Privatisierung

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Vor zehn Jahren hatte der Privatisierungswahn Deutschland im Griff. Hamburg und Berlin räumten besonders radikal auf bei ihren vermeintlich verschnarchten Stadtwerken und verkauften sie. Aus Geldnot vor allem, aber auch, weil private Firmen als effizienter, moderner galten. Dass damit die Gestaltungshoheit in elementaren Belangen aufgegeben wurde, schien nicht zu stören.[1]

Privatisierung kann ein Vehikel für Korruption sein.

Beispiel Berliner Wasser: Anhand dieses Berliner Senatsbeschlusses zur Abweisung eines Volksbegehrens zur Offenlegung der Geheimverträge zwischen Berlin und der privaten Wasserwirtschaft ist einsehbar, wie derzeit die Interessen der Privatwirtschaft (Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse) über das Interesse der Bevölkerung gestellt werden, sicherzustellen, dass diese Verträge einen guten Deal für die Öffentlichkeit darstellen.

Leider kann diese Rücksicht auf die Selbstbestimmungsrechte der Privatwirtschaft allzu leicht missbraucht werden, um öffentliches Eigentum zu unvorteilhaften Konditionen (ein Appel und ein Ei) zu verscherbeln. Auch Ausschreibungen kann man mit dieser Argumentation vermeiden: Nur der verantwortliche Regierende kennt die privatwirtschaftlichen Details, die seine Entscheidung begründet haben. Dadurch ergibt sich leider ein formidables Vehikel für Korruption. Kein Politiker kann für scheinbare Inkompetenz hinter Gitter gebracht werden.

Dieselbe Problematik gilt auch für alle public-private partnerships (PPP), wo Aufträge an private Firmen verteilt werden unter geheim gehaltenen Bedingungen.

Kann sein, dass bereits existenten Geheimverträgen man nicht mehr habhaftig werden kann, aber wenigstens für die Zukunft sollte sichergestellt werden, dass Privatisierungen vollständig öffentlich stattfinden müssen, oder nur in volkswirtschaftlich irrelevanten Detailfragen geheim gehalten werden dürfen — und dass interessierte Privatwirtschaft dieser Bedingung entsprechen muss. Nur so kann Privatisierung ohne Gefahr von Korruption stattfinden.

Privatisierung kann zu mangelhafter Qualität führen

Der Druck zum finanziellen Erfolg hat in der Privatwirtschaft zur bewussten Abschätzung von Kosten und Risiken geführt: Lohnt es sich zu investieren, wenn man lieber einsparen kann? Kann man Risiko und im Fall des Ausfalles den PR-Gau ertragen? Sind behördliche Strafen billiger als die Kosten, die tatsächliche Leistung zu erbringen? Wenn interessiert es, wenn man ein Versprechen bricht?

Beispiel Deutsche Bahn

In diesem Sinne werden an Klimaanlagen von ICE-Zügen Einsparungen vorgenommen, obwohl der Sommer mit mehr als 32° Grad früher oder später kommen musste. Wenn die Bahn staatlich wäre, würde man wohl nicht auf den Gedanken kommen, an der Klimaanlage zu pfuschen – bei privatwirtschaftlichem Management sind die Nachteile für die Kunden und der PR-Schaden womöglich geringer, als die Einsparungen – und das reicht, um diese an sich volkswirtschaftlich dummen Maßnahmen tatsächlich zu ergreifen. Als de facto Monopolist greift PR-Schaden ja eh kaum, und die Pflichtleistungen Wasser auszuteilen und die Fahrticketpreise zu halbieren (statt Schmerzensgelder zu zahlen) sind vergleichsweise billiger, und man kann sie gegenüber der Presse auch noch als nette Geste darstellen. Letztendlich hätte man auch Glück haben können, wenn der Sommer einfach ausgefallen wäre.

—Die Deutsche Bahn AG ist ein schlechtes Beispiel für Privatisierung, da der Bund alle Anteile an dem Unternehmen hält. Klaus_der_Pirat 22:01, 13. Okt. 2011

Beispiel Londoner Wasserwerke

London hat ihr Thames Water an RWE privatisiert. Seither hat RWE die vertraglich zugesagten Versprechungen ignoriert, das gesamte viktiorianische Wasserversorgungssystem zu erneuern. Es war offensichtlich von Anfang an Teil des Kalküls, von den enormen Geldeinnahmen (Die Wasserkosten wurden wie in Berlin drastisch erhöht) lieber Strafzahlungen und Rohrbruchreparaturen zu bezahlen, als tatsächlich die ganzen Rohre stadtweit zu ersetzen. Folgen: Rohrbrüche non-stop, die teilweise nicht einmal repariert werden (nicht solange wirklich viel Wasser verloren geht); Um weitere Rohrbrüche zu vermeiden, Absenkung des stadtweiten Wasserdrucks auf ein lächerliches Niveau, weswegen alle Häuser eigene Pumpen einbauen müssen, die natürlich nicht von den Wasserwerken bezahlt werden; Von der Wasserqualität nicht zu sprechen. Wenn Deutschland nicht viel straffere Gesetze hätte, was die Grundsicherung betrifft, hätten wir in Berlin bald ähnliche Zustände, denn dort ist ebenfalls RWE am Wasser beteiligt.

Beispiel Datenschutz

Solange die privatwirtschaftlichen Folgen eines Datenschutzskandals so überschaubar sind, ist nicht zu erwarten, dass der Trend nachlässt.

Marktversagen bei öffentlichen Gütern

Sogar die neoklassische Theorie in den Wirtschaftswissenschaften besagt, dass die freie Marktwirtschaft nicht auf öffentliche Güter anwendbar ist, da es unweigerlich zu Marktversagen führt. Privatisierungen erfüllen dieses Kriterium erschreckend oft.

Beispiele für anerkannt fehlgeschlagene Privatisierungen

  1. Hamburgische Electricitäts-Werke (HEW), CDU[2]
  2. Berliner Wasser, CDU/SPD[3]

Beispiele für vermutlich misslungene Privatisierungen

  1. ...

Beispiele für erfolgreiche sinnvolle Privatisierungen

  1. Deutsche Lufthansa AG
  2. Volkswagen AG (20,01 % noch in staatlicher Hand durch das Land Niedersachsen)
  3. ???

Quellen

  1. Berliner Zeitung 2010-02-15, Die Bürgerstromer
  2. Siehe Berliner Wasser.
  3. Tagesspiegel 2006-03-04, Mitgehangen, mitgefangen