BB-Web:Patente

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Patentwesen

Im Wandel vom Industriezeitalter zum Informationszeitalter entwickeln sich die weltweit herrschenden Patentregelungen teilweise vom Innovationsanreiz zum Innovationshemmnis. Der Versuch, mit althergebrachten Mitteln die Zukunft zu gestalten, wird den grundlegenden Veränderungen in der Welt nicht nur immer weniger gerecht, er stellt auch beispielsweise in den Bereichen der Patentierung von Erkenntnissen der Genforschung und Biotechnologie und im Bereich der Softwarepatente eine große Gefahr für die Gesellschaft von morgen dar. Grundsätzlich wollen wir einen freieren Markt ohne die hinderlichen Beschränkungen der derzeitigen Patentpraxis erreichen. Wir fordern, dass das Patentsystem reformiert oder durch sinnvollere Regelungen ersetzt wird. Keinesfalls darf es durch innovationsfeindliche Regelungen ergänzt werden.

Abbau privater Monopole und offene Märkte

Generell sind ein zunehmender Abbau von Monopolen und eine Öffnung der Märkte erklärtes politisches Ziel unserer Partei. Patente als staatlich garantierte privatwirtschaftliche Monopole stellen grundsätzlich eine künstliche Einschränkung der allgemeinen Wohlfahrt dar, die einer ständigen Rechtfertigung und Überprüfung bedarf.

Stellt die Patentierung industrieller Güter in der Vergangenheit auch nach allgemeiner Ansicht eine (weder belegbare, noch widerlegbare) Erfolgsgeschichte dar, so haben sich doch die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Erfindens in der postindustriellen und globalisierten Gesellschaft grundlegend gewandelt. Der verstärkt internationale Wettbewerb führt darüber hinaus vermehrt zu einer zweckentfremdeten Nutzung des Patentsystems, bei der man oft keinerlei Ausgleich für die Gesellschaft mehr erkennen kann. Dem zunehmenden Missbrauch von Patenten wollen wir daher Einhalt gebieten. Patentierung von Trivialitäten oder sogar die Blockierung des Fortschritts durch Patente soll unter allen Umständen verhindert werden.

Dies gilt auch und im Besonderen für den Bereich der Pharmaindustrie. Der hohe Geldbedarf und die monopolartige Struktur dieses Marktes bedürfen einer Reorganisation, um die gesellschaftlichen Ressourcen sinnvoll einzusetzen und nicht durch Blockaden und zum Vorteil Einzelner zu vergeuden. Patente auf Pharmazeutika haben darüber hinaus zum Teil ethisch höchst verwerfliche Auswirkungen.

Patente in der Informationsgesellschaft

Wirtschaftlicher Erfolg ist in der Informationsgesellschaft zunehmend nicht mehr von technischen Erfindungen, sondern von Wissen und Information und deren Erschließung abhängig.

Das Bestreben, diese Faktoren nun ebenso mittels des Patentsystems zu regulieren, steht unserer Forderung nach Freiheit des Wissens und Kultur der Menschheit diametral entgegen.

Wir lehnen Patente auf Lebewesen und Gene, auf Geschäftsideen und auch auf Software einhellig ab, weil sie unzumutbare und unverantwortliche Konsequenzen haben, weil sie die Entwicklung der Wissensgesellschaft behindern, weil sie gemeine Güter ohne Gegenleistung und ohne Not privatisieren und weil sie kein Erfindungspotential im ursprünglichen Sinne besitzen. Die gute Entwicklung klein- und mittelständischer IT-Unternehmen in ganz Europa hat beispielsweise gezeigt, dass auf dem Softwaresektor Patente völlig unnötig sind.

Patente und ökonomische Theorie

Es geht nicht um technischen Fortschritt, sondern um wirtschaftlichen. Daher sind Patente nicht über ad-hoc-Hypothesen, sondern im Rahmen einer Theorie zu beurteilen. Die neoklassische Ökonomie besteht darauf, dass Grenzkosten gleich Grenznutzen ist, um maximalen Nutzen zu erzeugen. Die Kosten einer Erfindung sind fixe Kosten und die Grenzkosten gleich Null. Nur wenn der Grenznutzen einer Erfindung gleich Null ist - also kein Patent besteht - wird der maximale Nutzen erreicht.

Die klassische Theorie ist etwas schwieriger. Für Adam Smith ist die Arbeitsteilung die Quelle allen Reichtums und die Tiefe der Arbeitsteilung ist eine Funktion des Marktvolumens für ein bestimmtes Produkt. Erfindungen sind eine Folge Arbeitsteilung. Wenn die Preise sinken aufgrund einer nicht patentierten Erfindung steigt der Absatz und somit der Anreiz, durch weitere Erfindungen das Produkt noch billiger zu produzieren. Der Preisverfall von Baumwolltuch und anderen Artikeln seiner Zeit beweist, das diese Wachstumsmaschine funktioniert. Patente bremsen dies aus und sind daher Gift für ein Wachstum, an dem international alle Verbraucher profitieren. Und umgekehrt bewirken Patente Unterentwicklung in Ländern ohne technologische Infrastruktur.

Da Patente Monopoleinkommen schaffen und dieses Einkommen typischerweise nicht Massenprodukte nachfragt - die Physiokraten nannten Classe Estéril diejenigen, die diese Nachfrage befriedigten, die Klassiker sprachen von unproduktiver Arbeit und Sraffa von Nicht-Basisprodukten - fördert diese Nachfrage aus Monopoleinkommen nicht den technologischen Fortschritt. In Frankreich kam es daher mal zu einer Revolution - aber das ist eine lange Geschichte.

Preissenkungen bei Basisprodukten aufgrund von unpatentierten Erfindungen senken alle Preise des Systems, vergrößern somit die Nachfrage aller Produkte und den Anreiz, diese Produkte durch Erfindungen weiter zu verbilligen. Preissenkungen bei Nicht-Basisprodukten aufgrund einer Erfindung senken den Preis nur dieses Produktes.

Dies ist das klassische Argument gegen Monopoleinkommen. Es schafft unproduktive Arbeit. Für die Klassik ist daher die Einkommensverteilung entscheidend für das wirtschaftliche Wachstum (Siehe Ricardos Einleitung zu den Principles. Neoklassiker können das nicht verstehen, da sie mikroökonomisch denken und vom individuellen Nutzen ausgehen. Und ob ein Einkommen besser den Patentinhabern oder besser den Konsumenten zufließt, können sie nicht beurteilen. Sie lehnen Monopole daher nur ab, weil sie gemäß ihrer Logik eine Ressourcen-Verschwendung darstellen.