Benutzer:Peter/Protokolle
Mit Sicherheit mehr Freiheit?
Symposium der Linksfraktion.PDS im Sächsischen Landtag mit Wissenschaftlern, Juristen, Datenschützern sowie Bundes- und Landespolitikern (8.12.2006, Dresden)
Zwei Piraten waren dabei und ich präsentiere euch hier mein kleines Erlebnisprotokoll ohne besondere Ansprüche.
1.) Das einführende Blabla wurde verpaßt.
2.) Dann sprach ein gewisser Dr. Gössner.
Er nannte unsere Gesellschaft eine demokratische und technologische Risikogesellschaft (was mir sehr gut gefiel) und wies in seiner Vorrede darauf hin, daß jenes Sicherheitsgefühl, was bestimmte Institutionen für den Büger erfüllen wollen, tendentiell unersättlich sei. Ebenfalls in seiner Vorrede nannte er anhand von 4 Beispielen das Wirken der schon länger existierenden Antiterrorgesetzte (Tbg: Terrorismusbekämpfungsgesetze), nämlich:
a) Migranten werden per Gesetz zusätzlich diskriminiert (es wurde ein Generalverdacht erhoben, über das so genannte Schläferprofil aus 6 Millionen Migranten 30.000 elektronisch herausgefiltert => ohne "Erfolg") b) Geheimdienste bekamen mehr Aufgaben und Befugnisse c) Gemeinwesen (Energie, Krankenhäuser, Medien,..) werden geheimdienstlich untersucht d) Biometrische Erfassung, zB am Mainzer Hbf ein Pilotprojekt (und bringt auch nix gegen Schläfer)
All dies laufe sowohl einer informationellen Selbstbestimmung entgegen als auch zeugt es von einem Mißtrauen gegenüber dem Bürger.
Ohne eine Evualation des Wirkens und der Ergebnisse dieser Sicherheitspolitik (die praktisch Null sei) kam es nun zu einer Erweiterung, nämlich dem Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz.
Damit kommt es laut Gössner in der neuen Sicherheitspolitik zu drei grundlegenden Tabubrüchen:
a) (maßlose) Prävention --> d.h. es verdrehe die Beziehung zwischen Bürger und Staat --> Sicherheit mutiert zu einem Supergrundrecht --> Unschuldsvermutung wird zu Schuldsvermutung (bei Rasterfahndung via Computerausdruck) b) versteckte Verzahnung von Polizei & Geheimdiensten <--läuft gegen den "Polizeibrief 1949" --> ist gegen geltendes Gesetz & Erfahrung aus dem Nationalsozialismus (unkontrollierbare Machtkonzewntration duch Geheimpolizei) c) Militarisierung der inneren Sicherheit (zusätzlich zu Äußeren) --> sei im Grunde nichts anderes als Wappnung auf entsprechende Außenpolitik --> siehe "Weißbuch der Sicherheitspolitk" (korrekt?); §87a GG (??)
Sein Fazit: Wenig Wirkung zu einem hohen Preis. Wenig geeignet gegen unauffällige Gegner. Absoluter Schutz ist nicht nötig bzw. entsprechende Versprechungen sind unhaltbar. Jene Politik zerstört letztendlich was sie schützen will (da die Substanz (Grundrechte, Prinzipien,..) in Frage gestellt wird). Der Antiterrorismus zeige sich als gewaltige Umgestaltungskampagne
3.) Als nächstes sprach ein Datenschützler. Keine Ahnung wie der hieß.
Er merkte an, mit Hinblick auf GB und USA, daß alles noch viel schlimmer kommen könne und das es auch die Sicherheitsbehörden sind, die Angst haben, nämlich Angst vor dem Versagen. Als seine These nannte er, daß die Maßnahmen der Sicherheitspolitik selber ein Sicherheitsrisiko darstellen können.
Als Beispiel nahm er das "gemeinsame Datengesetz" bzw. Antiterrordatengesetz (Atdg). Zuerst nannte er einige Lügen (dieses Wort von mir), die während des entsprechenden Gesetzgebungsprozesses benutzt wurden: Das gemeinsame Datengesetz müsse reformiert werden, da.. ...Sicherheitsbehörden nicht richtig zusammenarbeiten. (dies sei falsch, gesetzliche Regelung bereits vorhanden) ...das jetzige Modell sei ein Kompromiß (nein, bereits ein Maximallösung bis auf eine Ausnahme) ...diene nur der Terrorismusbekämpfung (nein, die entsprechenden Stellen haben freie "Projektwahl" ohne Vorgaben)
Was ist nun geplant? -> Eine allgemeine Speicherpflicht. D.h. daß alle Akten, auf Zwang, elektronisch erfasst werden (und im Zweifel eher zuviele)
Das Ziel sei die Bekämpfung des Terrorismus, wobei es jedoch eine extensive Auslegung gibt, da nicht nur Unterstützung des Terr. dazuzählt sonder auch entsprechende Gutheißung oder Befürworten rechtswidriger Gewalt.
Zugriff auf diese Daten hätte alle (wer alle? Ich nehme an Behörden), wobei kein geregeltes Vieraugenprinzip zu Kontrollzwecken existiere.
Auch gibt es keine Regelungen für Betroffene, dies wird umgangen mit dem Verweis auf die Rechte aus der jeweiligen Datenerfassungsquelle, die aber nicht unbedingt genannt sein muß.
Was wird da nun konkret verletzt, bei Anwendung, über das normale Maß einer polizeilichen Arbeit hinaus? Der Datenschützler nannte folgendes:
a) Bestimmtheitsgrundsatz (Anmerkung: D.h. das Gesetz ist schwammig) b) Fehlende Transparenz, daraus folgt: kein Rechtsschutz (für den Betroffenen) c) Verhältnismäßigkeit wird mißachtet d) ditto Trennungsgebot (d.h. die Polizei darf alles, weiß aber nichts und beim Geheimdienst umgekehrt)
hinzu kommt:
e) Die gesammelten Informationen als solche bleiben relativ unklar (kontextlos, wie Sand, d.h. man sie lesen wie man will) --> Mißverständnisse und Fehlbewertungen sind vorprogrammiert. (<--evt. Lsg. dafür wäre ein Index der Sender-Empfänger der Daten vernetzt und zu Kommunikationsaustausch zwingt; sehr teuer)
Sein Fazit: Wir orientieren uns an den GB und USA, wo Beobachtung und Datensammlung vor gezielter Prävention am konkreten Einzelfall steht.
4.) Dann kam der Vortrag von Herrn Dr. Albrecht, der sehr ansprechend war, da dieser Herr Doktor richtig gut reden kann. Dementsprechend schwierig war es aber auch mitzuschreiben.
Er nannte den Begriff BigBrother-Demokratie einen falschen Begriff und sagte, daß wir uns vielmehr in einer Sicherheitsdemokratie voller Unaufgeklärter befänden. Außerdem sei Terrorismus nicht eine Herausforderung der Sicherheitsbehörden (die sich dieser so selbstlos gestellt haben), sondern vielmehr der Politik, der Gesellschaft, dem System im Allgemeinen.
Als Thema seiner Redezeit nannte er: Abschied vom Recht
Recht wird nicht nur umgebogen, es wird beseitigt. Juristisch schön geredet nennt man dies Rechtserosion. Als Ursache nannte er zwei Punkte, nämlich Prävention und Privatisierung. So ist die strafrechtliche Prävention heutzutage ein Allmachtsphantasie und allein das Wort der "verdachtsunabhängigen Ermittlung" tritt freiheitliche Demokratie mit den Füssen.
Wichtig sei, daß Terrorismus nicht der Grund sondern nur der Anlaß sei. So sind die Gründe in den gesellschaftlichen Zusammenhängen zu sehen:
a) Abbau des sozialen Wohlfahrtstaates (hin zu einer 2/3-Gesellschaft, in der das letzte Drittel mißachtet wird, da man sich von den anderen 2 Dritteln wählen läßt) b) Neoliberalismus (Ökonomisierung des Sozialen, wodurch aneinandergereihte Subsysteme entstehen in denen das Indivduum durchfällt (siehe modernste Systemtheorien (welche??)) c) Ideologie des Unilateralismus (also Formierung in neuen, zB religiösen, Blöcken, wodurch, entsprechend zu b), auch wiederum die einzelnen durchfallen)
Er sieht eine Einflußnahme von "außen" als die richtige Maßnahme an und spekuliert hier v.a. mit Europa als neue Basis (Anmerkung_1: Wenn ich das richtig verstanden habe; Anmerkung_2: Von diesem Prof versuch ich noch mehr ranzukriegen)
5.) Nach einer leckeren Mittagspause kam Jan Korte, MdB für die PDS, zu Wort.
Er kritisierte verschiedene Dinge, so zB den massiven Videoüberwachungsausbau, systematischen Einsatz der Bundespolizei ohne parlamentarische Kontrolle und wies aufgrund seiner eigenen Erfahrung im Bundestag auf, daß der parlamentarische Umgang mit jenen grundsatzrelevanten Dingen (Attd etc) nicht nur lasch und polemisch sei, sondern daß dort auch mit groben und miesen politischen Taktiken gearbeitet wird (Vertagungen kurz vor die Frist, Meldungen kurz vor knapp, nicht bewältigbare Kataloge,...). In diesem Zusammenhang verwies er auch auf seine Homepage (http://www.jankorte.de/).
Er verwies darauf, daß die meisten Bürger laut Empirie Videoüberwachung als sinnvoll empfänden und man sich darüber bewußt sein müsse, daß man daher als Minderheitenpartei agiere. Er forderte daher vor allem Aufklärung für die Bürger und eine Beantwortung der Frage, welche Außenpolitik den wirklich terrorismusmindernd sei.
Der Rest verlief sich in PDS-blabla.
6.) Ein letzter Redner (wer??) aus dem Bereich des Datenschutzes nahm sich abschließend nochmal die Themen Attd und Tbeg vor.
Beim Attd wies er darauf hin, daß eine Rechtmäßigkeit der einzuspeisenden Daten fehle. Da auch Daten aus Folter gespeichert und verwendet werden können, werde dadurch das Folterverbot geschliffen.
Das Tbeg entfriste die bisherigen Maßnahmen und senke zusätzlich Schwellen ab, und dies, obwohl die entsprechenden Maßnahmen nie evualiert wurden. Außerdem haben diese Gesetze eine unmögliche Regelungstechnik: Die Vorschriften genügen nicht den Bistimmtheitsansprüchen von Gesetzen und sie seien semantisch verbogen.
Die Arbeit des Parlaments bezeichnete er in dieser Hinsicht als Blindflug.
Als Fazit bescheinigt er uns ein Guantamanonisierung des Rechtes und er kritisiert die Kritiklosigkeit sowohl der Bürger als auch der Politik, mit der wir dies hinnehmen.
7.) In einer darauffolgenden Podiumsdiskussion wurde als erstes das Thema Angst angesprochen. In Reaktion darauf wurde die Antwort entwickelt, daß es keine Angst in der Bevölkerung gebe, bzw. insofern vorhanden sei sie unspezifisch und aufgedrückt, resultiere aus einem Prozeß der politischen Währbarkeit und nutze das Unwissen aus.
Es wurde noch einmal erwähnt, daß die aktuelle Strukturentwicklung die alten Sicherheitsinstitutionen (Verfassungsgericht, DAtschutzbeauftragte) aushebele, aber dann verlief sich die Diskussion aufgrund schwammiger endlos-Fragen der Moderatorin in einem nebulösen Brei von Aussagen mit viel PDS-blabla und die zwei Piraten verließen das Boot....