Entwicklung durch organismische Politik

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50px Dieser Artikel ist keine offizielle Aussage der Piratenpartei Deutschland. Hier wurde ein Essay von Andreas Demmel verfasst.

Entwicklung durch organismische Politik

Ahoi liebe Piratenparteifreunde, Liebe Leser und Leserinnen dieser Denkschrift!

Die Piratenpartei ist keine gewöhnliche Partei. Die dringende Notwendigkeit der Bearbeitung diverser Fragestellungen, deren wir uns zur Bundestagswahl einmal mehr widmen wollen wird deutlich. Sie wird vor allem deutlich in der exponentiellen Entwicklung der Mitgliederzahlen und den vielen Menschen, die etwas dafür tun wollen diesen (Piraten-)Geist voranzutreiben. In der taz vom 14. August 2009 stand die Überschrift „Piraten mit Wachstumsschmerz“. Dort war zu lesen die Partei hätte Probleme die vielen neuen Mitglieder organisiert zu bekommen. Diesen Eindruck teile ich nicht. Ich nehme unsere Partei als einen großen Ameisenhaufen wahr in dem jeder, aber auch wirklich jeder, der sich einen Job suchen möchte, sehr leicht einen Job bekommt. Da wir in unserer Organisation ein sehr lebendiges, organismisches Prinzip verfolgen und nicht durch interne, unterdrückend-hierarchische Restriktionen blockiert werden passiert nach dem selbstorganisatorischen Prinzip in kurzer Zeit Enormes. Die Piratenpartei wird unterschätzt. Nun sind wir von den Mitgliederzahlen her die 12. größte Partei in Deutschland und am aufsteigenden Ast. Auch ich möchte mit dieser kleinen Denkschrift meinen Beitrag leisten, die Kernideen unserer Partei weiterzuentwickeln, um so dauerhaft eine Ausweitung der Ideen, wie systemisch-vernetztes Denken, Transparenz, organismischer Selbstorganisation, Open Access etc. auf alle Bereiche des menschlichen Lebens und vor allem (in meinem besonderen Interesse) der Sozial-, Umwelt-, und Friedenspolitik zu ermöglichen. Da das Kritisieren vorherrschender Zustände oft nicht ausreichend ist, möchte ich in sechs Schritten versuchen zum Status Quo Alternativen aufzuzeigen, so dass die Tragfähigkeit unserer Ziele gestärkt werden kann.


Von Überwachung zum Dialog

Überwachen wird in unserer Gesellschaft immer salonfähiger. Längst ist Überwachung alltäglich und allgegenwärtig. Ja von der Mehrheit der Bevölkerung wird sie einfach akzeptiert. Für die Sicherheit des Staates und der Bürger werden unsere Straßen überwacht. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Da das Vertrauen schwindet muss zur Kontrolle gegriffen werden. Hier geht es um Angst vor Verbrechen und somit Gefahr. German Angst. Die Angst, vielleicht vor dem internationalen Terrorismus und vor dem Verbrechen. Und die Überwachung spendet Sicherheit. Wenn wir die Überwachung nicht hätten, müssten wir uns dem allgegenwärtigen Gefühl der Bedrohung aussetzen. Nun ist dies lediglich eine Symptombehandlung. Die Wurzel dieses Übels liegt, meiner Meinung nach, größtenteils in Differenzen, Unklarheiten, Ungerechtigkeiten und Schieflagen in der Gesellschaft. Wenn ich mit meinem Nachbarn einen Nachbarschaftsstreit habe, weil ich ihn bezichtige, er würde mir Beeren von MEINEM Strauch klauen, dann kann ich eine Kamera aufstellen, um zu überwachen, ob er wieder welche nimmt. Oder aber ich kann, statt ihn zu überwachen, mit ihm in einen Dialog treten und mit ihm eine Lösung finden, ein Aufeinander-Zukommen. Vielleicht stellen wir dann fest, dass der Strauch schon immer da war und eigentlich keinem von uns beiden gehört. Der Vermieter hat ihn gepflanzt und war schon vor uns da.

[[Datei:Volksvertrauen111.jpg|thumb|350px|Kontrolle ist besser ?]]

Der Dialog zwischen den Kulturen, der Dialog zwischen Staat und Bürger und der Dialog zwischen den so genannten „gesellschaftlichen Schichten“ ist dringend notwendig, wenn wir uns aufmachen wollen die Kontrolle stufenweise wieder in Vertrauen zu verwandeln. Denn unser Beerenstrauch(z.B. die Schöpfung) war vor uns da und gehört uns allen. Eine Entwicklung, in der Überwachung wieder als das gesehen und geächtet werden kann was es ist, nämlich eine massive Grenzüberschreitung der Privatsphäre, wäre wünschenswert. Eine Gesellschaft mit einem blühenden Boden voller Vertrauen macht Kontrollen mehr und mehr überflüssig.

Vom Geheimhaltungsprinzip zur Ebenbürtigkeit

Ein Staat der sich gleichzeitig daran macht seine Bürger auszuspionieren, aber auf der anderen Seit relevante Informationen und aus Steuergeldkasse erwirtschaftete Erkenntnisse vor dem Bürger zurückhält, begibt sich in eine hierarchisch überhöhte Rolle.

[[Datei:Unterdrückung111.jpg|thumb|150px|Unterdrückung]]

Monopole, Informationsvorsprung und Geheimhaltungsprinzipien im Staatswesen dienen ebenfalls der Erhaltung dieser erhöhten Rolle des Staates. Ein Staat sollte nicht zu Überhöhtheit über den Bürger, sondern vielmehr zum Wohle aller Bürger agieren!

Der Staat sollte sich nicht in die Rolle eines Erziehungsberechtigten begeben der über dem Volk steht, sondern gleichgestellt mit dem Volk Regeln für das Zusammenleben entwerfen.

[[Datei:Ebenbürtig.jpg|thumb|300px|Ebenbürtigkeit]]

In einem Verständnis von Staat als echte ebenbürtige Volksvertretung und einer Haltung die im wirklichen Dienst für den Bürger erfolgt, sind solche installierte Machterhaltungsapparate nicht mehr notwendig, weil es darum geht IM NAMEN DES VOLKES und nicht IM NAMEN DER MACHTERHALTUNG zu handeln.

In diesem Zusammenhang darf eine Basisdemokratieerhöhung, beispielsweise durch ein direkteres System von Volksentscheiden wie es in der Schweiz möglich ist, angestrebt werden.

Die Organisation eines Staates spiegelt im Idealfall die Gesellschaft. Wenn der Staat Vertrauen bricht, so wie es die derzeitige Regierung immer wieder tut, färbt sich das auch auf die Gesellschaft ab.

Staatliches Handeln sollte Vorbild sein für uns und unsere Kinder.

Vom Copyright zum organismischen Entwicklungsraum

Copyright ist wie ein Kunstlehrer, der sagt man dürfe nicht abmalen von seinem Nachbarn. Durch Eitelkeiten dieser Art behindert dies den kreativen Fluss eines Kindes. Denn man kann, wenn man seine innere Haltung als Kind im Kunstunterricht bedenkt, auf mindestens zwei verschiedene Arten abmalen.

Man kann…

1. von seinem Nachbarn abmalen, weil man selbst nicht weiß was man tun soll, oder sich mit den Federn des Anderen schmücken möchte. 2. vom anderen eine Idee nehmen und Eigenes dazu entwickeln, so dass ein Synergieeffekt entsteht.

Im Fall eins, ist nicht das Problem, dass das Kind vom Nachbarn abmalt, sondern viel mehr, dass das Kind sich nicht auf den Raum der eigenen Kreativität einlässt, und sich, in Ermangelung eigener Ideen, mit dem Potential des Anderen schmücken muss.

Im Fall zwei, kann ein kreativer Dialog zwischen den beiden entstehen, welcher so aussehen kann, dass Kind A, nachdem es von Kind B abgemalt hat, dies Kind B zeigt. Kind B ist so begeistert, dass es der Zeichnung von Kind A mit dem eigenen abgemalten Element noch etwas hinzufügt.

So kann aus MEIN oder DEIN UNSER werden. Und im neuen kreativen Raum entstehen Meisterwerke.

Dies bedarf natürlich auch die Fähigkeit sich selbst nicht so wichtig zu nehmen und sich dem schöpferischen Prozess, dem Ergebnis mehr zu widmen als der Zuordnung einer gewissen Leistung oder Erkenntnis zu einer einzigen Person, die dann gefeiert und erhoben wird.

Wenn die Erkenntnisse und Kunstwerke dieser Welt es schaffen, sich aus der Zuordnung zu einzelnen Personen zu erheben, schaffen sie sich selbst die Möglichkeit plastischer, elastischer, organismischer, visionärer und schlichtweg weiter zu werden. Eine Idee die modifiziert und mit neuen Erfahrungen angewandt wird, kann sich wenn die Ereignisse klar betrachtet werden nur weiter entwickeln.

Ein großer, wenn nicht der größte Raum wo dies täglich passiert, ist das Internet. Das Internet kann als Äquivalent zu einem global vernetzten Bewusstsein gesehen werden. Das Internet ermöglicht es, weltweit Information zur Verfügung zu stellen, zu teilen und auszutauschen. Ein global Vernetztes Bewusstsein, das eingeschränkt durch überscharfe Patentrechte und überzogenen Copyrightrestriktionen versuchen muss zu denken, gleicht einem Denkapparat mit Gehirnschaden, da es nicht mehr unterbrechungsfrei Informationen austauschen kann. Hinzu kommt, neben dieser Blockierung, die Kriminalisierung des freien Informationsflusses.

Vom Getrenntsein zum WIR Gefühl

Das Internet und der Austausch seiner Benutzer hat, vor allem in den letzten beiden Jahrzehnten, dazu beigetragen, dass ein globales WIR-Bewusstsein, ein Wir-Gefühl spürbar geworden ist. Wir sind ein Planet, eine Erde. Die Piratenpartei als erste transnationale Partei hat diese Entwicklung erkannt und die meisten ihrer Mitglieder waren grundlegend daran beteiligt. Bei der Piratenpartei ist es gar keine Frage ob wir mehr oder weniger Zuwanderer wollen, denn es ist klar, dass wir weltweit eine Erde voller Erdenbürger sind, in der die Feinde nicht Angehörige anderer Staaten sind. Vielmehr sind die Feinde fehlende Transparenz, Misstrauen, fehlende Völkerverständigung und Blockaden weltweiter Kommunikation. Das WIR Gefühl verhilft unserer noch sehr jungen Partei zum Gewinn einer enormen Kraft. Jeder der sich bei den Piraten engagiert kann dies spüren.

Vom monokausal-linearen Denken zum systemisch-multidimensionalen Denken

Ein weiterer Vorteil der zukünftigen Politik der Piratenpartei ist, dass es für ihre Mitglieder „die Kinder des High-tech Zeitalters“ eine Selbstverständlichkeit ist in Systemen zu denken. Monokausal-lineare Argumentationsketten wie zum Beispiel: „Ballerspiele spielen führt zu gewalttätigem Verhalten und in der Endstufe zum Amoklauf“ sind uns zu einfach. Die Berücksichtigung aller beteiligten Systemkomponenten eines Jugendlichen der gewalttätig wird, ist natürlich zwingend erforderlich. In diesem Beispiel sind dies vor allem die Familie, die Schule, die Freunde und das Umfeld des Jugendlichen. Auch zu Berücksichtigen ist, ob er vielleicht selbst Opfer von Gewalt war und nun diese introjeziert hat und wieder als Täter sucht. Immer komplexere Maschinen und Computersysteme erfordern immer komplexeres Denken. Wir Mitglieder der Piratenpartei sind es gewohnt mit Systemen umzugehen und daher sehr gut in der Lage komplexe Systeme zu erfassen und diese Fähigkeit für alle Politikbereiche zu nutzen. Eine Erweiterung der Perspektive tut jeder politischen Handlung gut.

Von der Konzentration auf die Kernthemen der Piraten zur Ausweitung in andere Politikbereiche

Die Konzentration auf diese Kernthemen bedeutet für mich gleichzeitig eine mögliche Erweiterung der Dynamiken der Kernthemen in alle politischen Themen. Denn: Es geht nicht darum, dass wir nicht gefilmt werden wollen, weil wir etwas zu verbergen hätten, oder dass wir das was wir verbergen wollen auch noch kopieren würden.

Es geht darum, dass jeder der das Prinzip und die Dynamik von Open Source, Transparenz und Open Access verstehen kann, verstehen kann, wie WIR alle zusammen an einer zukunftsfähigeren, flexibleren und weniger egozentrischen Gesellschaft arbeiten können.

Sozusagen eine noszentrische(WIR-zentrierte) Gesellschaft.

Anhang

Dieser Text darf frei, auch in Auszügen kopiert werden. Dies ist sogar wünschenswert. Über Antworten neue Anregungen zum Thema und Anfragen aller Art vor allem in Reaktion auf den Text freue ich mich sehr. Dieser Text spiegelt nicht die Meinungen und Perspektiven der gesamten Piratenpartei wieder! Systeme sind und werden fühlbar! (z.B.: www.politik-im-raum.de)

Literatur: - David Bohm – Der Dialog - TAZ vom 14. August 2009 „Piraten mit Wachstumsschmerz“ (http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/piraten-mit-wachstumsschmerz/) - Potsdamer Denkschrift (http://vdw-ev.de/manifest/) - Grundsatzprogramm der Piratenpartei