Benutzer:Inkorrupt/Ordnungsmassnahmen/Grundsätzliche Entscheidung des BSG zu Ordnungsmaßnahmen

Aus Piratenwiki Mirror
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Das Bundesschiedsgericht der Piratenpartei Deutschlang entschied in einem Urteil im Jahr 2011 folgendes (Auszüge)

Aufgrund der vielfältigen Eingaben zum §6 der Satzung (Ordnungsmaßnahmen) nimmt das Bundesschiedsgericht diesen Fall zum Anlass, grundsätzliche Aussagen zur Begründetheitsprüfung insbesondere zum Parteiausschlussverfahren zu treffen.

§6 Abs. 2 der Satzung bestimmt: Ein Pirat kann nur dann ausgeschlossen werden, wenn er vorsätzlich gegen die Satzung oder erheblich gegen die Grundsätze oder die Ordnung der Piratenpartei Deutschland verstößt und ihr damit schweren Schaden zufügt.

Das erste Tatbestandsmerkmal ist der Verstoß gegen:

  • Satzung,
  • Grundsätze oder
  • Ordnung der Partei.

Satzung

Die Satzung ist eine von der Partei selbst verfasste Norm, deren Inhalt sich nach §6 Abs. 2 PartG richtet.

Die Satzung regelt insbesondere organisatorische und strukturelle Bereiche der Partei (Organe, Ämter, Formalien, Struktur etc.).

Grundsätze

Zu den Grundsätzen einer Partei zählen Aussagen, in denen die Partei ihre Ziele und ihre politischen Absichten formuliert; also im Parteiprogramm oder Grundsatzprogramm.

Es handelt sich um die politischen Absichten der Partei und nicht um Verhaltensregeln für Parteimitglieder.

Die Grundsätze der Partei sind daher mit der Programmatik der Partei gleichzusetzen. Vgl. auch §1 Abs. 3 PartG, §6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PartG sowie §9 Abs. 3 PartG, wonach Programmsätze ausschließlich durch den Parteitag verabschiedet werden.

Zum Umfang zählt nur der Kernbereich der Programmatik, da z.B. „veraltete“ Programmpunkte, die auf Grund Zeitablaufs nicht mehr aktuell sind oder Wahlprogrammpunkte, die immer für kürzere Zeitspannen gelten oder nur bestimmte Themenbereiche beinhalten (z.B. Stuttgart 21) nicht zum Kernbereich der Programmatik gezählt werden können.

Zum Kernbereich zählen Aussagen, die für das Selbstverständnis der Partei unverzichtbar sind und zu ihren „lebenslangen“ Grundwerten gehören (z.B. das Transparenzgebot der Piraten).

Weiter gehören hierzu Aussagen, die die Partei wesentlich von konkurrierenden anderen Parteien unterscheiden.

Die Definition eines Grundsatzes im Sinne des §10 Abs. 4 PartG setzt sich demnach wie folgt zusammen:

  • Formell muss ein Grundsatz immer auf einen Beschluss des Parteitags beruhen.
  • Materiell muss ein Grundsatz zum unverzichtbaren Kernbereich der Programmatik der Partei gehören.

Die Grundsätze der Partei regeln per Definition nicht das Verhalten der Parteimitglieder oder Amtsinhabern.

Ordnung

Das Wort Ordnung zählt zu den unbestimmten Rechtsbegriffen und ist auslegungsbedürftig. Im Verwaltungsrecht bedeutet Öffentliche Ordnung: Die Gesamtheit der ungeschriebenen Regeln für das Verhalten des einzelnen in der Öffentlichkeit, deren Beachtung nach den jeweils herrschenden Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten staatsbürgerlichen Zusammenlebens betrachtet wird. (vgl. http://www.rechtswoerterbuch.de/recht/o/oeffentliche-ordnung/)

Überträgt man diese Definition auf das Parteienrecht (vgl. §10 Abs. 4 PartG), so handelt es sich bei der parteiinternen Ordnung um die Gesamtheit der ungeschriebenen Regeln, die von dem überwiegenden Teil der Mitglieder als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten parteiinternen Zusammenlebens betrachtet werden. Da die Parteien auch über geschriebene eigene Verhaltensregeln (z.B. Wahlordnungen, Geschäftsordnungen, Finanzordnungen, Beitragsordnungen etc.) verfügen, zählen auch diese eigenen Normen der Partei zum Begriff der Ordnung.

Nicht jede Ordnungsnorm kann zum Tatbestandsmerkmal gezählt werden, sondern auch hier ist wieder der enge unbedingt notwendige Ordnungsbestand der Partei das Kriterium, um eine Ordnungsmaßnahme zu verhängen.

Wichtig ist weiter, dass nur und ausschließlich das Verhalten einer Person zur Überprüfung steht und nicht etwa deren innere Einstellung zu einem Thema.


Das Bundesschiedsgericht nimmt zu den weiteren Tatbestandsmerkmalen des Parteiausschlusses grundsätzlich Stellung:

Erheblichkeit des Verstoßes

Auch bei diesem Tatbestandsmerkmal handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Das Verhalten selbst muss erheblich sein, hierbei ist auf die konkrete Situation im Einzelfall abzustellen.

Wichtig ist, dass es sich bei dem Merkmal der Erheblichkeit nicht um einen Verschuldensmerkmal handelt, d.h. Vorsatz ist nicht erforderlich.

Der Begriff ist „objektiv“ zu bewerten. Auch hier ist auf den Einzelfall abzustellen.

Erheblich ist ein Verstoß nur, wenn er von einigem Gewicht ist. Mehrere für sich betrachtet noch nicht erhebliche Verstöße können dabei in der Summierung die Erheblichkeit begründen.

Eintritt eines schweren Schadens

Voraussetzung für den Ausschluss ist in allen drei Fällen der Eintritt eines schweren Schadens für die Partei. Es handelt sich hier um den erheblichen politischen Schaden für die Partei, also ein Schaden für das Ansehen der Partei in der Öffentlichkeit und für die Durchsetzung ihrer politischen Ziele.

In Betracht kommt auch ein innerparteilicher Schaden, z.B. der Verlust von Mitgliedern oder die Störung des innerparteilichen Friedens.

Der Schaden muss tatsächlich eingetreten sein. Es reicht hierbei nicht aus, dass ein Verhalten als „parteischädigend“ gewertet wird, vielmehr muss hinzukommen, dass eine schwere Beeinträchtigung der politischen Stellung der Partei oder eine schwere Beeinträchtigung ihres inneren Zusammenhalts eingetreten ist.

Ausschluss als Ermessensentscheidung

§10 Abs. 4 PartG und §6 Abs. 2 Bundessatzung schreiben nicht vor, dass bei Vorliegen aller Tatbestandsmerkmale das betroffene Mitglied aus der Partei ausgeschlossen werden muss.

Die Vorschrift beinhaltet eine Ermessensentscheidung, d.h. das zur Entscheidung berufene Gericht oder Organ muss die für und gegen den Betroffenen sprechenden Umstände gegeneinander abwiegen und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel beachten.

Es ist die Seite des betroffenen Mitglieds gegen die Seite der Partei abzuwägen.

Auf der Seite des Mitglieds:

  • objektive Schwere des Verstoßes
  • Grad des Verschuldens (Vorsatz oder Fahrlässigkeit)
  • Auswirkungen der Entscheidung (Parteiausschluss) auf die gesellschaftspolitische Stellung des Mitglieds

Auf der Seite der Partei:

  • Ausmaß des eingetretenen Schadens
  • Möglichkeit der Wiedergutmachung
  • Frage des Mitverschuldens von Parteiorganen bei der Schadensentstehung und -entwicklung
  • Frage der Opportunität der Ahndung eines Verstoßes

Gleichbehandlung

Ebenfalls wichtig ist die Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung aller Mitglieder.