2008-01-04 - Pressemitteilung zu Zypries privatwirtschaftlichem Auskunftsanspruch

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Gliederung: Bund
verschickt am 04.01.2008



Zypries' dreiste Unwahrheiten zum privatwirtschaftlichen Auskunftsanspruch

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat dem Bürger sowie dem Parlament im Gesetzgebungsverfahren um die Vorratsdatenspeicherung mehrfach bewusst die Unwahrheit gesagt. Gegenüber dem Focus dementierte sie zuletzt am 29.12.2007 den Plan, einen zivilrechtlichen Auskunftsanspruch zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen mit der Vorratsdatenspeicherung zu koppeln. Ungeachtet dessen, dass die Bundesregierung seit dem 26.01.2007 einen Gesetzesentwurf (Bundesdrucksache 64/07) einbringt, der die EU-Richtlinie IPRED mit der Forderung nach eben diesem Auskunftsanspruch umsetzt. Noch am 01.11.2007 hat Frau Zypries dieses Gesetzesvorhaben in einer Rede bei der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin herausgestellt und ausdrücklich gelobt. Aber Ende Dezember soll quasi über Nacht dies alles gar nicht mehr der Wahrheit entsprechen.

"Die Demokratiefeindlichkeit Zypries tritt durch diese vorgetäuschte Unwissenheit ebenso hervor, wie die Absurdität des parlamentarischen Gebahrens rund um die Überwachungsmaßnahme." bemerkt Jan Huwald, politischer Geschäftsführer der Piratenpartei Deutschland. "Die Vorratsdatenspeicherung wurde unter arglistiger Zurückhaltung von parlamentarisch geforderten Studien und Gesetzesentwürfen aus den Ministerien von Zypries und Schäuble durchgepeitscht. Im Nachhinein versucht die Justizministerin nun auch das Wahlvolk durch falsche Angaben bzw. gezielte Desinformation zum Narren zu halten. Das bewusste Versorgen mit falschen Informationen wird von unserer Regierung nicht nur totgeschwiegen, sondern sogar fortgeführt." Einer Äußerung Zypries stimmt die Piratenpartei aber vollends zu. Hierbei erläuterte sie gegenüber dem Focus: "Wenn wir anfangen, das [die zivilrechtlichen Auskunftsansprüche, Anm. d. Red.] zu erweitern, verliert der Staat an Glaubwürdigkeit." Dazu Huwald weiter: "Bereits heute betreiben besorgte Bürger mehr Aufwand für den Schutz vor dem Überwachungsstaat, als vor anderen Kriminellen. Die Regierung muss Konsequenzen aus dem Verfall ihrer eigenen Kultur ziehen. Die Politik der Terrorangst und populistischer Sicherheitsversprechen hat damit bereits das Fundament unserer Gesellschaft beschädigt. Nicht nur Frau Zypries muss mit offenen Karten spielen und in der Ebene des rationalen Diskurses agieren, oder aber zurücktreten."

Bernhard Schillo, Spitzenkandidat der Piratenpartei für die Bürgerschaftswahl in Hamburg, fährt fort, dass "der Systemfehler auch bei den Medien zu suchen ist. Weitgehend ohne Kommentare und Vorbehalte wurden die Populismen zur Vorratsdatenspeicherung in den Massenmedien wiederholt. Ihrer Verpflichtung, als vierte Gewalt den Wahrheitsgehalt der Aussagen zu prüfen, kommen die Redakteure zu selten nach. Die Bürger verlieren so, getreu dem Ausspruch „Niemand hat die Absicht eine Mauer zu errichten“, die Möglichkeit rechtzeitig und vor allem demokratisch Einspruch zu erheben. Einzig die Blogosphäre und einige ausgesuchte Online-Medien kommen dem journalistischen Anspruch noch nach." Die Piratenpartei setzt sich seit ihrer Gründung gegen die Zerstörung unserer Rechtskultur durch die maßlos gewordene Content-Industrie und das unangebrachte Ausmaß an Terrorhysterie ein. Sie kritisiert in diesem Zusammenhang den zivilrechtlichen Auskunftsanspruch sowie auch die Voratsdatenspeicherung auf das schärfste. Der im aktuellen Gesetzesentwurf enthaltene Richtervorbehalt ist reine Makulatur: Dem Richter obliegt es lediglich zu überprüfen, ob ein Rechtsinhaber tatsächlich Urheberrechte inne hält und nicht, ob tatsächlich ein Sachverhalt vorliegt der einen starken Grundrechtseingriff rechtfertigt. Dies dokumentierte eine Experten-Anhörung im Juni noch einmal ganz klar - offenbar ohne jegliche Wirkung auf Frau Zypries noch auf den Bundesrat, der noch am 24.11.2007 nicht nur in das gleiche Horn stößt sondern gar Verschärfungen fordert. Da dieses Gesetz für jeden deutschen Bürger zutrifft, mündet dies quasi in einer Erlaubnis zur privaten Nutzung der Vorratsdatenspeicherung. Die Bürger - und auch die Kultur der Politik - unseres Landes würden daran genesen, wenn unsere Politiker die ihnen übertragene Stellung zumindest ab und an verantwortlich ausüben würden. Stattdessen werden rücksichtslos und arrogant die Rechte der Bürger beschnitten. Über verschleierte und unwahre Informationen wird dies dann aber den Bürgern als Stärkung der rechtlichen Situation verkauft. Dieses Verhalten ist sicher mit verantwortlich für die zunehmende Politikverdrossenheit im Lande.

Die Piratenpartei Deutschland fordert die Bundesregierung - insbesondere Frau Zypries - auf, den Gesetzesentwurf sofort zurückzuziehen und die Bürger nicht weiterhin mit falschen Informationen zu blenden. Weiterhin fordert die Piratenpartei die sofortige Herausgabe der mit staatlichen Mitteln finanzierten Studie des Max-Planck-Institutes in Freiburg über den Sinn einer Vorratsdatenspeicherung. Diese wird mit fadenscheinigen Begründungen zurückgehalten. Daraus kann nur der Schluss gezogen werden, dass diese wissenschaftliche Untersuchung nicht das von Zypries gewünschte Ergebnis ausweist. Ebenso hält Frau Zypries die Klageschrift Irlands gegen die Vorratsdatenspeicherung zurück. Als Begründung hierfür behauptet sie die "Integrität des Verfahrens" wäre gefährdet. Mit ähnlich unglaubwürdigen Begründungen wurde schon die Einsicht in die EU-Klage gegen die Flugpassagier-Daten und gegen die Vereinbarung des Bundes mit der Bahn über die Videoüberwachung sowie einer Studie über den Nutzen der Videoüberwachung der Berliner Verkehrs-Betriebe ablehnend beschieden. Nur bei letzterem konnte bislang eine Einsichtnahme erzwungen werden.



Quellen

  • Zu Zypries Äußerung, keinen Auskunftsanspruch einführen zu wollen
    • Zitat Zypries vom 29.12.07: "Verbindungsdaten dienen der Strafverfolgung, insbesondere der Bekämpfung von Terrorismus und organisierter Kriminalität, aber nicht der Befriedigung zivilrechtlicher Ansprüche der Musikindustrie. [...] Aber diese Daten dürfe der Staat nur erheben, speichern und nutzen, wenn er dafür eine spezielle Rechtsgrundlage hat" [1]
  • und noch besser: "Wenn wir anfangen, das zu erweitern, verliert der Staat an Glaubwürdigkeit." [2]

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Quellen (kein Teil der Pressemitteilung)

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