Benutzer:Mikyra/Offene private Netze
Offene drahtlose Netze
Mit großer Überraschung habe ich unter dem Titel "Das Ende der offenen drahtlosen Netze naht" einen in den VDI Nachrichten veröffentlichten Artikel zu dem dort "jüngst" genannten Urteil des BGH zum Thema WLAN-Sicherheit gelesen. Zwar war mir durch regelmäßige Lektüre von Fachzeitschriften zum Thema Computertechnik bereits bewusst, dass nach geltendem Recht bei missbräuchlicher Nutzung nicht hinreichend gegen ungewollten Zugriff Dritter abgesicherter Internetzugänge auch der Anschlussinhaber belangt werden kann, doch hielt ich diesen Umstand bisher stets für einen Anachronismus, der der Tatsache geschuldet ist, dass zum Zeitpunkt der Gesetzgebung diese technische Entwicklung nicht im Auge des Gesetzgebers lag. Eine Hoffnung auf baldige Verbesserung der gesetzlichen Rahmenbedingungen lag meinen Erwartungen zu folge somit sozusagen in greifbarer Nähe. Absolut unerwartet traf mich daher eine genau entgegengesetzte Entwicklung in dieser Angelegenheit, die meine offensichtlich ein wenig naive Annahme, als einen vollständigen Irrtum entlarvte.
Um ein gehöriges Maß gesteigert wurde meine Überraschung, als ich angesichts der in meinen Augen skandalösen, dieser Rechtsauslegung zustimmenden Stille in der Politik aufgebracht und wild mit oben genanntem Zeitungsausschnitt wedelnd zu einem gut befreundeten Piraten marschierte. Eine Reduzierung des Streitwertes von möglicherweise ungemein hohen Schadensersatzansprüchen des Klägers auf eine schlimmstenfalls sehr viel geringer zu Buche schlagende Unterlassungsklage wegen Störhaftung könne, so dieser, ja gewissermaßen auch als Erfolg gewertet werden. Da ich mich dieser Auffassung vehement widersetzend im Eifer des Gefechtes der daraufhin hitzig geführten Diskussion unvorsichtigerweise zu der Drohung hinreißen ließ schlimmstenfalls eben als Nicht-Pirat einfach selbst einen Artikel zu diesem Thema abzufassen, tue ich in eben diesem Moment genau das.
Auch wenn sich der für mich absehbare Schaden von voraussichtlichen 100 Euro auf 5, einen Euro, 1 Cent, oder gar auf Null reduzieren würde, so würde ich mich dennoch mit der gleichen Gewalt gegen eine solche Gesetzgebung stemmen wollen, ist eine Entscheidung in diesem Punkt für mich doch vor allem eine Frage der Qualität, nicht der Quantität.
Unabhängig von der von mir im Streitfalle zu entrichtenden Summe, wäre ich nach geltender Gesetzgebung nicht minder ein Verbrecher und hätte sämtliche Versuche meinen Internetzugang auch Anderen zur Verfügung zu stellen zukünftig tunlichst zu unterlassen.
Da sie in einem gewissen Sinne sicher exemplarisch für eine Vielzahl weiterer Fälle steht, an dieser Stelle kurz zu meiner eigenen Situation.
Seit ich mit einem portablen Rechner ein wenig beweglicher als zuvor geworden bin, habe ich um meine frisch gewonnene Mobilität nicht gleich erneut Kabeln und Strippen zu opfern bereits vor einiger Zeit erstmals den WLAN-Port meines Routers in Betrieb genommen. Hier bereits die erste Überraschung - unabhängig von gewähltem Kanal funken hier neben meinem Router stets über fünf weitere Geräte. Gemessen an den Kapazitäten, die ich an meinem 1.600+ DSL Anschluss zum Einspielen allenfalls in wöchentlichem Rhythmus anfallender Sicherheitspakete und dem sehr viel seltener als monatlich anfallenden Download der ein oder anderen Installations-CD nutze, tatsächlich eine wahre Verschwendung von Ressourcen. Würde mir für das alltägliche Surfen im Netz und das Abrufen meiner e-mails doch eine sehr viel geringere Bandbreite bereits vollauf genügen. Die hierbei Brach liegenden Möglichkeiten meines Internetzugangs würde ich dabei nur zu gerne auch Anderen zur Verfügung stellen, werde aber durch die aktuelle Gesetzgebung dazu gezwungen diese bewusst auszuschließen.
Von diesen Gegebenheiten abgesehen, nun ein Blick in den zugegebener Maßen nicht besonders gut aufgeräumten Schrank, in dem ich meine Computerzubhör Teile aufbewahre: Da eine oben genanntem Chaos zuzuschreibende eventuell vorzunehmende Korrektur das Gesamtergebnis maximal erhöhen kann, kann ich mit Gewissheit sagen, dass sich hier im Laufe der Jahre bereits nicht weniger als sechs Teile Elektro-Schrott in Form von nicht benötigten Modems, Routern, und ähnlichen ehemals einzig und allein der Herstellung meines Internetzugangs dienlicher Geräte angesammelt hat. Multipilziere ich diese Zahl mit der Zahl der für mich in meiner unmittelbaren Nachbarschaft sichtbaren Geräte und unterstelle dabei einen ähnlich häufigen Wechsel der Endgeräte, wie in meinem Fall, so beginnt mir angesichts des Berges von Elektro-Müll der sich vor meinem geistigen Auge aufzutürmen beginnt bereits hier schwindelig zu werden. Und das noch bevor ich die Rechnung richtig angefangen habe: Fehlen hier doch noch Stromverbrauch, sämtliche Hardwarekomponenten, die seitens des Providers auf der Gegenseite getauscht werden mussten und mit Sicherheit eine ganze Reihe weiterer Dinge, an die ich bisher noch nicht einmal gedacht habe.
Neben reiner Menschenfreundlichkeit gibt es in meiner Situation also tatsächlich eine ganze Reihe guter Gründe den drahtlosen Internetzugang nicht versehentlich sondern mit guter Absicht auch Dritten zur Verfügung zu stellen.
Seitens des Gesetzgebers ist mir gerade jene Freiheit über meinen Internetzugang selbst zu bestimmen jedoch genommen, könnte ich, ohne mich damit zu einem Verbrecher zu machen einen solchen für alle frei zugänglichen Anschluss doch nur so lange aufrecht erhalten, bis ich erstmals auf Unterlassung verklagt werde. Zwar gehe ich, was sich für mich auch im täglichen Zusammenleben als äußerst erträgliche Herangehensweise erwiesen hat, bei einer/em Fremden stets _nicht_ davon aus, dass es sich bei ihr/ihm um eine(n) Verbrecher(in) handelt, für ganz und gar auszuschließen, dass sich eines fernen Tages irgendwann einmal irgendjemand meinen Anschluss auch für illegale Tätigkeiten nutzt halte ich, das muss ich in aller Ehrlichkeit gestehen jedoch nicht.
Aus diesem Grunde in jedem meiner Mitmenschen einen potentiellen Verbrecher und Terroristen zu sehen jedoch widerspricht nicht nur den tatsächlichen Gegebenheiten, sondern mit der Unschuldsvermutung auch einem der grundlegendsten Prinzipien eines Rechtsstaates. Ob bei gängiger Rechtsauslegung eine solcher Generalverdacht gegenüber allen Nutzern eines offenen Netzes, oder lediglich die Möglichkeit der gleiche Täter könne sich auf dem selben Wege wiederholt betätigen für die "weiter zu besorgenden Beeinträchtigungen" gemäß §1004 BGB verantwortlich gemacht werden, habe ich bei meinen Recherchen leider nicht herausfinden können. Da die Möglichkeit nach Bekanntwerden einer über den frei verfügbar gemachten Internetzugang begangenen Rechtsverletzung lediglich dem Täter weiteren Zugang zu verwehren um somit den gültigen Unterlassungsanspruch eines Klägers zu befriedigen bei aktueller Gesetzeslage offensichtlich nicht alle Ansprüche des Gesetzes erfüllen kann, sehe ich hier dringenden Änderungsbedarf.
Meine Bitte, die ich zusammen mit diesem kurzen Abriss der Überlegungen, zu denen ich bei meinen bescheidenen Rechercheversuchen gelangt bin an Euch Piraten stellen möchte:
Bitte nehmt eine Überarbeitung von §1004 BGB hinsichtlich der in diesem Text gennanten Punkte und - noch viel wichtiger (!) - der vielen ungenannten Punkte, die ich allesamt vergessen habe mit in Euer Programm auf.