NRW:Arbeitskreis/Bildungspolitik/Programmentwürfe/Konsolidierter-Entwurf

Vorbemerkungen --Juh 19:25, 14. Dez. 2009 (CET):

  • Punkte, die während des Düsseldorfer Treffens als inhaltlich umstritten erkannt wurden, sind lila markiert.
  • Sprachlich müssen wir noch entscheiden, ob wir den Text in der Wir-Form formulieren oder von den "Piraten" bzw. der "Piratenpartei" sprechen. Dies sollte jedoch mit den Formulierungen der übrigen Punkte des Wahlprogramm übereinstimmen. Weiß da jemand, was generell bevorzugt wird?
  • Leider gibt es noch Programmpunkte wie die Erwachsenenbildung, in denen wir gar keine oder nur sehr wenige Vorschläge haben.
  • Packt größere Diskussionen und Änderungswünsche bitte mit Zitat auf die Diskussionsseite, da der Text sonst sofort wieder unübersichtlich wird.
  • Textänderungen entweder einfach vornehmen oder auf der Diskussionsseite vorschlagen.
  • Ich bin mit der sprachlichen Umsetzung noch nicht vollkommen zufrieden und arbeite weiter an der Optimierung. Mein Ziel bei der Zusammenfassung der Vorschläge war es, möglichst knapp, klar und prägnant zu formulieren. Das ist leider nicht überall gelungen. Ich hoffe aber, dass alle Beteiligten dieses Ziel unterstützen.
  • Ich habe gerade mal ne CC davon als TeX-Datei erstellt. maxwell 00:47, 16. Dez. 2009 (CET)

Bildungspolitik

Präambel

Bildung ist die Basis unserer Gesellschaft

Information, Wissen und Bildung formen die Grundlage unserer Gesellschaft. Die Bildung prägt das Gesicht unserer Gesellschaft. Sie ermöglicht den wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt, auf dem unser materieller und geistiger Wohlstand beruht. Sie setzt die Standards für unser Zusammenleben. Sie versetzt uns in die Lage, Herausforderungen zu meistern, Problemlösungen zu finden und wenn nötig den Kurs zu ändern. Wer die Bildung vernachlässigt, zerstört die Grundlagen, auf denen unsere Gesellschaft aufgebaut ist.

Durch den Wandel der alten Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft in eine global vernetzte Wissensgesellschaft wird die Bildung nun auch zur wichtigsten Ressource der deutschen Volkswirtschaft. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Deutschlands und damit letztendlich auch die sozialen, kulturellen und persönlichen Entfaltungsmöglichkeiten der Bürger basieren auf dem allgemeinen Bildungsniveau sowie der persönlichen Qualifizierung aller Bürger. Die großen Herausforderungen der Zukunft wie zum Beispiel der Klimawandel sind nur durch technische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Innovationen – also durch ein sehr viel höheres allgemeines Bildungsniveau – zu bewältigen.

Wir wollen die Zahl der Hochschulabsolventen vervielfachen

Die Piratenpartei stellt die Bildungspolitik deshalb ins Zentrum ihres politischen Handelns. Sie will die absolute Zahl der Hochschulabsolventen signifikant erhöhen und gleichzeitig die Qualität aller Abschlüsse erhöhen. Laut OECD betrug im Jahre 2007 die Quote der Hochschulabsolventen in einem Jahrgang 23 % (OECD-Durchschnitt 2007: 39 %). Für 2030 streben wir eine Quote von mindestens 60 % an. Da aufgrund des demografischen Wandels die Zahl der schulpflichtigen Personen sinkt, muss die Quote der Hochschulabsolventen innerhalb eines Jahrgangs in den kommenden zwei Jahrzehnten vervielfacht werden, um den Bedarf der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Gesellschaft an gut und sehr gut ausgebildeten Personen zu decken.

Dies soll einerseits dadurch erreicht werden, dass mehr Schüler zur Hochschulreife gebracht werden, und damit auch mehr Abiturienten ein Hochschulstudium beginnen. Andererseits soll die Abbrecherquote massiv gesenkt werden. Darüber hinaus gilt es, die Qualität beruflicher Ausbildungswege zu erhöhen und diese, wo immer es sinnvoll ist, zu einem Universitätsstudium auszubauen. Letzteres ist vor allem für die Berufe notwendig, in denen eine wissenschaftlich fundierte Qualifikation immer wichtiger wird.

Wir bekennen uns zu einem umfassenden Bildungsbegriff

Die basisdemokratische Teilhabe an politischen Entscheidungsprozessen wie sie von der Piratenpartei unter dem Stichwort »Liquid Democracy« gefordert wird, ist nur mit mündigen, selbstbestimmten und aufgeklärten Bürgern möglich, die sich kritisch, lernfähig und solidarisch in die Willensbildung einbringen wollen. Die Piratenpartei bekennt sich deshalb zu einem umfassenden Bildungsbegriff in der Tradition Humboldts.

Die soziale und kulturelle Herkunft darf keinen Einfluss auf den individuellen Bildungsweg haben

Der Einfluss der sozialen und kulturellen Herkunft sowie der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Elternhauses auf den Bildungsweg des Einzelnen soll bis zum Jahr 2030 soweit minimiert werden, dass sich die soziale Zusammensetzung der Hochschulabsolventen nicht mehr von der der gesamten Gesellschaft unterscheidet. Kein Schüler soll ohne Schulabschluss bleiben. Die Piratenpartei setzt dabei auf das Prinzip der massiven individuellen Förderung des Einzelnen. Nur wenn jeder Schüler die für ihn richtige individuelle Förderung erhält, können sich die Potenziale jedes einzelnen Schülers entfalten. Zur besseren Integration von Zuwanderern soll ein interkulturelles Bildungsangebot geschaffen werden. In allen Bildungsinstitutionen ist überdies Barrierefreiheit zu gewährleisten. Die Durchlässigkeit des mehrgliedrigen Schulsystems in NRW ist zu verbessern.

Bildung ist eine gesellschaftliche Aufgabe

Um diese Ziele zu erreichen, sind gewaltige Anstrengungen vonnöten, die nicht dem Einzelnen aufgebürdet werden dürfen, sondern eine gesellschaftliche Aufgabe darstellen.

Mithin hat der Staat die Aufgabe, durch die Bereitstellung entsprechender räumlicher, personeller und finanzieller Ressourcen eine individuell auf jeden einzelnen Schüler ausgerichtete Förderung zu gewährleisten.

Der Zugang zu Bildung ist grundsätzlich auf allen Ebenen kostenfrei zu gewährleisten und damit vollständig durch die Gemeinschaft zu finanzieren.

Bei der Finanzierung des Bildungssystems sind grundsätzlich neue Prioritäten zu setzen. Der Bildungsetat muss deutlich ausgeweitet werden.

Selbstverwaltung der Schulen

Die Piratenpartei lehnt von oben diktierte Reformen des Bildungswesens vehement ab. Selbst die besten Reformvorschläge scheitern, wenn sie nicht von allen Beteiligten mitgetragen werden.

Die Piratenpartei setzt daher auf die Prinzipien Selbstverantwortung, Selbstverwaltung, Subsidiarität und Transparenz. Die Schulen sollen selbstverwaltete Einheiten werden, die auf demokratischem Wege über die Verwendung ihrer finanziellen und personellen Ressourcen sowie ihre Methodik und Unterrichtsplanung selbst entscheiden. Die zu vermittelnden Grundkompetenzen sowie bestimmte Standards sind für alle Schulen verbindlich.

Eine Schule kann die Entlassung in die Selbstverwaltung bei der zuständigen Schulbehörde beantragen. Dem Antrag muss eine Gründungssatzung beigelegt werden, die von der Schulversammlung beschlossen sein muss.

Die Schulleitung wird auf der Schulversammlung von allen anwesenden Lehrern, Eltern und volljährigen Schülern für fünf Jahre gewählt bzw. nach Ablauf ihrer Amtszeit aufgrund ihres Rechenschaftsberichts entlastet.

Die Finanzierung der Schulen erfolgt auf Basis einer Kopfpauschale pro angemeldetem Schüler, wobei die Pauschale selbst sich nach dem Leistungsstand des Schülers beim Schuleintritt richtet. Für lernschwache Schüler erhält die Schule eine höhere Kopfpauschale, da der Aufwand zur Erzielung der gewünschten Ergebnisse entsprechend höher ist.

Die Erfolge der Schule werden transparent kommuniziert, sodass Eltern und Schüler vor der Anmeldung ihre Schule beurteilen können.

Ziel der Selbstverwaltung ist es, dass individuelle Schulkonzepte vor Ort von den Betroffenen selbst entwickelt und umgesetzt werden. In der Summe entstehen so mehrere parallel auswertbare Lösungswege. Außerdem wird Bürokratie abgebaut.

Frühkindliche Bildung

Der frühkindlichen Bildung kommt bei der Verwirklichung unserer Ziele eine zentrale Bedeutung zu. Es ist ihre Aufgabe, die bestehenden Unterschiede in den persönlichen Kompetenzen der Kinder so weit auszugleichen, dass möglichst alle Kinder unabhängig von ihrer sozialen und kulturellen Herkunft mit möglichst guten Grundvoraussetzungen ihre Schullaufbahn beginnen.

Wir fordern deshalb eine kostenlose Ganztagsbetreuung für Kinder ab dem ersten Lebensjahr flächendeckend in ganz Nordrhein-Westfalen. Das Recht darauf ist gesetzlich festzuschreiben. Die Jugendämter sind verpflichtet, alle Eltern, deren Kinder bis zum dritten Lebensjahr nicht in einer Kindertagesstätte angemeldet sind, nachhaltig über die Vorteile des KITA-Besuchs durch verständliche Informationen aufzuklären. Unser Ziel ist es, dass jedes Kind ab dem dritten Lebensjahr wenigstens halbtags eine Kindertagesstätte besucht. In den Kommunen sind Strategien zu erarbeiten, wie dieses Ziel erreicht werden kann.

Die Eltern können die Kindertagesstätte für ihre Kinder frei wählen. Konfessionelle, soziale, kulturelle oder sonstige Zugangsbeschränkungen sind in Einrichtungen, die zu mehr als 50 % öffentlich finanziert werden, nicht zulässig.

Der Besuch von Kindertagesstätten sowie die Verpflegung ist kostenlos.

Bei der öffentlichen Finanzierung von Einrichtungen sind alle Träger gleich zu stellen.

Kommunen, die aus eigener Kraft die notwendige Zahl von Plätzen in Kindertagesstätten nicht bereitstellen können, werden vom Land finanziell unterstützt. Die Landesmittel sind entsprechend aufzustocken.

Alle Kinder werden im Alter von vier Jahren sprachlichen und motorischen Tests unterzogen, die entsprechende Defizite aufdecken sollen. Förderbedürftige Kinder erhalten in der Kindertagesstätte eine intensive sprach-motorische Förderung, deren Ziel es ist, die Defizite bis zum sechsten Lebensjahr auszugleichen. Die Zusammenarbeit mit den Eltern muss dabei aktiv gefördert werden.

Die fachliche Qualifikation der Erzieherinnen und Erzieher soll verbessert werden, indem die Ausbildung zukünftig in einem pädagogischen Hochschulstudium absolviert wird.

Schule

Für jeden Schüler ist eine Ganztagsbetreuung mit Mittagessen und individuellen Lerngruppen oder einer Hausaufgabenhilfe am Nachmittag vorzusehen.

Die Lehrer sind in ihrer Arbeit durch nicht lehrendes Personal (Assistenten, Psychologen und Sozialpädagogen) soweit zu unterstützen, dass sie sich auf die Vermittlung des Unterrichtsstoffes konzentrieren können.

Im Sinne der Menschenrechte und einer Kultur des sozialen Miteinanders muss das Ziel einer jeden Schulpädagogik sein, Ausgrenzungen und Separationen weitestgehend zu vermeiden. Daher fordert die Piratenpartei einen kontinuierlichen Rückbau der Förderschulen in NRW und die weitestgehende Einbindung der Schülerinnen und Schüler mit speziellen Förderbedarfen in die allgemeinbildenden Schulen nach den Prinzipien der Inklusion und der Inklusionspädagogik. Bestehende bauliche Barrieren in Grundschulen und weiterführenden Schulen werden zügig beseitigt.

Primarstufe

Die vierjährige Primarstufe soll in Zukunft wesentlich mehr Kinder auf einen schulischen Bildungsweg vorbereiten, der mit dem Abitur abgeschlossen wird. Sie hat daher die Aufgabe, wesentlich mehr Kinder mit den dafür notwendigen Grundkompetenzen auszustatten. Dies kann nur durch eine individuelle Förderung des einzelnen Schülers geschehen, deren Ziel es ist, insbesondere die herkunftsbedingten Leistungsunterschiede auszugleichen.

Um diese individuelle Förderung zu gewährleisten, darf die Klassengröße 15 Schüler nicht überschreiten.

Sekundarstufen I und II

Eingliedriges Schulsystem

Die TIMSS-Studie, DESI-Studie und die PISA-Studien stellten für die Sekundarstufe I in Deutschland fest, dass sich die mathematischen und die literarischen Kompetenzen zwischen Hauptschülern, Realschülern und Gymnasiasten zu einem großen Prozentsatz überschneiden. Dies bedeutet, dass es in allen Schulformen sehr gute, mittlere und schwache Schüler gibt - nur eben in den Prozentanteilen unterschiedlich. Hieraus schloss die UNICEF-Studie "Disadvantages In Rich Nations", dass die Kinder in Deutschland zu früh und falsch sortiert würden. Die Studie fasste die Situation in Deutschland unter dem Titel: "Germany: Children Sorted For A Life" (Deutschland: Kinder für ihr ganzes Leben einsortiert) zusammen, um zu verdeutlichen, dass diese frühe Einsortierung kaum rückgängig zu machen sei. Die PISA-Sonderstudie zu Erfolgschancen von Migrantenkindern kritisiert ebenfalls das deutsche Bildungssystem. Migrantenkinder der zweiten Generation, also Schüler und Schülerinnen, die in Deutschland geboren sind, aber ausländische Eltern haben, erbringen noch schlechtere Leistungen als Migrantenkinder der ersten Generation; 40% von ihnen erreichen nicht die Kompetenzstufe 2.

Da sich die eingliedrigen Schulsysteme der PISA-Spitzenreiter Finnland und Kanada in der Vergangenheit als leistungsfähiger erwiesen haben und wir das Ziel verfolgen, die Zahl der Abiturienten pro Jahrgang zu vervielfachen, schlagen wir ein eingliedriges Schulsystem vor, dessen vorrangiges Ziel es ist, möglichst viele Schüler zur Hochschulreife zu führen. Das bisherige viergliedrige System, bestehend aus Hauptschule, Realschule, Gymnasium und Gesamtschule selektiert zu früh und fördert zu wenig. Alle Schüler sollen grundsätzlich die Möglichkeit haben, ohne Schulwechsel das Abitur anzusteuern.

Fließende Schullaufbahn (Liquid School)

Jeder Schüler soll die Möglichkeit haben, seine Schullaufbahn individuell zu planen und fließend zu absolvieren. Auch bei einer umfassenden Beseitigung von herkunftsbedingten Leistungsunterschieden wird es immer Unterschiede im Leistungsniveau der Schüler geben. Dies gilt es in der Sekundarstufe I zu berücksichtigen. Die Piraten schlagen deshalb eine Schule der unterschiedlichen Geschwindigkeiten vor. Dazu werden die Klassenverbände nach einer zweijährigen Orientierungstufe zugunsten eines flexiblen Kurssystems aufgelöst.

Ein flexibles Kurssystem löst zahlreiche Probleme des existierenden Klassensystem. Mangelhafte Leistungen in einer bestimmten Zahl von Fächern haben nicht mehr die Wiederholung der Klasse zur Folge, sondern lediglich die Wiederholung der mangelhaft abgeschlossenen Kurse. Umgekehrt werden besonders leistungsfähige Schüler nicht mehr unterfordert oder zum Überspringen einer ganzen Klassen gezwungen, sondern können Kurse wählen, die ihrer Leistungsfähigkeit entsprechen. Der Übergang in die Sekundarstufe II erfolgt fließend, sobald die entsprechende Zahl von Kursen der Sekunderstufe I erfolgreich abgeschlossen wurden, womit auch die Problematik von G9 und G8 vermieden wird. Wenn mehrere Kurse derselben Leistungsstufe angeboten werden und der Schüler den Kurs und damit auch den Lehrer frei wählen kann, werden überdies viele Probleme vermieden, die allein daraus entstehen, dass die Schüler keinen Einfluss darauf haben, welche Lehrkraft sie unterrichtet.

Schulabschlüsse wie der Hauptschulabschluss, die Fachoberschulreife oder das Abitur werden durch den erfolgreichen Abschluss einer bestimmten Zahl von Kursen ohne eine besondere weitere Prüfung erlangt. Um das Leistungsniveau innerhalb einer Schule und landesweit vergleichbar zu machen, müssen während der gesamten Schullaufbahn bestimmte Kurse durch eine zentrale Prüfung abgeschlossen werden.

Ein Curriculum mit Pflicht- und Wahlkursen gewährleistet dem einzelnen Schüler ein hohes Maß an Freiheit bei der inhaltlichen Differenzierung seiner Schullaufbahn und garantiert gleichzeitig, dass wichtige Grundkompetenzen im Sinne eines umfassenden Bildungsideals allen Schülern vermittelt werden.

Obwohl die Piraten die Auflösung von Klassenverbänden und damit die Auflösung eines Zwangsverbandes als förderlich für die persönliche Entwicklung ansehen, sind sie sich bewusst, dass die sozialen Kompetenzen der Schüler auch durch den Aufbau einer gemeinsamen Schulkultur gefördert werden sollte und einer sozialen Vereinsamung des Einzelnen durch geeignete Maßnahmen entgegengewirkt werden sollte.

Individuelle Förderung

Durch den Aufbau eines schulinternen Fördersystem sollen Schüler, deren Leistung nicht befriedigend ist, individuell unterstützt werden. Die dafür zusätzlich benötigten Lehrkräfte sind sofort einzustellen.

Die Lehrer sind in ihrer Arbeit sofort durch nicht lehrendes Personal (Assistenten, Psychologen und Sozialpädagogen) soweit zu unterstützen, dass sie sich auf die Vermittlung des Unterrichtsstoffes konzentrieren können.

Um einen Unterricht zu gewährleisten, der allen Schülern gerecht wird, darf die Klassen- bzw. Kursgröße in den Sekundarstufen I und II maximal 15 Schüler betragen. Dort wo es pädagogisch notwendig ist, wie in speziellen Fördergruppen, muss diese Zahl entsprechend niedriger sein.

Benotung und Bewertungskriterien

Die Aussagekraft einer Note außerhalb der Rahmenbedingungen, in der sie erhoben wurde, ist sehr gering. Eine Bewertung der Leistung kann nur als Orientierungshilfe für Schüler, Eltern und Lehrer innerhalb der Schullaufbahn dienen. Um diesen Zweck zu erfüllen, sollte die Bewertung von Schüler differenzierter als durch Noten erfolgen. Dazu gibt es zahlreiche Ansätze, die in der täglichen Praxis stärker umgesetzt werden müssen. Insbesondere in einem künftigen Kurssystem sind detailliert aufgeschlüsselte fachliche Bewertungen wünschenswert, um darauf aufbauend gezielt die weitere Kurswahl vorzunehmen.

Das Prinzip der informationellen Selbstbestimmung widerspricht der aktuellen Praxis, Abschlusszeugnisse, die Arbeitgebern oder weiterführenden Bildungsinstituten vorgelegt werden müssen, mit Noten zu versehen. Abschlusszeugnisse sollten daher lediglich die Erlangung des entsprechenden Abschlusses zertifizieren.

Die Piraten lehnen Kopfnoten grundsätzlich ab.

Digitale Medien

Die Nutzung digitaler Medien und des Internets innerhalb der Schule soll verstärkt werden. Jedem Schüler ist dazu ein Notebook mit Netzanschluss zur Verfügung zu stellen. Die Notebooks sind durchgehend mit Open-Source-Software zu bestücken.

Unterrichtsmaterial für Lehrer und Schüler sollte unter einer freien Lizenz zugänglich gemacht werden. Dies erspart den Lehrern die Erarbeitung von eigenen Unterrichtsmaterialien. Die Erstellung und Freigabe qualitativ hochwertiger Materialien durch Lehrer und Fachbuchautoren wird durch das Land entsprechend vergütet.

Bildungsreform

Die Piraten sind sich bewusst, dass die Einführung eines eingliedrigen, kursbasierten Schulsystems nicht von oben herab, sondern nur auf Basis eines breiten gesellschaftlichen Konsens erfolgreich eingeführt werden kann.

Hochschule

Die Piratenpartei will mehr Menschen ein erfolgreiches Hochschulstudium ermöglichen. Insbesondere finanzielle Hürden, die diesem Ziel entgegenstehen, gilt es sofort abzubauen. Wir lehnen deshalb Studiengebühren strikt ab und fordern eine elternunabhängige, bedarfsgerechte und nicht schuldenbasierte finanzelle Förderung aller Studenten. Jeder Student soll sich ohne Existenzängste voll und ganz auf sein Studium konzentrieren können.

Das Studium ist keine Berufsausbildung, mit der die aktuellen Bedürfnisse des Arbeitsmarktes befriedigt werden sollen, sondern dient der Erlangung von wissenschaftlichen Fähigkeiten, mit denen unter anderem auch die Probleme von morgen und übermorgen gelöst werden müssen. Die Piraten setzen sich daher für ein Studium Generale ein, bei dem die fachliche Spezifizierung mit intellektuellen Freiräumen und interdisziplinärer Gesamtschau kombiniert wird. Die Verschulung des Studiums durch den Bologna-Prozess ist daher rückgängig zu machen.

Die Regelstudienzeit sollte von den Hochschulen selbst festgelegt werden. Jeder Student hat nach seinem Bachelorstudium ein Anrecht auf einen Masterstudienplatz, Zugangsbeschränkungen werden abgeschafft.

Zahlreiche Ausbildungsgänge, die zurzeit noch im Rahmen der beruflichen Bildung bestehen, sollen nach und nach in ein Hochschulstudium umgewandelt werden. Dies betrifft unter anderem die Ausbildung zur Erzieherin oder zum Erzieher in Kindertagesstätten.

Erwachsenenbildung

Die Erwachsenenbildung ist ein weites Feld. Es reicht von Alphabetisierungskursen und Sprachkursen im Rahmen der Integration von Zuwanderern über die betriebliche Fortbildung und privatwirtschaftlichen Qualifizierungen bis hin zu einem Zweit- oder Drittstudium an Universitäten.

Die Landesregierung sollte den Aufbau von frei zugänglichem Lehr- und Unterrichtsmaterialien in diesen Bereichen finanziell fördern, um den Zugang zu Bildung zu vereinfachen.

Finanzierung

Die bildungspolitischen Aufgaben, die vor uns liegen, können durch eine Umschichtung der Landesmittel allein nicht finanziert werden. Schon die Reduzierung der Klassen- und Kursgrößen auf 15 Schüler innerhalb der nächsten zehn Jahren ist – auch bei zukünftig sinkenden Schülerzahlen – nur möglich, wenn die Zahl der Lehrkräfte und damit die Personalausgaben verdoppelt werden. Die Piraten gehen davon aus, dass zur Realisierung der Aufgaben der Bildungshaushalt innerhalb von zehn Jahren verdoppelt werden muss. Dies entspricht einer jährlichen Erhöhung der Bildungsausgaben um rund 8 Prozent. Um dies zu realisieren, muss gemeinsam mit dem Bund ein neuer Finanzierungsmodus vereinbart werden.

Da durch die Verbesserung der Bildung die Grundlage für ein wirtschaftliches Wachstum in der Zukunft und damit für steigende Steuereinnahmen gelegt wird und nachhaltig Folgekosten in den sozialen Sicherungssystemen eingespart werden können, gehen die Piraten davon aus, dass die Erhöhung der Bildungsausgaben kurzfristig durch Einsparung von Subventionen und mittelfristig durch Einsparungen bei den Sozialausgaben und Steuermehreinnahmen gegenfinanziert werden können.

Da die Bildungshoheit der Bundesländer spätestens bei Einführung der schulischen Selbstverwaltung, wie sie von der Piratenpartei gefordert wird, im Grunde obsolet wird, sollte die Bildung im Rahmen einer Grundgesetzänderung langfristig zur Aufgabe des Bundes erklärt werden.