BY:Interessensgruppe Energiepolitik


Auftrag

Ziel der Interessensgemeinschaft (IG) Energiepolitik Bayern ist es, den Themenbereich Energiepolitik ins bayrische Wahlprogramm aufzunehmen und kontinuierlich weiter zu entwickeln. Selbstverständlich dürfen auch Nicht-Bayern mitdiskutieren und mitarbeiten.

Kooperationen

  • Um Ressourcen zu schonen, besteht eine enge Kooperation mit der bundesweit operierenden AG Energiepolitik. Dies stellt auch sicher, dass lokal erarbeiteten Beiträge zur Energiepolitik breit kommuniziert werden, so dass eine Abstimmung der Konzepte erleichtert wird. Die Mitglieder der AG Energiepolitik diskutiert in regelmäßigen Telefonkonferenzen und auf einer Mailing-Liste über Themen der Energiepolitik. Außerdem werden Anträge für Landes- und Bundesparteitage erarbeitet. Siehe dazu auch die Protokolle und die Zusammenstellung unserer Ergebnisse.



Bayerisches Wahlprogramm:
Für eine zukunftssichere Energiewirtschaft

Dieser Programmantrag wurde während des Landesparteitags am 14. März 2012 in Straubing angenommen, wobei die Zustimmung deutlich über der erforderlichen Zweidrittelmehrheit lag.


1 Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit

Die aktuelle energiepolitische Ausrichtung ist geprägt von Erzeugungs- und Verteilungsstrukturen, die zu einseitig wirtschaftliche Aspekte in den Vordergrund stellen. Die verfügbaren Ressourcen sind jedoch endlich und deren Verbrauch ist terminiert. Dies erfordert eine kurzfristige und vollständige Umstellung der Energiewirtschaft auf (re)generative Ressourcen, die nachhaltig, umweltschonend, transparent, volkswirtschaftlich sinnvoll, sozial und gesellschaftlich verträglich gestaltet werden muss. Wesentlich sind dabei auch Energieeinsparungen sowie Effizienzgewinne bei der Energieerzeugung, Verteilung und Verbrauch.

Ein wesentlicher Aspekt der Versorgungssicherheit ist die Dezentralisierung der Energiegewinnung und -verteilung. Kleinteilige Strukturen schaffen mehr Sicherheit, als große, zentralisierte Einheiten. Zugleich sind die Betriebs- und Ausfallrisiken geringer. Die Energiewirtschaft soll zudem so organisiert werden, dass Beschaffung, Erzeugung und Verteilung möglichst diversifiziert und transparent erfolgen und auch die Preisgestaltung öffentlich nachvollziehbar vorgenommen wird. Dies wird durch heterogene Strukturen und fairen Wettbewerb nach den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft unter staatlicher Aufsicht erreicht. Die Betonung der Dezentralisierung schließt jedoch Großprojekte, beispielsweise grenzüberschreitende Verteilungsnetze, nicht grundsätzlich aus. Diese müssen jedoch vor allem auf Kooperation und Nachhaltigkeit ausgerichtet sein und nicht auf Gewinnmaximierung und Bildung von Infrastrukturmonopolen.

Von der dauerhaften Verfügbarkeit einer bezahlbaren Energieversorgung hängt unser aller Zukunft wesentlich ab. Die Piratenpartei Deutschland setzt sich daher für einen mit allen Beteiligten abzustimmenden Energieplan zur Erreichung der oben genannten Ziele ein.

2 Energiegewinnung aus generativen und regenerativen Ressourcen

Die Piratenpartei Deutschland steht für eine langfristig sichere Energieversorgung. Daher soll die Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen und Atomkraft so schnell wie möglich durch nachhaltig verfügbare und umweltschonende Ressourcen ersetzt werden, wozu auch der adäquate Ausbau von Verteilungsnetzen und Energiespeichern gehört. Dies wird ökologisch und ökonomisch durch wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse und wahrscheinliche Szenarios begründet. In Frage kommen generative, also praktisch unbegrenzt verfügbare Ressourcen wie Wind, Sonne und Wasser, aber auch Gezeiten und Geothermie sowie in begrenztem Umfang Biomasse als regenerative Energiequelle. Wir wollen erreichen, dass innerhalb einer Generation durch (re-)generative Ressourcen der Energiebedarf in Bayern gedeckt werden kann.

Uns ist dabei bewusst, dass auch die Umstellung auf erneuerbare Energien Risiken birgt. Beispiele sind Gefährdungen bei exzessiver Nutzung von Wasserkraft und Geothermie, aber auch die Gewinnung von Biomasse als Energieträger in Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion. Deswegen sind umweltverträgliche Verfahren zu bevorzugen, welche die Inanspruchnahme von landwirtschaftlich genutzten Flächen und Naturgebieten minimieren.


3 Energiespeicherung, Netzausbau und Netzneutralität

Im Sinne der nachhaltigen Versorgungssicherheit und zur Vermeidung einer Konzentration auf wenige Anbieter sollen insbesondere Strom-, Gas- und Wärmenetze durch die öffentliche Hand reguliert werden. Unsere Politik wird gewährleisten, dass die Netzinfrastruktur den Systemwandel in der Energiewirtschaft unterstützt.

Der Ausbau der generativen Energiequellen wie Photovoltaik- und Windkraftanlagen erfordert eine Anpassung der Netztopologie und zugleich eine ökonomisch und energetisch effiziente Speicherung von Energie. Der gleichberechtigte Netzzugang einer Vielzahl von Erzeugern mit großen regionalen Unterschieden in Erzeugungskapazität und zeitlicher Verteilung erfordert den verstärkten Einsatz intelligenter Managementsysteme, die unter Wahrung des Datenschutzes angebotene und abgenommene Energiemengen messtechnisch erfassen und zur optimal aufeinander abgestimmten Lastregelung sowohl der Anbieter als auch der Verbraucher nutzen. Generell soll stärker als bisher der Verbrauch der Energieerzeugung folgen und weniger die Energieerzeugung dem Verbrauch. Außerdem sollen verstärkt Maßnahmen zur Energieeinsparung sowie eine effiziente Kraft-Wärme-Kopplung aktiv mit einbezogen werden.

Vor diesem Hintergrund treten wir für eine genossenschaftlich organisierte, dezentrale und diversifizierte Energieerzeugung in kleinteiligen Kraftwerksverbunden und dementsprechend für kurze Netzwege ein. Zur Sicherstellung des gerechten Netzzugangs aller Marktteilnehmer ist außerdem eine neutrale, rekommunalisierte Netzinfrastukur erforderlich. So lassen sich für regionale Netze auf Stadt- und Landkreisebene im Jahresmittel ausgeglichene Energiebilanzen erzielen. Dazu kommt, dass kleinere, autarke Netze und dezentrale Anbieter die Versorgungssicherheit deutlich erhöhen und die Gefahr von Blackouts verringern. Außerdem wird so der Aufbau einer dezentralen Energiespeicherinfrastruktur neben großen, zentralen Lösungen gefördert, was wiederum die Investitionen für den Ausbau von Fernleitungsnetzen reduziert. Neben gängigen Speichermethoden sollen auch neue Möglichkeiten genutzt werden, so etwa die Erzeugung von Methangas durch Windenergie, was den Vorteil bietet, dass die bereits bestehende Speicher- und Verteilungsinfrastruktur für Gas genutzt werden kann. Auch Wasserkraft und Pumpspeicherwerke können in Bayern einen größeren Beitrag liefern, wobei wir auf Modernisierung und Effizienzsteigerungen und begrenzten Zubau setzen.

Trotz der Konzentration auf dezentrale Strukturen müssen zum Ausgleich typischer Fluktuationen in Wind- und Solarenergie sowie zum Abfangen von Bedarfs- bzw. Angebotsspitzen die lokalen Netze mit Nachbarnetzen und diese wiederum mit größeren Einheiten gekoppelt und durch Energiespeicher gepuffert werden. Durch diesen Regionenverbund kann der aufwändige und Großanlagen bevorzugende Energietransport über große Entfernungen, etwa von Offshore-Windparks mit Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsstrecken, auf wenige Punkt-zu-Punkt-Verbindungen reduziert werden.

In diesem Szenario nutzen alle Regionen ihre Potenziale für generative und regenerative Energien weitgehend aus. Es findet ein regionaler und deutschlandweiter Stromaustausch statt, so dass nur zu einem geringen Anteil Strom aus Nachbarstaaten, beispielsweise Österreich, importiert oder in diese exportiert werden muss.

Insgesamt ist dieses Konzept kurzfristig umsetzbar und es bringt zudem sowohl ökologische als auch regional- und volkswirtschaftliche Vorteile. Die Piratenpartei tritt daher für eine entsprechende Anpassung der gesetzlichen Rahmenbedingungen in Bayern und ganz Deutschland ein.

4 Ausstieg aus der Stromerzeugung durch Atomkraftwerke

Die Piratenpartei Deutschland setzt sich dafür ein, die Stromerzeugung durch Kernspaltung in Atomkraftwerken schnellstmöglich zu beenden. Bayern braucht keine Atomkraftwerke. Anlagen für medizinische und wissenschaftliche Anwendungen sind davon nicht betroffen. Wir begründen dies mit den Risiken bei Uranbergbau, Transport, Anreicherung, Betrieb, Wiederaufbereitung und insbesondere Endlagerung. Dazu kommt die potentielle Gefährdung durch Katastrophen und Anschläge. Dies bedeutet, dass die bestehenden Kernkraftwerke Hand in Hand mit dem Ausbau generativer Energiequellen abgeschaltet werden. Laufzeitverlängerungen und Neubauten werden ausgeschlossen. Unabhängig davon ist die offene Frage der Endlagerung zu lösen, wobei die Betreiber von Atomkraftwerken stärker als bisher eingebunden werden müssen.

5 Förderprogramme

Der Umstieg auf generative Energien soll durch bundesweite aber auch spezifisch bayerische Förderprogramme unterstützt werden. Damit verbundene Zuschüsse, Einspeisevergütungen, Prämien und Steuervorteile müssen ökologisch und volkswirtschaftlich sinnvoll, sozial ausgewogen sowie unmittelbar für den vorgesehenen Zweck und die Schonung von Ressourcen wirksam sein. Wichtige Förderschwerpunkte sind dabei dezentrale Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung und der Fernwärme, Wärmedämmungsmaßnahmen, Verbesserung der Energieeffizienz und Verbrauchsvermeidung. Als flankierende Maßnahme sollen kostenlose Angebote zur Energieberatung geschaffen werden.

Förderprogramme müssen langfristig angelegt sein und Planungssicherheit bieten, aber andererseits nach Erreichung des Förderzwecks auch konsequent zurückgefahren werden. Speziell für die Photovoltaik ist eine maßvolle Reduzierung der umlagefinanzierten Einspeisevergütung für Solarparks mit hohem Landschaftsverbrauch angebracht.

Grundsätzlich hat die steuerfinanzierte Förderung von Grundlagenforschung und Entwicklungsprojekten gegenüber der reinen Bezuschussung von Investitionsausgaben Vorrang.

Ergebnisse aus staatlich finanzierten Programmen müssen der Öffentlichkeit allgemein zugänglich gemacht werden.

An der Umstellung unserer Gesellschafts- und Wirtschaftsform auf erneuerbare Energien führt kein Weg vorbei. Mit den hier genannten Maßnahmen wird es gelingen, diese Herausforderung zu meistern. Bayern kann dabei ein Vorreiterrolle spielen.

Diskussion

Für direkte Kommunikation: AG Energiepolitik oder Hartmut Ernst