Benutzer:Musikdieb/Rede zur VDS anläßlich der Freiheit statt Angst Demo

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Version vom 3. Juli 2009, 00:02 Uhr von imported>Klml (Kategorie:Rede)
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- Ich will nochmal ein paar Worte zur Vorratsdatenspeicherung sagen. - Die VDS stellt einen Eingriff in unsere Grundrechte dar, den wir nicht dulden dürfen, damit eben diese Grundrechte nicht aufgeweicht werden. Neben den grundsätzlichen Gefahren möchte ich mal auf einen interessanten Aspekt der Thematik hinweisen. - Nämlich wie die Vorratsdatenspeicherung auch mit Filesharing, also Internettauschbörsen zu tun hat. - Ich beschäftige mich mit dem Thema Urheberrecht im Zeitalter der digitalen Kopie jetzt bereits mehrere Jahre, und je tiefer ich in diese komplexe Thematik Einblick habe, umso mehr graust es mir da. - Denjenigen, die immer Verschärfungen in diesem Bereich fordern, geht es nämlich nicht um die Künstler oder die Kunst und auch nicht um das Allgemeinwohl sondern lediglich um den eigenen Geldbeutel. - Die Musik- und Filmindustrie hat bereits einen Auskunftsanspruch auf die Daten der VDS ohne richterliche Genehmigung gefordert. Daten, bei denen fraglich ist, ob die Speicherung an sich überhaupt mit Grundrechten vereinbar ist. Und diese Unterhaltungsindustrie setzte sich in Brüssel laut Presseberichten vehement für die VDS ein. - Bundesjustizministerin Zypries beteuerte zwar, dass es nicht um die "Befriedigung zivilrechtlicher Ansprüche der Musikindustrie" ginge. - Aber es steht im Gesetzesbeschluss, dass bestimmte Daten nicht nur bei "erheblichen Straftaten" erhoben werden dürfen, sondern auch bei Straftaten, die "mittels Telekommunikation" begangen werden. Und das zielt meiner Meinung nach relativ klar auf Urheberrechtsverletzungen in Tauschbörsen. - Und das Landgericht Offenburg hat bereits in einem Fall entschieden: Providerdaten können ohne Gerichtsbeschluss herausgegeben werden. Bei diesem Fall wurde im Auftrag der Musikindustrie gegen Internetnutzer ermittelt. - Jetzt sagen vielleicht manche: Die Ansprüche der Musik- und Filminustrie sind ja auch berechtigt. - Natürlich sollten Künstler und Erfinder fair entlohnt werden. Aber kann das durch die _lückenlose Kontrolle_ der _privaten Nutzung_ geschehen? Durch immer schärfere Gesetze, die einen für das Sampeln eines Songs für 3 Jahre in den Knast bringen könnten? Das wäre bei rigoroser Auslegung des neuen Urheberrechts nämlich möglich. -Das muss man sich nochmal klarmachen. Hier wird das idR private Tauschen von Kulturgütern schweren Straftaten gleichgesetzt. - Es zeigt sich doch, dass grundsätzlich etwas im Argen ist, wenn gefordert wird, dass eine Totalüberwachung der Bevölkerung dazu herhalten soll, um Urheberrechte durchzusetzen und ein Großteil der Bevölkerung kriminalisiert wird, obwohl sie nichts anderes macht, als das, was meine Generation früher mit dem Cassettenrekorder auch gemacht hat. - Kopieren ist im bestimmten rechtlichen Rahmen ohnehin erlaubt, bei Überschreitung spricht man in der Regel bestenfalls von Bagatelldelikten. - Das mit der Vergütung für Privatkopien kann man auch anders lösen, da kann man über Pauschalabgaben reden, die sowieso schon erhoben werden, per Gema und Co. Aber das ist ein anderes Thema, mit dem sich die Piratenpartei allerdings eben auch befasst. - Auch wenn diese Bagatelldelikte nicht der Grund für die Datenspeicherung sind, bleibt festzuhalten: - Es gibt kommerzielle Interessen, die dazu beitragen, so etwas zu ermöglichen. - und wenn die Daten erst einmal da sind, werden auch weitere Begehrlichkeiten darauf geweckt. Ob es die mehr oder weniger berechtigten Interessen der Musik- und Filmindustrie sind oder andere Interessen. - Die Daten sind aber auch kommerziell verwertbar im Sinne von zB Marketing, man kann Menschen gezielt umwerben. - man kann aber auch Menschen unter Umständen erpressen oder Betriebsgeheimnisse ausspähen. - Wenn jetzt schon die Bedingungen für die Herausgabe der Daten aufgeweicht werden, wer weiss, in welche Hände sie dann noch gelangen? - Gemäß der umstrittenen Cybercrimekonventionen sollen die Daten an 52 Staaten von USA über Russland bis Asserbajan ausgeliefert werden können. Wer garantiert für die Sicherheit der Daten in all diesen Ländern? - Wer garantiert für den Schutz der Daten gegen Korruption ? Auch hierzulande, wo die Daten von Telekommunikationsunternehmen gespeichert werden sollen? - Telekommunikationsunternehmen sind auf Gewinnerzielung augerichtet. - Die Mitarbeiter haben keine besondere Verpflichtung dem Staat gegenüber. - Und Digitale Daten können schnell ausgelesen oder gar manipuliert werden. - Momentan beschäftigt die Telekom-Affäre die Medien. Vorstand und Journalisten wurden bespitzelt unter Nutzung von Daten aus der Vorratsdatenspeicherung. Kurze Zeit, nachdem die Vorratsdatenspeicherung eingeführt wurde. Das ist doch das beste Beispie dafür, dass diese Daten nicht effektiv vor Missbrauch geschützt werden können. - Der Normalbürger wird also verdachtsunabhängig überwacht, und muß fürchten, dass seine Daten von kriminellen oder kommerziellen Interessen mißbraucht werden. - Und zahlt auch noch dafür, denn so eine Datenspeicherung kostet ja auch Geld. - Da ja bekannt ist, dass diese Daten gespeichert werden, wird kein echter Krimineller kritisches Material von seinem Heimatrechner aus in's Netz stellen. Ein Krimineller muss auch jetzt schon damit rechnen, dass er über Telekommunikation ermittelt werden kann. Auch jetzt schon kommunizieren Kriminelle vermutlich nicht offen über ihre Verbrechen per Telefon oder Mail. Das kann verschlüsselt geschehen, aus dem Ausland, über ungeschütze W-Lans, von fremden Rechnern, aus Telefonzellen oder Internetcafes oder über sonstige Wege, wo die VDS auch zukünftig nicht greift. Übrig bleibt der Normalbürger mit seinem Haus- und Mobilanschluss, von dem detaillierte persönliche Profile erstellt werden. - Justizministerin Zypries hat den Kritikern der VDS schon mal wenig Sachverstand vorgeworfen. Aber um die Grundlagen der Demokratie zu begreifen, braucht man keinen Sachverstand, sondern gesunden Menschenverstand. - Außerdem war es genau diese Ministerin, die bei einer Befragung durch Kinderreporter zum Thema Internet nicht wusste, was ein Browser ist. - Neben juristischem Sachverstand ist es hier aber auch wichtig, sich vorstellen zu können, wie dich neue Technologien in Zukunft auf unsere Kommunikation auswirken. - Die Privatsphäre des Bürgers muß auch im digitalen Zeitalter so gewahrt bleiben, wie wir es bisher kannten. - Das im Grundgesetz geschützte Post- und Fernmeldegeheimnis muß erhalten bleiben bzw. richtig auf die neuen Technologien angewandt. - Es wurde bisher nie gespeichert, wer wann wem welchen Brief geschickt hat oder wer wann mit wem telefoniert hat, oder wo er sich befunden hat. - Aus im Internet angesurften Seiten, die gespeichert werden, kann man komplette Persönlichkeitsprofile erstellen. - Das alles verdachtsunabhängig zu speichern, ist unserer Meinung nach auch rechtswidrig. Neben der laufenden Verfassungsbeschwerde muss jetzt dafür gekämpft werden, dass die Grenzen für die Herausgabe der Daten durch Gerichte nicht weiter aufgeweicht werden, bis das vom Bundesverfassungsgericht endgültig entschieden wird. Es gibt also viel zu tun. - Hinweis auf Piraten Stand und Internetseite - Eine letzte Sache noch, apropos Internet: Lasst euch vor allem nicht davon abhalten, eure Meinung zu sagen - denn das ist eine weitere Gefahr. Dass man sich durch die Datenspeicherung einschüchtern lässt, und denkt, alles könne später gegen einen verwandt werden. Noch gibt es hier eine Meinungsfreiheit und wir werden diese weiterhin einfordern und auch unsere Meinung sagen. - In diesem Sinne übergebe ich jetzt an den nächsten Redner.