Diskussion:AG Geldordnung und Finanzpolitik/Grillfeste/Kontrapapier zur Geldschöpfung

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These 1:

Einen Geldschöpfungsgewinn bei den Geschäftsbanken gibt es im gegenwärtigen System nicht.

Jedes "Giralgeld" ist nur eine Verbindlichkeit einer Geschäftsbank auf Auszahlung von gesetzlichem Zahlungsmittel. Das Giralgeld wird von Nichtbanken als vollwertiges Geld genutzt. Die "schöpfende" Geschäftsbank kann damit nicht bezahlen; niemand kann mit eigenen Schulden eben diese Schulden begleichen. Giralgeld ist juristisch kein gesetzliches Zahlungsmittel; es ist Geld, da mit diesem Geld Schulden beglichen werden. Banken untereinander verwenden ein anderes Geld, das Zentralbankgeld, das auf den Konten der Zentralbank geführt wird. Auch dieses Geld ist kein gesetzliches Zahlungsmittel, wird jedoch von Banken untereinander angenommen.

Manchmal wird nur Bargeld als "echtes Geld" bezeichnet, eine nicht zutreffende Benennung. Bargeld ist zur Zeit das einzige gesetzliche Zahlungsmittel. Die Bezahlungen mit Giralgeld sind genauso schuldtilgend wie mit Bargeld, es ist das heute allgemein akzeptierte Zahlungsmittel. Die allgemeine Akzeptanz, insbesondere vom Finanzamt, hat Giralgeld zu Geld gemacht. Sogar die Personen, die nur Bargeld als echtes Geld wahrnehmen, nehmen ohne zu "murren" Giralgeld als schuldbefreiende Bezahlung an, zum Teil wird die Bargeldannahme von solchen Personen verweigert.

In einer Bank entsteht Giralgeld im Falle einer Kreditgewährung als auch beim Ankauf von Vermögenswerten. Es liegt dann eine Geldschöpfung vor, jedoch entsteht bei der Geldschöpfung selbst kein "Geldschöpfungsgewinn". (Kommt jetzt noch drauf an wie man genau "Geld" definieren will.)

Wenn eine Geschäftsbank Rechnungen bezahlt muss unterschieden werden, ob es Waren sind die als Vermögen in der Bilanz geführt werden oder Rechnungen, die Kosten sind. Kauft die Bank z.B. Anlagevermögen, dann wird mit einer Geldschöpfung bezahlt, bezahlt die Bank Rechnungen, bezahlt die Bank mit aus ihrem Eigenkapital, das dabei sinkt.

Kreditwürdige Nichtbanken können bei Banken Geld schöpfen. Wird ein Kredit genehmigt, wird der Nichtbank Geld in Höhe des Kreditbetrags gebucht, das meist gleich per Überweisung auf ein Konto von einem Anderen übertragen wird. Ein Streitpunkt ist, ob nun die Nichtbank oder die Bank das Geld geschöpft hat, es ist eine Frage der Betrachtungsrichtung. Ein "Zielkauf" ist weiterhin eine Forderung auf Bezahlung mit Geld.

Auch die Zentralbank kann prinzipiell Waren mit neu geschöpftem Geld bezahlen. Bei diesem Vorgang werden allerdings zwei Gelder gleichzeitig gebucht, falls der Verkäufer eine Nichtbank ist. Es wird bei der Bezahlung der Geschäftsbank des Verkäufers ein Sichtguthaben gebucht und die Geschäftsbank bucht zum gleichen Zeitpunkt ein Sichtguthaben (Giralgeld) auf das Konto des Verkäufers. An diesem Vorgang wird sichtbar, das im heutigem Geldsystem zwei Gelder mit der gleichen Währungseinheit existieren. Wäre es nur eins, dann gäbe es auch nur eine Buchung und nicht zwei.

In der Realität wird aktuell wird bei der Zentralbank selten solch einmaliger "Geldschöpfungsgewinn" auftreten: Falls die Zentralbank Gold oder Devisen kauft, liegt ein geldschöpfender Kaufvorgang vor, es ist eine Bilanzverlängerung (da auf der Aktivseite der ZB kein Geld steht). Es hat also keinen direkten Einfluss auf den Zentralbankgewinn in der Höhe des Kaufbetrags. Wenn sie das Gold oder die Devisen wieder verkauft, wäre das dann ein "Geldschöpfungsverlust"? Mir scheint auch bei solchen Transaktionen macht das wenig Sinn das als Seigniorage zu betrachten. Gewinn-/verlustrelevant werden solche Aktiva für die Zentralbank erst dann, wenn die Bewertung angepasst werden muss, also wenn sich der Gold- oder Devisenwert im Vergleich zur eigenen Währung ändert.

These 2:

Die Zinseinnahmen aus der Kreditvermittlung der Geschäftsbanken entsprechen nicht der Höhe der "Giralgeldschöpfung"; diese Einnahmen als Geldschöpfungsgewinne zu bezeichnen ist irreführend.

Für die Kreditforderung bekommt die Geschäftsbank zwar Zinsen; für die gleichzeitig geschaffenen Verbindlichkeiten (Guthaben oder Sichteinlagen der Nichtbanken) müssen keine Zinsen bezahlt werden. Der Kreditzins wären die Einnahmen der Bank, wenn die Banken sich einig wären und keine Bankgeldanlagen anbieten würden. Tatsächlich stehen Banken aber im Wettbewerb um Geldanlagen untereinander und müssen deshalb auch auf viele ihrer Verbindlichkeiten Zinsen bezahlen. Der Gewinn resultiert aus der Zinsdifferenz. Diese Zinsdifferenz gäbe es auch, wenn Banken kein Geld schöpfen würden; von daher kann man hier nicht von einem Geldschöpfungsgewinn sprechen, sondern sollte von einem Gewinn aus Bankentätigkeit bzw. Kreditvergabe sprechen.

Das Konzept Barwert kann außerdem für die "Giralgeldschöpfung" nicht angewendet werden. Der Barwert ist ein Hilfsmittel bei Investitionsentscheidungen, um verschiedene Geldflüsse auch in der Zeit miteinander vergleichen zu können. Dazu verwendet man einen Vergleichszinssatz um den entgangenen Gewinn bei einer risikolosen Alternativinvestition (Geld bei der Bank anlegen) zu berücksichtigen. Mit anderen Worten: die Barwertberechnung setzt voraus, dass es einen externen Bankensektor gibt, der diese Alternativinvestition bereit stellt. Wir diskutieren hier aber den Bankensektor selbst; damit entfällt die Begründung bzw. Legitimation der Barwertberechnung.

Außerdem setzt die Barwertberechnung der Pro-Seite voraus, dass der Vergleichszinssatz immer genau gleich der Höhe der Kreditzinsen ist, ohne dafür eine Begründung zu nennen.

Anmerkungen zu den beiden Thesen und zu Arne

(Frank & Frei)

Ich stimme den beiden Thesen im großen und ganzen zu, aber:

Zu These 1:

Ich würde schon von „Geldschöpfung“ sprechen, jedoch nicht von „Geldschöpfungsgewinn“. Eigentlich müsste man statt „Geldschöpfung“ von „Geld- und Kreditschöpfung“ reden.

Aufgrund der gängigen Definitionen von Geld sind ja gerade die Einlagen bei den Geschäftsbanken Geld. Insofern schöpft eine Geschäftsbank Geld, indem sie eine Einlage entgegennimmt und diese entweder anlegt (=weiterverleiht) oder davon z.B. ein Notebook kauft.

Anmerkung: Von Banken werden mehr "Einlagen" abgehoben als eingezahlt. Der
Begriff Einlagen hat nichts mit einlegen zu tun. Auf gut Deutsch: die Bank
hat jeden Monat weniger "Einlagen" ... faktisch haben sich die Einlagen jedoch
erhöht.
Banken können kein Geld verleihen, es entsteht und vergeht bei Banken.
Der Begriff "Einlagen" selbst ist irreführend.


Zu These 2:

Auf alle ihre Einlagen (außer Girokonten, aber das ist ein vernachlässigbarer Sonderfall) zahlt eine Geschäftsbank Zinsen. Das gilt sowohl für Einlagen von Nichtbanken, als auch von anderen Geschäftsbanken als auch von der Zentralbank. Bei der Zentralbank muss sie sogar (knappe) Sicherheiten auf den Tisch legen.

Girokonten sind die "Einlagen". Der Begriff "Einlagen" stammt aus der Zeit
als es noch keine Girokonten für jedermann gab udn Geld bei Banken eingelegt
worden ist.


Natürlich verleiht eine Geschäftsbank ihre Einlagen zu höheren Zinsen weiter. Das ist ganz normal und ihr originäres Geschäft (auf welches sich die Banken in der Vergangenheit mehr hätten konzentrieren sollen). Die Differenz zwischen den Zinsen nennt man Brutto-Zinsmarge. (Brutto u.a. deswegen, weil daraus sowohl Kreditausfälle, als auch Personalkosten etc. bestritten werden müssen.)

Banken können keine Einlagen weiterverleihen, da mit Krediten Einlagen
entstehen. Würden Einlagen weiterverliehen, müssen die Einlagen mit dem Kredit
verschwinden, stattdessen erhöhen sich die Einlagen um den Kreditbetrag.

Diese Zinsmarge kann man - wenn man will - abzinsen (=verbarwerten) und als „Geldschöpfungsgewinn“ bezeichnen. Aber in diesem Zusammenhang würde ich den Begriff „Geldschöpfungsgewinn“ auch als irreführend empfinden.

Außerdem kann der Barwert der künftigen Zinsmargen auch nicht dem handelsrechtlichen oder wirtschaftlichen Gewinn zugeschlagen werden. Zins-Erträge werden in dem Jahr in welchem sie anfallen gebucht. Die künftigen Zinserträge sind schließlich überhaupt nicht sicher: Einerseits fallen regelmäßig Kredite aus und anderseits ist die künftige Inflationshöhe, welche an den Zinserträgen nagt, unbekannt.

Analogie

Nehmen wir an, eine Nichtbank bekommt immer soviel Kredit, wie sie wünscht. Bis in alle Ewigkeit.

Dann könnte diese Nichtbank auslaufende Kredite immer mit neuen Krediten tilgen. Selbst die Zinsen auf die Kredite könnte sie mit neuen Krediten finanzieren. So würde das Kreditvolumen ständig steigen und sie hätte diese Kredite zu dauerhaften Verfügung.

Diese Kredite sind, wie Arne ja auch sagt, kein Gewinn im handelsrechtlichen Sinne. Sie dürften auch nicht an die Eigentümer ausgeschüttet werden.

Aber die Nichtbank kann mit diesen Krediten „arbeiten“, also z.B. Maschinen kaufen oder das Geld weiter verleihen (anlegen).

Wenn dieser Zuwachs an Verfügungsgewalt über Geld als „Geldschöpfungsgewinn“ bezeichnet werden soll - kein Problem.

Aber, es sei nochmals betont, dieser „Geldschöpfungsgewinn“ fließt nicht in die Taschen der Eigentümer der Nichtbank sondern ist Kredit, mit dem gearbeitet werden kann und für den Zinsen gezahlt werden müssen.

Anmerkungen/Fragen zu Arnes Positionspapier

Arne sagt zurecht, dass es sich sich bei seinem „Geldschöpfungsgewinn" nicht um den handelrechtlichen Gewinn i.S.v. "Gewinn=Ertrag-Aufwand" handelt.

Er verweist auf die Kostenrechnung und spricht statt dessen von der Differenz aus "Erlösen" und "Kosten". Dem würde ich allerdings auch widersprechen, richtig wären die Begriffe "Einzahlung" minus "Auszahlung". Nichts anderes sind Kredite: Zahlungen, die nicht ergebniswirksam sind. Wenn wir die Begriffe "Kosten" und "Erlöse" verwenden wollten, dann müssten sie sich statt auf die Kreditbeträge auf auf die Zinsen beziehen. Also "Zins-Kosten" für die Einlagen und "Zins-Erlöse" für die Kredite, die die Bank vergibt.

Die Verwendung der Begriffe "Ein- und Aus-Zahlung" zeigen, worum es geht: Nur um Liquidität, nicht um Gewinn.

Zu den Formeln im Papier: "Das wahre Bankgeheimnis:"

An der Stelle, wo Arne die Zinserlöse berechnet (2. Kurve), berechnet er nicht den Barwert, sondern nur die Summe der Zinsen. (Die ist mit dem Barwert nur im unrealistischen Ausnahmefall identisch, wenn der Abzinsungszins 0% ist).


Stephan --> superavit würde ich den Saldo aus Ein- und Auszahlungen dann nennen.

> Was ist ein superavit? ganz einfach ein Einkommensüberschuss bezüglich der im Staatshaushalt vorgesehenen Ausgaben. > Dieser superavit ist die Garantie dafür, dass der Staat - während des fraglichen Rechnungsjahres - seinen Verpflichtungen in Sachen Schuldenrückzahlung nachkommen kann. Jean Ziegler, Das Imperium der Schande S. 225