AG Text/Aktuelle Artikel/BID Prüfsteine

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Liebe Piraten,

über die Mailingliste INETBIB (Internet in Bibliotheken, mehr als 5000 Teilnehmer) hat die Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheks- und Informationsverbände (BID) im Hinblick auf die bevorstehende Bundestagswahl Wahlprüfsteine zu zentralen Anliegen des Bibliotheks- und Informationssektors an CDU, CSU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen und die Linkspartei gesandt, vgl. http://www.ub.uni-dortmund.de/listen/inetbib/msg39939.html

Leider nicht an die Piratenpartei. Ich (Wiss. Bibliothekar an der UB Stuttgart und Mitglied der Kommission für Erwerbung und Bestandsentwicklung des Deutschen Bibliotheksverbands (dbv)) habe dies im Reply kritisiert, leider bisher ohne Reaktion des BID.

Ich würde es sehr begrüßen, wenn die Piratenpartei diese Fragen trotzdem beantwortet. Falls der BID die Antworten nicht auf seiner Homepage veröffentlicht (ich wüsste allerdings nicht, warum er dies ablehnen sollte), würden wir sie ggf. auf Inetbib, Archivalia etc. veröffentlichen und breitmöglichst streuen.

Die BID-Klientel dürfte den Anliegen der Piraten eigentlich sehr sympathisch gegenüberstehen und wenn die anderen Parteien durch die Antworten der Piratenpartei etwas unter Druck geraten, wäre dies durchaus erwünscht.

Mit freundlichen Grüßen,


Wahlprüfstein 1: 1. Wie steht Ihre Partei zu Förderaktivitäten des Bundes zu Gunsten der Länder hinsichtlich einer Verankerung der Informationskompetenz-Vermittlung in den Bildungsstandards und in der Lehrerausbildung?

A: Die Piratenpartei sieht sich als Partei der Informationsgesellschaft. Deswegen halten wir die Vermittlung von Informationskompetenz für eine zentrale Bildungsaufgabe. Standards sowohl hierfür als auch für eine entsprechende Lehrerausbildung halten wir für wichtig. Eine Förderung des Bundes ist wünschenswert.

2. Wie steht Ihre Partei zu Initiativen der Kommunen für die Schulen – in Partnerschaft mit Informationsfachleuten und Bibliotheken – zur Durchführung erfolgreicher Entwicklungsprojekte von Informationskompetenz im Unterricht, der Begabtenförderung und bei Exzellenzwettbewerben?

A:Solche Initiativen sind zu begrüßen und zu fördern. Nur durch eine Vernetzung der entsprechenden Wissensträger kann unsere Gesellschaft die Chancen der Informationsgesellschaft nutzen.

3. Welche zentralen Förderaktivitäten des Bundes auf diesen Gebieten unterstützt Ihre Partei? ?


Wahlprüfstein 2 1. Wie steht Ihre Partei zu einem bundesweiten Initiativprogramm zur Digitalisierung von gedrucktem und handschriftlichem Kulturgut?

A:Wenn ein freier, kostenloser Zugang zu den digitalisierten Beständen für alle gewährleistet ist, wird die Piratenpartei jede geeignete Form der Digitalisierung unterstützen.

2. Wie steht Ihre Partei zu einer nationalen Bestandserhaltungskonzeption zugunsten von Büchern, Handschriften und Archivalien aus historischen Sammlungen der wissenschaftlichen Bibliotheken und Informationseinrichtungen?

A:Auch wenn die Piratenpartei das Internet und die Digitalisierung als einen zentralen Beitrag zur Wissensgesellschaft sieht, kann eine Digitalisierung nicht der alleinige Weg sein. Deswegen halten wir die Erhaltung von physischen Bibliotheks- und Archivbeständen für wichtig und förderungswürdig. Eine zentrale Koordination und Konzeption ist wünschenswert.

3. Wie steht Ihre Partei zu einem bundesweiten Initiativprogramm zugunsten der langfristigen Zugänglichkeit von digital erzeugten Netzpublikationen in wissenschaftlichen Bibliotheken und Informationseinrichtungen?

A:Der freie Zugang zu Wissen ist eine der zentralen Forderungen der Piratenpartei. Wenn ein bundesweites Initiativprogramm die langfristige Zugänglichkeit von digital erzeugten Netzpublikationen fördern kann, so wird die Piratenpartei dies unterstützen.

4. Wie steht Ihre Partei zum Ausbau von Nationallizenzen in wissenschaftlichen Bibliotheken und Informationseinrichtungen? Wird sie sich für eine zentrale Finanzierung einsetzen?

A:Sofern ein diskriminierungsfreier Zugang zu den lizensierten Informationen gewährleistet ist, können Nationallizenzen ein Weg sein. Primär sollte jedoch darauf hingearbeitet werden, dass Lizensierungen erst gar nicht notwendig sind und die Inhalte einer möglichst breiten Masse zugänglich sind.

Wahlprüfstein 3


1. Wie beabsichtigt Ihre Partei, die Rechte des Urhebers wieder zu stärken und zugleich für einen gerechten Interessensausgleich bei der Nutzung urheberrechtlichen Schaffens im Rahmen von Schranken für Bildung und Wissenschaft herzustellen?

A:Die Piratenpartei strebt eine grundsätzliche Neuorientierung des gesetzlichen Regelungen des Urherberrechtes an. Hierzu ist eine breiter gesellschaftlicher Diskurs notwendig, an dem alle Beteiligten (Urheber, Rechteverwerter, Nutzer, Bildung und Wissenschaft usw.) gleichberechtigt teilnehmen können. Nur so kann ein gerechter Interessensausgleich stattfinden.

2. Zurzeit werden einzelne Tatbestände der Nutzung im Rahmen von Bildung und Wissenschaft in unterschiedlichen Schranken geregelt (§§ 52a, 52b, 53, 53a UrhG). Würde Ihre Partei eine gesetzliche Schranke für Bildung und Wissenschaft, in der alle Anwendungen geregelt sind, präferieren, und, wenn ja, würden Sie sich dafür einsetzen?

A:Die Piratenpartei setzt sich für den freien Zugang zu Wissen ein. Deswegen ist anzustreben, daß die Schranken des Urheberrechts beibehalten, bzw. weiter ausgeweitet werden. Nur durch einen möglichst freien Zugang zu Wissen können wir die Anforderungen der Informationsgesellschaft meistern.

3. Open Access bedeutet nicht, dass der Urheber auf seine Rechte aus dem Urheberrechtsgesetz verzichtet. Vielmehr wendet er sein exklusives Recht, Dritten Nutzungen zu gestatten, bewusst an (§ 31 ff UrhG). Das Renommee eines Wissenschaftlers hängt maßgeblich von seinen Veröffentlichungen in namhaften wissenschaftlichen Zeitschriften ab. Deren Verlage verlangen in der Regel die Einräumung von ausschließlichen Nutzungsrechten. Das Recht, nach Fristablauf anderen ein einfaches Nutzungsrecht zu nichtkommerziellen Zwecken einzuräumen (§ 38 UrhG), kann vertraglich abbedungen werden. Wie steht Ihre Partei zur Stärkung des Urhebers, indem in § 38 UrhG das Recht zwingend ausgestaltet wird und eine vertragliche Abbedingung als nichtig erklärt wird?

A:Die Piratenpartei setzt sich für eine zwingende Ausgestaltung des § 38 UrhG ein. Eine ausschließliche kommerzielle Nutzung seitens Verlage oder anderer Rechteverwerter widerspricht unseren Forderungen für einen freien Zugang zu Wissen.

Wahlprüfstein 4


1. Wie will Ihre Partei die Öffentlichen Bibliotheken in kommunaler Trägerschaft in Programmen und Einzelmaßnahmen des Bundes zur Kulturellen Bildung und zur Erwachsenenbildung strategisch verankern und konkret fördern?

A:Die Piratenpartei sieht die Öffentlichen Bibliotheken als einen zentralen Baustein der Informationsgesellschaft an. Sie sind in jeder Hinsicht zu fördern und zu unterstützen. Dabei ist eine solide, langfristig angelegte Förderung sinnvoller als vereinzelte „Leuchtturmprojekte“.

2. Wie steht Ihre Partei zu der Errichtung einer Bibliotheksentwicklungsagentur, wie sie im Abschlussbericht der Enquête-Kommission „Kultur in Deutschland“ empfohlen wurde?

A:Für wichtiger als die Einrichtung einer Agentur hält die Piratenpartei eine solide Finanzierung sowie eine starke politische Lobby der Bibliotheken und Informationseinrichtungen

3. Wie steht Ihre Partei zu unseren Forderungen für eine nationale Bibliotheksstrategie bzw. ein Bibliotheksrahmengesetz auf Bundesebene, worin die Aufgaben und Funktionen der Bibliotheken sowie Finanzierungsmodalitäten definiert werden?

A:Die Piratenpartei unterstützt die Forderungen für eine nationale Bibliotheksstrategie und ein nationales Bibliotheksrahmengesetz. Bibliotheken sind zu wichtig, um sie den Schwankungen des kommunalen oder regionalen „Tagesgeschäfts“ auszusetzen. Allerdings sollte die nationale Bibliotheksstrategie in den größeren Rahmen der Bildungsstrategie eingebettet sein, bzw. damit abgestimmt werden.

4. Wie steht Ihre Partei zu einer strategischen Bibliotheksförderung des Bundes?

A:Es benötigt eine nationale Kraftanstrengung, um den jahrelangen Kahlschlag im Bereich von Bildung, Wissenschaft und Kultur wieder auszugleichen. Demzufolge ist eine zentrale, strategische Bibliotheksförderung ein möglicher Weg, um dies zu erreichen.

(Name ist Ennomane bekannt, keine bestimmte Deadline)