Sozialer Liberalismus

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50px Dieser Artikel ist keine offizielle Aussage der Piratenpartei; die Idee ist von Illairen

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Achtung: Dieser Text ist in Bearbeitung und soll Grundlage für den (zu gründenden) AK Sozialer Liberalismus werden

Ziel des AKs: Programmatische Versorgung der Piratenpartei

Ersteller: Xanatos (Forum)

Grundlagen: Freiburger Thesen, John Rawls, Charles Taylor, Aristoteles, Naumann, Voltaire ________________________________________________________________________________________

Sozialer Liberalismus nimmt Partei für Menschenwürde durch Selbstbestimmung

Sozialer Liberalismus nimmt Partei für Fortschritt durch Vernunft

Sozialer Liberalismus fordert Demokratisierung der Gesellschaft

Sozialer Liberalismus fordert Reform des Kapitalismus

These 1: Sozialer Liberalismus nimmt Partei für Menschenwürde durch Selbstbestimmung.

Er tritt ein für den Vorrang der Person vor der Institution. Er setzt sich ein für größtmögliche Freiheit des Einzelnen sowie die Wahrung der menschlichen Würde in jeglicher politischen und sozialen Situation. Er tritt ein für die Behauptung der Menschenwürde und Selbstbestimmung des Einzelnen in Staat und Recht, in Wirtschaft und Gesellschaft gegenüber einer Zerstörung der Person durch die Fremdbestimmung und durch den Anpassungsdruck der politischen und sozialen Institutionen waren und sind die ständige Aufgabe des klassischen wie des modernen Liberalismus. Oberste Ziele sozialliberaler Gesellschaftspolitik sind daher die Erhaltung und Entfaltung der Individualität persönlichen Daseins und der Pluralität menschlichen Zusammenlebens.


Erläuterung: Der Demokratische und Soziale Liberalismus stellt den Menschen in die Mitte von Staat und Recht, von Wirtschaft und Gesellschaft. Der Mensch ist nicht um des Staates oder des Rechtes, der Wirtschaft oder der Gesellschaft willen da, sondern diese um des Menschen willen, als ihrem letzten und höchsten Zweck. Sie sind als bloße Mittel zum Zwecke der Erhaltung und Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit in der ganzen Fülle ihrer Naturanlagen und Geisteskräfte darum in ihrem Wert oder Unwert allein danach zu beurteilen, was sie für den Menschen bedeuten und leisten. Wo immer vom Menschen geschaffene Einrichtungen (Institutionen) in Staat und Recht, in Wirtschaft und Gesellschaft diese ihre alleinige Aufgabe als Mittel zum Zwecke des Menschen: als Bedingung größtmöglicher und gleichberechtigter Freiheit und Sicherheit, Wohlfahrt und Gerechtigkeit zwischen Menschen verleugnen und mißverstehen, nimmt liberale Gesellschaftspolitik Partei für die Person gegen die Institution, Partei für die Achtung und den Schutz der Menschenwürde und damit Selbstbestimmung des Einzelnen, gegen die den Menschen seiner selbst entfremdenden Fremdbestimmungen und Anpassungszwänge, weiche die Individualität des Einzelnen ebenso zu zerstören drohen wie die Pluralität in der Gesellschaft.


These 2: Sozialer Liberalismus nimmt Partei für Fortschritt durch Vernunft.

Er tritt ein für die Befreiung der Person aus Unmündigkeit und Abhängigkeit. Er setzt sich ein für Aufklärung des Unwissens und Abbau von Vorurteilen, für Beseitigung von Bevormundung und Aufhebung von Unselbständigkeit. Erste Voraussetzungen einer auf die Förderung solcher Emanzipation des Menschen und damit Evolution der Menschheit gerichteten liberalen Gesellschaftspolitik sind geistige Freiheit und die Prinzipien der Toleranz und der Konkurrenz. Nur auf dieser Grundlage ist eine freie und offene Gesellschaft möglich, in der Wahrheit und Gerechtigkeit nicht als fertige Antworten überliefert und hingenommen, sondern angesichts des Wandels der Verhältnisse stets als neu sich stellende Fragen an den Menschen aufgeworfen und erörtert werden.

Erläuterung: Was den Liberalismus als eine Partei des Fortschritts durch Vernunft von allen Parteien des Fortschritts durch Klassenkampf unterscheidet, ist sein durch Erfahrung erhärtetes Mißtrauen gegen jede, und sei es auch nur für eine "Zeit des Übergangs" in das am Ende verheißene "Reich der Freiheit", dem einzelnen Menschen und ganzen Gesellschaften nach einer einheitlichen politischen Ideologie auferlegte oder gar aufgezwungene Sinngebung persönlichen Daseins und menschlichen Zusammenlebens. Sie hindert nach den geschichtlichen Erfahrungen nicht nur die Behauptung der Menschenwürde aus Selbstbestimmung auf unabsehbare Dauer, sondern bringt Aufklärung aus Vernunft, ohne die es keinen fortdauernden menschlichen Fortschritt gibt, unter Sperren und Zwängen dogmatisierter Ideologie zum Erliegen. Der "Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit" (Kant) ist nicht durch ideologische Bevormundung und moralische Gängelung des Menschen, etwa aus der elitären Anmaßung eines "richtigen Bewußtseins" möglich. Nur in ständiger Infragestellung und Überholung gewonnener Erkenntnis durch bessere Einsicht ist für den Menschen die in seiner Zeit gültige Antwort auf die Frage nach Wahrheit und Gerechtigkeit zu gewinnen, angesichts ständig sich wandelnder Verhältnisse in Staat und Recht, in Wirtschaft und Gesellschaft. Denn: Nur in einer solchen Behandlung von Wahrheit und Gerechtigkeit nicht als fix und fertige Antworten, sondern als stets neu sich stellende Fragen ist nach liberalem Verständnis Fortschritt des Menschen durch Aufklärung aus Vernunft möglich.


These 3: Sozialer Liberalismus fordert Demokratisierung der Gesellschaft.

Nach dem Grundsatz: Die Gesellschaft sind wir alle! erstrebt der Liberalismus die Demokratisierung der Gesellschaft durch größtmögliche und gleichberechtigte Teilhabe aller an der durch Arbeitsteilung ermöglichten Befriedigung der individuellen Bedürfnisse und Entfaltung der persönlichen Fähigkeiten. Er tritt ein für entsprechende Mitbestimmung an der Ausübung der Herrschaft in der Gesellschaft, die zur Organisation dieser arbeitsteillgen Prozesse erforderlich ist. Nach dem Grundsatz: Die Gesellschaft darf nicht alles! zielt er im freiheitlichen Sozialstaat zugleich auf die Liberalisierung der Gesellschaft, durch eine mittels Gewaltenteilung, Rechtsbindung aller Gewalt, Grundrechtsverbürgungen und Minderheitenschutz eingeschränkte Herrschaft von Menschen über Menschen in der arbeitsteiligen Organisation unserer Gesellschaft.


Erläuterung: Die freiheitliche Demokratie zielt auf eine Ordnung der größtmöglichen und gleichberechtigten politischen Teilhabe und Mitbestimmung aller Bürger*innen an der verfassungsmäßigen Organisation des Staates. Sie zielt nach der modernen Konzeption eines Sozialen Liberalismus zugleich auf eine Ordnung der größtmöglichen und gleichberechtigten sozialen Teilhabe und Mitbestimmung aller Bürger*innen an der arbeitsteiligen Organisation der Gesellschaft. Der doppelte Grundsatz, nach dem die Demokratisierung des Staates durch den Demokratischen Liberalismus aufrechterhalten und weiter forciert werden muss, lautet nach Naumann: 1. Der Staat sind wir alle; 2. Der Staat darf nicht alles. Mit diesen "zwei Sachen hat der ganze politische Liberalismus bisher gearbeitet, er sagte: wir wollen nicht Objekte, sondern Subjekte der Regierung sein". Mit der Demokratisierung des Staates ("Der Staat sind wir alle") und zugleich Liberalisierung des Staates ("Der Staat darf nicht alles") wurde der frühere, unfreiheitliche Obrigkeitsstaat in den freiheitlichen Rechtsstaat umgeschaffen und die Freiheit des Staatsbürgers und der Staatsbürgerin verfassungsmäßig gesichert. Nach demselben doppelten Grundsatz vollzieht sich entsprechend die Demokratisierung der Gesellschaft, die sich der Soziale Liberalismus seit Friedrich Naumann zum Ziele setzt. Er lautet: 1. Der Betrieb sind wir alle; 2. Der Betrieb darf nicht alles. Was damit gefordert ist, ist nicht mehr und nicht weniger als die Übertragung der in der Bändigung der Allmacht des Großbetriebes Staat entwickelten demokratischen und liberalen Organisationsformen von Gewaltenteilung und Rechtsbindung, von Grundrechtsverbürgung und Minderheitenschutz auch auf die Großbetriebe in der Gesellschaft.

These 4: Sozialer Liberalismus fordert Reform des Kapitalismus.

Die geschichtliche Leistung des Liberalismus war die Freisetzung des Menschen für die Entwicklung der modernen Industriegesellschaft. Der Kapitalismus hat, gestützt auf Wettbewerb und Leistungswillen des Einzelnen, zu großen wirtschaftlichen Erfolgen, aber auch zu gesellschaftlicher Ungerechtigkeit geführt. Die liberale Reform des Kapitalismus erstrebt die Aufhebung der Ungleichgewichte des Vorteils und der Ballung wirtschaftlicher Macht, die aus der Akkumulation von Geld und Besitz und der Konzentration des Eigentums in wenigen Händen folgen. Sie bringt damit die Gesetzlichkeiten einer privaten Wirtschaft in Einklang mit den Zielen einer liberalen Gesellschaft. Sie dient gleicherweise der Steigerung der Leistungsfähigkeit wie der Menschlichkeit eines solchen auf private Initiative der Wirtschaftsbürger und privates Eigentum an den Produktionsmitteln gegründeten Wirtschafts-und Gesellschaftssystems.


Erläuterung: Das Vertrauen des klassischen Liberalismus, die Ziele einer liberalen Gesellschaft aus dem Selbstlauf einer privaten Wirtschaft zu erreichen, ist nach den geschichtlichen Erfahrungen nur in Grenzen gerechtfertigt. Es besteht kein selbstverständlicher Einklang zwischen persönlichem Vorteil und dem allgemeinen Wohl. Zwar ist in einem arbeitsteilig organisierten System der Befriedigung der individuellen Bedürfnisse und der Entfaltung der persönlichen Fähigkeiten die "materielle Interessiertheit" des Einzelnen als Triebfeder einer aus eigenem Willen und nicht auf staatlichen Befehl übernommenen Arbeitsverpflichtung unentbehrlich. Zwar mag das individuelle Streben nach Mehrung des persönlichen Vorteils in seiner überindividuellen Auswirkung zur Steigerung des allgemeinen Wohls beitragen. Doch von bestimmten Grenzen an bewirken alle diese so förderlichen menschlichen Antriebe, wo sie zur Übervorteilung des Einen durch den Anderen führen, die Zerstörung gesellschaftlichen Wohlstands und des sozialen Friedens. Der moderne reformorientierte Liberalismus überläßt darum nur da die Erfüllung der Ziele liberaler Gesellschaft dem Selbstlauf privater Wirtschaft, wo diese durch Mechanismen des Marktes zureichend gesichert werden kann. Wo Ziele liberaler Gesellschaft durch den Selbstlauf der privaten Wirtschaft nicht erreicht werden können, wo somit von einem freien Spiel der Kräfte Ausfallserscheinungen oder gar Perversionstendenzen für die Ziele liberaler Gesellschaft drohen, bedarf es gezielter Gegenmaßnahmen des Staates mit den Mitteln des Rechts. Freiheit und Recht sind nach unseren geschichtlichen Erfahrungen bedroht durch die Tendenz zur Akkumulation von Besitz und Geld, die die Reichen immer reicher werden läßt, und die Tendenz zur Konzentration des privaten Eigentums an den Produktionsmitteln in wenigen Händen. Die Tendenzen zur Akkumulation des privaten Kapitals, wie sie etwa in der Verzinsung des Geldes, aber auch in der Wertsteigerung des Bodens sichtbar werden, sind einem über Gewinnstreben und Marktnachfrage gesteuerten Wirtschaftssystem ebenso eigentümlich, wie die Tendenzen zur Konzentration des privaten Eigentums an den Produktionsmitteln. Sie sind die Kehrseite der durch eben diese Mechanismen gesicherten Leistungsfähigkeit eines solchen Wirtschaftssystems. Dem freien Selbstlauf überlassen müssen eben diese negativen Tendenzen, bei aller ungebrochenen Leistungsfähigkeit, dessen Menschlichkeit am Ende zerstören: durch permanente Überprivilegierung der Besitzenden gegenüber den Besitzlosen, der Reichen gegenüber den Armen, der Produzenten gegenüber den Konsumenten, des Faktors Kapital gegenüber dem Faktor Arbeit. Das aber ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit oder Ungerechtigkeit des auf einem privaten Wirtschaftssystem gegründeten liberalen Gesellschaftssystems. In einer Gesellschaft, in der Besitz und Geld der Schlüssel für fast alle Betätigung der Freiheit ist, ist die Frage des gerechten Anteils an der Ertragssteigerung der Wirtschaft und am Vermögenszuwachs der Gesellschaft nicht nur eine Gerechtigkeitsfrage: sie ist die Freiheitsfrage schlechthin. Die aus der Kritik des kapitalistischen Systems entsprungene Arbeiterbewegung und die zunächst von liberaldemokratischer, wie später von sozialdemokratischer Seite initiierte Gewerkschaftsbewegung hat das geschichtliche Verdienst, die Perversion des kapitalistischen Systems nicht nur aufgehalten, sondern in einen evolutionären Prozeß der ständigen Steigerung der Leistungsfähigkeit, wie der Menschlichkeit dieses Wirtschaftssystems umgekehrt zu haben. Arbeitsschutzgesetzgebung, Arbeitslosenversicherung, Lohnvereinbarungen der Sozialpartner und zuletzt Betriebsmitbestimmung des Arbeitnehmers sind die Stadien dieser stetigen Systemreform. Liberale Reform des Kapitalismus verlangt demnach ein gesellschaftspolitisches Programm, das an den kritischen Punkten des kapitalistischen Systems mit gezielten Maßnahmen ansetzt, die geeignet sind, ebenso die Leistungsfähigkeit dieses Wirtschaftssystems zu erhalten und zu steigern, wie seine Menschlichkeit zu gewährleisten und sicherzustellen. Diese Reform, das Bändigen der ungezügelten Kräfte des Marktes, nennen wir eine soziale Marktwirtschaft.

Soziale Marktwirtschaft

Die Soziale Marktwirtschaft als das verfassungsrechtlich geltende Wirtschaftssystem in Deutschland wird sich allmählich verbessern, indem die Verbraucherinnen und Verbraucher als Bedarfstragende die Wirtschaft in Gang halten und wenn gleichzeitig, d.h. synchron, das Erwerbsinteresse der Erzeugerinnen und Erzeuger auf höchstem Niveau stabil bleibt.

In der modernen arbeitsteiligen Wirtschaft, in der nicht mehr jede(r) das erzeugt, was er/sie für sich und die Seinigen/Ihrigen braucht, stellen die meisten Unternehmen Dinge her oder bieten Dienstleistungen an, durch die die Bedürfnisse einer unbestimmten Zahl unbekannter Menschen befriedigt werden. Die Unternehmen und ihr Management richten ihre Erzeugung von Sachgütern oder ihre Darbietung von Dienstleistungen naturgemäß, d.h. aus egoistischen Antrieben, regelmäßig nach ihrer individuell erkannten oder erhofften Aussicht, einen Erlös und möglichst einen hohen Gewinn zu erzielen, indem sie ihre erzeugten Sachgüter am Markt verkaufen oder ihre angebotenen Dienstleistungen gegen Entgelt erfüllen. In der Marktwirtschaft liegt die Initiativkraft bekanntlich auf Seiten der Erzeugung und dieses Wirtschaftssystem löst erkennbar ungeheure Schaffenskräfte in den westlichen Staaten aus, die den Verbraucherinnen und Verbrauchern der ganzen Erde ein viel reichlicheres Angebot an Gütern zur Verfügung stellen kann als eine vom Bedarf her in Gang gehaltene und gelenkte Planwirtschaft.

Das globale Nachhaltigkeitsziel muss jedoch ein gesundes globales Gleichgewicht der Wirtschaftssysteme werden, nicht der rechthaberische Systemwettbewerb auf dem Weg zum Endsieg zur Systemübernahme.