Bundesparteitag 2007/Satzungsänderungsanträge/25

Aus Piratenwiki Mirror
< Bundesparteitag 2007‎ | Satzungsänderungsanträge
Version vom 19. Januar 2010, 15:28 Uhr von imported>Trias (hat „Bundesparteitag/2007.1/Satzungsänderungsanträge/25“ nach „Bundesparteitag 2007/Satzungsänderungsanträge/25“ verschoben)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Satzungsänderung Schiedsgerichtsordnung

Antragsnummer: 025
Satzungsänderungsantrag: Schiedsgerichtsordnung
Eingereicht am 20.04.07 per Fax
Antragsteller: Ingo Ponickau, Peter Böhm, Alexander Bock, Mihael Kodric / Mitglieder der Piratenpartei
Zurück

Antrag: Der Bundesparteitag möge die folgende Fassung als Schiedsgerichtsordnung beschliessen: „ §1 Grundlagen

(1) Die vom Bundesparteitag verabschiedete Schiedsgerichtsordnung dient der inneren Ordnung der Schiedsgerichte. Sie ist für Schiedsgerichte jeder Ordnung bindend. Eine Erweiterung oder Abänderung durch andere Gliederungen ist nicht zulässig.

(2) Die Schiedsgerichte sind unabhängig und an keinerlei Weisungen gebunden. Die Richter fällen ihre Entscheidung nach besten Wissen und Gewissen auf Grundlage der Satzungen und gesetzlicher Vorgaben. Dabei legen sie die Satzung und die Schiedsgerichtsordnung nach Wortlaut und Sinn aus. Wird von irgendeiner Seite versucht das Verfahren zu beeinflussen, so hat das Gericht dies unverzüglich öffentlich bekannt zumachen.

(3) Die Schiedsgerichtsordnung gewährleistet den Beteiligten rechtliches Gehör und ein gerechtes Verfahren.

§2 Einrichtung und Besetzung

(1) Auf der Bundes- und Landesebene werden Schiedsgerichte eingerichtet. Nach Beschluss der jeweiligen Mitgliederversammlung können auch auf niederer Gliederungsebene Schiedsgerichte eingerichtet werden.

(2) Die Mitgliederversammlung wählt auf dem jeweiligen Parteitag einen Piraten zum Vorsitzenden Richter, der die Leitung des Schiedsgerichts innehat und seine Geschäfte führt, und vier weitere Piraten zu Richtern, die gemeinsam das Gericht bilden. In einer weiteren Wahl werden zwei Ersatzrichter bestimmt, wobei die Stimmenzahl über die Rangfolge der Ersatzrichter entscheidet. Die Richter werden für ein Jahr gewählt (Amtsperiode).

(3) Auf vorhergehenden Beschluss der Mitgliederversammlung kann das Gericht auch aus drei Piraten bestehen und mit einem Ersatzrichter ergänzt werden.

(4) Scheidet ein Richter, nach den in dieser Ordnung aufgeführten Regeln aus, so wird das Gericht durch einen Ersatzrichter, der Rangfolge entsprechend ergänzt. Hat das Gericht nicht 5 Richter, so ist es handlungsunfähig und der Fall wird an das nächsthöhere Gericht verwiesen.

(5) Die Berufungsinstanz nach dem Bundesschiedsgericht ist für den Fall, dass das Bundesschiedsgericht die erste Instanz ist oder handlungsunfähig ist, der Bundesparteitag.

§3 Anrufung

(1) Das Gericht wird nur durch schriftliche Anrufung durch eine Streitpartei aktiv. Berechtigt hierzu ist jeder Pirat, falls er sich in seinen Rechten verletzt fühlt oder um Einspruch gegen eine Ordnungsmaßnahme zu erheben, die nur den einzelnen Piraten betrifft. Weiterhin ist dazu der Vorstand jeder Gliederung berechtigt, wenn es sich um einen Einspruch gegen eine Ordnungsmaßnahme handelt oder Rechte der Gliederung seiner Meinung nach verletzt wurden. Gerichte sind von einer Anklage ausgeschlossen. Wird eine Mitgliederversammlung angeklagt, so wird diese durch den entsprechenden Vorstand in der Sache vertreten. Zuständig ist generell das Gericht der höheren Ordnung bzw. bei einem Streitpunkt zwischen Organen gleichrangiger Ordnung das Gericht der nächsthöheren Ordnung.

(2) Die schriftliche Anrufung muss dem Vorsitzenden Richter des jeweiligen Gerichtes eingereicht werden. Eine formgerechte Anrufung muss folgendes Enthalten:

1. Name, Anschrift und weitere Kontaktdaten des Einreichenden (Kläger)

2. Name und Anschrift des anderen Streitpartners (Angeklagter)

3. Unter welchen Umständen hat nach Auffassung des Klägers der Angeklagte Rechte des Klägers verletzt bzw. mit welcher Begründung wird gegen die Ordnungsmaßnahme Einspruch erhoben (Anklageschrift).

4. Schilderung der Umstände

Dabei sind möglicherweise vorhergehende Urteile in derselben Sache mit einzureichen. Nach eingegangener Anrufung entscheidet das Gericht über die Zuständigkeit und korrekte Einreichung der Anrufung.

(3) Wird der Anrufung stattgegeben, so wird das Verfahren eingeleitet. Wird der Anrufung nicht stattgegeben, so lässt das Gericht dem Kläger eine schriftliche Begründung der Ablehnung der Anrufung zukommen.

(4) Die Berufung an ein Gericht höherer Ordnung steht jeder Streitpartei bis zu 14 Tage nach der Urteilsverkündung offen. Dabei hat fristgerecht eine schriftliche Anrufung des Gerichtes nächst höherer Ordnung unter der Angabe, dass es sich um eine Berufung handelt, stattzufinden.

(5) Oberste Instanz ist das Bundesschiedsgericht.

§4 Verfahren

(1) Das Gericht eröffnet das Verfahren nach erfolgreicher Anrufung mit einem Schreiben an den Kläger und den Angeklagten.

(2) Jeder Pirat hat das Recht, dem Gericht gegenüber einen Piraten seines Vertrauens zu benennen, der seine Sache auf Widerruf vertritt. Ist ein Vorstand Streitpartei, so bestimmt dieser einen Vertreter, der die Sache des Vorstandes auf Widerruf vertritt.

(3) Das Schreiben informiert die Parteien über den Beginn des Verfahrens und enthält die Anklageschrift. Die Anklageschrift ergibt sich aus der Anrufung. Das Schreiben enthält weiterhin eine Kopie der Anrufung, die Aufforderung an den Angeklagten sich zur Anklageschrift zu äußern und seine Position darzulegen. Das Schreiben enthält auch die Aufforderung einen Vertreter zu benennen bzw. einen Hinweis an den Piraten, dass er einen Vertreter benennen kann. Ist der Grund der Einberufung des Gerichtes ein Einspruch gegen eine Ordnungsmaßnahme, die nur den einzelnen Piraten betrifft, so enthält das Schreiben zusätzlich die Nachfrage an den Piraten, ob dieser ein Verfahren wünscht, welcher Verschlusssache ist. Ist dies der Fall ist das Verfahren vertraulich zu behandeln. Dies gilt für die Streitparteien als auch das Gericht.

(4) Die Position beider Streitparteien und die rechtlichen Rahmenbedingungen wie die Regelungen der betreffenden Satzungen sollen von jedem Richter zur Urteilsfindung ergründet werden. Hierzu wird den Richtern durch die Streitparteien unaufgefordert jede Information geliefert und auf Anfrage weitere Auskunft erteilt. Das Gericht sorgt dafür, dass beide Parteien auf alle relevanten Informationen gleichwertigen Zugriff haben.

(5) Weitere Piraten bzw. Organe der Partei können zur Informationsgewinnung herangezogen und gegebenenfalls befragt werden. Dazu muss Akteneinsicht und Einsicht in weitere Materialien oder Vorgänge gewährt werden,wobei die angeforderten Medien und Inhalte für den Fall von Relevanz sein. Der Vorsitzende Richter fordert diese auf Verlangen jedes einzelnen Richters im Namen des Gerichtes an. Dieser stellt alle Informationen allen Richtern gleichermaßen zur Verfügung.

(6) Die Parteien werden über den Fortgang des Verfahrens durch den Vorsitzenden Richter informiert und haben das Recht dazu Stellung zu nehmen.

(7) Der Vorsitzende Richter hat dafür zu sorgen, dass ein Urteil in einem angemessenen Zeitraum gefällt wird. Dafür sind die Richter angehalten sich regelmäßig zu beraten. Kommen die Richter zu einer Mehrheitsmeinung, so ist das Urteil zu verfassen und samt ausführlicher Begründung, die die möglichen Minderheitsmeinungen enthält an die Streitparteien zu schicken. Dabei muss jeder Richter erklären welche Meinung er unterstützt. Das Verfahren ist damit abgeschlossen.

§5 Befangenheit, Verhinderung und Rücktritt

(1) Jeder Richter selbst hat das Recht, aus Befangenheit zurückzutreten. Ebenso haben beide Streitparteien das Recht zu Beginn des Verfahrens, einen Richter aus Gründen der Befangenheit abzulehnen. Ist dies der Fall kann das Gericht beschließen den Richter zu ersetzen. Dies alles muss schriftlich begründet werden.

(2) Ist ein Richter zum Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung verhindert, so dass er seinen Pflichten nicht ordnungsgemäß nachkommen kann, darf dieser sein Richteramt für dieses Verfahren niederlegen. Er hat dies dem Vorsitzenden Richter gegenüber sofort mitzuteilen.

(3) Tritt ein Richter von seinem Amt zurück, so wird er auch während eines laufenden Verfahrens durch einen Ersatzrichter ersetzt. Der Rücktritt ist schriftlich dem Vorsitzenden Richter gegenüber zu begründen.

(4) Handelt es sich bei dem Zurücktretenden bzw. dem Befangenen oder sonst wie in seinen Pflichten Verhinderten um den Vorsitzenden Richter, so teilt dieser seinen Rücktritt dem gesamten Gericht mit. Nach Hinzuziehung des entsprechenden Ersatzrichters wählt das Gericht aus sich selbst heraus einen neuen Vorsitzenden Richter.

§6 Dokumentation und Öffentlichkeit

(1) Das Gericht muss seine Arbeit dokumentieren. Dies umfasst:

1. wörtliche Gesprächsprotokolle von Befragungen inkl. Datum

2. Liste aller verwendeten Materialien

3. Sämtlichen Schriftverkehr inkl. Datum ausgenommen interner Schriftverkehr

4. Das Urteil samt Urteilsfindung

5. Jede weitere Information welche von Belang sein könnte um das Urteil nachzuvollziehen

Dies kann schriftlich oder digital erfolgen.

(2) Ist das Verfahren öffentlich, so wird nach der Urteilsverkündung die komplette Dokumentation zusammenhängend veröffentlicht.

(3) Ist das Verfahren nicht öffentlich, so wird nur das Urteil selbst veröffentlicht nicht jedoch die Urteilsbegründung. Unberührt davon bleibt die Informierung Streitparteien. Die Dokumentationspflicht bleibt davon unberührt.

(4) Das scheidende Gericht legt dem Parteitag einen Arbeitsbericht vor, der die Fälle der Amtsperiode inkl. Urteil kurz darstellt.

(5) Während eines Verfahrens haben Richter ihre Arbeit außerhalb der Richtergremiums nicht zu kommentieren. Es sind nur offizielle Stellungnahmen gegenüber den Streitparteien zugelassen.

§7 Ausschluss von Piraten und Ordnungsmaßnahmen gegen Gebietsverbände

Über Ausschluss von Piraten entscheidet das zuständige Gericht des jeweiligen Landesverbandes.“

Kommentar: Sowohl die Einrichtung eines Schiedsgerichts selbst wie die rechtlichen Vorgaben folgen aus dem Parteiengesetz. Zusätzlich erscheint es im Sinn der PIRATEN, (1) das Verfahren und seine Entscheidungsfindung möglichst transparent zu gestalten, wobei die Persönlichkeitsrechte Einzelner geschützt werden sollen, (2) die Schiedsgerichtsordnung möglichst knapp und klar verständlich zu gestalten, um kooperative Lösungen zu fördern und dem gesunden Menschenverstand der Richter mehr Gewicht zu verleihen als einer "Durchregulierung" und (3) für alle Gliederungsebenen eine einheitliche Ordnung zu entwerfen, um die Gleichheit aller Piraten in diesem Punkt zu gewährleisten.