Pressemitteilung vom 10.12.2007 Modernes Telekommunikationsgeheimnis

Pressemitteilung (ENTWURF! veraltet und nicht veröffentlicht)
Thema: Modernes Telekommunikationsgeheimnis
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Gliederung: Bund
Datum 10.12.2007


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  • Wird erstellt
  • angestrebter Sendetermin: später Sonntag/früher Montag

Vorbemerkungen

zu der Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage der FDP könnten wir am Montag was rausschicken.

Golem schreibt: "Telekommunikationsdaten sind nur Daten, die bereits verschickt worden sind, meint die Bundesregierung. Vorher abgefangene Daten fallen demnach nicht unter den Schutz des Brief- und Fernmeldegeheimnisses des Grundgesetzes."

Allerdings liest sich das in der Antwort etwas geschickter formuliert (den letzten Satz beachten!): "Diese in ständiger Rechtsprechung entwickelte Auslegung hat das Bundesver- fassungsgericht in der oben genannten Entscheidung weiterentwickelt und ausgeführt, dass moderne Endgeräte eine Vielzahl von Leistungen ermöglichen, und zwar auch solche, die untrennbar in den Übermittlungsvorgang eingebunden und dem Endteilnehmer häufig gar nicht in den Einzelheiten bekannt sind, jedenfalls nicht seiner Einflussnahme unterliegen. Eine Gefährdung der durch Artikel 10 GG geschützten Vertraulichkeit der Telekommunikation kann deshalb auch durch Zugriff am Endgerät erfolgen. Nach BVerfGE 106, 28, 38 gewährt Artikel 10 GG auch Schutz, wenn an einem Endgerät, etwa einem Telefon, ein Abhörgerät angebracht und genutzt wird. Entsprechendes muss aus Sicht der Bundesregierung gelten, wenn das Endgerät wie bei der Internettelefonie oder beim Versenden von E-Mails ein Computer ist. Die Manipulation eines Rechners, die dazu führt, dass Telekommunikationsinhalte (z. B. Internettelefoniegespräche oder E-Mails) im Moment des Versendens oder im Moment des Empfangens an staatliche Stellen übermittelt werden, muss deshalb den Anforderungen des Artikels 10 GG entsprechen. Dabei beginnt der Schutzbereich des Artikels10 GG dann, wenn der Übermittlungsvorgang unumkehrbar eingeleitet worden ist."

Hier kann man gut einhaken, dass der Telekommunikationsvorgang auch beim telefonieren via VoIP da beginnt, wo man ins Mikro reinspricht, und nicht da, wo die ja technisch sehr versierte Bundesjustizministerin meint, dass der Telekommunikationsvorgang begänne, damit man ihn trotz Verschlüsselung noch abhören könne.

Entwurf

Piratenpartei widerspricht Rechtsauffassung der Bundesregierung zur Telekommunikation

In ihrer Antwort auf eine kleine Anfrage, wann ein "Telekommunikationsvorgang in technischer wie rechtlicher Hinsicht genau" beginne, erklärt die Bundesregierung unter erneuter Zurschaustellung ihrer unzulänglichen technischen Kompetenz, dass sie offenbar glaubt, sie könne VoIP-Telefonate auf dem Computer des Telefonierenden abhören, ohne gegen Artikel 10 GG zu verstoßen. In diesem ohnehin stark bedrohten Artikel steht: "(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich." Zuletzt musste der Bundesgerichtshof vor 10 Tagen feststellen, dass Bundesanwaltschaft und BKA bei der vielbeachteten Postbeschlagnahme in Hamburg im Mai gegen dieses Gesetz verstoßen hatten.

Obwohl Deutschland international Weltmeister beim Abhören von Telefonaten ist, möchte die Bundesregierung nun offenbar vermehrt auch VoIP-Telefonate (per Skype, SIP u.ä.) abhören, die allerdings oft durch starke Verschlüsselungstechnik gesichert sind. Zu diesem Zwecke biegt sie sich die Fakten so zurecht, als würde der grundgesetzlich geschützte Telekommunikationsvorgang erst nach der Verschlüsselung beginnen, und nicht schon beim Sprechen in das Mikrofon. Analog wäre das bei herkömmlichen Telefonen dann so, dass ein Telefongespräch im Telefon selber abgehört werden dürfte, da erst beim 'Absenden' der Daten durch das Telefon über den Telefondraht "der Übermittlungsvorgang unumkehrbar eingeleitet worden" wäre - eine Fehleinschätzung, die offenbar aus der Not geboren ist, dass Bürger ihr Telekommunikationsgeheimnis in zunehmendem Maße durch Verschlüsselung technisch wirksam durchsetzen können.

Die Piratenpartei fordert seit längerem die Erweiterung des Briefgeheimnisses zu einem allgemeinen Kommunikationsgeheimnis, das der Wirklichkeit moderener Telekommunikation gerecht wird, und das ein Abhören generell nur bei konkretem, nachprüfbarem Verdacht auf Begehung eines Verbrechens zulässt. Sogenannte 'präventive', also verdachtslose Überwachung lehnt die Piratenpartei generell ab, solche Massnahmen haben in einem Rechtsstaat nichts zu suchen.

"Auch als Antwort auf den vielzitierten aber nirgends definierten Terrorismus scheint uns die Abschaffung rechtsstaatlicher Prinzipien doch irgendwie die falsche Maßnahme." so Jens Seipenbusch, Vorsitzender der Piratenpartei. Und weiter:"Wir wollen kein Guantanamo, nun ist es am Bundesinnenminister, Alternativen zu erarbeiten oder zurückzutreten, wenn er das nicht kann."

Die Piratenpartei fordert von der Bundesregierung, solches Zündeln am Rechtsverständnis von elementaren Grundrechten wie Art. 10 GG zu unterlassen, und stellt allgemein die Frage, ab wann eine Regierung ihre eigene Legitimität verliert, wenn sie deren gesetzliche Grundlagen fortgesetzt ignoriert und bis zur Unkenntlichkeit relativiert.

Den auf ihre Privatsphäre bedachten Bürgern rät die Piratenpartei, ihre elektronischen Briefe und Gespräche durch starke Verschlüsselung zu schützen, da Regierungen wiederholt gezeigt haben, dass man ihnen hinsichtlich des Telekommunikationsgeheimnisses nicht vertrauen kann.


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Quellen (kein Teil der Pressemitteilung)