Diskussion:Karl de Maizière

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Spontane Kommentare zu der Rede

1. Das Internet ist kein "Raum", sondern eine Kommunikationsinfrastruktur

2. de Maiziere wiederspricht sich selbst. Einerseits erkennt er an, dass jeder einen rechtswidrigen Netzbeitrag zivilrechtlich löschen lassen kann, andererseits sollen Netzbeiträge Verfallsdaten bekommen. Da ist kein Regelungsbedarf erforderlich.

3. Indexierungsverbot wäre Zensur. Hier - wie auch beim Löschen - muss der normale Rechtsweg eingehalten werden.

4. Gegendarstellung existiert bereits, weil jeder selbst veröffentlichen kann. Kein Regelungsbedarf erforderlich. Insbesondere würde durch Manipulation des Rankings bei Suchmaschinen dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet. Wie soll google nachprüfen, ob der Gegendarsteller tatsächlich der in dem kritisierten Beitrag gemeinte ist?

4a. Konkretisierung der Begriffe: Wann ist Zugangs-, wann Inhaltsprovider gemeint. Das sind die wesentlichen Fragen, die de Maiziere nicht versteht, die aber entscheidend sind.

5. Wer unverschlüsselt Cloud Computing für sensible Daten nutzt ist selber Schuld. Medienkompetenz ist gefragt. Sobald ein sicheres Angebot nachgefragt wird, wird es angeboten werden. Kein staatlicher Regulierungsbedarf erforderlich. Insbesondere muss es möglich bleiben, für nicht-sensible Daten einen unverschlüsselten Zugang - auch für jedermann - beizubehalten, z.B. Applikationen wie Etherpad etc.

6. Die "sichere Identität" gibt es bereits seit Jahrzehnten. Eine zentral staatliche gesteuerte Identität ist höchstens für Kommunikation mit Behörden notwendig, vielleicht nicht einmal da. Alle unsere physikalischen Schliessysteme sind heutzutage privat organisiert. Es braucht keine staatliche Vorschrift, wie ein Schlüssel auszusehen hat, oder gar ein vom Staat ausgegebener Schlüssel oder verpflichtendes Schliessystem, das in alle Türen einzubauen ist.

(7. Widerspricht sich, wenn er einerseits Wettbewerb fordert, aber andererseits Monopolisierung durch staatliche Stellen, wie beim neuen Personalausweis. Privatwirtschaftlich organisierte Signaturkarte, oder Web-Zertifikate sind ein gutes Beispiel, dass das funktioniert.)

8. BGH-Entscheidung zu Persönlichkeitsverletzungen im Ausland ist ein Schritt in die falsche Richtung. Wollen wir uns wirklich den möglicherweise abstrusen Gesetzen anderer Länder unterwerfen? Wollen wir wirklich, dass uns eine islamische Republik die Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen untersagt? Das nationale Recht muss Vorrang behalten, auch im Ausland. Das sichert letzendlich auch unsere eigene Freiheit.

9. Anonymität gibt es im realen Leben. Das Internet vermittelt diese nur. Es gibt keinen Grund, diese existierende Anonymität aufzuheben, auch wenn sie per Internet vermittelt wird.

10. Die Schwere der spezifisch durch das Internet vermittelten Rechtsverletzungen ist wesentlich geringer. Insofern besteht da auch wesentlich geringerer Regelungsbedarf.

11. Untermassverbot. Da bin ich erstmal sprachlos. Kann ich den Staat verklagen, wenn ich irgendwo beim Waldspaziergang überfallen werde und kein Polizist alle 50m stationiert war? Oder muss jeder Wald nun mit Kameras ausgestattet werden? Was ist das denn für ein Argument?

12. Grundversorgung sicherstellen ist gut und richtig. Da reicht aber die Grundversorgung mit Zugang. Eine Grundversorgung mit Diensten ist nicht erforderlich.

13. Die Beweislastumkehr verbietet sich zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit.

14. Eigenverantwortung stärken aber andererseits Schwache in Haftung nehmen? Wenn ich mein Haus nicht mit einem Zaun gegen betreten sichere, aber jemand von meinem ungesicherten Grundstück aus Passanten angreift, dann bin ich dafür haftbar? Ich bin vielleicht moralisch verpflichtet mein Grundstück daraufhin überprüfen, ob jemand von dort aus Passanten angreift. Das vielleicht. Aber sollte ich dafür haftbar gemacht werden können, wenn ich es mal nicht tue. So einfach kann das nicht gehen. Ich denke hier muss unterschieden werden zwischen privaten Angeboten und gewerblichen. Von gewerblichen Angeboten kann man als "Passant" mehr erwarten.

14a. Das gilt auch für WLAN. Ein offenes WLAN muss selbstverständlich möglich bleiben. Die Störerhaftung ist ein Konzept das erheblich entschärft werden muss.

14b. Der Begriff der Gefahr ist im übrigen in der Regel völlig fehl am Platze. Das wäre so wie die Gefahr, dass man sich auf einem Waldweg an einem Stein seine Schuhsohle zerkratzt. Das ist einfach so. Darauf stellt man sich als Nutzer des Waldweges ein. Man trägt festes Schuhwerk, wenn man im Wald spazieren geht und Stöckelschuhe nur auf gepflegten Strassen in der Stadt. Medienkompetenz.

15. Verkehrssicherungspflicht kann im Prinzip ein gutes Konzept sein, aber die Ausgestaltung, dass alle durchlaufenden Inhalte durch "den Provider" (Zugangs- oder Inhaltsprovider???) auf Viren untersucht werden müssen ist schon rein technisch unmöglich (z.B. wegen Verschlüsselung), aber auch wegen der dafür notwendigen Inhaltekontrollinfrastruktur politisch nicht wünschenswert.

15a. Eine Verkehrssicherungspflicht kann höchstens so ausgestaltet werden, dass bestimmte gewerbliche Diensteanbieter verpflichtet werden können, dass durch den Dienst selbst (also nicht nur seine Nutzer) keine Schadsoftware an die Öffentlichkeit vermittelt wird. Damit wäre z.B. ein Webdienst gemeint, nicht aber ein email-Dienst. Gemeint sein kann ein Dienst, der Softwareupdates (für eigene Software) liefert, aber nicht ein Dienst der Dateitausch anbietet.

15b. Die Privilegierung von DE-Mail kann ja nur ein Witz sein. Denn selbstverständlich können auch solche vermeintlich sicheren Dienste gehackt oder missbraucht werden.

16. Das Internet ist kein Raum, in dem Straftaten begangen werden können. Das Internet ist eine Kommunikationsinfrastruktur. Die Infrastruktur kann genutzt werden, um Straftaten in der bekannten realen Welt zu begehen. Dort sind die Straftaten primär zu verfolgen. An den nationalen Grenzen ist die Kompetenz des deutschen Staates zunächst zu Ende. Darüber hinaus kann man kooperieren, aber darf nicht versuchen nationalstaatliche Sonderwege international durchzusetzen zu wollen.

16a. Die Kompetenz bzgl. Internet muss selbstverständlich auch bei den Ermittlern und der Polizei ausgebaut werden. Es brauchte aber nicht etwa einer Sondereinsatztruppe Telefon, als das Telefon eingeführt wurde. Primär muss verstanden werden, dass Straftaten in der realen Welt begangen werden und das Internet nur als Mittel zum Zweck eingesetzt wird. Erkenntnisse aus "dem Internet" sind immer nur Ansatz zur Ermittlung in der realen Welt.

16b. Identität im Internet. Das Problem ist doch nicht neu. Auch im Versandhandel gibt es nur begrenzte Möglichkeiten die Identität festzustellen. Fordert Neckermann jetzt einen Personalausweis? Bei besonderen Transaktionen wie Banking gibt es Post-Ident. Frührer reichte eine Papierkopie des Personalausweises, um ein Konto zu eröffnen. Der Regelungsbedarf bei Online-Handel wäre stark begrenzt, wenn die Akteure sich auf normales Risikomanagement besinnen würden, wie es bisher offline auch gemacht wurde.

17. Löschung ist in der Tat der schwerere Eingriff, wenn es nur um den einzelnen betroffenen Beitrag geht. Deshalb muss hier auch der Rechtsweg eingehalten werden. Die Sperrung bzw. die Errichtung einer Sperrinfrastruktur zur Sperrung beliebiger Inhalte ohne Einhaltung des Rechtsweges ist allerdings ein massiver Eingriff in die Grundrechte und wiegt damit erheblich schwerer als die Löschung eines spezifischen Beitrags.

18. E-Government muss mittelfristig immer ein zusätzlicher Weg bleiben und darf bestehende Wege nicht verdrängen, z.B. zur Kostenoptimierung, wenn dadurch die Allgemeinheit des Zugangs riskiert wird. Das gilt auch insbesondere für das Kleingewerbe. Hier von der "Wirtschaft" zu reden, verdeckt die Schaffung von Ungleichheit zu Lasten der Kleinsten und Schwächsten, die gerade in Deutschland eine besonders wichtige Komponente der "Wirtschaft" sind.

19. PPP ist nicht ausschliesslich der Weg. Hier kann es auch Zusammenarbeit von Kommunnen unter Verwendung von freier Software geben.

20. "Das Internet" ist nicht umsonst, aber vieles im Internet kommt ganz ohne "Geschäftsmodell" aus, ist gemeinnützig und privat finanziert, gerade im Bereich von Wissen und Kultur.

21. Politische Willensbildung geht weit über Online-Konsultationen hinaus. Das freie Veröffentlichen von politischen Meinungen und die freie Kommentierbarkeit ist der Kern der neuen politischen Willensbildung.

Die Ideen dürfen gerne verwendet werden. --Alu 11:51, 23. Jun. 2010 (CEST)

Idee für eine Pressemitteilung

Anlässlich der netzpolitischen Grundsatzrede des Innenministers Thomas de Maizière stellt die Piratenpartei fest, dass der Innenminister die spezifische Neuartigkeit des Netzes noch nicht annähernd verstanden hat. Das Internet ist eben kein Raum, auch kein Raum in dem Straftaten begangen werden, sondern lediglich eine neuartige Kommunikationsinfrastruktur. Aus diesem Missverständnis entsteht ein vermeintlicher Regulierungsbedarf, der über die normale und verhältnismässige Regulierung in der "realen Welt" weit hinausgeht. Er ist zwar anerkennenswert, dass offene Standards und Netzneutralität als wichtige Grundpfeiler anerkannt werden, aber diese Ansätze werden durch die grundsätzliche Aberkennung solcher Grundwerte wie des in der realen Welt selbstverständlich gewährleisteten Rechts auf Anomnymität und der Möglichkeit der unüberwachten Informationsbeschaffung und -verbreitung gleichzeitig vollkommen entwertet.

Es ist auch sehr naiv, wenn er vermeintliche Gefahren durch Einzelpersonen mit verschärften Haftungsregelungen eindämmen will, aber die praktisch erheblich konkreteren Gefahren durch staatliche Massnahmen dabei als unerhört zurückweist.

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