Benutzer:Eckes/Unfehlbarkeit der Piraten

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Diese Seite ist weitgehend durch wiederholte eigene Beobachtungen den guten Blog-Artikel von Adrian motiviert. Das Ganze ist eine persönliche Sicht, aber Kommentare zur Verbesserung nehme ich gerne an.

Unfehlbarkeit der Piraten

Zum Selbstverständnis der Piraten gehört es, nur Themen zu vertreten, bei denen man sich auch auskennt. Es ist entsprechend auch der Hauptvorwurf, den Piraten anderen Parteien gegenüber erheben: Ihr urteilt, ohne Euch auszukennen und ohne Euch schlau zu machen.

Auf den ersten Blick ist dies eine einfache und schlüssige Position und wird daher gerne im Wahlkampf bemüht. Die von den Piraten vertretenen Positionen wie freie Meinungsäußerung (alle Seiten dürfen beitragen), offene und transparente Prozesse, eine Gewichtung auf Bildung und auch die Wertschätzung für wissenschaftliches/logisches Schließen passen ja auch in dieses Bild.

Fehler

Nun ist es aber so, dass auch Piraten Fehler passieren. Oftmals finden sich schnell (schlüssige) Rechtfertigungen wie z. B. die Jugend der Partei, der Mitgliederzuwachs oder das Fehlen von Mitgliedern, Termindruck, PR-Gesichtspunkte, Abwägungen oder fehlende Fakten. Einige dieser Entschuldigungen sind schlichtweg unpiratisch (PR, fehlende Fakten), andere wiederum unvermeidlich (Termindruck, Zuwachs, fehlende Fakten) oder aber einfach nicht rechtzeitig erkannt worden.

Der Umgang mit eigenen Fehlern

Die Frage ist nun, wie man mit diesen Fehlern umgeht. Ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) ist dem ingenieurmäßigen Herangehen der Piraten ja bekannt. Man kann auch allgemein sagen: "Aus Fehlern lernen". Dazu gehört aber in erster Linie, Fehler zu erkennen, und auch die Bereitschaft, diese beheben zu wollen.

Überheblichkeit oder fehlende Grundlagen sind die Hauptprobleme, mit denen die Piraten dabei zu kämpfen haben. Kritik wird abgetan oder ignoriert oder einfach nicht verstanden. Denn im Gegensatz zur allgemein vorherrschenden Meinung (bei den Piraten) ist es keinesfalls so, dass wir (nur) Experten in der Partei haben – schon gar nicht bei Themen, bei denen jeder denkt, er könnte mitreden (Bildungspolitik, Gender-Themen, Außenpolitik, Wirtschaftspolitik, Sozialpolitik, Sicherheitspolitik, Verbrechensbekämpfung, etc. pp). Es gibt hier also eine latente Selbstüberschätzung (oder auch Naivität).

Ein kleines (unverfängliches) Beispiel ist ein Satzungsänderungsantrag auf dem LPTBW09, bei dem es um die Änderung des Wortes "schnellstmöglich" in "unverzüglich" ging. Es gab für diesen Antrag kein Gutachten. Die Entscheidung auf dem Parteitag wurde letztendlich auf Basis der Aussage von zwei alten Hasen (und nach Konsultation von Wikipedia) getroffen. Die Entscheidung war vermutlich richtig (ich weiß es immer noch nicht), und es mag auch notwendig gewesen sein, eine Entscheidung zu treffen (und nicht alles über-abzusichern und mit Geld (Gutachten) zu bewerfen)), aber es bleibt doch ein sehr, sehr fader Beigeschmack bei der Sache: Verhalten sich Piraten so?

Manche Fehler dürfen nicht passieren, weil sie einfach katastrophale Auswirkungen haben, deswegen ist es nicht immer in Ordnung, wenn man sagt, Fehler dürfen passieren. Dies gilt es zu verhindern. Wie? Keine Ahnung.

Der Umgang mit fremden Fehlern

Diese Frage bringt mich nun zu den Fehlern, die Nichtpiraten machen. Diese werden genüsslich zerpflückt, ein ganzes Stück (Wahlkampf-)Polemik angewendet, und Entschuldigungen werden weder gelten gelassen noch die Gründe hinterfragt.

Das ist gefährlich, denn wenn man sich mal anschaut, warum Entscheidungen falsch getroffen werden (falls man das überhaupt beurteilen kann), so ist es so, dass das bei den Piraten aus fast den gleichen Gründen schief läuft wie bei anderen Parteien oder Organisationen.

Es ist nicht nur gefährlich, sondern auch unpiratisch: Kooperation heißt auch, anderen bei Ihren Fehlern zu helfen. Für mich ist "piratisch" daher auch, Respekt zu zeigen und anderen nicht überheblich oder persönlich angreifend entgegenzutreten. Und dann gehört zum Mensch-sein auch ganz viel Verständnis, Toleranz und Bauchentscheidungen. In den Worten einer Kritikerin ausgedrückt: Es fehlt auch an "Herzensliebe" beim Umgang miteinander.

Lernen und Kooperieren

Jetzt gibt es aber kein Schwarz-Weiß. Es ist das Vorrecht und die Pflicht der Opposition, den Finger in Wunden zu legen. Es ist ebenfalls erlaubt, ein gewisses Selbstvertrauen zu haben und darauf zu bauen, dass man bestimmte Fehlerquellen nicht oder noch nicht hat. Dazu gehört bei den Piraten z. B. der Altersdurchschnitt, die Offenheit, die Vernetzung, die vorläufige Abwesenheit von Korruption und Postendenken. Aber zum einen wird sich das schneller ändern, als man glaubt (das Wort Berufspolitiker fällt dieser Tage immer öfters), zum anderen ist das nur ein unzureichender Schutz.

Was also ist nötig?

a) Demut. Piraten sind nicht unfehlbar, nicht allwissend und auch selten wirkliche Experten in einem Thema.

b) Vorsicht. Die Fehlerquellen der Anderen von heute sind die eigenen Fehlerquellen von morgen.

c) Grundsätze (Prinzipien). Wir sind angetreten, die politische Meinungsfindung zu revolutionieren; dazu gehört dann auch, nicht vor der Presse zu kuschen oder Sachzwänge zu akzeptieren (soweit möglich, das ist jeden Tag aufs Neue ein Kampf).

d) Kooperation. Wir sind jung und unerfahren, aber wir müssen nicht jede falsche Entscheidung oder gesellschaftliche Diskussion für uns selbst wiederholen. Wir können da mit anderen kooperieren. Solange wir das sachlich machen und hinterfragen, ist das eine gute Möglichkeit. Dazu gehört auch, Andere von unseren Erfahrungen profitieren zu lassen (ich glaube, Letzteres ist bei den Piraten schon ausgeprägt).

f) Pluralismus (und Diversität). Piraten sind ein buntes Völkchen und machen es Menschen abseits des Mainstreams einfach, sich einzubringen. Noch ist es aber nicht so, dass alle berechtigten Interessen ausreichend vorhanden sind. (Dies kann man fördern aber nicht erzwingen)

g) Einsicht. Und das alles kann nur wirken, wenn das Selbstverständnis der Piraten so ist, dass sie sich als fehlbare Menschen sehen.

Natürlich sind Piraten schlau und offen. Es soll nicht unerwähnt bleiben dass dieser Artikel auf die negativen Aspekte abzielt. Mit Aktionen zur Transparenz, Mitarbeit, den Positionen zur Kontrolle von Ämtern geht die Partei durchaus in die richtige Richtung.

Verdrängung

Ein Wort zur Verdrängung: Unliebsames Verhalten (in dem Zusammenhang wären das unvorsichtige Äußerungen, Non-PC-Statements, Unüberlegtes, Anschuldigungen oder nicht mehrheitsfähige Meinungen) wird gerne durch Verdrängung behandelt. Besonders bei etablierten Parteien bekommt man einfach keinen Posten wenn man nicht der unausgesprochenen Norm entspricht (und damit hat man auch keine Stimme nach außen).

Für das Auftreten der traditionellen Parteien ist das natürlich gut: Nur geschulte und ausgefeilte Statements kommen in die Öffentlichkeit (wie oft habe ich schon gedacht "Halt doch die Klappe". Allerdings, auch bei den Profipolitikern fragt man sich immer wieder, wie diese es schaffen, sich in die Nesseln zu setzen - kommt da der Pirat durch?).

Die Gefahr bei dieser starken Kontrolle ist aber, dass eine bestimmte Richtung/Strömung mit einer Verdrängungsgewalt durchgesetzt wird. Deswegen werden wir als Piraten mit den Pöbeleien, Fehltritten und Amateurhaftigkeiten noch eine Weile leben dürfen: für eine bessere Politik (durch Pluralismus und Offenheit). Piraten-"Gegner" werden das immer wieder genüsslich ausschlachten. Passt Euch trotzdem nicht an, Arr!

(Ich möchte nicht verschweigen dass mein Obiger Artikel auch zur Verdrängung beiträgt. Schuldig im Sinne der Anklage: ich definiere für mich eine akzeptable Piraten-Norm und stelle Abweichler als unpiratig hin - dieses Verhalten ist wohl auch notwendig um etwas zu bewegen, um Gruppen zu formen. Das Bewusstsein dafür ist hier wichtig, damit man hinterfragen kann ob man die richtigen Normen anwendet)

Siehe Auch