Benutzer:Naphthalin/Stellungnahmen

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Version vom 12. Oktober 2009, 13:55 Uhr von imported>Rgewrgwe
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Hier kommen Stellungnahmen von mir aus aktuellem Anlass hin. Diskussionen zu den Stellungnahmen bitte auf der Diskussionsseite.


Einführung von Expertenräten durch den Bundesvorstand

Update: diese Anfrage habe ich öffentlich gemacht unter: 2009-10-12 - Anfrage zur Einrichtung von Expertenräten und zur Entwicklung von Gesetzesentwürfen

Bitte unterzeichnet die Anfrage, damit wir ihr mehr Gewicht verleihen! Rgewrgwe 14:55, 12. Okt. 2009 (CEST)


091009 Erfahren habe ich von der Bildung eines Expertenrates Urheberschutz mehr oder weniger zufällig, als ich alte Mails der Aktiven Mailingliste durchgeforstet habe.

Zur Bildung von Expertenräten meine Meinung:


Auf der Telefonkonferenz vom 08.10.09 hat der Bundesvorstand laut Protokoll die Bildung eines "Expertenrates Urheberrecht" beschlossen. Offensichtlich wurden in diesem Zusammenhang auch schon Experten angesprochen. Zitat aus dem Protokoll---> Dieser Expertenrat soll dem Bundesvorstand mit Sachkompetenz zur Seite stehen, um konkrete Lösungen bis hin zu Gesetzesentwürfen zur Urheberechtsreform zu erarbeiten. Ihre Bereitschaft erklärt haben bereits: Tim Renner (Ex-Universal-Chef / Motor Music) Patrick Jacobshagen (Rechtsanwalt Filmrecht.com) Weitere mögliche Mitglieder: Prof. Thomas Hoeren (OLG Düsseldorf, Uni Münster), Dr. Frank Eickmeier (RA Unverzagt v. Have) Gut wären noch ein prominenter Musiker/Musikproduzent und ein prominenter Filmproduzent. <-- Zitat Ende

Wenn der Bundesvorstand einen Expertenrat einberuft und in diesem Zusammenhang schon Experten anspricht, wird er eine Vorstellungen davon haben, was dieser Rat machen soll. So wie das im Protokoll steht, soll der Expertenrat mit dem Vorstand die Piratenpolitik und sogar "Gesetzesvorlagen" erarbeiten.

Eines der Hauptprobleme der jetzigen Gesetzgebung besteht darin, dass Gesetze auf Länderebene in den Landesministerien erarbeitet werden (wenn das Gesetzgebungsverfahren z.B. auf Initiative des Bundesrates angestoßen wird). Die Verfahren sind völlig intransparent. Mitarbeiter der entsprechenden Ministerien wenden sich an die Experten, die sie für richtig halten. Hier setzt übrigens häufig schon die Korruption an, denn die Auswahl dieser Experten entscheidet über das Aussehen der Gesetzesvorlagen. Das führt dazu, dass Gesetze oft wörtlich aus Entwürfen von Firmen übernommen werden, die durch die Gesetze betroffen sind.

Eine andere Form der Einflußnahme sind Firmenangestellte, die direkt in Ministerien arbeiten und dort als Experten den Ministerien beratend zur Seite stehen. http://www.lobbycontrol.de/blog/index.php/category/lobbyisten-in-ministerien/

Die Auswahl von Experten am Anfang und während der Formulierung von Gesetzesentwürfen beeinflusst die Form des endgültigen Gesetzes, die Ansprache von Experten ist ein hoch sensibler politischer Bereich.

Das gilt nicht nur für Gesetzesentwürfe in Ministerien, sondern natürlich auch für die Erarbeitung von Parteiprogrammen oder die Formulierung Gesetzesvorschlägen, die aus Parteien kommen.

Bei einer Partei wie die Piraten, für die die Transparenz in Verwaltungen, Politik und Gesetzgebungsverfahren eine Kernforderung ist, sollte die Installation von Expertenräten, die mit parteiexternen Experten besetzt werden, wenn, dann transparent erfolgen. Die Definition des Aufgabenbereichs von Ex.-Räten, die Berufungsverfahren etc. sollten zumindest diskutiert werden, und nicht einfach vom Vorstand beschlossen werden. Der Einsatz von "Expertenräten", die unmittelbar auf die Programmatik der Partei Einfluss nehmen sollen, muss im Vorfeld diskutiert werden, sie sind eine neue "Form" der Willensbildung, die bisher nach meinen Kenntnisstand so bei den Piraten nicht vorgesehen ist.

Zum im Aufbau befindlichen Expertenrat "Urheberrecht".

Die allgemeine Einführung von Expertenräten würden die AG Demokratie, AG Transparenz und einige andere AGs, die sich mit der Strukturierung der Piratenpartei beschäftigen, unmittelbar betreffen. Das Thema dieses konkreten Expertenrates betrifft die Arbeitsbereiche der AG-Urheberrecht, der AG Open Access, und der AG Open Source. Alle sind aktiv, und alle beschäftigen sich mit dem Urheberrecht unter verschiedenen Aspekten.

In meinem Verständnis sind die AGs dafür da, Vorlagen zur Programmatik der Piraten zu erarbeiten, die dann auf den entsprechenden Gremien wie Parteitagen abgesegnet werden sollen. Diese AGs über die Gründung eines Expertenrates nicht zu informieren ist eine Umgehung des bisherigen Willenfindungsprozesses.

Sich bei der Ausformulierung von Programmtik oder konkreter Gesetzesvorschlägen den Rat von Experten einzuholen, auch aus den betroffenen Gruppen, ist mit Sicherheit eine (notwendige) Facette dieses Willensfindungsprozesses. Ob dazu ein "Rat" gebildet werden muss, wo dieser Rat angegliedert ist etc. sind aber in meinen Augen völlig ungeklärte Punkte. Denkbar ist auch, dass die mit einem bestimmten Thema befassten AGs selbst Experten ansprechen und um Stellungnahmen zu bestimmten Punkten bitten.

Die Urheberrechtsgesetzgebung regelt nicht nur die Nutzungsrechte an Musik und Film, den Bereichen, aus denen die entsprechenden Experten eingeladen wurden. Es geht nicht nur darum, ob man Musik kopieren, downloaden oder seeden darf.

In meinen Augen viel wichtiger ist z.B. die Verteilung von Wissen. Das Urheberrecht regelt neben den Eigentums- und Vertriebsrechten von Musik und Filmen die von Bildern, Literatur, Architektur, Design, Datenbanken, Software...

Die Urheberrechtsgesetzgebung ist die Rechtsgrundlage, auf der Bibliotheken arbeiten (was dürfen sie wie ausleihen, in welcher Form, was darf digitalisiert werden, was digital verliehen?), es ist die Rechtsgrundlage der Lehre (was darf wie zitiert werden) und es ist die Rechtsgrundlage der Wissensverteilung. Es ist eine Gesetzgebung, die extrem in internationale Gesetze eingebunden ist. Als Teil der Immaterialgütergesetzgebung ist sie einer der sensibelsten Rechtsbereiche bei der Schaffung einer internationalen Wirtschaftsordnung.

Kurz, wenn man zu diesem Thema einen Expertenrat einberuft, wen man einläd, sind hoch politische Entscheidung. Auch Experten haben trotz Expertenwissen ja unterschiedliche, interessensgesteuerte Ansichten.

Ich glaube, dass das Konzept "Expertenrat" völlig unabhängig vom jetzt betroffenen Thema "Urheberrecht" Gegenstand von Diskussionen sein sollte. Art, Umfang und Aufgaben von Expertenräten sollten ebenso diskutiert und ev. auch in der Satzung festgelegt werden wie das Vorgehen bei der Auswahl und Berufung von Experten.