AG Geldordnung und Finanzpolitik/Grillfeste/Kontrapapier WasistGeld

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80px|Vorbemerkung Vorbemerkung:
Dies ist eine Meinung, die derzeit von dem Mitglied Patrik vertreten wird und spiegelt nur die Meinung einiger Mitglieder der Piratenpartei oder der AG Geldordnung und Finanzpolitik wider. Wer Anmerkungen/Fragen hat schreibt diese bitte auf die Vorlage:Diskussionsseite zu diesem Artikel.


PRO:

Was ist Geld?

Arne: Im täglichen Leben muss man Geld haben – aber nicht unbedingt verstehen, was Geld ist. Aber ohne dieses Verständnis kann man weder unsere Volkswirtschaft, noch die Mechanismen und Ursachen von Finanzkrise verstehen.

Patrik: +1

Arne: Die zum Teil entgegengesetzten Standpunkte in den Diskussionsforen beruhen ganz wesentlich auf einem unterschiedlichen und z.T. fehlenden Verständnis darüber, was Geld ist.

Patrik: +1

Arne: Im normalen Sprachgebrauch ist das Wort Geld der Sammelbegriff für Münzen, Banknoten und den Guthaben auf den Bankkonten.

Patrik: +1

Arne: Der Fachbegriff Geld ist ganz anders. Er bezieht sich auf die treibende Kraft hinter den Münzen, Banknoten und Guthaben bei Banken.

Patrik: -1, DAS ist der entscheidende Punkt, und hier liegt der Dissenz; Geld ist NICHT die treibende Kraft, Geld ist ein Ausdruck/ein Repräsenant/ein Maß dieser Kraft. Dazu später mehr (siehe unten)

Arne: Münzen, Banknoten und Kontoauszüge könnte man vergleichen mit Namensschilder, die auch nur sehr wenig über die Personen hinter den Schildern aussagen.

Patrik: +1 und genauso wenig sagt Geld über die Kraft aus, die dahintersteht. Das allgemeine Mißverständnis ist aber, dass Geld die Kraft selbst wäre - und dieser Fehlglaube führt Menschen dazu, sich für Geld knechten und enteignen zu lassen, im Glauben, so an der Kraft teilzuhaben.
Menschen müssen verstehen, dass Geld nur das "Namensschild" ist. Das kann groß oder klein, aus Metall oder Keramik sein, es bleibt das Namensschild nicht mehr! (siehe unten)

Ideen der Geldentwicklung: Vom Gold zum Finanzinstrument

Um den abstrakten Charakter unseres heutigen Geldes zu verstehen, ist es hilfreich, sich die wichtigsten Stationen und Ideen in der Entwicklung des Geldes bewusst zu machen.

Es folgt eine allgemeinverständliche und dennoch präzise Darstellung, die diesen Abstraktionsprozess aufzeigt. Es wird gezeigt wie sich aus Gold und Silber unser heutiger Geldbegriff, dem sog. Finanzinstrument, entwickelt hat. Unser heutiges Geld erfüllt zwar noch die gleichen Funktionen wie früher, aber es ist etwas ganz anderes mit völlig neuen Möglichkeiten. Weiter ...

Patrik: +1, ich nenne diesen Prozess eine Pawlowsche Konditionierung 2. Ordnung (siehe unten)

Warum und wie funktioniert Geld?

Endet das Verständnis für Geld bei Münzen, Banknoten und Kontoauszügen, dann muss einem die Funktionsweise eines Währungssystem wie reine Magie vorkommen. 

Patrik: +1, in dem Fall ist das nachfolgende - im wahrsten Sinne des Wortes - "unglaublich", und auch das ist ein Problem.

Arne: Ein Blick hinter die Kulissen soll diese Magie aufdecken. Weiter ...

Geldfunktionen

Der Kontext, in dem Geld zur genialen Idee wird, ist eine Volkswirtschaft. Geld übernimmt hier vielfältige und einzigartige Funktionen. Diese Funktionen sind der Grund warum Geld gehalten wird und so begehrt ist. Ohne diese Funktionen und Einbindung in eine Volkswirtschaft wäre Giralgeld völlig nutz- und wertlos. Weiter ...

Die Architektur des Giralgeldes: Geldverträge und Finanzinstrumente

Giralgeld ist im Gegensatz zu Warengeld kein materieller Gegenstand, sondern ein Geflecht von Rechtsbeziehungen. 

Patrik: -1 und erster Widerspruch: Giralgeld entsteht aus einer Rechtsbeziehung, ist aber selbst keine. Wir erinnern uns: das Namensschild ist NICHT der Bewohner, Geld ist NICHT die treibende Kraft selbst! (Siehe unten)

Arne: Ein Blick auf die Architektur und Struktur des Giralgeld soll dieses Geflecht entziffern. Weiter ...

Der Geldschöpfungsgewinn: Das wahre Bankgeheimnis

Geldschöpfung bedeutet Geld herstellen und in Verkehr bringen. Geldschöpfung ist das mit Abstand profitabelste Geschäft. Die Gewinnmarge beträgt über 99%. 

Patrik: +1, wenn die Menschen DAS erst einmal verstehen, dass jene Menschen, die das Privileg Geld drucken zu dürfen besitzen, sich kaufen können, was immer sie wollen, weil sie ohne wirklichen Einsatz vorgebliche Werte schaffen, für die ihnen die unwissenden mit vollen Händen ihr Sachvermögen übereignen und ihre Lebenszeit opfern, dann würde sich keiner mehr über die zunehmende Ungleichverteilung wundern. Hierzu braucht es weder Zinsen, noch Sparen, noch irgendetwas anderes als Erklärung.
Wenn sich jemand in einer Sekunde mehr Geld schaffen kann als ein anderer in seinem ganzen Leben verdienen kann, dann bedarf es doch eigentlich keiner weiteren Fragen mehr.
Nicolai: Im Interesse einer klaren und verständlichen Sprache würde ich das anders formulieren - und ich berufe mich dabei auf den Geldschöpfungs-Grill vom 5. Juni 2012. Der Gewinn entsteht nicht bei der Geldschöpfung. Der Gewinn entsteht durch die Rolle der Bank im Betrieb des Zahlungssystems; genauer entsteht er also dadurch, dass die Bank allgemein übliche Zahlungsmittel auf der Passivseite stehen haben kann.
Ein einfacher Beleg dafür: Man kann eine Bank betreiben, die niemals Kredite an Nicht-Banken vergibt, sondern nur Einlagen verwaltet - aber ansonsten im üblichen Interbanken-Markt mitmischt. Diese Bank macht einen Gewinn über die Differenz zwischen den Zinsen, die sie auf die Einlagen auszahlt, und den Zinsen, die sie von anderen, sich refinanzierenden Banken, erhalten kann.
Umgekehrt macht eine Bank, die nur Kredite vergibt, aber kein nennenswertes Einlagengeschäft betreibt, auch keinen Geldschöpfungsgewinn, sondern lediglich einen Gewinn aus dem Kreditgeschäft, wie ihn auch jede Privatperson prinzipiell machen könnte.
Arne redet deshalb gerne davon, dass der Geldschöpfungsgewinn "an anderer Stelle realisiert" wird. Das ist irreführend. Niemand spricht davon, dass er im Supermarkt einen Einkaufsgewinn macht, der vom Verkäufer realisiert wird. Stattdessen sagt man, dass der Verkäufer einen Gewinn macht.
Genauso verhält es sich mit dem Geldwesen. Gewinn wird durch die Rolle im Zahlungssystem gemacht. Das ist zu trennen von der Machtposition, die die Banken von ihrer Rolle bei Kreditvergabe-Entscheidungen haben.

CONTRA (alles Patrik):

Daher hier die Contra-These: Geld ist Nichts!

A. Die pawlowsche Konditionierung 2. Ordnung

Jeder kennt die Geschichte von Pawlows Experiment mit dem Hund; jedesmal, wenn der Hund Futter bekam, klingelte ein Glöckchen. Nach einer hinreichenden Zahl von Wiederholungen, löste das Klingeln die selbe Reaktion (Speichelfluss) aus, wie das Futter selbst. Für den Hund war das Klingeln also gleichbedeutend mit Futter - oder in einfacher Hundelogik: Klingeln IST Futter.

Pawlow nannte diesen Vorgang: Konditionierung

Weniger bekannt ist vielleicht die Konditionierung 2. Ordnung. Pawlow erkannte, dass man nun auch das Klingeln wiederum substituieren konnte, bspw. durch ein Lichtsignal; jedesmal, wenn es klingelte (ohne Futter) erleuchtete ein Licht. Irgendwann reagierte der Hund auf das Lichtsignal mit Speichelfluss. Das bemerkenswerte daran ist, dass ein Lichtsignal nun die selbe Reaktion auslöst wie Futter, obwohl beide NIE im Zusammenhang standen - in einfacher Hundelogik: Licht ist Futter

Was hat das ganze nun mit Geld zu tun?

Ursprünglich haben Menschen einen Tauschhandel betrieben, man gab etwas konkretes und bekam im Gegenzug etwas konkretes - das leuchtet ein: Güter sind Güter.

Irgendwann kam man auf die Idee den Handel zu erleichtern, indem man bestimmte Güter zu Referenzgütern machte, die man gegen beliebige andere tauschen konnte, z.B. Gold; gab man Gold, bekam man Güter, ebenso wie man vorher Güter gegen Güter tauschen konnte - es setzt sich die Erkenntis durch: Goldmünzen sind Güter. (Konditionierung)

Mit zunehmendem Handel wurden aber das Gold knapp und behinderte so die wirtschaftliche Entfaltung, man ging also dazu über, Wechsel auf Gold auszustellen (Geld) und diese anstatt des Goldes auszutauschen. So kam man schliesslich zu der Überzeugung: Geldscheine sind Güter (Konditionierung 2. Ordnung)

Irgendwann war auch das materielle Geld zu träge für die Wirtschaft, und man ging dazu über statt der Scheine nur noch digitale Beträge (Giralgeld) auszutauschen, und man ist nun der Überzeugung: Beträge sind Güter (2. Konditionierung 2. Ordnung)

Ich würde das als "kulturelle Konditionierung 2. Ordnung" bezeichnen, der wir alle (oder zumindest der ganz überwiegende Teil) unterliegen. Das ganze wird noch verstärkt durch zwei übliche Denkfehler: "social proof" - wenn alle es so sehen, dann wird es wohl stimmen - und "group think" - wenn alle dieser Meinung sind, dann mache ich mich doch nicht zum Affen und behaupte das Gegenteil.

Es ist schon per se sehr schwer eine einmal erzeugte Konditionierung wieder zu löschen, wird sie aber durch die o.g. Denkfehler auch noch "geschützt", dürfte es fast unmöglich sein; es muss jeder selbst die Bereitschaft mitbringen seine Konditionierung zu überwinden - ansonsten bleibt es beim Speichelfluss.

Nicolai: Diese Entstehungsgeschichte von Geld ist in der VWL weit verbreitet, wird aber von Soziologen und Historikern stark angezweifelt; siehe insbesondere David Graeber ("Debt: the first 5000 years")
Gold und andere Referenzgüter haben in der Geschichte wohl nur selten, und dann fast ausschließlich im "internationalen" Handel (also zwischen verschiedenen Gesellschaften), die von der VWL postulierte Rolle gespielt.
Das Geld, wie wir es kennen, hat sich dagegen primär innerhalb von Gesellschaften aus Schuld-Verhältnissen heraus entwickelt: da Tauschhandel unpraktisch ist, hat man sich gegenseitig die Schulden angeschrieben. Formalisiert wurden diese Schulden in Währungen dann primär durch verschiedene Regierungsformen. Als Einheit wurden wichtige Waren des täglichen Lebens verwendet, insbesondere Getreide.
Natürlich gibt es einzelne Beispiele für die andere Story auch innerhalb von Gesellschaften, so z.B. die Zigarettenwährung. Das geschieht vor allem in dysfunktionalen Gesellschaften, in denen das für Schuldverhältnisse notwendige Vertrauen fehlt (z.B. in Kriegsschauplätzen und in Gefängnissen).
Wenn wir uns zum Ziel setzen, Missverständnisse über das Wesen von Geld auszuräumen, dann sollten wir möglichst auch die Missverständnisse über die Entstehungsgeschichte von Geld vermeiden.

B. Geld ist eine "Wertlücke"

Eingangs habe ich behauptet, dass Geld nur ein Repräsentant der "treibenden Kraft" sei (welche das ist, soll nicht Thema dieses Grillfestes sein), aber nicht die Kraft selbst.

Das ist manchmal schwer auseinanderzuhalten, vielleicht ist es anschaulicher, wenn man von "Maßeinheit" spricht, auch wenn das unvollständig ist. Wenn ein Stock 1m lang ist, dann ist die Angabe "1m" keineswegs ein Meter, denn das ist eine Strecke im Raum (besser gesagt der Abstand zweier Punkte) und diese Länge ist wiederum etwas ganz anderes als der Stock selbst. Ebenso ist der Ausdruck "1€" auf unserem Kontoauszug etwas ganz anderes als die Gütermenge, die man dafür kaufen könnte. Dieser Ausdruck ist erst einmal nur eine Zahl - ein Repräsentant - was sie nun repräsentiert, ist völlig unbestimmt, denn im Kern sagt sie NICHTS aus. Dahinter steht kein konkretes, nicht mal ein abstraktes Gut und schon gar keine (Wirtschafts-)Leistung.

Wieso gibt es sie aber dann? Mit Verweis auf die Konditionierung brauchen wir diese Zahl, um Menschen zu motivieren, etwas zu tun. Jeder (oder zumindest fast jeder) will für seine Leistung oder für die Übereigung seines Vermögens einen "Gegenwert" erhalten, und die kollektive Konditionierung suggeriert uns, dass es sich bei den Beträgen auf unserem Konto um genau das handelt - doch nichts könnte falscher sein.

Geld hat ebensowenig Wert, wie Licht Kalorien hat - es erzeugt aber das selbe Empfinden.

Geld ist nichts weiter als eine virtuelle Repräsentation einer "Wertelücke"!

Dieser Standpunkt ist im Wesentlichen ein Spezialfall der allgemeineren "Map-Territory"-Unterscheidung: die Karte eines Territoriums darf nicht mit dem Territorium selbst verwechselt werden. In unserem Spezialfall ist die in Euro gemessene Zahl die Karte, während das Territorium durch die diffuse "treibende Kraft" gegeben ist.

Der "Wertkondensator"

Ich will diese Behauptung anhand einer Analogie zur Elektrotechnik erläutern.

Es gibt ein Bauteil, welches sich Kondensator nennt und denkbar einfach aufgebaut ist, es sind lediglich zwei Platten, die in wenig Abstand zueinander parallel aufgestellt sind. Beide Platten sind über einen Draht miteinander verbunden. Wird nun im Draht dieses einfachen Stromkreis an eine Spannungsquelle (Steckdose) angeschlossen, passiert folgendes:  die negative Ladung wandert auf die eine Platte, die positive auf die andere - dadurch, dass die eine Platte immer negativer wird, zieht sie immer mehr positive Ladung in die andere Platte und umkehrt; irgendwann ist die gesamte negative Ladung auf einer Seite und die ganze positive auf der anderen.

So weit, so gut - und jetzt kommt die Überraschung: Es gibt keine positive Ladung!

Die positive Ladung ist lediglich ein Repräsentant eines Mangels an negativer Ladung in Form von Elektronen. Stellt man sich den Leiter (den Draht) zwischen den Platten als Gitter vor, in dem Elektronen sitzen, dann wandern diese auf die eine Seite, wo sie waren verbleibt eine Lücke - eine Elektronenlücke.

Man kann diesen Vorgang also auch so interpretieren: Die negativ geladenen Elektronen wandern auf die eine Seite, die positiv geladenen Lücken auf die andere. Tatsächlich ist das aber nur ein Bild, in Wahrheit sammelt sich auf der einen Seite "Etwas" und auf der anderen Seite "Nichts".

Was hat das nun mit dem Geld zu tun?

Die tatsächlich existierenden Elektronen sind ein Symbol für das real existierende Sachvermögen und die real erbrachten Leistungen, das Geld, das wir dafür bekommen, sind die "Wertlücken".

Was ist aber nun die Spannungsquelle?

Nun, zum einem ist es der Staat oder die gesellschaftlichen Umständen, die uns zwingen bei diesem Spiel mitzuspielen (sicherlich nicht ohne Einfluss der "Geladenen").

Zum zweiten ist es das Geldschöpfungsprivileg in privater Hand, dass einigen erst ermöglicht, die "Vermögenspumpe" in Gang zu setzen.

Das ganze ist aber völlig wirkungslos ohne die "Wertillusion des Geldes", der die meisten von uns unterliegen, und die auf die kulturelle Konditionierung 2. Ordnung zurückzuführen ist. Erst diese sorgt dafür, dass wir unsere realen Gütern anderen im Austausch für Wertlücken überlassen, im festen Glauben etwas gleichwertiges erlangt zu haben.

Nicolai: Die "Wertillusion" ist nicht notwendig, um den Wert einer Währung aufrecht zu erhalten. Es genügt, Menschen eine Schuld in dieser Währung aufzulasten, und diese Schuld einzutreiben (im Zweifel mit Gewalt). Dadurch entsteht für Individuen ein Zwang, Beträge in dieser Währung zu erwirtschaften. Somit werden diese Beträge für Individuen wertvoll. Der Staat ist damit über seine Steuern der primäre Treiber vom Wert einer Währung, wobei aber natürlich auch Banken, die Kreditschulden eintreiben, dazu beitragen. (Zur historischen Anschauung siehe "hut taxes")
Ich finde die Analogie mit den elektrischen Feldern nicht ganz geglückt (und Metaphern sind grundsätzlich ein Symptom von unsauberem Denken), aber wenn man in dieser Analogie bleiben will, dann gilt: Indem der Staat eine Steuerschuld erzeugt, erzeugt er eine Spannung. Diese Spannung erzeugt dann den Stromfluss bzw. Geldfluss, und damit verbunden ist der diffuse "reale Wert" der Währung.

FAZIT

Solange wir also Geld WOLLEN, werden wir es auch bekommen. Diejenigen, die das Spiel verstanden haben, werden sich nicht dagegen wehren "Etwas" im Austausch für "Nichts" zu bekommen - aber eben nur dafür.

Allgemeines

Eigentumstheorie

(Axel) In der neueren Literatur findet sich ein Ausarbeitung von Heinsohn/Steiger. Danach ist Geld verpfändetes Eigentum. Es entsteht durch Kredit. Der Wert des Geldes ist durch das Pfand gegeben. Nach meiner Ansicht überziehen Heinsohmn/Steiger den Ansatz, der plausibel ist, jedoch "vergisst", das der Staat Geld ohne Pfand zur Verfügung stellt. Das staatliche Geld erhält seine Wert durch die Vorgabe, dass Steuern und Abgaben mit dem Geld beglichen werden müssen. Der Wert enststeht durch den "Zwang" die Steuern mit diesem Geld bestreiten zu müssen.

Die Theorie nach Heinsohn/Steiger ist in der Wirtschaftswissenschaft noch kein Thema, zumal die Tauschtheorie damit in Frage gestellt wird. Geld ist dann keine reines Tauschmittel oder Tauschhilfsmittel, es ist verpfändetes Eigentum.

Nicolai: Der Ansatz ist interessant, und ich denke auch, dass die Regeln, denen sich Kreditnehmer bei der Vergabe von Kredit unterwerfen, eine ganz wesentliche Rolle dafür spielen, dass man sich für Geld reale Dinge kaufen kann. Was ich allerdings bezweifle ist, dass die Verpfändung dafür zentral ist. Ich will das kurz begründen.
Wir können uns für Geld reale Dinge kaufen, weil Menschen reale Dinge produzieren und für Geld verkaufen wollen, weil sie dieses Geld benötigen. Wenn jemand einen Kredit aufgenommen hat, dann ist er ab diesem Zeitpunkt unter dem Zwang, selbst wieder Geld zu erhalten. Das kann er am besten erreichen, indem er reale Dinge produziert und verkauft. Dadurch sorgt der Kreditnehmer dafür, dass das Geld auch für andere Menschen wertvoll wird.
Die Schöpfung von Geld durch Kreditvergabe erzeugt also bereits die Bedingungen dafür, dass die realen Dinge produziert werden, die dem Geld dessen Wert geben.
Ist die Verpfändung von Werten dafür wichtig? Ich denke nein. Wichtig ist, dass der Kreditnehmer dazu gezwungen wird, für Geld zu produzieren. Eine drohende Haftstrafe bei Zahlungsausfall würde dafür hinreichend funktionieren, genauso wie die mafiöse Drohung, einen Finger abzuschneiden. Das Pfand ist also eigentlich nicht notwendig. Allerdings ist die Verpfändung meist humaner als die Mafia-Methode oder das Gefängnis.
Somit sind Heinsohn/Steiger in der Analyse m.E. beim Spezialfall Verpfändung stehen geblieben, und man kann in der Analyse noch einen Schritt weiter gehen.


@Axel

Heinsohn und Steiger sehen Geld als einen Anspruch auf "belastetes Eigentum". Dabei steht bei Heinsohn/Steiger erstaunlicherweise "belastetes Eigentum" nicht für das was der Zivilrechtler darunter versteht, nämlich ein etwa per Grundpfandrecht belastetes Eigentum an Grund und Boden, sondern Belastung ist für sie das potenzielle Eingriffsrecht des Notenbesitzers in das Eigentum des Notenemittenten.
Das "staatliche Geld" - oder "Staatszahlungsmittel" (Stadermann) - ist dasjenige etwas, das sämtliche Schulden, die der Private dem Staat gegenüber hat erfüllen kann. Dieses etwas ist außerdem regelmäßig als "gesetzliches Zahlungsmittel" in der Lage bereits bestehende Schulden unter Privaten vor dem Gesetz zu erfüllen. Und wenn es dann auch noch weiterhin von Privaten bei neu zu erstellenden Verträgen als Vertragswährung genutzt wird (und sie nicht auf andere Lösungen ausweichen), dann ist es außerdem noch allgemein akzeptiertes Zahlungsmittel.
Dass diese beiden Dinge gerade nicht immer zusammen fallen - oder anders ausgedrückt: die staatliche Festlegung eines gesetzlichen Zahlungsmittels eben nicht automatisch zu dessen allgemeiner Akzeptanz unter den Privaten (und schon gar nicht im Ausland) führt - ist historisch zwar unstrittig, aber aus meiner Sicht geldtheoretisch noch kaum aufgearbeitet.


@Nicolai

Der Bankingtheoretiker Diamond würde dir zwar zustimmen in der Analyse, dass es nicht unbedingt eine Verpfändung von Eigentum als Motivation für den Kreditnehmer benötigt, aber als "Kreditsicherheit" taugen weder Mafia-Methode noch Gefängnis oder sonstige Drohung (Peitsche, Pranger, ...), solange daraus kein ökonomisch verwertbares Recht entsteht.
Der Grund: alles was nicht dazu dienen kann die Vermögenslücke wieder zu schließen, die ein Kreditausfall in die Aktivseite der Kreditgeberbilanz reißt, ist eben buchstäblich "wertlos". D.h. "Kreditsicherheit" kann nur etwas sein, das ein vermögenswertes Recht, d.h. Eigentum mit positivem Verkehrswert, darstellt.
Anders ausgedrückt: zwar "motiviert" jede Form der Drohung zur Zahlung, falls aber trotz jeder Anstrengung doch nicht gezahlt werden kann, nützt die Bestrafung des Schuldner ausgerechnet dem Gläubiger gerade nichts mehr. Ihm bleibt dann nur die Abschreibung, die eigentlich verhindert werden sollte.
Der "Spezialfall Verpfändung" ist also für alle Kreditgeber, die bilanzieren müssen kein Spezialfall, sondern der einzig mögliche Fall - es sei denn es springt jemand anders ein...
Insofern ist die Verpfändung keine "humanere" Form der Drohung oder Motivation dem Kreditnehmer gegenüber, sondern ist aus o.g. Gründen das (Sicherungs-)Mittel der Wahl für den Kreditgeber.

NicolasHofer 22:27, 12. Nov. 2012 (CET)