Benutzer:Michael Paetau/Diskussion AG/AK "Freie Wissensordnung"

Der Vorschlag zur Einrichtung eines AK "Freie Wissensordnung" dient dem Ziel, einen Beitrag zur Überarbeitung des Parteiprogramms im Hinblick auf einige grundlegende gesellschaftspolitische Zielsetzungen zu leisten. Die bisher im Zentrum der politischen Arbeit der Partei stehenden Fragen, wie Open Access, Schutz der Privatsphäre, Urheberrecht, etc. sollen den Ausgangspunkt bilden, von dem aber dann versucht wird ein breiteres und vor allem abstrakteres (und deshalb präziseres!) Modell zu entwickeln, das als Orientierung für die Ausrichtung der vielfältigen Positionen, die wir in der Partei zu entwickeln gezwungen sein werden, dienen kann. Wenn man will, geht es hier um grundlegende Wertvorstellungen nach denen sich die konkreten Positionen der Piratenpartei in den jeweiligen Politikfeldern befragen lassen müssen. Kurz: Es geht um die Frage: welche Gesellschaft wollen wir eigentlich?

Dass die Beantwortung dieser Frage bei der Piratenpartei anders ausfällt als bei anderen Prteien liegt daran, dass wir sie aus einem speziellen Blickwinkel betrachten. Dieser Blickwinkel ist zum Teil formuliert, zum Teil aber nicht, fließt jedoch immer - oft unausgesprochen - in die Art und Weise ein, wie wir das beobachten, was in dieser Republik an Politik gemacht wird. Diesen programmatischen "Steinbruch" gilt es zu vervollständigen. Das gelingt aber nicht dadaurch, dass man eine Spiegelstrichliste anfertigt über das, was uns noch so einfällt, sondern in dem man reflektiert, was sind eigentlich unsere Wurzeln und wie lassen diese sich gesellschafttheoretisch bestimmen?

Und in dieser Hinsicht habe ich den Eindruck, dass die gegenwärtigen Auseinandersetzungen den Schluss zulassen, dass wir uns an einem Kreuzweg befinden, wo weitreichende Entscheidungen über die zukünftige Gestaltung der gesellschaftlichen Wissensformation getroffen werden: Entweder der Weg führt in das Reich proprietärer Prinzipien marktwirtschaftlicher Regulierung, basierend auf veralteten Modellvorstellungen einer Wissensordnung der Industriegesellschaft des 19. und 20. Jahrhunderts einschließlich des Versuchs, dies technisch abzusichern (z.B. Digital Rights Management). Oder - das wäre die andere Richtung - der Zug fährt in Richtung einer freien Wissensordnung, d.h. einer freien gemeinschaftlichen Verfügung des gesellschaftlichen Wissens (wie es in den Initiativen "Creative Commons", "GNU-General Public License", "Public Domain", "Open Source" etc. zum Ausdruck gebracht wird) und in der die Erzeugung, die Speicherung, die Verteilung von und der Zugang zu Wissen derart gestaltet ist, dass emanzipatorische Potenziale frei gesetzt werden können.

Wenn es uns gelingt, diese zweite - zur gegenwärtigen vorherrschenden Politiklinie in Europa in Konkurrenz stehende - Idee einer auf Freiheit und Gemeinschaftlichkeit fußenden Wissensordnung zu formulieren, hätte m.E. die Partei einen schönen Leitfaden, von dem sich dann viele andere Fragen ableiten lassen: Z.B. welche Art von Parlamentarismus passt zu dieser Wissensordnung? Wie muss ein Bildungskonzept aussehen, dass diesen Prinzipien entspricht? Was bedeutet das für die Organisation von Forschung? In welche rechtlichen Probleme gerät man dabei? etc. etc.

All diese Fragen lassen sich nur vernünftig beantworten, wenn man einen Leitfaden hat. Und dieser liegt m.E. in der Idee einer "Freien Wissensordnung". Wenn die Crew prinzipiell die Einrichtung eines solchen AKs unterstützt, müssten Fragen geklärt werden, auf welcher Eben soll er arbeiten (bundesweit? landesweit? regional?), welche Formalia sind zu beachten? Wie können wir so etwas organisieren? Welche Kräfte haben wir, um das voranzu kriegen? etc. etc.

Aber, ich denke, es würde sich lohnen!

--blas_el_teso