HE:Kreisverband Offenbach Land/Kommunalpolitik/Berichte
Kreistag 10.02.2010
3 Piraten waren den Vormittag über als Gäste vertreten.
Es wurde der Haushalt/Wirtschaftsplan 2010 beraten.
Da alle Fraktionen zu Beginn in einer ausführlichen (15-30 min.) Rede ihre Grundsatzpositionen erläuterten, konnte man einen ganz guten Eindruck der politischen Konstellationen gewinnen.
Obwohl einige Materialien und die Tagesordnung vorab verfügbar waren, hatten wir weder den eigentlichen Haushaltsplan noch die Antragstexte selber vorliegen. Des weiteren wären die Protokolle der Sitzung interessant. Wir haben bereits nachgefragt, ob wir die Anträge vorab bekommen können, hier muss aber noch mal nachgehakt werden.
Meine persönliche Bewertung (heja):
- Die CDU (40 von 87 Sitzen) macht Politik vor allem über ihren Landrat (bislang noch: Peter Walter, gleichzeitig CDU-Kreisvorsitzender, ab März Oliver Quilling) und andere Hauptamtliche, die Fraktion scheint weniger profiliert und die Rede der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Maria Becht war zum Einschlafen.
- Dazu passt der Vorwurf der Linken, die CDU lasse sich von der SPD die argumentative Rückendeckung in den Ausschüssen geben.
- Die SPD (24 Sitze) ist mit der CDU fest verbandelt und profitiert dementsprechend als Juniorpartner vor allem vom Zugang zu den Fleischtöpfen. Von den politischen Inhalten her - soweit überhaupt erkennbar - konservative Besitzstandswahrung mit ein bischen roter Tünche.
- Bündnis 90/Die Grünen (20 Sitze) sind sozusagen die Oppositionsführer. Sie bringen mit Abstand die meisten und profiliertesten kommunalen Sachanträge ein und haben sehr qualifiziert und kämpferisch argumentiert. Der Fraktionsvorsitzende Peter Schneider wetterte kräftig gegen wirtschaftsliberale Ansätze und machte auf mich einen sozialpolitisch eher "linken" Eindruck. Ich hatte aber auch den Eindruck, dass die Grünen teilweise etwas allein da standen - die anderen Oppositionsfraktionen unterstützten die Anträge nur teilweise. Am ehesten schienen die Linken mitzuziehen.
- Die FDP (6 Sitze) machte auf mich den schwächsten Eindruck aller Fraktionen. Der Redner (Dr. Gericke?) war nicht nur rhetorisch miserabel, sondern brachte auch außer buchhalterischer Kritik kaum Inhaltliche Punkte an. In der Debatte formulierte dann noch ein weiterer Redner ein Angebot der Mitarbeit in Richtung CDU/SPD, das bei mir einen schlechten Geschmack im Mund hinterließ. Die FDP unterstützte Oppositionsanträge, sofern sie auf Einsparungen hinausliefen.
- Die FWG (4 Sitze) machte auf mich den Eindruck: Wirtschaftsliberale mit Gewissen, sozusagen die "bessere FDP".
- Auffälligster Punkt war die Forderung nach einer Verfassungsklage gegen das Land Hessen wegen der Haushaltssituation.
- Die Linke (2 Sitze) war durch zwei relativ junge "Linksintellektuelle" vertreten (Indikator: mindestens verdoppelte Fremdwortrate im Vergleich zu allen anderen Rednern).
- Bemerkenswerterweise war die prominenteste Forderung die nach mehr Transparenz, z. B. frühzeitige Offenlegung der Haushaltsplanung und ihre Diskussion mit den Bürgern. Des weiteren beklagte der Vertreter, dass nicht nur alle Initiativen der Opposition generell abgebügelt würden sondern auch Verwaltungsmitarbeiter, die solche Initiativen unterstützten, Angst vor Repressionen fürchten würden. Der SPD-Fraktionsvorsitzende versuchte hier eine Retourkutsche und fragte, warum denn die Linke nicht einmal einen Änderungsantrag zum Haushalt eingebracht hätte, was aber zu Protesten von allen Oppositionsfraktionen führte.
- Die "Deutsche Liste" (1 Sitz) hat keinen Fraktionsstatus und hielt die Klappe.
- In der weiteren Debatte zu Änderungsanträgen zum Haushalt fand ich die Diskussion zum Schülerticket bezeichnend: von den Grünen eingebracht und kompetent vertreten, von FWG und Linken unterstützt, von SPD und CDU mit kleinlichen Begründungen abgebogen.
- Mein Fazit: im Kreistag geht es der CDU/SPD-Mehrheit (und der FDP) vor allem um Zugriff auf die Fleischtöpfe. Die Grünen, Linken und FWG vertreten (in dieser Reihenfolge) eine bürgerfreundlichere Alternative. Damit sich etwas ändert, bedarf es 1. einer Machtverschiebung und 2. einer breiter aufgestellten kommunalpolitisch kompetenten Opposition (die Grünen alleine können das nur schwer reißen). In diesem Sinne: Offenbach braucht Piraten im Kreistag. Und wir Piraten müssen rein in die Untiefen der Kommunalpolitik.
Kreis-Ausschüsse 21.06.2010 Sozialausschuss
Ahoi
Christoph und ich waren heute wie geplant beim Kreis-Sozialausschuss.
Es ging nur um die Vorbereitung der Kreistagssitzung, d.h. es wurden keine endgültigen Beschlüsse gefasst, sondern die Anträge nur durchgesprochen. ("Antragskommission")
Alles ging ziemlich flott, bis auf zwei ausführliche Präsentationen mit Hintergrundinformationen. (TOP 4+5)
~40 Personen anwesend, davon ca. 5 jünger als ich
Wir wurden von vielen aufmerksam gemustert, von einigen wiedererkannt und man war freundlich und hilfsbereit zu uns.
TOP 1 Satzungsänderung über die Verleihung des Bürgerpreises für ehrenamtliche Sozialarbeit (FWG)
FWG will erst überprüfen, ob der Preis nicht eingespart werden soll. Formfehler (GO-Antrag) wurde bemängelt.
TOP 2 Kindergartenbeiträge und Essensmarken (Grüne)
Geht speziell um Migrantenkinder, wg. Formfehler Nichtbefassung (?)
TOP 3 Hartz IV Ende der Experimentierklausel (FDP)
Müller (SPD) sagt Daten sind unzureichend, zurückgezogen
Dringlichkeitsantrag
Familie Khateeb/Härtefall Abschiebung (CDU/SPD)
Bestätigung des Landespetitionsausschusses: erst abschieben, dann kann Härtefall beantragt werden (?)
Der Fall ging ziemlich groß durch die Presse.
Grüne werden Nichtbefassung beantragen
TOP 4 Vorstellung BerufsWegeBegleitung (Präsentation durch Verwaltung)
18 Projekte für Schüler/Ausbildung/Jugendliche/Junge Erwachsene
460 Jugendliche wurden 2009 betreut
155k € vom Kreis + ~1Mio von EU/Bund/Land/Arbeitsagentur/Kommunen
8 Hauptamtliche + 1 Azubi
"Stützpunkte" in Langen, Dreieich und Rodgau
Projekt 2te Chance: Schulverweigerer/Jüngere
Projekt Kompetenzagentur: junge Erwachsene ohne Abschluss/Ausbildung (Drogen, Psyche, Schulden, Gericht/Bewährung)
Projekt OLoV - Optimierung lokaler Vermittlungsarbeit (->google): Standardisierung Berufsorientierung
Projekte zu Ausbildungsmessen u. ä.
Statistik der Betroffenen: 10% von Förderschulen, 80% männlich, 60% migr. Hintergrund
Zitate: "Jugendliche stabilisieren", "die tauchen ab", "multiple Problemlagen"
Beschluss: es sollen noch mehr Zahlen nachgereicht werden (ich hab nicht wirklich verstanden wozu eigentlich)
TOP 5 Controllingbericht 2009 zu Arbeit Jugend Soziales, Senioren (Präsentation der Verwaltung)
Viele Graphen und Statistiken, berechtigte Fragen zur Aussagekraft wurden gestellt.
z. B. Vergleich der Zuwachsraten OF zu anderen Kreisen und Zuwachsraten der Zahlungen
Schwammige Aussage: irgendwie stehen wir leicht besser da als der Durchschnitt von Hessen.
Insgesamt steigen Sozialausgaben auf absehbare Zeit an, mit kleinen Dellen durch die Reformmaßnahmen der Bundespolitik (Rausfallen von Betroffenen aus der Unterstützung etc.)
Außerdem fand ich die Sprache der Verwaltungsangestellten zum Gruseln: es war nur von SGB II, SGB VIII, SGB XII und Bedarfsgemeinschaften die Rede. Gemeint sind damit Leute, die Geld aus der sozialen Grundsicherung, Arbeitsförderung, Kinder- und Jugendhilfe und Sozialhilfe bekommen - diese Begriffe sind aber kein einziges Mal gefallen.
TOP 6 Bericht zur Umsetzung von Hartz IV
Arbeitslose insgesamt: 11 369
SGB II (Grundsicherung): 6 805
"Bedarfsgemeinschaften": 10 743
TOP 7 Bericht Ausländerbeirat
Nur ein Veranstaltungshinweis
TOP 8 Mitteilungen
Pflegeeltern-Kampagne läuft gerade
Trotz allem war es eigentlich ganz interessant, Christoph und ich wollen weiter diesen Ausschuss abdecken und min. einer von uns wird auch zur nächsten Kreistagssitzung gehen.
Ich hab noch Material und Notizen auf totem Baum, wenn ihr also Fragen habt...
ciao
Herbert