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Benutzer:Bzapf/politisches Portfolio/Versuch ueber den defekt
Wie mehrmals angeregt, werde ich diese Mail mit einer Zusammenfassung ihrer Inhalte beginnen.
Die Schulen sind Abhängig von einem starren und überholten System. Dies wird immer wieder in einem Zirkelschluss zur Begründung der Notwendigkeit eben dieses Systems herangezogen. Über eine Beschreibung des Konzepts "Unterricht" erreiche ich eine Kritik des hier praktizierten Schulkonzepts, die ich verwende, um gewisse Fehlwahrnehmungen, die es bis ins hessische Landesprogramm geschafft haben, zu kommentieren.
Bei einer Diskussion über g+ - natürlich ging es "offiziell" um "digitale Bildung" - beklagte sich ein Pädagagoge irrigerweise über die Filtersouveränität der Schüler. Diese würden "nicht zuhören", "schwatzen", "zeichnen" und dergleichen, sich also "ordnungsgemäßer Beschulung verweigern".
Ein nur geringfügig radikalerer Pädagoge könnte auch in dieser Situation ohne weiteres behaupten, diese Schüler würden eben auch etwas lernen: falsche Autorität zu ignorieren, Kommunikation unter gleichgestellten, Zeichnen, und dergleichen.
Man kann nicht nicht kommunizieren, lautet ein zentraler Satz der "Anleitung zum Unglücklichsein". In der Tat ist ja auch "Schulverweigerung" Kommunikation, sie gibt Auskunft über die Ablehnung des gelehrten, des Lehrpersonals oder der Umstände. Schwierigerweise ist der Zeichenvorrat der Sprache "Schulverweigerung" beschränkt. Im Grunde gibt es in Schulen nur noch die eine Option "nicht aufzupassen" - und dies wird bestraft.
Dieses Bild krankt an seiner Unvollständigkeit und bleibt eben ein Bild, eine vereinfachte Darstellung. Es gibt tatsächlich wenigstens drei Pole:
- Aufmerksamkeit/Mitarbeit
- Innere Resignation (Langeweile/stille Nichtteilnahme)
- Offene (mitgeteilte) Verweigerung
Wobei häufig 1 und 2 verwechselt werden, da sie von aussen gleich erscheinen können. Wäre Aufmerksamkeit sichtbar, würde wahrscheinlich erkannt, dass zu einem gegebenen Zeitpunkt nur wenige Menschen in einer Lerngruppe Aufmerksam sind. Dies ist eines der Probleme mit den überlieferten Lernmethoden.
Die Strafe für Option 3 ist natürlich zunächst einzig die Gruppenstrafe - der Schüler wird "pfui", ist "gegen die Gesellschaft", "fällt hinten herunter", "möchte wohl Hartz-IV-Empfänger werden" usw. - wird also schlicht verhöhnt. Das verhindert, dass schwerere Strafen auch nur angesprochen werden müssen. Völlig ohne "Unhöflichkeit" werden also Schüler zu einem Leben zwischen den Polen 1 und 2 gezwungen.
So simpel die Diagnose, so schwierig die Behandlung: Auch wenn Lehrern im Prinzip klar sein darf, wie diese Methoden funktionieren, werden auch sie in eine ähnliche Zwangslage versetzt. Da sie aber als behördlich stillgelegte keinerlei Möglichkeit haben, ihr Umfeld wirksam zu beeinflussen, werde ich mich in diesem Text nur auf die systematisch gegebenen Umstände eingehen und den möglicherweise vorhandenen guten Willen von Pädagogen ignorieren.
Das Prinzip scheint klar, das erste Mittel muss lauten: diese Umstände abzuschaffen. Frei nach dem SNAFU-Prinzip wird aus diesem grundlegenden Dilemma der Systemschulen von Behörden kaum Erkenntnis gewonnen. Dies ist problematisch, da Behörden diese Schulen eben "betreiben", also gegebene Ressourcen ausschließlich gehorsamen Pädagogen zuteil werden lassen.
Richtigerweise erkennt Mittelstädt in einem solchen Zusammenhang ( "Verhaltensanomalien der Schulentwicklung" - Wirtschaft & Entwicklung 2012/9 [1]
Als erhebliches Forschungsdefizit innerhalb der pädagogischen Schulentwicklung ist anzusehen, dass bislang kein empirischer Beleg vorzufinden ist, ob das Leitbild von der lernenden Organisation innerhalb des bürokratischen Konstrukts Schule überhaupt realisierbar ist, d. h. ob es zur "Grammatik von Schule" passt (T YACK/T OBIN 1994).
Dem Sarkasmus, dass die irgendwie lernend gewordene Schule bislang noch nicht einmal gelernt haben will, dass Schüler gelegentlich unterschiedliche Interessen haben könnten, kann man sich hier kaum enthalten. Zweckoptimismen wie die Ausgabe von Parolen von einer "lernenden Schule" scheinen vor dem Hintergrund der Geschichte und der Behörden als zynische Beschwichtigungen der Allgemeinheit.
In der politischen Ebene gehen wir also über die reine Betrachtung des durch "die Grammatik von Schule" geformten Bildes der Lehrer/Schüler-Beziehung hinaus und fragen: wie kann sich eben diese Grammatik ändern?
Vorschläge dazu waren zu hören. Ob Montessori, Negt, die Schulen von Sudbury und Summerhill, sogar Steiner - alle diese Ansätze teilen den Versuch, eben "die Grammatik von Schule" zu ändern. Nicht auf dem Wege des zentralen Kommandos, eben eine Gliedrigkeit oder eine Jährigkeit zu ändern, damit sein Bildungsziel der Chancengleichheit erfüllt zu haben und endlich Ruhe zu haben vor diesem frustrierenden Thema. Sondern auf dem Wege der Einsicht, der Erkenntnis und des inneren Gleichgewichts.
Die Existenz einzelner vorbildlicher Schulen nutzt allerdings nicht, nicht der Allgemeinheit. Ein politisches Ziel einer Bildungspolitik kann in unserem Fall nur sein, die Umstände für alle zu verbessern. Und hier können wir tatsächlich im Sinne einer politischen Forderung ansetzen.
Zunächst beobachtet man, dass diese Schulmodelle gemeinsam haben, dass sie eine Alternative zum bisher praktizierten Modell darstellen müssen, dass sie sich also in ihrer konkreten Umsetzung immer noch an gewisse behördliche Vorgaben halten müssen. Dies ist insofern pathologisch, als dass diese Vorgaben teilweise keine erkennbare Grundlage haben. Trotz all der Einschränkungen ist es aber gelungen, einzelne Schulen zu konstruieren, deren Grammatik von der der Systemschulen abweicht. Dass dies, bis auf die sogenannten "Waldorfschulen", eben nur in Einzelfällen gelungen ist, die eben in dieser Form nicht ausreichen, die Allgemeinheit mit auch nur akzeptablen Schulen zu versorgen, darf durchaus als Problem gesehen werden. Die Gründe für den Erfolg "der Waldorfschulen" als Konzept (über den Einzelfall hinaus) sind übrigens vielschichtig und schwer zu reproduzieren, aber durchaus interessant zu studieren.
Dergleichen alternative Schulen werden derzeit stets als Privatschulen organisiert. Dies liegt an einigen Details der Schulgesetze und derer Umsetzung, die wir hier nicht im Detail diskutieren wollen. Auffällig ist aber, dass unter Pädagogen eine breite Front der Aktivität gegen Privatschulen im Allgemeinen organisiert wurde. Die "Privatisierung von Bildungseinrichtungen" oder die Gründung von Privatschulen widerspricht dann meist angeblich irgendwelchen Idealen. Ist eben "gegen die Gesellschaft" oder so. Dass hier übersehen wird, dass Privatschulen nicht immer steinzeitlich organisierte Internate sind, könnte man durchaus einen Ideologiefehler nennen.
Die Schulgesetze sehen Schulversuche vor, sehen Schulen besonderer pädagogischer Prägung vor. In der Realität ist davon nicht viel zu erkennen. Da gründet einer eine staatliche Waldorfschule [2] und die müde versammelten Pädagogen sind begeistert. Wenn sie denn nicht zufällig Waldorf-Gegner sind. Endlich ein Argument! Endlich ein Schulversuch! Jetzt nur noch 30 Jahre warten, bis die Ergebnisse...
Nein. Nicht so, bitte. Schulversuche! Besondere Prägung vor! Die Behörden versagen uns seit Jahrzehnten, den gesunden Menschenverstand in die Schulen einkehren zu lassen. 8 € pro Schüler und Tag reichen nicht. Diese Schulen sind eine Schande für diesen Staat und ihre Verfechter erscheinen als das letzte Aufbäumen einer untergegangenen Zeit.
Schüler sind Menschen. Sie sind nicht die, die am Niedergang der Gesellschaft schuld haben. Sie haben unseren Respekt verdient für das, was sie tun. Und dazu gehört bedeutend mehr als eben "ein bißchen lernen" - was im übrigen eine der eher anstrengenden Tätigkeiten ist, die Menschen möglich ist. Unterordnung wird von diesen Schulen verlangt. Unterordnung unter "die Verhältnisse". Gewöhnung an ein eintöniges, fremdbestimmtes Leben. Das ist das Problem - nicht etwa die Lösung.
Empört Euch!