Benutzer:Library pirate/Antrag Urheberrecht v2

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[Dies ist der aktuelle, vollständige Text der Version 2 meines Antrags an die Mitgliederversammlung des LV Berlin zum Thema "Bildungs- und Wissenschaftsfreundliches Urheberrecht". Inhaltlich entspricht diese zweite Version der ersten (wiki) bzw. deren Kurzversion (LF), ist aber etwas straffer und übersichtlicher formuliert.]

In Bezug auf das Grundsatzprogramm der Piratenpartei Deutschland, Kapitel 1 Urheberrecht und nicht-kommerzielle Vervielfältigung (http://wiki.piratenpartei.de/images/2/20/Parteiprogramm_LaTeX.pdf), und das gegenwärtige Berliner Programm (http://berlin.piratenpartei.de/index.php/partei/wahl-themen/) möge die LMV beschließen, das Berliner Programm wie folgt zu ergänzen:

[neuer Programmpunkt:]Bildungs- und wissenschaftsfreundliches Urheberrecht

Die Piraten Berlin sehen die Legalisierung der nicht-kommerziellen Nutzung und Vervielfältigung von urheberrechtlich geschützten Werken als Grundvoraussetzung für die soziale, technische und wirtschaftliche Weiterentwicklung unserer Gesellschaft an. Dies gilt in herausgehobenem Maße für den Bereich der Bildung und Wissenschaft.
Langfristig sollte für Zwecke der Bildung und Wissenschaft deshalb ein allgemeines Nutzungsprivileg im Urheberrecht formuliert werden, vergleichbar dem Fair-Use-Prinzip im Copyright-System der USA. Da eine solche Reform heute in weiter Ferne scheint, fordern wir eine sofortige Änderung des deutschen Urheberrechtsgesetzes (Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte, UrhG) in folgenden Punkten, um den für Einrichtungen der Bildung und Wissenschaft wichtigen Informationszugang unmittelbar zu verbessern:

1.Die öffentliche Wiedergabe (§ 52 UrhG) von urheberrechtlich geschützten Werken in Schulen sowie bei Veranstaltungen der Jugendhilfe, der Sozialhilfe, der Alten- und Wohlfahrtspflege, und der Gefangenenbetreuung muss zustimmungs- und vergütungsfrei gestellt werden. Einschränkungen bezüglich bestimmten Werkarten sind abzuschaffen.

2.Eine Neuformulierung der Schrankenbestimmung zur öffentlichen Zugänglichmachung für Unterricht und Forschung (§ 52a UrhG). Dies beinhaltet
a) die Entfristung des Paragraphen,
b) die Abschaffung der Bereichsausnahme bezüglich Werken, die für den Unterricht an Schulen bestimmt sind,
c) die Abschaffung der besonderen Einschränkungen, die für Unterrichtszwecke gelten,
d) die Anpassung der Bedingungen für Forschungszwecke, sodass jegliche überwiegend durch die öffentliche Hand finanzierte Forschung durch diese Schranke begünstigt wird,
e) die generelle Zustimmungs- und Vergütungsfreiheit der öffentlichen Zugänglichmachung für Zwecke von Unterricht und Forschung.

3.Eine Präzisierung der Regelung zur Wiedergabe von Werken an elektronischen Arbeitsplätzen in öffentlichen Bibliotheken, Museen und Archiven (§ 52b UrhG), die alle für den Nutzer notwendigen Nutzungen und Bearbeitungen des urheberrechtlich geschützten Werkes ermöglicht; des Weiteren die Ausdehnung des Paragraphen auf elektronische Arbeitsplätze in allen Bildungseinrichtungen gemäß EU-Richtlinie 2001/29/EG Art. 5 Abs. 2 und 3.

4.Eine generelle Neuformulierung der Schrankenbestimmung bezüglich Vervielfältigungen zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch (§ 53 UrhG, „Privatkopieschranke“). In diesem Zusammenhang betrifft das vor allem den eigenen wissenschaftlichen Gebrauch: dieser muss im Rahmen einer überwiegend durch die öffentliche Hand finanzierten Forschung zustimmungs- und vergütungsfrei gestellt werden.

5.Der Kopienversand auf Bestellung (§ 53a) muss auf elektronischem Weg allgemein wieder ermöglicht werden; die Beschränkung auf grafische Dateien und der absolute Ausschluss von gewerblichen Zwecken ist zu streichen. Die gesetzliche Bevorzugung von gleichartigen Verlagsangeboten ist abzuschaffen.

6.Technische Schutzmaßnahmen (Digital-Rights-Management-Systeme) und damit auch deren rechtlicher Schutz (§95a) sind aus informationsethischen, ökonomischen und technischen Gründen abzulehnen. Dies gilt insbesondere für den Bereich der Bildung und Wissenschaft.

7.Allen Schrankenbestimmungen des Urheberrechts muss generell Vorrang gegenüber dem Schutz von technischen Maßnahmen eingeräumt werden (§95b). Insofern kein gesetzliches Verbot der technischen Schutzmaßnahmen erfolgt, muss ein verbindliches, öffentlich kontrolliertes Lizenzierungsverfahren die rechtlich korrekte Anwendung bzw. Aussetzung der DRM-Technologien sicherstellen.

8.Die Verankerung eines unabdingbaren Zweitveröffentlichungsrechts für Wissenschaftler im Urheberrecht, um Open Access in Form der „Green Road“ zu fördern. Unbeschadet davon unterstützen die Piraten Berlin die „Golden Road“ des Open Access.

9.Eine praktikable und nachhaltige Regelung zur öffentlichen Zugänglichmachung von verwaisten bzw. seit längeren Zeiträumen nicht mehr verwerteten Werken. Dabei muss die öffentliche Zugänglichmachung für nicht-gewerbliche und private Zwecke bevorzugt behandelt werden.