Benutzer:RobertB/Sauber

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Version vom 15. September 2009, 00:19 Uhr von imported>RobertB
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Saubere Sache

Frau Clementine Zypries möchte ein "sauberes Internet", so gesprochen in dem mittlerweile fast schon legendären Interview in der TAZ.

Wann, so möchte man fragen, begreifen Frau Zypries und ihre Adepten endlich, dass die Welt sich nicht nach ihren Wünschen und Erwartungen richtet? Ja, es gibt richtig böse Jungs – und Mädels! – da draußen. Ja, die bringen Kinder um. Ja, die stellen die ganzen Sachen auch noch ins Netz.

Die Welt ist komplett. Ganz. Vollständig. Ungelogen. Unzensiert. Es gibt Hell und Dunkel. Gut und Böse. Es gibt die richtig wunderbaren Dinge. Und die richtig schrecklichen. Der Mensch macht diese seine Welt, niemand anders. "Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar." (Ingeborg Bachmann) Welch' Satz! Wir sollten die Welt sehen, wie sie ist. Wir sollten Handlungen sanktionieren, nicht die Berichte darüber. Genau hier die Grenze. Die Grenze zwischen Absicht und Handlung.

Verbrecher dürfen Filme ins Netz stellen. Weil jeder alles ins Netz stellen darf.

Produzieren dürfen sie es nicht. Das ist ein gewaltiger Unterschied. Verbrechen werden in der realen Welt begannen. Immer. Ein Aufruf zu einem Verbrechen ist wertlos, witzlos, phantasielos. Erst und genau dann, wenn ein jemand – ein Mensch oder ein Gruppe – diesem Aufruf Folge leistet, erst dann entsteht Handlungsbedarf. Leute umbringen ist strafbar. Kinder zu misshandeln auch. Fast überall auf der Welt.

"Aber die Kinder, die armen Kinder!" hören wir da. Bitte, bitte keine moralische Diskussion. Ja, da geschehen schlimme Dinge. Aber das Netz ist voll von Folter, Hinrichtungen, schweren Unfällen, Verstümmelungen. Gedreht und ins Netz gestellt in China, Iran, Irak, USA und sehr vielen anderen Staaten. Hat das bisher irgendjemanden interessiert? Wären die beiden schwulen Iraner, deren Hinrichtung man live verfolgen kann, nicht Grund genug, diese Form von Videos zu blocken? Warum nur ist da noch niemand drauf gekommen …

Die Welt ist so. Sie wird nicht anders, wenn wir sie anders wahrnehmen. Man fühlt sich an die DDR – Friede ihrer Asche – erinnert. Dort war es auch richtiggehend unerwünscht, die Fernsehsender des vorgeblich freien Westens zu gucken. Nicht so sehr, weil die Dinge dort so bunt und unkompliziert wirkten, sondern vielmehr, weil es Sachen zu sehen gab, die nicht so recht mit dem Menschenbild der alten, weltfremden Genossen überein stimmten. (BTW: Woran erinnert mich das jetzt gerade …)

Nur, wenn die Welt wahrgenommen wird, wie sie tatsächlich – oder zumindest annähernd – ist, haben wir eine Change, die Welt zu verändern. Nur dann, wenn wir der Realität ins Auge schauen können, ja müssen, finden wir die Kraft, zu handeln.

Kompetenz und Meisterschaft entsteht durch Üben. Durch nichts anderes. Wir, jeder Einzelne, müssen üben, jeden Tag aufs Neue zu entscheiden. Zwischen gut und böse, zwischen angemessen und unangemessen, zwischen oben und unten. Man macht die Welt nicht besser, wenn man den Überbringer der schlechten Nachricht in die Pfanne haut. Ganz im Gegenteil. Diese Leute muss man hegen und pflegen – sie sind die Garanten für eine lebendige Welt. Und ihr Medium ist das Netz.

Um auf die Eingangs gestellte Frage nach dem Begreifen zurück zu kommen: Sie werden es nie begreifen. Genau so, wie Genosse Honecker den Untergang seiner geliebten Gerontokratie nicht verstanden hat – und nicht begreifen konnte! – werden die Kräfte des alten den Inhalt der Kritik, die die Piraten und anderen vorbringen, nicht verstehen.

Als Physiker halte ich es mit Max Planck: "Eine neue wissenschaftliche Wahrheit pflegt sich nicht in der Weise durchzusetzen, dass ihre Gegner überzeugt werden und sich als belehrt erklären, sondern dadurch, dass die Gegner allmählich aussterben und dass die heranwachsende Generation von vornherein mit der Wahrheit vertraut gemacht ist."

Was bleibt? Logisch: Klar zum Ändern.


15. Sept. 09