Benutzer:TurBor/Anträge/Antragskonzept

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Bei den letzten Bundesparteitagen wurden viele verschiedene Vorgehensweisen zur Bestimmung der Behandlungsreihenfolgen von Anträgen ausprobiert. Da erfahrungsgemäß die Zahl der eingereichten Anträge weit größer ist, als die Zahl der tatsächlich behandelten, stellt die Bestimmung einer Reihenfolge eine sehr ernstzunehmende Aufgabe dar, da diese oftmals eine Vorentscheidung im Hinblick auf die Parteitagsbeschlüsse bedeutet. Wir haben die Vorbereitung und Sortierung von Anträgen stetig verbessert, die nachfolgenden Ausführungen bauen auf den verschiedenen verwendeten Methoden auf und stellen sie in einem Gesamtkonzept zusammen.

Anwendungsbereich

Bundesparteitage

Bundesparteitage stellen im Bezug auf die Antragsmenge die größte Herausforderung dar, zugleich ist deren Vorbereitung am weitesten entwickelt. Das Konzept basiert deshalb maßgeblich auf den bestehenden Vorgehensweisen und Erfahrungen von BPTs und ist in erster Linie für zukünftige (Programm-)parteitage vorgesehen.

Landesparteitage Bayern

Bisher gab es in Bayern keine ernsthaften Probleme mit der Behandlung von Programmanträgen, das hängt aber damit zusammen, dass wir keine lokalen Wahlen anstehen hatten und so nicht gezwungen waren, auf Landesebene programmatisch voranzukommen. Da 2013 Landtagswahlen anstehen, dürfte sich diese Situation aber verändern, der erste zweitägige programmatische Landesparteitag ist auch bereits angesetzt und das Antragskonzept würde sich als Grundlage dafür anbieten. Punkte, die dabei beachtet werden müssen, habe ich gesondert aufgeführt

Andere Parteitage

Selbstverständlich kann jede Gliederung, die einen Parteitag oder Mitgliederversammlung plant und dabei ein hohe Anzahl an Programmanträgen vorhersieht, das Konzept raubmordkopieren und verwenden:)

Voraussetzungen

Die Vorbereitung der Anträge und die Ermittlung der Antragsreihenfolge dient in erster Linie drei Aufgaben:

  1. Vorrangige Behandlung von Anträgen, die von möglichst vielen Piraten als relevant angesehen werden
  2. Optimierung der Zeitnutzung durch weitmögliche gemeinsame Aussprachen zu Anträgen mit ähnlichem Inhalt (→ gemeinsame Behandlung komplementärer Anträge)
  3. Erhalt der internen logischen Konsistenz des Programms (→ gemeinsame Behandlung konkurrierender und ergänzender Anträge)

Die erste Aufgabe muss durch die Wahl einer geeigneten Antragsreihenfolge gelöst werden, während der zweite und dritte Punkt vielmehr die Antragsvorbereitung betreffen. Diese beiden Blöcke sind nicht zwingend miteinander verbunden. Mein Vorschlag zielt darauf ab, einen Rahmen für die Antragsvorbereitung zu schaffen, welcher durch verschiedene Methoden zur Ermittlung der Antragsreihenfolge ergänzt werden kann, um dem Parteitag eine Wahl zwischen alternativen und dabei stets effizienten und konsistenten Reihenfolgen zu ermöglichen.

Im Abschnitt Überlegungen zur Antragsreihenfolge führe ich verschiedene Verfahren auf, die mit den vorgestellten Rahmenbedingungen kompatibel bzw. inkompatibel sind – diese sind als Beispiele zu verstehen, jeder kann eigene Vorschläge im Rahmen des vorgeschlagenen Konzepts einbringen.

Antragsaufarbeitung

Definitionen

Das Konzept baut auf folgenden Definitionen auf:

  • Konkurrierende Anträge – Anträge, die sich inhaltlich widersprechen (A und B können nicht gleichzeitig angenommen werden)
    • Direkte Konkurrenz: Anträge vom selben Typ (Grundsatzprogramm, Wahlprogramm, Positionspapier, Satzungsänderung, Sonstiger Antrag)
    • Indirekte Konkurrenz: Anträge verschiedener Typen (beispielweise ein Grundsatzprogrammantrag und ein Positionspapier, das diesem widerspricht)
  • Komplementäre Anträge – Anträge, die sich inhaltlich maßgeblich überschneiden, aber nicht widersprechen (A und B können also gleichzeitig angenommen werden). Dazu zählen neben Anträgen zum selben Thema mit unterschiedlichen Schwerpunkten oder Herangehensweisen insbesondere auch:
    • Modular eingereichte Anträge (Gesamtantrag + Module - wird der Gesamtantrag angenommen entfällt logischerweise die Abstimmung über die Module)
    • Wortgleiche Anträge, die als verschiedene Typen eingereicht wurden (beispielweise ein Antrag, der gleichzeitig für das Grundsatzprogramm und als Positionspapier eingereicht wird)
    • Kombinationen der Art „Allgemeiner Antrag + konkrete Ausarbeitung“ (beispielweise für Grundsatz- und Wahlprogramm)
    • Anträge, die einander erweitern (beispielweise „Forderung A“ und „Forderung A + Forderung B“) - dieser Punkt ist umstritten, so wurde in Offenbach bei Q067 entschieden, dass solche Anträge als konkurrierend anzusehen sind; falls Bedenken aufkommen kann darüber auf dem Parteitag selbst abgestimmt werden, genauso wie bei allen Zuordnungsstrittigkeiten
  • Ergänzende Anträge – Anträge, die aufeinander aufbauen (→ B kann nur angenommen werden, falls A angenommen wird)
    • Ein eher seltener Fall, meistens bei Satzungsänderungsanträgen anzutreffen.

Ich habe versucht, die Definitionen möglichst präzise zu halten, dennoch besteht ein gewisser Interpretationsspielraum. Letztendlich ist es die Aufgabe der Antragskommission in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Antragstellern, die korrekte Zuordnung zu ermitteln.

Konzept

Nachdem die Definitionen stehen, kann das Konzept sehr kurz beschrieben werden:
Alle Anträge, die miteinander verbunden, also zueinander konkurrierend, komplementär oder erganzend sind, bilden einen Antragsblock. Ein Antragsblock wird stets in seiner Gesamtheit auf dem Parteitag behandelt.
Dadurch werden die eingangs formulierten Anforderungen (möglichst effiziente Behandlung von Anträgen und interne Konsistenz des Programms) erfüllt. Das Konzept wird durch die Bestimmung der Abstimmungsmodalitäten (in der GO des Parteitags) komplettiert und kann zusammen mit jedem kompatiblen Verfahren zur Bestimmung der Antragsreihenfolge verwendet werden.
Wie gesagt ist das Antragskonzept an sich nichts weltbewegendes und stellt eher eine Zusammenstellung von Best Practices als einen neuen Vorschlag dar. Die wesentlich inhaltliche Änderung im Vergleich zum bisherigen Verfahren (das nur das Verhältnis „Konkurrenz“ verwendete und zusammenhängende nicht-konkurrierende Anträge nur in Einzelfällen zu einem Block zusammenfasste) besteht darin, dass der Konkurrenzbegriff eingeengt und dafür ein sehr breiter Komplementärbegriff eingeführt wird. Der Grund besteht darin, dass die Abstimmung über komplementäre Anträge wesentlich einfacher als über konkurrierende ist und weniger Konfliktpotential in sich birgt (ein Beispiel dafür sind die beiden Drogenanträge in Offenbach, bei denen das Hauptproblem deren Einstufung als „konkurrierend“ war); solange Anträge also nicht in zwingendem logischem Widerspruch zueinander stehen ist eine unabhängige Behandlung als Komplementäranträge vorzuziehen. Gleichzeitig wird durch einen breit gefassten Komplementärbegriff sichergestellt, dass die Antragsblöcke relativ groß ausfallen, um durch gemeinsame Aussprache zu verwandten Anträgen Zeit zu sparen.

Vorteile gegenüber anderen Vorbereitungsverfahren

Themenbasierte Verfahren

Am meisten verwendet wurden bisher Verfahren, die jeweils alle Anträge eines „Themenbereichs“ zusammen behandelten (Chemnitz, Heidenheim, Offenbach Tag 1). Solchen Verfahren stehen nicht im direkten Widerspruch zum Antragskonzept und erfüllen üblicherweise auch die Anforderungen von Effizienz und Konsitstenz, da Antragsblöcke meistens (aber nicht immer!) im selben Themenbereich liegen, weisen allerdings schwerwiegende Probleme auf: Sowohl die Definition der Themenbereiche selber als auch die Zuordnung einzelner Anträge zu einem bestimmten Themenbereich enthalten einen großen Spielraum, der dazu genutzt werden kann, die Chancen eines Antrags durch die Auswahl eines "passenden" Themenbereichs (seitens des Antragstellers oder der Antragskommission) gewollt oder unbeabsichtigt stark zu erhöhen oder zu verringern. Auch inhaltlich wird eine eindeutige Zuordnung zu einem Themenbereich komplexen Anträgen nicht gerecht. Da alle Anträge zu einem Thema behandelt werden, werden auch viele Anträge diskutiert, die von so gut wie niemandem befürwortet werden und keine Chance auf eine Mehrheit haben. Dadurch verschwenden wir auf dem BPT sehr viel Zeit, denn bekanntlich diskutieren Piraten gerne auch über Anträge, die ein zu 90% negatives Meinungsbild aufweisen. Gleichzeitig werden Einzelanträge mit hoher Relevanz und Zustimmung, die in einem unpopulären Themenbereich liegen, stark benachteiligt.

Antragsbasierte Verfahren

Verfahren, bei denen alle Anträge unabhängig voneinander betrachtet werden, erfüllen weder die Forderung nach einem konsistenten Programm noch nach effizientzer Nutzung der Zeit auf dem Parteitag. Allerdings wird bereits seit Chemnitz Konkurrenz und thematische Zuordnung in Betracht gezogen, so dass dieses Thema eher parteigeschichtliches Interesse darstellt:)

Überlegungen zur Antragsreihenfolge

Kompatible Verfahren

Alle nachfolgend beschriebenen Verfahren müssen, um mit dem Antragskonzept kompatibel zu sein, die Antragsblöcke als Basiseinheit (also 1 Punkt des Alex-Müller-Verfahrens oder des Approval Voting, 1 Basisvektor im Liquidizer, 1 Los im Losverfahren) verwenden, was problemlos umsetzbar ist. Obwohl manche der Verfahren bereits eingesetzt wurden (Liquidizer in Heidenheim, Papier-Alex-Müller in Chemnitz und Heidenheim, LimeSurvey-Alex-Müller in Offenbach) wurde diese Bedningung nicht erfüllt, da entweder einzelne Anträge oder Themenblöcke als Basiseinheiten verwendet wurden. Am nähesten kommen der Liquidizer und die 2. Offenbach-Umfrage heran, bei denen Anträge einzeln abgestimmt und anschließend nach Konkurrenzblöcken kumuliert wurden.

Alex-Müller-Verfahren (elektronisch oder papierbasiert)

Beim Alex-Müller-Verfahren verteilt jeder Teilnehmer eine vorher festgelegte Anzahl an Stimmen (die einen Bruchteil der insgesamt vorhandenen Anzahl Blöcke ausmacht) auf die einzelnen Antragsblöcke. Die Blöcke werden nach abnehmender Stimmezahl sortiert. Die Genauigkeit kann weiter erhöht werden, indem das Kumulieren (also die Verteilung von mehr als einer Stimme auf einen Block) erlaubt wird. Dieses Verfahren liefert gute Ergebnisse und ist einfach und verständlich.

Das Verfahren kann sowohl vor Ort (mit Stimmzetteln) und im Vorfeld (über ein Online-Umfragetool) durchgeführt werden, was jeweils Vor- und Nachteile mit sich bringt. Eine Bestimmung der Antragsreihenfolge erst vor Ort auf dem BPT hat den wesentlichen Nachteil, dass sich die Teilnehmer dann auf sämtliche Anträge vorbereiten müssen. Da das erfahrungsgemäß nur mit großem Zeitaufwand möglich ist, werden sich viele Teilnehmer nur oberflächlich oder auf einen Teil der Anträge vorbereiten, was leicht zu undurchdachten Entscheidungen führen kann. Zudem können bei der Verwendung eines Online-Verfahrens auch Piraten, die nicht zum Bundesparteitag fahren, Einfluss auf die Entscheidungen nehmen, was sicherlich unserem Anspruch einer Mitmachpartei zugute kommt. Auf der anderen Seite steht das schwerwiegende Argument, dass Online-Abstimmungen prinzipbedingt nicht nachvollziehbar sind (da spätestens bei Abgleich mit der Mitgliederdatenbank keine öffentliche Überprüfungsmöglichkeit gegeben ist) – die Erfahrung mit dem Liquidizer-Hack von Heidenheim zeigt, dass dies durchaus ausgenutzt werden kann, aber auch ohne böse Absicht kratzt es an der Akzeptanz der Ergebnisse. Da die Antragsreihenfolge einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Ergebnisse des Parteitags insgesamt ausübt, ist eine solche Sicherheitslücke sehr bedenklich.

Approval-Voting (elektronisch oder papierbasiert)

Eine Variation des vorhergehenden Verfahrens besteht darin, dass jeder Teilnehmer einer beliebigen Anzahl von Anträgen genau eine Ja-Stimme geben kann. Genauso wie Alex Müller kann es auf dem Parteitag mit Stimmzetteln oder im Vorfeld über ein Umfragetool durchgeführt werden, mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen. Dieses Verfahren ist sehr gut dazu geeignet, "den Weizen vom Spreu" zu trennen, also offensichtlich irrelevante oder nicht mehrheitsfähige Antragsblöcke nach hinten zu stellen. Falls allerdings – wie es bisher der Fall war – nur ein geringer Anteil (Chemnitz&Offenbach: <20%) der eingereichten Anträge behandelt wird, ist dies nicht ausreichend, da es ist nicht nur wichtig ist, zwischen Platz 10 und Platz 100 zu unterscheiden, sondern auch zwischen Platz 15 und Platz 30. Dabei versagt das Approval Voting aber, da es konstruktionsbedingt die Wichtigkeit der einzelnen Blöcke für die Teilnehmer nicht berücksichtigt und so "Kompromissvarianten" stets vor "Extremvarianten" setzt. Damit werden Anträge, die für eine – möglicherweise ziemlich große – Gruppe von Piraten sehr wichtig sind, gegenüber "passt schon, aber nix besonderes"-Anträgen benachteiligt. Eine Reihenfolge, die über Alex-Müller oder im Liquidizer ermittelt wird, ist aussagekräftiger, da durch die Begrenzung der Stimmenzahl und der Möglichkeit des Kumulierens jeder sich genau überlegen muss, welche Anträge ihm wirklich wichtig sind.

Liquidizer

Dank seiner Struktur (beschränktes Gesamtstimmgewicht jedes Teilnehmers) eignet sich der Liquidizer sehr gut für die Aufgabe, eine beschränkte Ressource (Zeit) zu verteilen. Im Grunde genommen übernimmt der Liquidizer dabei die Eigenschaften des Alex-Müller-Verfahrens, ergänzt sie aber um eine höhere Flexibilität und die Delegationsmöglichkeit. Die Vor- und Nachteile des elektronischen Alex-Müller-Verfahrens (mit Kumulieren) sind auch für den Liquidizer gültig. Lediglich die Sinnmäßigkeit von negativen Stimmen („Ablehnungen“) ist bei einer Verwendung für Antragsblöcke zweifelhaft, diese kann aber problemlos aus dem System entfernt werden.

Erweitertes Losverfahren

Das vor dem BPT2011.2 ins Gespräch gekommene erweiterte Losverfahren (jeder Teilnehmer wirft eine festgelegte Anzahl von Stimmzetteln mit seinen favorisierten Antragsblöcken in eine Lostrommel, aus welcher dann die zu behandelnden Blöcke gezogen werden) mag auf den ersten Blick obskur erscheinen, da es den gewohnten Determinismus vermissen lässt. Tatsächlich aber kann das Verfahren sehr gute (im Sinne der Akzeptanz und der Abbildung tatsächlicher Präferenzen) Ergebnisse liefern, was auf die ihm zugrunde liegenden Eigenschaften von Wahrscheinlichkeiten zurückzuführen ist. Zudem ist es das einzige betrachtete Verfahren, das auch Anträgen ohne breite Werbung im Vorfeld eine zumindest theoretische Chance auf Behandlung einräumt (ob dies als Vor- oder Nachteil anzusehen ist, ist Auffassungssache). Gegen das Verfahren spricht einerseits, dass, genauso wie beim Totholz-Alex-Müller, die Reihenfolge erst auf dem Parteitag festgelegt wird und somit die Vorbereitung der Parteitagsteilnehmer erschwert wird. Zudem ist auch die Vorlaufzeit auf dem Parteitag selbst deutlich kürzer, falls die Lose einzeln gezogen werden; denkbar wäre allerdings auch eine „Generalauslosung“ am Anfang, welche die Reihenfolge für den ganzen Parteitag (oder zumindest einen Tag) bestimmt.

Personenlosverfahren

Das Personenlosverfahren besteht darin, dass vor jedem neuen Antragsblock ein Teilnehmer – beispielweise über seine Akkreditierungsnummer – ausgelost wird, der den nächsten zu behandelnden Block bestimmt. Dieses Verfahren hat dieselben Vor- und Nachteile wie das erweiterte Losverfahren, verlangt aber im Vergleich dazu weniger Verwaltungsaufwand, da keine Stimmzettel auszufüllen sind und auch die Anpassung im Verlauf des Parteitages automatisch vonstatten geht. Dafür greift bei diesem Verfahren der soziale Druck, da der jeweilige Teilnehmer und die von ihm getroffene Entscheidung bekanntgegeben werden müssen.

Inkompatible bzw. ungeeignete Verfahren

Verfahren auf Basis von Themenbereichen

Wie bereits beschrieben hat die Behandlung von Anträgen nach Themenbereichen zahlreiche Nachteile, zudem löst sie bei umfangreichen Themenbereichen weiterhin nicht die Frage, wie Anträge innerhalb eines Themenbereichs priorisiert werden sollen. Zwar stehen themenbereichsbasierte Verfahren (beispielweise Alex-Müller in Chemnitz und Heidenheim oder die 1. LimeSurvey-Umfrage zu Offenbach) meistens nicht im direkten Widerspruch zum dargelegten Antragskonzept, bieten aber gegenüber Verfahren, die auf Antragsblöcken basieren, nur Nachteile und keine nennenswerten Vorteile.

Verfahren auf Basis einzelner Anträge

Diese Verfahren fanden bei den letzten Parteitagen ohnehin keine Anwendung (nur Bingen setzte noch auf Einzelantrags-LS bzw. die Antragsfabrik) und sind Verfahren, die auf Antragsblöcke setzen, hoffnungslos unterlegen. Zwar können die meisten antragsbasierten Verfahren (wie Liquidizer in Heidenheim oder Liquid Feedback / LimeSurvey in Offenbach) auf Antragsblöcke „umgerechnet“ werden, dieser Vorgang ist aber weder intuitiv nachvollziehbar noch wirklich zielführend.

Liquid Feedback

Liquid Feedback stellt objektiv betrachtet kein geeignetes Instrument dar, um die Antragsreihenfolge zu bestimmen (das sollte keinesfalls als pauschale Kritik am System missverstanden werden, es hat aber einfach keine Mechanismen, die sich für eine Ermittlung irgendwelcher Reihenfolgen eignen!). Dies liegt vor allem an der Tatsache, dass in LQFB konkurrierende Anträge gegeneinander abgestimmt werden, während bei der Bestimmung der Antragsreihenfolge diese stets gemeinsam behandelt werden und die Konkurrenz (um die Zeit am Parteitag) vielmehr zwischen den Blöcken besteht. Komplementäre Anträge landen in LQFB meistens in verschiedenen Themen und werden unabhängig voneinander abgestimmt, obwohl sie ebenfalls gemeinsam am Parteitag drankommen. Schließlich erschwert die Tatsache, dass die Beteiligungsrate zwischen einzelnen Anträgen und auch Themenbereichen erheblich schwankt, die Vergleichbarkeit im System. Zudem ist, falls für die Meinungsbildung zu Anliegen und für die Bestimmung von Antragsreihenfolgen dieselbe Instanz genutzt wird, von einer Verfälschung der Ergebnisse auszugehen, da viele ihr Stimmverhalten davon abhängig machen werden, ob sie mit ihrer Stimme in erster Linie eine inhaltliche Positionierung oder eine bestimmte Antragsreihenfolge auf dem Parteitag unterstützen möchten.

Es wäre prinzipiell möglich, LiquidFeedback mit dem Antragskonzept zu harmonisieren, indem ein einziges Thema aufgemacht wird, welches alle eingereichten Blöcke als alternative Initiativen enthält; mathematisch gesehen wäre eine solche Vorgehensweise beinahe optimal, da durch das verwendete Schulze-Verfahren sehr genau die Präferenzen der Mitglieder erfasst werden könnten. In der Praxis dürfte es aber schwer umsetzbar sein, da (neben dem Aufsetzen einer neuen LQFB-Instanz) dies von jedem Mitglied die Sortierung einer viel zu großen Anzahl an Antragsblöcken verlangen würde.

ELWS

Priorisierung mehrfach vertagter Anträge

Es gibt ausgereifte und mehrheitsfähige Anträge, die schon seit mehreren Bundesparteitagen fast unverändert eingereicht werden und nicht drankommen. Viele davon sind auch bereits in Landesprogramme eingeflossen und waren bei den vergangenen Landtagswahlen sehr präsent. Die ständige Vertagung dieser Anträge auf Bundesparteitagen demotiviert Piraten, die an einem bestimmten Thema arbeiten, und führt zu einer fortwährenden Verlagerung der Programmarbeit weg von der Bundesebene. Sollte sich ein Parteitag dafür aussprechen, diesen Anträgen eine priorisierte Behandlung einzuräumen, wäre es im Rahmen des Antragskonzepts ohne größeren Aufwand und ohne manuelles Vorziehen einzelner Anträge über die TO möglich. Wird beispielweise den vertagten Anträgen eine feste Zeit oder eine feste Anzahl an Antragsslots eingeräumt, genügt es, die Antragsblöcke mit solchen Anträgen entsprechend zu markieren und deren Reihenfolge untereinander mit demselben Verfahren zu bestimmen, das zur Bestimmung der allgemeinen Reihenfolge verwendet wird.

Weitere Überlegungen

Änderungen prä-PT

Die bisherige Praxis mit dem Antragsportal und einer Antragskommission, die zusammen mit den Antragstellern die Sortierung in Blöcke vornimmt, bedarf keiner großen Anpassungen. Einige technische Punkte im Antragsportal könnten allerdings verbessert werden: Verlinkbare Tags anstatt einer Themenbereichsliste: Tags haben sich im Netz aus gutem Grund gegen Ordner-/Katalogstrukturen durchgesetzt und nachdem das Konzept keinen zwingenden Gebrauch von Themenbereichen macht ist deren Ersetzen durch Tags nur sinnvoll. Eingabefelder für konkurrierende, komplementäre und ergänzende Anträge: bisher konnte man lediglich einen Antrag als konkurrierend im Interface eingeben, weitere Konkurrenzen mussten nachträglich über den Wiki-Edit oder von der Antragskommission eingetragen werden. Automatische 2-way-Verlinkung von konkurrierenden/komplementären/ergänzenden Anträgen: dadurch wird ebenfalls Arbeit für die Antragskommission gespart, da ältere Anträge sofort einen Konkurrenzmarker bekommen, wenn ein neuerer Antrag sie als konkurrierend (bzw. komplementär) kennzeichnet. Es handelt sich dabei um Komfortfunktionen, die den Kern des bisher verwendeten Verfahrens nicht berühren und auch unabhängig vom Antragskonzept umgesetzt werden könnten.

Abstimmungsmodalitäten

Das Antragskonzept stellt sicher, dass Antragsblöcke stets gemeinsam behandelt werden, trifft aber keine Aussage zum verwendeten Wahlverfahren. Dieses ist in der Geschäftsordnung geregelt. Da durch das Konzept relativ komplexe Verhältnisse innerhalb eines Antragsblocks entstehen können, lohnt es sich, schon im Vorfeld mögliche Probleme vorzubeugen.
Regel 1: Anträge eines Blocks, die mit keinem anderen Antrag konkurrieren, werden einzeln abgestimmt (Captain Obvious lässt grüßen). Dies gilt auch für Blöcke von direkt konkurrierenden Anträgen, die mit allen anderen Anträgen eines Blocks komplementär sind (gilt also im Block ABCD AwB und CwD, werden unabhängig voneinander die beiden Konkurrenzen gelöst).
Regel 2: Ergänzende Anträge werden nach Annahme des sie bedingenden Antrags abgestimmt (Captain Obvious lässt nochmal grüßen).
Regel 3: Anträge werden stets nach abnehmender Wichtigkeit abgehandelt, also GP > WP > Q > X bzw. SÄA > X. Besteht also Konkurrenz zwischen einem Grundsatzprogrammantrag und einem Positionspapier, wird zuerst über den Programmantrag einzeln abgestimmt; wird er angenommen, gilt das Positionspapier automatisch als abgelehnt; scheitert er an der 2/3-Mehrheit, wird über das Positionspapier abgestimmt. Da es sich dabei um inhaltlich gegensätzliche Anträge handelt ist diese Vorgehensweise vertretbar, da ein Positionspapier, dessen Gegenteil mit einer 2/3-Mehrheit ins Programm aufgenommen wird, wohl wenig Chancen auch in der direkten Gegenüberstellung hätte.
Alternativ könnten indirekt konkurrierende Grundsatz- und Wahlprogrammanträge direkt gegeneinander abgestimmt werden, da sie dasselbe Quorum benötigen.
Regel 4: Bei untereinander direkt konkurrierenden Anträgen wird wie folgt abgestimmt:

  • 2 Anträge: 2 Wahlrunden
    1. Ja = Antrag 1, Nein = Antrag 2
    2. Runde: Sieger 1. Runde gegen Quorum
  • >2 Anträge: 3 Wahlrunden
    1. Approval Voting über alle Anträge
    2. & 3. Danach wie bei 2 Anträgen mit den beiden bestplatzierten Anträgen von Runde 1

Theoretisch können weiterhin Artefakte auftreten, die dadurch nicht eindeutig auflösbar sind; in der Praxis braucht es dazu Blöcke aus mindestens vier Anträgen vom gleichen Typ in einem komplizierten Konkurrenz-/Komplementärverhältnis zueinander, die Wahrscheinlichkeit ist also hoch, dass der Fall nicht eintritt und wenn doch, dass einige der Anträge ohnehin chancenlos sind und zurückgezogen werden:)

Definition von „sonstigen Anträgen“

Beim Bundesparteitag hat die Antragskommission bereits die Initiative ergriffen und alle Anträge, die als „Sonstige“ eingereicht wurden, aber programmatische Aussagen enthielten, in die Gruppe „Positionspapiere“ verschoben. Diese Liste soll als Hilfe für Antragsteller und Antragskommission bei der Klassifizierung von Anträgen dienen.
Als Sonstige Anträge gelten:

  • Anträge zur GO und TO – manche GO-/TO-Vorschläge sollten sinnvollerweise bereits im Vorfeld besprochen werden und können als sonstige Anträge eingereicht werden.
  • Anträge auf Redezeit – technisch ein TO-Antrag.
  • Anträge auf Geldmittel – ich weiß nicht, ob ein BPT über die Verwendung von Geldmitteln entscheiden kann, wenn ja gehört es in diese Kategorie; sollten die Geldmittel für inhaltliche Aktionen gedacht sein gilt allerdings dasselbe wie für andere Unterstützungserklärungen (also → Positionspapier).
  • Verwaltungstechnische/strukturelle Anträge – manche Sachen sind für die Satzung zu kleinkariert, sollten aber vom BPT abgesegnet werden (z.B. “Redaktionelle Bearbeitung des Parteiprogramms“).
  • Anträge auf Beauftragung – hierzu zählt auch die Schaffung von Arbeitsgruppen oder ähnlichem, auch wenn es relativ wenig Sinn macht, da Organe nur über die Satzung definiert werden können. Soll der Beauftragte bzw. die Gruppe allerdings einen bestimmten inhaltlichen Schwerpunkt haben, gilt dasselbe wie für andere inhaltliche Positionierungen (→ Positionspapiere).
  • Trollanträge – wie soll ich z.B. den Antrag „Parteifarbe Blau“ sonst bezeichnen?^^

Zu den Sonstigen Anträgen zählen ausdrücklich nicht:

  • „Der BPT/BuVo möge Aktion X unterstützen“ - entweder die Aktion ist durch die bestehende Programmatik gedeckt, dann ist der Antrag überflüssig, oder nicht, dann ist es ein inhaltlicher Antrag und gehört zu den Positionspapieren.
  • „Der BPT möge eine Erklärung/Stellungnahme zu Y abgeben“ - auch hier gilt: entweder ist die Erklärung durch bestehende Beschlüsse abgedeckt oder es handelt sich um eine inhaltliche Aussage. Wenns dringend ist kann der entsprechende Antrag als Positionspapier eingereicht und über die TO vorgezogen werden.
  • Anträge an den BuVo haben grundsätzlich nichts am BPT verloren, da bindende Weisungen vom PartG ausgeschlossen sind und ansonsten jeder auch so einen Antrag an den Bundesvorstand stellen kann. Will jemand unbedingt ein Meinungsbild zu seinem Antrag an den Vorstand einholen kann es über einen GO-Antrag auf Meinungsbild gemacht werden.