreten wird und spiegelt nur die Meinung einiger Mitglieder der Piratenpartei oder der AG Geldordnung und Finanzpolitik wider. Wer Anmerkungen/Fragen hat schreibt diese bitte auf die Vorlage:Diskussionsseite zu diesem Artikel.


Welches Problem steckt hinter einem negativen Eigenkapital einer Zentralbank?

Eine Zentralbank kann systembedingt nicht zahlungsunfähig werden, weil in unserem Währungssystem Geld ein Anspruch auf Geld ist und eine Zentralbank diesen Anspruch mit eigenem Geld leisten kann. Auf der Ebene einer Zentralbank wird Geld getauscht: Giralgeld in Banknoten oder umgekehrt. Ein weitergehender Anspruch, z.B. auf das Gold der Zentralbank, besteht nicht.

Da Zahlungsunfähigkeit die zentrale Bedrohung für jedes andere Wirtschaftssubjekt, einschließlich der Geschäftsbanken ist, wird daraus geschlossen, dass Verluste kein Problem für eine Zentralbank sind. Selbst dann nicht, wenn sie so groß werden, dass daraus ein negatives Eigenkapital entsteht.

Richtig ist, dass selbst bei negativem Eigenkapital eine Zentralbank in ihrem Währungsgebiet nicht zahlungsunfähig werden kann.

Falsch ist aber eine Behauptung, dass das kein Problem sei:

Wenn es kein Problem wäre, dann wäre es in der Tat das Ende aller finanzieller Problem für alle. Es wäre eine Art Perpetuum Mobile der Finanzwelt.

Angenommen der Bund nimmt bei den Geschäftsbanken einen Kredit über 50 Mrd. Euro auf. Kurz vor dem Ende der Laufzeit werden die Staatsanleihen an die Bundesbank verkauft. Kurz vor der Fälligkeit geht der Finanzminister zur Bundesbank und sagt: „Ja, in den nächsten Tagen werden 50 Mrd. Euro fällig. – Aber, Sie wissen ja, die Konjunktur, ..., die Weltwirtschaft, alles ist nicht so einfach.“ Zentralbankpräsiden: „Kommen sie auf den Punkt.“ Finanzminister: „Wir können die 50 Mrd. Euro zum Fälligkeitstermin nicht bezahlen.“ Zentralbankpräsident: „Lieber Herr Minister, da müssen sie doch nicht so herumdrucksen. – Wir sind die Zentralbank. Das ist alles kein Problem. Sie versichern mir nur glaubhaft, dass sie das Geld nicht zurückzahlen können und dann scheiben wir den Kredit einfach ab.“ Finanzminister: „Einfach so abschreiben?“

Die Frage, die sich hier stellt ist: „Führt die Abschreibung zu einem inflationären Druck?“

Antwort: „Nein, weil die Geldmengenerhöhung und der damit verbundene Inflationsdruck zum Zeitpunkt der Auszahlung des Darlehens war.“

Die Rückzahlung eines Darlehens ist eine Geldvernichtung, die Spielraum für neue Darlehen (= Geldschöpfung) schafft.

Die nächste Frage ist: „Führt die Abschreibung zu einer Einschränkung der Geldpolitik der Zentralbank?“

Antwort: Nein, so lange die kumulierte Abschreibung kleiner als die Geldmenge ist, die dauerhaft im Währungssystem verbleiben soll. Erst wenn diese Grenze überschritten wird, wird die Geldpolitik eingeschränkt. Sie könnte die Geldmenge, dann nur noch einschränken, indem sie Aktiva, wie z.B. Gold verkauft.

Wenn weder die Zahlungsfähigkeit, noch Inflation und Geldpolitik ein Problem sind, wo ist dann das Problem oder wie ist der Sachverhalt zu bewerten?

Wenn es sich um Staatschuldverschreibungen des eigenen Staates handelt, dann kann der Sachverhalt als eine einmalige Realisierung des Geldschöpfungsgewinns betrachtet werden. D.h. anstatt dauerhaft den Geldschöpfungsgewinn über die Zinsen und den damit verbundenen Gewinn zu realisieren, wird der Geldschöpfungsgewinn einmalig realisiert.

Dass beide Formen der Realisierung des Geldschöpfungsgewinns auf das gleiche hinaus laufen, kann man an folgendem Sachverhalt erkennen: Die Zinsen, die der Staat für seine Schuldverschreibungen bei der Zentralbank bezahlt, erhält er durch die (Geldschöpfungs-)Gewinne von der Zentralbank wieder zurück. D.h. die Staatsverschuldung über die Zentralbank ist für den Bund im Saldo kostenlos. Ein unbefristetes zinsloses Darlehen ist im Ergebnis genau so zu bewerten, wie ein Gewinn in Höhe des Darlehens.

Dieser Zusammenhang ist der Ansatz, wie die Staatsverschuldung in Deutschland erheblich abgebaut werden könnte. Dazu wäre aber erforderlich, dass die Giralgeldschöpfung genauso wie beim Bargeld an die Zentralbank übertragen werden würde. Dieser Ansatz wird sowohl vom Vollgeldansatz, als auch von der vorgeschlagenen Währungsinfrastruktur in öffentlicher Hand verfolgt.

Die Grenze für diesen Ansatz ist die Geldmenge, die das Stabilitätsziel wahrt. Da die Höhe dieser kritischen Geldmenge wahrscheinlich nur durch Versuch und Irrtum bestimmt werden kann und auch die Volkswirtschaft selbst Schwankungen unterworfen ist, benötigt die Geldpolitik einen Teil der Geldmenge, der wie jetzt über die Kreditvergabe der Zentralbank gesteuert wird. Für die restliche Geldmenge, die dauerhaft im System verbleiben soll, könnte der Geldschöpfungsgewinn einmalig realisiert werden.

Gäbe es keinen Zusammenhang zwischen Geldmenge und Inflation, dann könnte man den Trick mit Schulden machen und dann abschreiben beliebig fortsetzen. Man bräuchte keine Steuern mehr erheben und könnten an alle Bürger ein bedingungsloses Grundeinkommen auszahlen. Man hätte sozusagen ein Perpetuum Mobile der Finanzwelt erfunden. – Aber was in der Physik nicht funktionieren kann, kann auch in der Finanzwelt nicht funktionieren. Auch hier scheitert der Trick am Energieerhaltungssatz. Jede Forderung am einen Ende ist untrennbar mit einer Verbindlichkeit am anderen Ende verbunden.

Anstatt aber die Staatsschuldverschreibungen abzuschreiben und ein negatives Eigenkapital auszuweisen, wäre es sinnvoller eine Aktiva-Position zu schaffen, auf die die Staatsschuldverschreibungen umgebucht werden, für die der Geldschöpfungsgewinn einmalig realisiert wurde. Diese Position könnte man z.B. Dauerhafte Geldschöpfung oder Zinslose Forderungen gegenüber dem Bund nennen.

Was passiert aber, wenn Staatsschuldverschreibungen eines anderen Landes abgeschrieben werden sollen.

In diesem Fall handelt es sich zwar auch um eine einmalige Realisierung des Geldschöpfungsgewinns, aber der Gewinner ist das Land dessen Staatsschuldverschreibungen abgeschrieben werden. Das betreffende Land hat zum Zeitpunkt der Auszahlung des Darlehens eine Leistung erhalten, der zum Zeitpunkt der Tilgung ganz oder teilweise keine Gegenleistung entgegen steht.

Verlierer ist das Land, dessen Zentralbank die Staatsschuldverschreibungen abschreibt. Im Klartext heißt das: Wenn eine Zentralbank ausländische Staatsschuldverschreibungen aufkauft und später abschreibt, dann bezahlt indirekt der Steuerzahler den Verlust und nicht derjenige, der vorher Eigentümer der ausländischen Staatsschuldverschreibungen war.