Benutzer:Blackhole89/Argumente für nichtkommerzielle Kopierfreiheit
Argumente für nichtkommerzielle Kopierfreiheit
Nach einer Diskussion im IRC sowie mit Michi und B.pwned im ICQ (von letzterem die Idee zu dieser Seite) kam ich zu dem Schluss, dass es lohnenswert wäre, Argumente für das Recht auf nichtkommerzielle Vervielfältigung von urheberrechtsgeschützten Werken zusammenzustellen - vor allem angesichts dessen, dass dieses bis zur Prägung des Parteinamens hin relevante Thema in letzter Zeit immer häufiger in den Hintergrund gedrängt zu werden scheint.
allgemeine/gesellschaftliche Argumente
- Kultur - man könnte argumentieren, dass man immer dort von einer "Kultur" sprechen kann, wenn Menschen anfangen, die Ideen anderer losgelöst von der Berücksichtigungdes Urhebers zu nutzen anfangen - in diesem Moment geht die Idee in den Status eines "Kulturguts" über. Wenn die Nutzung von etwas nur gegen Bezahlung erfolgen kann, wenn etwas einen wohldefinierten "Besitz"-Status hat, der weiterverkauft werden kann, dann kann man dies bestenfalls als Handelsware bezeichnen, nicht aber als Bestandteil unserer Kultur - und wenn wir unsere gesamten Kulturgüter mit Handelswaren ersetzen, stehen wir am Ende als kulturlose Gesellschaft da.
- Verbreitung - ob man die so unter dem Zeichen des Urheberrechts kontrollierten Werke als "Kulturgut", "Handelsware" oder beides bezeichnet - sie nehmen eine Schlüsselposition in der Gesellschaft ein, gegen die von vornherein freie Werke auf einem geneigten Tisch spielen, da kommerzielle Profite wiederum in Werbung, Marktpenetration und ähnliche "künstliche Popularität" umgesetzt werden, was wiederum einen selbstverstärkenden Effekt hat; die Dominanz kommerziell vertriebener Werke ist selbsterhaltend und hat wenig mit einem tatsächlichen kulturellen und gesellschaftlichen Wert (Qualität) zu tun. Der kommerzielle Vertrieb wiederum beschränkt die mögliche Verbreitung dieser auf die potenziell Zahlungsfähigen und Zahlungswilligen, i.e. spaltet die Gesellschaft - wiederum in einer selbstverstärkenden Rückkopplungsschleife - in eine "In-group" und eine "Out-group", welche durch eben diese Zahlungsfähigkeit und -willigkeit getrennt werden.
- Monopolismus - ein populäres Argument ist, dass der Vergleich zwischen "Raubkopieren" und dem traditionellen Diebstahl schon deswegen hinkt, weil das Original dabei unangetastet bleibt, i.e.der ursprüngliche Träger keinen direkten Verlust erfährt. Nach schönen geometrischen Prinzipien gibt es auch zu dieser Aussage einen dualen Satz - in der klassischen Marktwirtschaft sind der Expansion einer marktdominanten Position schon dadurch natürliche Grenzen gesetzt, dass der Produktion von Exemplaren eines bestimmten Handelsguts durch benötigte Ressourcen wie Rohstoffe, Arbeitskraft, Verwaltungsaufwand eine Grenze gesetzt wird, die sich meistens auch so verhält, dass der mögliche Profit bei Annäherung an die Grenze graduell abfällt. Sogenanntes "Geistiges Eigentum" jedoch ist zu einem vernachlässigbaren Aufwand in beliebigen Stückzahlen reproduzierbar und hat dazu noch häufiger einen selbstverstärkenden Effekt in der Stückzahlenerhöhung (z.B. Vorteil der Interoperabilität bei Software, "das zu hören, was alle in der Klasse hören" bei Musik, etc.) - i.e. die Profite verhalten sich überproportional zum Handelsumfang, gefährliche, Machtverhältnisse in der gesamten Gesellschaft verzerrende Monopolverhältnisse entstehen praktisch von allein. (vgl. RIAA-Lobbyismus)
- Verhältnismäßigkeit - das Gegenargument mag oft zu hören sein, dass das Urheberrechtssystem bisher "funktioniert" hat und die beschworenen Negativeffekte auf die Gesellschaft ausblieben. Das Problem dabei: Die bisherigen Beobachtungen taugen nichts. Urheberrechtsbruch mag schon seit geraumer Zeit strafbar gewesen sein - Ahndung war bestenfalls sporadisch und die gesamte Gesetzgebung wurde, wie bei so vielen Gesetzen, die sich zunehmend zu einem Problem entwickeln, in einer Zeit entwickelt, als es noch völlig utopisch war, bei diesen "Straftaten" mehr als die lautesten, auffälligsten, dreistesten oberen 1% zu erwischen und zur Verantwortung zu ziehen - i.e. im konkreten Fall des Urheberrechts die profitablen Bezahldownloadportale, 0190-Dialeranbieter (das waren noch Zeiten...) und Personen, die in den Kleinanzeigen kopierte Softwarepakete zu einem Drittel des Originalverkaufspreises anboten. Getauscht wurde im Hintergrund auf Hochtouren, an die Musik kam man so oder so kostenlos ran, wenn man wollte, und die Musikindustrie ist seitdem nur noch mächtiger und einflussreicher geworden. (So viel zu der Raubkopiererbedrohung.) Der heutige technische Fortschritt macht es immer realistischer, erstmalig in der Menschheitsgeschichte wirklich eine Form der totalen Kontrolle aller Bürger durch die Obrigkeiten umzusetzen, unter welchem Vorwand das auch immer implementiert wird. Wir haben noch keine Erfahrung damit, wie eine Gesellschaft aussieht, in der nicht über einige Zentralanbieter verlaufende Kommunikationskanäle tatsächlich in einem ausreichenden Maß kontrolliert werden können, um Verletzungen des Urheberrechts zu verhindern, i.e. eine perfekte "Contentanbieter-und-Consumer-Gesellschaft", wie sie die Musikindustrie aufbauen soll - deswegen taugt bisherige Alltagserfahrung auch nicht dazu, die theoretischen Überlegungen zu den Folgen zu diskreditieren.
- indirekte Folgen - in Verfolgung ihrer Interessen ziehen die Industriegemeinschaften eine Schneise der Verwüstung hinter sich durch die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Es ist schwer auszumalen, welche Möglichkeiten die legale und physische Infrastruktur, deren Implementierung sie für die Durchsetzung ihrer Urheberrechtskontrollen tat- und redekräftig unterstützen, für gewisse andere Kontrollbestrebungen bietet. Selbst, wenn man den anderen Argumenten nicht zustimmt, sollte man sich schon allein hier für das geringere Übel entscheiden - zusammen mit der auch zum letzten Punkt Bezug habenden Feststellung, dass "wir machen es illegal, aber es gibt diverse Maßnahmen, die wir nicht ergreifen dürfen, um die Zahl der Übertretungen zu reduzieren" eine Denkweise ist, die der deutschen Politik und auch dem Großteil der Wähler schlichtweg fremd ist. Wenn aber die Einhaltung eines Gesetzes um jeden Preis durchgesetzt werden muss ("Gesetz ist Gesetz") und ein solcher Preis dazu führt, etwa die Rechtsstaatlichkeit und Unschuldsvermutung abzuschaffen, dann sollte man sich gut überlegen, ob die Einführung des Gesetzes - selbst, wenn man gesitiges Eigentum als Rechtsgut anerkennt - ihren Preis wert ist.
Argumente zur gerechten Entlohnung der Urheber
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