Benutzer:AndreasRomeyke/Traktate

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Traktate

Ausschnitte aus Emails, damit ich mich nicht so oft wiederholen muß ;-)

Vom Umgang mit Geistigem Eigentum

(2008-04-26)

> Es gibt kein geistiges Eigentum? Naja, über den Begriff kann man
> streiten, ich bevorzuge auch "immaterielle Güter", aber deshalb gibt
> es diese Güter eben doch. Oder willst du auch Geschäftsgeheimnisse

Wir sollten sehr vorsichtig sein, auf Begriffe, wie "Geistiges
Eigentum" oder "immaterielle Güter" einzugehen.

Wenn wir diese verwenden, können wir nur mit den damit verbundenen
Regeln spielen.

> verbieten? Marken und Kennzeichenschutz? Rufschädigung bzw.
> Rufmissbrauch, Geschmacksmuster usw.

Das sind unterschiedliche Paar Schuhe. Vielleicht sollten wir hier mal
ein paar Gegenstrategien diskutieren.

"Geistiges Eigentum" -> Recht an einer "geistigen" Sache. Aber was
heißt das?

Wenn mit "Geistiges Eigentum" Geschäftsgeheimnisse gemeint sind, dann
sollte man diese auch so nennen.

Wenn mit "Geistiges Eigentum" die Registrierung einer Marke gemeint
ist, dann sollte man dies auc so nennen


Wenn mit "Geistigem Eigentum" die Einräumung eines begrenzten
zeitlichen Monopols an einer kulturellen Schöpfung gemeint ist, dann
sollte man nach der Schöpfungshöhe fragen. Im Falle der Musikindustrie,
wer ist Urheber und hat das "geistige" Gut wirklich eine Schöpfungshöhe?

Wenn mit "Geistigem Eigentum" Ideen gemeint sind, darf man diese dann
so "schützen", daß keiner auf eine gleiche Idee kommen darf?

Wenn mit "Geistigem Eigentum" immaterielle Güter gemeint sind, dann
sollte man fragen, inwieweit immaterielle Güter mit materiellen
vergleichbar sind? Dürfen dann Rechte und Pflichten aus der
"materiellen" Welt auf die "immaterielle" angewandt werden? Heißt es
nicht auch ferner, daß "Eigentum verpflichtet?", wie sieht es denn da
bei immateriellen Gütern aus?
Können auf immateriellen Gütern die gleichen Gesetzmäßigkeiten wie bei
materiellen angewandt werden? Gilt da noch die Theorie der
Verfügungsrechte oder kehrt sich der Effekt aus der materiellen Welt
hier genau um? Geht die Gesellschaft also ressourcenschonender mit im
Privatbesitz befindlichen immateriellen Gütern um, als wenn diese in
der Allmende wären?

Welche Bereiche zählen wir zur Allmende? Was sind "Dinge", die im
Allgemeinbesitz bleiben sollten? Wie sehen unsere Vorstellungen dazu
aus? Welche Themen könne wir daher ableiten?

Meine Vorstellung ist, daß Wissen letztlich allen zur Verfügung stehen
muß. Und *ich* leite daraus meine politischen Themen ab. Daher bin ich
für Open Access, für Beschränkung des Urheberrechts, für Beschränkung
des Patentrechts, für Pflicht zur Veröffentlichung staatlich
geförderter Technologien, für kostenlose Schulbildung, für die
Privatkopie, für Transparenz des Staatswesens.

Daraus leite ich aber nicht ab, daß Privatwirtschaft zu verdammen wäre,
Patente oder Urheberrecht komplett abgeschafft werden müssen, jeder
einen Anspruch auf Unterstützung vom Staat hat.

Ehrliche Politik

(2008-07-05)
> Bei den "Nicht-Kernthemen" _haben_ wir kein Profil, wir können also
> auch keins verlieren.
> Wenn die Grünen in unsere Sinne abstimmen, dann ist das doch super
> und wenn wir noch ein paar Sitze haben mit denen wir diese Linie
> befestigen können ist das noch besser.

Nichts ist schlimmer als Beliebigkeit. Wir sind nur dann glaubhaft,
wenn wir in allen Punkten ehrlich[1] sind:

- Innere Transparenz
- Offene Diskussionskultur
- keine versteckten Informationskanäle und Unter-der-Hand Absprachen
- klar und verständlich vermittelte Botschaften
- klare Ansagen, wofür wir stehen
- klare Ansagen wofür wir nicht stehen
- klare Ansagen wo wir nicht wissen wo wir stehen (ja, das gehört dazu)
- klare Aussage bei welchen Themen wir uns weiterentwickeln wollen
- definierter Kurs
- wenige aber definierte und konsequente Regeln

(Oder ganz knapp formuliert: KISS, Transparenz, Klares Ziel und
konkrete Aussagen)

Den obigen Punkten untergeordnet würde ich unser Programm aufstellen
wollen.

> Ich glaube du *hättest* gerne ein Profil über die Kernthemen hinaus.
> Dann wäre dein Einwand auch gerechtfertigt, dass wir Profil verlieren
> könnten, aber wir _haben_ keinen Konsens bis auf die Kernthemen, also
> stellt sich die Problematik doch gar nicht.

Da kann ich Dir nicht zustimmen. Der Anteil der Piraten, die sich nur
auf Kernthemen festlegen wollen ist klein und wird weiter abnehmen,
mein Eindruck.

Zum Punkt Ehrlichkeit nochmal:

Ich halte nichts davon, daß
wir wie früher die FDP die Politikhure spielen und uns jedermann
anbieten.

Die Frage ist doch genau die der Ursachenanalyse. Warum können die
etablierten Parteien so einen Kurs gegen Freiheit und für mehr
Sicherheit fahren? Wieso können bestimmte Medienvertreter und Politiker
auf die Gruppe der Nichtwähler schimpfen. Wieso wird von Wahlgewinnen
gesprochen, wenn die Gruppe der Nichtwähler den Anteil des jeweiligen
Siegers übersteigt?

Wenn wir so agieren, wie die bestehenden Parteien, werden wir
(schleichend) in das existierende System hineingezogen. Auf der anderen
Seite können wir uns auch nicht in eine reine Oppositionsrolle begeben,
wie es die letzten Jahre die Linkspartei vorgemacht hat.

Wir machen hier ein Spiel, ein Spiel mit hohem Einsatz, nach
existierenden Regeln. Wenn wir das Spiel gewinnen wollen, dann sollten
wir aber Kreativ sein, die Regeln kreativ anwenden, auf eine Art und
Weise, die bisher nicht gespielt wurde.

Vielleicht hilft es, genau daraufhin das Spiel zu analysieren. Wie
funktionierte Partei und Wahlen gewinnen bisher? Wie können Stärken der
etablierten Parteien von uns zu deren Schwächen umgedreht werden,
welche Regeln gibt es und wie können wir sie nutzen.

Politik muß Spaß machen[2], für uns, für den Wähler und für den
Nichtwähler, Durch Spaß motiviert fährt es sich schneller und das Ziel
kommt näher...

Bye Andreas

PS.: Bitte hört auf mit Konsensbildung... Das ist ein Unwort. Wir
sollten Kompromisse finden, das ist realistisch, ehrlicher und vorallem
grenzt die Kompromißbildung keine Andersdenkenden aus. Bei der
Konsensbildung aber schon...

[1] Und das funktioniert nur, wenn wir *immer* ehrlich sind. Genau
dann können wir auch die Nichtwähler von uns überzeugen. AFAIK stellen
die unsere potentiell größte Wählergruppe.

[2] Bitte, ich meine *nicht* Spaßpartei! Dazu ist mir das hier alles zu
ernst.

Piratenideen Destillate

(2008-10-01)
Das Problem ist, daß wir aus vielen, vielen Beiträgen die
dahinterliegenden Ideen destillieren müssen.

So hat sich durchaus herauskristallisiert, daß zB.

"Transparenz des Staatswesen" ein Destillat für:
- Bürokratieabbau
- Korruptionsvermeidung
- Kampf gegen Politikverdossenheit

oder "Freier Wissenszugang" ein Destillat für
- Förderung von Wissenschaft und Bildung
- Open Access
- Wirtschaftsförderung

oder "Infrastrukturen als Aufgaben des Staates" ein Destillat für
- Open Access
- uneingeschränkte Internetnutzung
- Stopp Ausverkauf der Stadt

oder "Nachhaltige Politik" ein Destillat für
- Begrenzung Staatsverschuldung
- Umweltpolitik
- Bildungsförderung

ist.

Und genau darum geht es auch beim pol. BuPT. Alle Meinungen der
verschiedenen Individuen der Piratenpartei zusammenschmeissen und
jeweils ein Destillat herausziehen. Die Destillate reifen dann in den
Eichenfässern "Grundsatzprogramm" und werden fein abgeschmeckt im
"Wahlprogramm". BTW, ich bin ja dafür daß wir ein "Wählerprogramm"
aufsetzen um zu verdeutlichen, daß es für die Wähler gültig ist und
nicht nur zur Wahl...



Und um beim Vergleich zu bleiben. Destillate gewinnt man durch
Erhitzen! :)

Nicht radikal genug - Gedanken zum Urheberrecht

(2008-09-08)
nicht nur nach der Lektüre von
http://www.heise.de/newsticker/Alternativen-zur-Verwertungsindustrie-vs-Ueberwachungssystem-orwellscher-Groessenordnung--/meldung/115559

stellen sich mir die Fragen, ob wir bisher nicht vielleicht doch zu
angepaßt auf die Begriffe der Verwerter-Industrie (re-)agieren.

Gerade die auch im Artikel erwähnten Beispiele des amerikanischen
Büchermarktes, wie auch die Erfolge der freie Softwarebewegung, das
Beispiel mit dem Videorecordermarkt in Nigeria sind doch die Nachweise,
daß die These "Piraterie schadet der Wirtschaft und Kultur" so nicht
stimmt.

Meines Erachtens sollten wir daher *intensiv* darüber diskutieren, ob
wir unser Grundsatzprogramm nicht in dieser Hinsicht noch schärfen
können.

Meines Erachtens müsste auf Fragen, wie "Ja, aber tötet ihr damit
nicht die Kreativität der Urheber" mit Beispielen gekontert werden, daß
sich im Gegenteil dadurch erst Märkte erschliessen *und* durch den
erhöhten Wettbewerbsdruck nur die Kreativen und/oder Firmen
durchsetzen, die innovativer als die anderen sind.

Nochmal als Aufruf, was haltet ihr von einer Verschärfung unseres
Profils in dieser Richtung?

[.. später ..]

> Das sind aber alles Beispiele, wo in einem fremden Land "geklaut"
> wird. China kopiert auch fleissig, verbittet sich aber andererseits
> das Kopieren chinesischer Technoligien. Praktisch jedes Land betreibt
> Wirtschaftsspionage, versucht aber natürlich sie im eigenen Land zu
> unterbinden.
>
> Klassischer Protektionismus halt. Daraus allgemein abzuleiten, dass
> Piraterie neue Märkte schafft, halte ich für nicht schlüssig.

Hmmmh. Hat das wirklich soviel mit Protektionismus zu tun? Nimm das
Beispiel mit dem US-Büchermarkt aus dem Heise-Artikel. Glaubst Du
ernsthaft, daß die USA die heimischen Autoren vor den achso starken
ausländischen Autoren schützen wollte? Oder das Nigeria ihren
heimischen Videomarkt fördern wollte?

Du verwechselst meines Erachtens Ursache und Wirkung.

Beispiel China, weswegen glaubst Du, daß deutsche Firmen wieder in
Deutschland produzieren. Aus Angst vor China, vielleicht. Wohl aber
eher, weil die Kosten des Qualitätsmanagments unterschätzt wurden.

Wenn Du genau nachschaust, wirst Du zwei Dinge in dem Zusammenhang
feststellen:

1. China kupfert überall ab, dazu muß Technologie nicht erst in China
gefertigt werden

2. Die Firmen sind erfolgreich, die sagen "Wir wissen, daß der Rest der
Welt uns abkupfert, aber wenn die Kopien erzeugen können, sind wir
Innovationszyklen weiter" Das sind in der Regel Mittelständige
Unternehmen und Familienbetriebe, wo weiter als bis zur nächsten
Aktienausschüttung gedacht wird.

Und wenn Du noch ein wenig weiter nachdenkst, wirst Du feststellen, daß
die Firmen sich am meisten gegen verkürzte Schutzzyklen wehren,
diejenigen sind, denen kurzfristiger Profit mehr bedeutet als
nachhaltige Firmenpolitik.

Und im Übrigen: Wenn wir uns einig sind, daß *Wissen* Treibstoff unserer
Gesellschaft ist/sein sollte, dann sollte Wissen als Allmende
betrachtet werden.


Antwort auf Beitrag "Piraten-Dilemma"

http://www.keimform.de/2009/07/27/piraten-dilemma/#comment-16499

Hallo Stefan,

Das Weiterdenken findet bei den Piraten statt und IMHO gibt es auch keine Alternative dazu. Letztlich sind die von Dir geschilderten Probleme in der Gesellschaft Ausdruck mangelnder Bildung und damit mangelnden Selbstbewußtseins der Bürger.

Wir als Piraten können und wollen nicht alles auf einmal ändern und setzen daher genau hier in der Bildung als erstes an.

Dieses von Dir benannte Dilemma ist nämlich eins der etablierten politischen Denkstruktrur, welches nur links, rechts, mitte kennt. Fakt ist, alle Theorien in dieser Struktur haben sich mittlerweile überholt. Wir leben nicht mehr in der Industriegesellschaft, sondern in der Informationsgesellschaft. Und der Hauptunterschied ist der, daß Wissen oder Information im Gegensatz zu materiellen Dingen leicht geteilt werden kann und dabei nicht weniger wird. Es gilt nicht mehr der Kampf um knappe Güter, wie in der materiellen Welt, sondern darum notwendige Ressourcen durch Teilen in den “Produktionskosten” so zu verbilligen, daß der Gewinn in die Spezialisierung gesteckt und damit zum Vorteil wird. Das dem so ist, zeigt die Entwicklung im Bereich Software, wo sich eine Wende weg von proprietärer Standardsoftware (wie Betriebssysteme, Officeanwendungen) hin zu spezialisierten Lösungsanbietern aufzeigt. Ähnliches läßt sich abgewandelt und nicht so stark ausgeprägt in der Automobilindustrie beobachten, wo Konkurrenten gemeinsame Plattformen entwickeln, um die Entwicklungskosten zu drücken.

Dein “Dilemma” ist also eigentlich keines. Die Situation ist neu und die Piraten versuchen eher als die anderen Parteien eine Antwort darauf zu finden.

Andreas