Entwurf für den Parteiprogrammpunkt Bildungspolitik

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Vorbemerkung

Unmittelbar für das Konsenspapier gedacht sind die "Allgemeinen Vorstellungen von Bildung". Aus diesen gehen die anderen beiden Punkte hervor: Die realpolitischen Forderungen sind die unmittelbar umsetzbaren Ziele. Die idealpolitischen Forderungen sind die langfristigen politischen Ziele.

Ein bereits eingereichter, aber zwei mal vertagter Antrag der AG Bildung findet sich unter Ausarbeitung_des_Parteiprogrammpunkts_Bildungspolitik

Grundsätzlich : Allgemeine Vorstellungen von Bildung

Recht auf Bildung

Jeder Mensch hat ein Recht auf Information und Bildung. In einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft soll jedem Menschen ein größtmögliches Maß an gesellschaftlicher Teilhabe ermöglicht werden, unabhängig von seiner sozialen Herkunft.

Das Hauptanliegen institutioneller Bildung ist deshalb die Unterstützung bei der Entwicklung zur mündigen und kritischen Person. Sie bedeutet nur zu einem Teil Ausbildung für den Arbeitsmarkt. Institutionelle Bildung muss die individuellen Neigungen, Stärken und Schwächen des Einzelnen berücksichtigen.

Säkularisierung

Die Lehrinhalte haben auf wissenschaftlichen Erkenntnissen zu basieren. Es ist nicht die Aufgabe staatlich finanzierter Bildung, eine bestimmte Glaubensrichtung zu lehren.

Realpolitisch : Verbesserung des jetzigen Bildungssystems

Keine Bildungsgebühren

Die PP spricht sich gegen Studiengebühren und andere Arten von Gebühren auf staatlich getragene Bildung aus.

Kostenpflichtige Bildung macht den Zugang zu ihr von der persönlichen finanziellen Situation abhängig. So werden finanziell Schwache ausgeschlossen. Dies lässt sich nicht mit dem Recht auf Bildung vereinbaren.

Es kann nicht im Interesse einer Volkswirtschaft liegen, dass nur wenige Menschen eine hohe Qualifikation erreichen: Ein hoher Anteil gebildeter Menschen wirkt sich nachweislich positiv auf die wirtschaftliche Situation eines Landes aus.

Bildung darf keine Ware sein. Ein Gebührenmodell für Bildung reduziert diese auf den individuellen, wirtschaftlichen Nutzen und ignoriert ihre gesamtgesellschaftliche Bedeutung in einer demokratischen Gesellschaft.

Kurswahlsystem

Die PP spricht sich für eine Ausweitung des Kurswahlsystems aus.

So wird Schülern die Möglichkeit gegeben, sich neben der Grundbildung entsprechend ihren Neigungen und Begabungen zu spezialisieren. Motiviertes Lernen ist nur aus eigenem Interesse und eigener Neugier heraus möglich. In einem Kurswahlsystem wird das gefördert und steigert so die Effektivität der Bildung. Dadurch werden die Schüler individueller auf das spätere Berufsleben vorbereitet.

Gemischter Religions- und Ethikunterricht

Vor dem Hintergrund einer multikulturellen Gesellschaft ist im Rahmen der schulischen Bildung besonderer Wert auf den Dialog der verschiedenen religiösen und weltanschaulichen Gruppen zu legen. Dabei soll die Möglichkeit bestehen, Fragen der Ethik, Moral und Weltanschauung unvoreingenommen und vorurteilsfrei zu erörtern.

Aus diesem Grund fordert die Piratenpartei statt des spezifischen Reglions- und Ethikunterichts einen gemischten Unterricht, um diesen Dialog zu fördern. Keine bestimmte Religion bzw. Weltanschauung darf dabei gegenüber einer anderen bevorteilt werden. Spezifischer Religionsunterricht kann natürlich weiterhin auf freiwilliger Basis erfolgen.

  • Religionsunterricht ist bisher auch nur auf freiwilliger Basis, alle anderen Schüler besuchen den Ethikunterricht oder haben eine Freistunde. So wie ich das hier lese, sollen die Kinder zu einem Unterricht der verschiedene Religionen abdeckt verpflichtet werden, was ich verfassungsrechtlich für äußerst bedenklich halte. --Merli91 21:28, 2. Feb. 2008 (CET)
  • Da der Ethikunterricht auch die Inhalte der einzelnen (christlichen) Religionen lehrt, wenn auch mit weniger Nachdruck, und man diesen - als ersatzunterricht - nicht verweigern kann, ist die Einführung eines allgemeinen (Philosophie?) Unterrichts zuerst einmal eine wichtige Verbesserung. ----Sanschwa 11:55, 8. Aug. 2013 (CEST)

Ethikunterricht

Die Piraten vertreten die Ideen der Aufklärung und sind für die Trenunung von Kirche und Staat. Dashalb hat Religionsunterricht in öffentlichen Schulen nicht stattzufinden. Wir sind für einen wissenschaftlich fundierten Philosophie- und Ethikunterricht.


Eine wesentliche Komponente des Fachbereiches Ethik, besonders in den unteren Klassenstufen, wird das Unterrichtsfach oder zumindest das große Themengebiet "miteinander leben" darstellen. Der Familie als sozialem Nahraum und der hier dringend benötigten Erweiterung sozialer Handlungskompetenzen wurde in der Vergangenheit zu wenig Beachtung im Schulbetrieb entgegengebracht. In diesem Fach sollen Wege zur Erlangung größerer sozialer Gerechtigkeit (auch in der Familie) erörtert und eingeübt werden. Wünschenswert ist die Einführung einer allgemeinen "Streitschlichterkultur" - SchülerInnen sollen in die Lage versetzt werden, Konflikte gewaltfrei zu lösen. Streitschlichterseminare sind auch und besonders interkulturell verpflichtend. Die entsprechenden Lerngruppen müssen von Vertrauen und Toleranz geprägt sein. Treten im schulischen Kontext kindliche Nöte zutage, wie z.B. Leiden unter häuslicher Gewalt, Misshandlung, Missbrauch oder Vernachlässigung, so ist die Schule verpflichtet, sich der speziellen Problematik des Kindes anzunehmen und entsprechende Hilfeangebote selbsttätig zu installieren bzw. einzuleiten.

frei-lizenzierte Schulbücher

Die PP fördert die Entwicklung von frei-lizenzierten Schulbüchern.

Nach und nach sollen die herkömmlichen, proprietären Bücher ersetzt werden. Freie Bücher haben den Vorteil, dass sie der Allgemeinheit uneingeschränkt zur Verfügung stehen. Die Schulen zahlen somit nicht mehr für die Lehrinhalte Geld an die Verleger, sondern nur noch für den Druck.

Das Erstellen und Pflegen des Inhaltes können ein Ausschuß von dafür freigestellten Fachlehrern in Kooperation mit Universitäten übernehmen.

Zentral-Abitur abschaffen

Das Zentral-Abitur führt zu einer Verödung und Vereinheitlichung der Schulbildung. Lehrer sind keine Lehrmaschinen, sondern ihnen steht neben einer Vorbildfunktion auch die Freiheit zu, die Inhalte des Unterrichts zu gestalten und an die jeweiligen Schüler anzupassen. Um die Vielfalt der Kultur zu fördern, brauchen wir sowohl Schüler, die sich mit den deutschen Klassikern Goethe und Schiller auseinandergesetzt haben, als auch Schüler, die die Nibelungen-Sage auf Mittelhochdeutsch lesen oder sich mit antiken Klassikern, DDR-Literatur, Tucholsky oder Brecht beschäftigt haben. Entsprechende Vielfalt sollte in allen Fächern erlaubt sein! Studierfähigkeit hängt nicht nur von den Inhalten ab. Das Abitur qualifiziert zum selbstständigen Studium. Die Inhalte unterliegen weitgehend der Lehrfreiheit.

  • Das ist eine subjektive und äußerst schwer zu bemessene Aussage. Zudem steht es Lehrern aus gutem Grund nicht frei, die Inhalte willkürlich festzulegen, sondern sie müssen sich an einen Lehrplan halten. Schließlich haben sowohl Schüler als auch Eltern ein Recht darauf, eine vergleichbare (auf jeden Fall nicht schlechtere) Schulbildung als andere zu bekommen. Dabei können die Vorgaben beim Zentralabitur so allgemein gehalten werden (Ein Werk der klassischen deutschen Literatur, Ein Bühnenstück etc) daß die Vielfalt nicht deutlich leidet. Der Vorteil des Zentralabiturs überwiegt diesen Nachteil meiner Meinung nach deutlich --Basti
  • Wenn das Zentralabitur derart frei gehalten wäre, wie Du beschreibst, stimmte ich Dir zu. De facto ist es aber eine ganz enge Eingrenzung, die mit dem (ziemlich freien und daher völlig ausreichenden) Lehrplan nichts zu tun hat, sondern dazu führt, dass in der Oberstufe nur noch auf die Sternchen-Themen, die im ZA drankommen, hingelernt wird. Das taktische Lernen nach dem Motto: "Das müssen wir nicht lernen, das war letztes Jahr dran, das lassen wir weg" und die sehr enge - ebenfalls taktische - Literaturauswahl (es wird nur das gelesen, was drankommen könnte!) sind aber große Nachteile. --Sanschwa 12:02, 8. Aug. 2013 (CEST)

Kleinere Klassen

Kleinere Klassen von 20 Schülern wären als Fernziel wünschenswert. Möglich wäre es auch, großen Klassen eine weitere Lehrkraft hinzuzufügen, um die individuelle Förderung der einzelnen Schüler zu verbessern. Diese Lehrkraft muss keine abgeschlossene Lehrerausbildung haben, sondern kann auch aus anderen verwandten Bereichen stammen.

Inhalte

Lehrpläne müssen durchforstet, Eitelkeiten müssen abgespeckt werden. Eine größere Bandbreite in den Sprachen ist wichtiger als Rechtschreibung und Grammatik, dabei soll Basiswissen für jeden Schüler greifbar sein. (Elitenbildung ist teuer und führt genau so oft in die Arbeitslosigkeit.) Vorbereitung für ein multikulturelles Europa.

  • Fremdsprachen sollen gerne gefördert werden, aber Rechtschreibung ist nichts, was einfach eingetauscht werden kann. Zumindest erscheint mir fraglich, wie mangelnde Rechtschreibung besser Fremdsprachenkenntnisse schaffen soll. RobertD
  • Ohne Grammatik kann man keine Sprache lernen und auch nicht anwenden. Und Rechtschreibung ist auch keine Eitelkeit, sondern zeugt von Zuverlässigkeit, wenn man etwas "Richtig" machen will. Ein Auto, das fleckig lackiert ist, kauft auch niemand, obwohl das für den Rostschutz unerheblich wäre.--Sanschwa 12:06, 8. Aug. 2013 (CEST)

Institutionelle Bildung

Förderung Bilingualen Unterrichts

In einer zunehmend globalisierten Welt haben Fremdsprachenkentnisse eine besondere Bedeutung bekommen. Durch bilinguale Schulfächer werden die Sprachkentnisse einer oder mehrerer Fremdsprachen maßgeblich gefördert. Der Stoff selbst bleibt davon jedoch weitgehend unbeeinflusst. Die Piratenpartei setzt sich daher für eine Förderung bilingualer Unterrichtsfächer ein, um die Fremdsprachenkentnisse verstärkt zu fördern.

Schulinspektionen stoppen

Schulen sind keine Unternehmen, die staatlich vorgegebene standardisierte Prozesse leben und dokumentieren müssen. Schulinspektionen führen nicht zu einer Verbesserung der Lehrqualität, sondern stören die Arbeit und das Klima einer Schule erheblich.

Als Alternative zur Schulinspektion sollten Schulen freiwillig ein Feedbacksystem mit den Zeugnissen einführen, in dem Lehrer, Schüler und Eltern in einem schulinternen Prozess konstruktiv Lob und Kritik äußern können. Dadurch wird die Qualität sehr viel direkter und intensiver gefördert.

  • Zunächst sollten solche System vielleicht parallel eingeführt und beobachtet werden. Ob die Qualität dadurch gesteigert wird, halte ich zumindest für unbewiesen. RobertD

Migrantenförderung

Gemischte Klassen mit Kindern aus verschiedenen Kulturen sollen gezielt gefördert werden: gerade im sozialen Bereich lernen Schüler sehr viel voneinander, das ist kostengünstiger als spezielle Integrationsprogramme. Hochschulzugangsberechtigungen sollen leichter zu erwerben sein und können in einigen Studiengängen ganz wegfallen. (Sport, Musik, Kunst usw.)

Mehr Mitbestimmung

Demokratie an Hochschulen: Sach-, Personal- und Geldentscheidungen sollen 100% demokratisch getroffen werden mit gleichberechtigten Vertretern aus allen Bereichen der Hochschulen (Professoren, Studenten, Hilfskräfte, Lehrbeauftragte, Werkstattmeister, auch Hausmeister, auch Reinigungspersonal wenn dies keine externe Firma ist)

Demokratie an Schulen: Schüler, Eltern, Lehrer und Schulleitung sollen Entscheidungen über Lehrpläne, Unterrichtsformen u.v.m gemeinsam und gleichberechtigt treffen.

Lernen von Zuhause

Neben dem Besuch von Hochschulen und Universitäten sind Vorlesungen grundsätzlich auch per Internet in freien und offenen Formaten als Alternative anzubieten. Dies ist eine kostengünstige Möglichkeit, Wissen zu konservieren, überfüllte Hörsäle zu entlasten und auch insbesondere für schwerstbehinderte Menschen und Menschen, die im familiären Umfeld eingebunden sind, eine wichtige Serviceleistung. Auch eine Ausweitung dieses Konzeptes für die Sekundarstufe II ist aus Sicht der PP überlegenswert.

Medienkompetenz und Ausstattung

Die heutige Jugend lebt zunehmend digital und nutzt die Vorteile von Computern und Internet. Aus diesem Grund müssen vor Lehrer eine gewisse grundlegende Medienkompetenz besitzen, um einen verantwortungsbewussten Umgang mit den technischen Geräten zu erreichen. Dabei müssen nicht nur Lehrer geschult, sondern die Schulen vor allem auch die nötige technische Ausrüstung vorbringen. Nur so können die Schüler optimal auf die digitalisierte Welt vorbereitet werden.

Schrittweise Abschaffung der Förderschulen

Deutschland ist das einzige Industrieland, in dem Kinder mit bestimmten Merkmalen in spezielle Schulen zwangseingewiesen werden können. Wir Piraten setzen uns für Chancengleichheit bei der Bildung und individuelle Förderung aller Kinder ein. Spezielle Förderschulen sind daher überflüssig und sollten schrittweise abgeschafft werden.


Idealpolitisch : Alternatives Bildungssystem

Der Bildungsvertrag

Schul- und Ausbildung findet in einem Verhältnis zwischen Schüler und Lehrer statt. Die Inhalte und Lernziele des Unterrichts können weitgehend frei zwischen dem Lehrer/Schulrektor und dem Schüler, bzw. dessen Eltern als Vertretungsberechtigten vereinbart werden.

Es gibt keinen ersichtlichen Grund, weshalb der Staat in die Inhalte (Lehrplan) und den Ablauf der Schulbildung (Halbtag/Ganztag) regulierend eingreifen müsste.

Der Vorschlag lautet also:

Dynamisierung der Lernpläne

Abschaffung der Lernpläne, dafür werden regelmäßig mit der Einschulung ein Bildungsvertrag zwischen der Schule und den Eltern über die Lernziele abgeschlossen. (Letztendlich wird sich der Bildungsvertrag nicht wesentlich vom jetzigen Lehrplan unterscheiden, aber er kann sich dynamischer entwickeln.)

  • Bitte lest doch mal die Lehrpläne: Diese sind bereits sehr frei und die genauen Inhalte sollen sogar durch die Schulen an ihre Schülerschaft angepasst werden.--Sanschwa 12:15, 8. Aug. 2013 (CEST)

Beidseitiges Vertragserfüllung - Feedback-System

Der Schüler bekommt ein Zeugnis in der im Bildungsvertrag vereinbarten Form (siehe Diskussion Beurteilung vs. Noten).

Zugleich bewertet jeder Schüler den Unterricht und die Betreuung durch die Schule und die jeweiligen Lehrer, um zu beurteilen, ob die vereinbarte Lehr-Leistung erbracht wurde. Die Ergebnisse der Bewertungen werden in aggregierter Form veröffentlicht.

Bildungsbudget je Schüler

Bildung ist weiterhin öffentliche Aufgabe. Jedem Schüler steht das gleiche Bildungsbudget zu. Schulen werden anhand ihrer Schülerzahlen budgetiert. Dadurch entsteht ein Wettbewerb um Schüler, der die Schulen auf die Interessen der Schüler und Eltern ausrichtet.

  • Und dadurch werden Schulen, die auch schwierige und schwächere Schüler nicht fordern, sondern durchwinken, subventioniert. Das geht nicht. --Sanschwa 12:15, 8. Aug. 2013 (CEST)