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=Parlament im 21. Jahrhundert=

== Parlament und parlamentarischer Betrieb ==

Wir Piraten erachten eine möglichst umfassende Gewaltenteilung im Staat als absolut
sinnvoll und notwendig. Wir sind daher der festen Überzeugung, dass das Parlament
gegenüber der Regierung gestärkt werden muss. Unser Fernziel ist eine strikte Trennung der
exekutiven und legislativen Gewalt.

Um dies zu erreichen ist es unabdingbar das Parlament zu stärken und die parlamentarischen
Prozesse hin zu mehr Transparenz und Beteiligung der Bürger zu öffnen.

=== Das starke Parlament ===

Im derzeitigen parlamentarischen Betrieb werden viele Gesetzesvorlagen von der Regierung
und ihrer Verwaltung ausgearbeitet. Wir können nachvollziehen, dass
Ministerialverwaltungen an der Entstehung von Gesetzen beteiligt werden möchten, sind sie
doch Experten auf ihrem Gebiet und in der Regel direkt von der Umsetzung und Anwendung der
Gesetze betroffen. Wir sind jedoch der Meinung, dass das konkrete Ausarbeiten der
Gesetzestexte dem Parlament vorbehalten sein muss. Die Verwaltung und die Exekutive sind
aus Sicht der Gesetzgebung externe Lobbyisten.

==== Stärkung der Parlamentsverwaltung ====

Damit das Parlament diese zusätzlichen Aufgaben erfüllen kann, muss es gezielt gestärkt
werden. Wir befürworten daher neben dem "Parlamentarischen Dienst" und dem "Zentralen
Dienst" in der bayerischen Parlamentsverwaltung weitere Abteilungen für die inhaltliche
Arbeit. Ein "Wissenschaftlicher Dienst", analog zu dem des Bundestages, ermöglicht es den
Landtagsabgeordneten, sich unparteiisch und unabhängig von der Sachkompetenz der
Ministerien zu bestimmten Themen zu informieren sowie entsprechende Gutachten erstellen
zu lassen. Ein "Juristischer Dienst" kann ohne parteipolitische Brille eingebrachte
Gesetze hinsichtlich ihrer rechtlichen Folgen bewerten und auf mögliche Fehler
untersuchen.

==== Stärkung der Parlamentsfraktionen ====

Unabhängig von der Parlamentsverwaltung müssen die Parlamentarier und Fraktionen mit
ausreichenden finanziellen Mitteln versorgt sein, damit sie entsprechend qualifiziertes
Personal beschäftigen können, um ihren zusätzlichen Aufgaben gerecht werden zu können.

=== Das transparente Parlament ===

Für uns Piraten ist die Transparenz politischer Prozesse sowie parlamentarischer
Entscheidungsfindung und -träger ein elementarer Bestandteil der Demokratie im 21.
Jahrhundert. Die Einwohner Bayerns haben das Recht zu erfahren, wie politische
Entscheidungen zustande kommen. Wichtig ist hierbei, dass Transparenz Teil der politischen
Prozesse ist und nicht erst zustande kommt, wenn Menschen z.B. aufgrund von
Informationsfreiheitsgesetzen aktiv Auskunft verlangen. Transparenz ist eine unabdingbare
Vorraussetzung für die Beteiligung der Menschen an der politischen Entscheidungsfindung.

==== Ausschüsse und Kommissionen ====

In Parlamenten werden viele Entscheidungen in Ausschüssen und Kommissionen de facto
bereits getroffen, da sich viele Abgeordnete an die Empfehlungen ihrer Fraktionsmitglieder
in den Ausschüssen halten. Wir Piraten sind daher der Meinung, dass die Sitzungen dieser
Gremien nur in begründeten Ausnahmefällen nicht-öffentlich sein dürfen. Öffentliche
Sitzungen sind zu protokollieren und audiovisuell aufzuzeichnen. Protokoll und Aufzeichung
sind angemessen im Internet zu veröffentlichen.

==== Abgeordnete ====

Die Landtagsabgeordneten tragen eine hohe Verantwortung. Ihre Entscheidungen beeinflussen
das Leben von Millionen Menschen direkt und indirekt. Wir Piraten sind daher der Meinung,
dass sie in der Pflicht sind, mögliche und tatsächliche Interessenskonflikte öffentlich
darzustellen.

Wir fordern daher, dass alle Abgeordnete gesetzlich verpflichtet werden, die Höhe und
Herkunft ihrer Nebeneinkünfte genau offenzulegen. Darüber hinaus sollen alle Abgeordneten
ihre Mitgliedschaften in Vereinen, Gewerkschaften u.ä. offenlegen, ihre ehemaligen
Arbeitgeber dokumentiern und ihre Treffen mit Lobbyisten angemessen veröffentlichen. Auch
unabhängig von einer gesetzlichen Verpflichtung werden Abgeordnete der Piraten die
genannten Forderungen erfüllen.

==== Lobbyismus ====

Lobbyismus ist Teil jeder Demokratie und an sich nichts Verwerfliches. In der
parlamentarischen Demokratie muss Lobbyismus jedoch transparent und für alle
nachvollziehbar geschehen. Wir fordern daher für den Landtag ein Lobbyistenregister, in
dem sich alle Lobbyisten und gehörte Experten im Landtag eintragen müssen sowie einen
Verhaltenskodex für Lobbyisten, der von den Abgeordneten beschlossen wird.

==== Fraktionen ====

Fraktionen übernehmen im Landtag wichtige Aufgaben und Funktionen. Häufig werden in den
Sitzungen der Fraktionen wichtige Entscheidungen getroffen - leider meist hinter
verschlossenen Türen. Wir finden, dass Fraktionssitzungen im Rahmen der gesetzlichen
Möglichkeiten öffentlich sein sollen. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben erhalten Fraktionen
zusätzliche finanzielle Mittel. Die Verwendung dieser Mittel muss öffentlich dokumentiert
werden. Ebenfalls ist zu dokumentieren, welche Angestellten für welche Funktionen
beschäftigt werden.

All diese Punkte wird eine Piratenfraktion im Landtag auch unabhängig von einer
gesetzlichen Regelung erfüllen.

=== Das digitale Parlament ===

"Code is Law" hielt der angesehene Rechtswissenschaftler Lawrence Lessig fest. Wir Piraten
meinen: Code kann die Geschäftsordnung sein. Diese regelt u.a. das Antragsverfahren und
die Besetzung der Ausschüsse, damit hat die Geschäftsordnung großen Einfluss auf das
Gesetzgebungsverfahren.
Die bisher auf den Internetseiten des Parlaments eingesetzte Software dient ausschließlich
dazu, den parlamentarischen Betrieb zu dokumentieren und darzustellen. Damit werden jedoch
nur die Ergebnisse transparent dargestellt, die politischen Prozesse die zu diesen
Ergebnissen führen dagegen kaum. Solange aber keine geheimen Abstimmungen nötig sind,
ermöglichen es Demokratie-Softwaresysteme, demokratische Prozesse transparent
darzustellen und diese auch transparent und partizipativ zu gestalten. Das zeigen uns
die Experimente mit und der Einsatz von solcher Softwares innerhalb der Piratenpartei.

==== Parlamentssoftware - Parliament Feedback ====

Wir Piraten halten es deshalb für notwendig, dass das bayerische Parlament eine Open
Source Software bekommt, in der alle Aspekte des parlamentarischen Betriebes abgebildet
sind. Sie soll den analogen Parlamentsbetrieb nicht nur dokumentieren, sondern den
Parlamentsbetrieb nach Möglichkeit auch (teilweise) organisieren.

Die Software soll das Zentrum des parlamentarischen Betriebes bilden und gewissermaßen ein
ständiges Plenum des Landtages darstellen. Das Einstellen von Anträgen in das System
entspricht dem Einreichen eines Antrags beim Parlament. Anschließend durchlaufen alle
Anträge einen definierten Prozess bis zur Beschlussfassung. Für jeden Schritt (z.B.
Diskussion, Einbringen von Änderungen, Anhörungen von Experten, Beschlussfassung) sind
bestimmte Zeiträume vorgesehen.

Im System sollen alle relevanten Informationen zu einzelnen Anträgen wie
Änderungsanträge, Protokolle der zugehörigen Ausschuss- und Parlamentssitzungen, Reden im
Parlament, Berichte und Stellungnahmen von Experten sowie Einwürfe von Lobbyisten
dokumentiert und mit den Anträgen verknüpft werden. Dabei ist auch auf Barrierefreiheit zu
achten (z.B. maschinenlesbarer Text, Untertitel in und Transkription von Videos). Eine
geeignete Suchroutine ist ebenso Teil der Software.

Außerdem sollen in dem System alle Abstimmungen des Parlaments und der Auschüsse erfolgen
und natürlich das Abstimmverhalten der Abgeordneten für jeden nachvollziehbar dokumentiert
werden. Es ist zu erwarten, dass Online-Abstimmungen die Beteilungsquote bei Abstimmungen
erhöhen, da die Anwesenheit der Abgeordneten zu einem festen Zeitpunkt im Maximilianeum
entfällt. Selbstverständlich sind jederzeit (geheime) Abstimmungen im Plenum möglich.

Der gesamte gesetzgeberische Prozess soll durch das Umstellen auf den digitalen
Parlamentarismus für die Einwohner nachvollziehbarer und begreifbarer werden. Damit wird
es möglich, Menschen in den parlamentarischen Betrieb direkt einzubinden.

Letztlich soll das digitale Parlament den Menschen in Bayern ermöglichen, sich an
Meinungsbildern über einzelne Anträge zu beteiligen, Änderungsanträge zu stellen oder
selbst Anträge in den parlamentarischen Betrieb einbringen zu können, wenn sich dafür eine
ausreichende Anzahl an Unterstützer in der Bevölkerung oder unter den Parlamentariern
findet. Somit wäre auch eine Fortentwicklung des mühsamen und teuren Prozess aus
Volksbegehren und Volksentscheid gegeben. Direkte Demokratie im 21. Jahrhundert ist
Digitale Demokratie.

=Beschluss=

Dieser Antrag wurde auf dem [[BY:Landesparteitag_2013.1/Protokoll|Landesparteitag 2013.1]] (Protokoll) in Unterhaching als PP082 angenommen.
Anonymer Benutzer

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