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Benutzer:Michael Ebner/plan p

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Version vom 16. November 2011, 02:32 Uhr von imported>Michael Ebner
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LF-Initiative: https://lqfb.piratenpartei.de/pp/initiative/show/2127.html


Plan P

Die aktuelle Finanzkrise erfüllt nicht nur die Bürgerinnen und Bürger Europas zunehmen mit Sorge, sondern auch die Piratenpartei Deutschland. Neben der ökonomischen Problematik beklagen wir, dass ein intransparentes und demokratisch wenig legitimiertes Handeln der Regierenden zunehmend Normalität wird: Das Budgetrecht der Parlamente wird dadurch ausgehebelt, dass in kleinen Runden hinter verschlossenen Türen Konzepte ausgekungelt werden, die dann als "alternativlos" durchgesetzt werden.

Würden diese Konzepte wenigstens das Problem lösen, so könnte man sie ja noch als "undemokratisch zustandegekommen, aber zumindest wirksam" entschuldigen. Es wird jedoch zunehmend offensichtlich, dass alle Rettungsschirme, Sonderfonds und Finanzfazilitäten nichts weiter sind als der teure Versuch, Zeit zu gewinnen. Damit gefährdet die Politik nicht nur den Euro und die europäische Einigung, sondern auch das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der demokratischen Strukturen und damit in die Demokratie insgesamt.

Vor diesem Hintergrund ist die Lösung der europäischen Finanzkrise als Kernanliegen der Piratenpartei Deutschland zu bewerten.

Call for concepts

"Zeit zu gewinnen" mag in den ersten Wochen einer Krise ein legitimes Ziel sein. Über dieses Stadium sind wir inzwischen jedoch weit hinaus. Gefragt sind Konzepte, welche die Lösung des Gesamtproblems beschreiben, welche lückenlos die Schritte bis zum Erreichen eines stabilen Zustands skizzieren.

Wir Piraten haben uneingeschränktes Vertrauen darin, dass eine offene demokratische Diskussion unter Einbeziehung von Politik, Wissenschaft und Bevölkerung das bestmögliche Konzept hervorbringt. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass alternative Konzepte vorgelegt werden.

Damit ein solcher Diskurs entstehen kann, legt die Piratenpartei Deutschland das nachfolgende Konzept vor, und wir laden die anderen Parteien dazu ein, dafür Spott und Häme über uns auszuschütten - aber erst, nachdem sie ein besseres Konzept vorgelegt haben.

Umschuldung der öffentlichen Haushalte durch die europäische Zentralbank

Unser Konzept kombiniert die folgenden Elemente, die als Gesamtkonzept zu betrachten sind:

  • Übernahme aller Schulden der öffentlichen Hand durch die europäische Zentralbank, dadurch kurzfristig Ausweitung der Geldmenge
  • Moderate Verzinsung und langlaufende Tilgung dieser Schulden, darüber langfristig wieder Reduzierung der Geldmenge
  • Keine neuen Staatsschulden
  • Auftrag an die europäische Zentralbank, ein Preisniveau auf Basis des Preisniveaus vor der Krise anzustreben.

Übernahme der Altschulden

Vereinfacht formuliert soll die Zentralbank so viel "Geld drucken", dass damit die Staatsschulden der Länder der Eurozone bedient werden können. Eine solche Entschuldung "über die Notenpresse" funktioniert immer, hat aber in der Regel üble Nebenwirkungen: Die Kreditwürdigkeit solcher Länder leidet erheblich, das Vertrauen in die betreffende Währung ebenso, und es besteht die Gefahr, dass sich dieser Vorgang in zunhemend kürzeren Abständen wiederholt.

Aus diesem Grund setzt unser Konzept voraus, dass der Teil "keine neuen Staatsschulden" dauerhaft wirksam umgesetzt wird: Dadurch wird eine Inflationsspirale hinreichend unwahrscheinlich, und das Rating der betreffenden Länder wird irrelevant, da diese ohnehin nicht mehr auf dem Anleihenmarkt agieren.

Bleibt das Problem, dass das Vertrauen in die Währung leidet. Der Wert einer Währung bemisst sich nicht nur am Verhältnis von Geldmenge zu den erzeugten Waren und Dienstleistungen, sondern auch an der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes. Für die Übernahme der Altschulden ist näherungsweise eine Verdopplung der Geldmenge erforderlich. Dies ist aus Sicht der Geldwertstabilität unschön, aber als vorübergehende Erscheinung verkraftbar, solange sich die Umlaufgeschwindigkeit nicht auch noch erhöht. Wichtig dafür ist, dass das Vertrauen in die langfristige Stabilität der Währung erhalten bleibt. Dafür sind die anderen Punkte unseres Konzeptes maßgeblich.

Langfristige Reduzierung der Geldmenge

Das Geld, das die Zentralbank für diese Aktion "gedruckt" hat, soll sie im Laufe der nächsten Jahrzente wieder einsammeln und "verbrennen". Langfrstig soll die Geldmenge wieder auf das Niveau vor der Krise zurückgeführt werden. Auf diese Weise können Sparer das Problem "aussitzen" und werden nur gering zur Flucht in Sachwerte animiert.

Damit die europäische Zentralbank ausreichend Geld einsammeln und dem Geldkreislauf entziehen kann, sollen die Staaten ihre Schulden vollständig zurückzahlen, jedoch über mehrere Jahrzehnte gestreckt. Zudem sollen diese Schulden verzinst werden, jedoch auf sehr moderatem Niveau. Zins und Tilgung sollen deutlich unter dem liegen, was die Staaten derzeit für den Schuldendienst aufwenden.

Keine neuen Staatsschulden

Dieses Konzept fällt vollständig in sich zusammen, sofern diese Entschuldung keine einmalige Aktion bleibt. Von daher ist größte Sorgfalt darauf zu verwenden, dass dieser Teil des Konzeptes mit einer dauerhaft wirksamen Konstruktion umgesetzt wird. Durch, dass Zins und Tilgung deutlich unter dem Niveau des bisherigen Kapitaldienstes liegen sollen, wird den Staaten überhaupt erst die Chance eingeräumt, ausgeglichene Haushalte zu erreichen, auch wenn das in etlichen Ländern dann immer noch nicht einfach wird.

Da wir kein Vertrauen darin haben, dass ein Verbot der Kreditaufnahme eine hinreichende Sicherheit bietet, schlagen wir als ergänzende Maßnahme vor, ein strafbewehrtes Verbot einzuführen, für die öffentliche Hand an private Anbieter Zins oder Tilgung zu bezahlen. Ein solches Verbot würde die Kreditwürdigkeit vollständig beseitigen und somit dazu führen, dass die öffentliche Hand gar keine Schulden machen kann.

Wenn man der öffentlichen Hand die Möglichkeit der Kreditaufnahme nimmt, schränkt man deren Flexibilität, auf Krisen zu reagieren, erheblich ein. Das zwingt die Staaten, in konjunkturiell günstigen Situationen Rücklagen zu bilden und ein zwischenstaatliches Solidarsystem zu schaffen, mit dem auf lokale Krisen reagiert werden kann.

Auftrag an die Zentralbank

Um das Vertrauen in die Währung zu erhalten, soll der klare Auftrag an die Zentralbank gehen, das Preisniveau langfristig auf dem Niveau vor der Krise zu halten. Wir erwarten von der EZB keine Wunder: Während einer näherungsweisen Verdopplung der Geldmenge wird es auch kurzfristig Entwicklungen geben, die nicht in die gewünschte Richtung gehen. Wichtig ist jedoch, dass alle Beteiligten darauf vertrauen können, dass der Euro langfristig stabil bleibt.

Um der Zentralbank die Arbeit zu erleichtern, soll der Prozess der Umschuldung über mehrere Jahre gestreckt werden: Notleidende Staaten sollen zuerst umgeschuldet werden, solide finanzierte Staaten zuletzt. Bereits in dieser Phase kann die Zentralbank ihre Instrumente nutzen, um dem Wirtschaftskreislauf wieder Geld zu entziehen.



Begründung

Warum das überhaupt zum Thema machen?

Finanzpolitik ist traditionell kein Kernanliegen der Piratenpartei. Inzwischen hat das Problem jedoch eine Größenordnung erreicht, die eine Gefährdung der Demokratie darstellt. Zudem laufen die bisherigen Versuche, die Krise einzudämmen, unseren Vorstellungen von Transparenz völlig zuwider.

Es wäre jetzt naiv zu glauben, dass wir Piraten das Konzept haben, diese Krise zu meistern. Aber wir haben die Methode, um das richtige Konzept zu finden: Die offene Diskussion über verschiedene Konzepte.

Zum Namen

Der Presse entnehme ich, dass gerade über einen "Plan C" zur Lösung der europäischen Finanzkrise verhandelt wird - nachdem augenscheinlich "Plan A" und "Plan B" gescheitert sind. Dem soll nun der piratige Ansatz zur Lösung der europäischen Finanzkrise entgegengestellt werden. Das "P" steht hier für Piratenpartei.

Die Suche nach einem Gesamtkonzept

Konzeptfindung könnte so einfach sein: Jeder legt sein Konzept auf den Tisch, und dann diskutiert man über die spezifischen Vor- und Nachteile. Das Problem derzeit ist: Es gibt zwar Pläne, wie man Zeit gewinnen kann, und wie man vielleicht mit den Problemen in Griechenland fertig werden kann. Griechenland ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs - die Lage in Italien, Portugal, Spanien und Irland ist nicht so viel besser, Frankreich und Belgien sind gerade auch in's Gerede gekommen, und selbst in Deutschland macht der Staat derzeit Schulden und baut sie nicht ab - von Haushaltsnotlagenländern wie Berlin ganz zu schweigen.

In diesem Stadium der Krise kann es nicht mehr darum gehen, Zeit zu gewinnen, es muss darüber nachgedacht werden, die europäischen Staatsfinanzen wieder in einen stabilen Zustand zu überführen.

Die Piratenpartei kann versuchen, dafür den Anstoß zu geben: Einen Vorschlag auf den Tisch zu legen, verbunden mit der "Definition den Spielregeln", dass also erst kritisiert werden darf, nachdem man ein besseres Konzept vorgestellt hat. Ob das funktioniert, wird man sehen - mit der Forderung nach offener Diskussion und Transparenz können wir ohnehin nur gewinnen.

Das Konzept

Vorab: Wenn in der innerparteilichen Diskussion ein besseres Konzept erkennbar wird, dann bin ich klar dafür, dass wir mit dem an die Öffentlichkeit gehen und nicht mit meinem. Das von den Piratenpartei verwendete Konzept muss gar nicht das bestmöglichste sein - das soll durch die öffentliche Diskussion erst gefunden werden. Es geht lediglich darum, diese Diskussion zu beginnen. Hier ist die Piratenpartei in der komfortablen Situation, dass sie ohnehin nicht wegen ihrer Finanzkompetenz gewählt wird, wir haben hier also sehr wenig zu verlieren.

Zur Sache: Von Seiten der Wirtschaftswissenschaftler wird zunehmend gefordert, dass die europäische Zentralbank die Anleihen der Problemstaaten aufkaufen soll, allerdings nur in einem Umfang, der die Märkte stabil hält. Das eigentlich Problem - die hohe Staatsverschuldung und der Umstand, dass ein erheblicher Teil der Steuereinnahmen dadurch in die Bedienung der Kapitalvermögen geht - wird dadurch nicht behoben.

Ich habe diese Forderung nun weitergedacht und daraus das Konzept entwickelt, die Staaten der Euro-Zone komplett umzuschulden. Der Deal ist "deutlich weniger Zinsbelastung, aber dafür muss es ab jetzt ohne Kredite gehen". Länder wie Italien müsste man damit sanieren können, Griechenland wird wohl zusätzlich eine Anschubfinanzierung brauchen, aber Deutschland brauchte anfangs ja auch einen Marshallplan.

Eine massive Ausweitung der Geldmenge ist natürlich keine ungefährliche Sache für die Geldwertstabilität, und es wird nicht einfach werden, dafür in Deutschland eine Mehrheit zu bekommen. Wobei sich derzeit ja eher ein "Schrecken ohne Ende" abzeichnet - dann also lieber mit dem größten verfügbaren Hammer auf das Problem draufhauen und schauen, wie man die Nebenwirkungen in den Griff bekommt. Ganz ohne Schmerzen wird man aus der Nummer nicht mehr rauskommen, da will ich keine falschen Erwartungen wecken. Aber wenn die EZB einen guten Job macht, dann haben wir einen vorübergehenden (das können mehrere Jahrzehnte werden...) Einbruch bei der Geldwertstablität von vielleicht 30%. Vor dem Hintergrund, was ein permanentes Zeitgewinnungsgepfusche der Geldwertstabilität antut, mutmaßlich das kleinere Übel.