BE:Newsletter/2010-02-15/Statement Schatzmeister

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Sind Bezirksverbände aus Sicht des Schatzmeister zukunftweisend ?

Da es ein bei einem Teil der Piraten das Bedürfnis zur Gründung von Kreisverbänden vorhanden ist, möchte ich aus der Sicht des Schatzmeister meine Einschätzung dazu darlegen.

Ich bin dafür eine transparente und effektive Finanzverwaltung aufzubauen, die eine demokratische Verteilung der Mittel ermöglicht. Dazu halte ich folgendes für erforderlich:

  1. Eine Mitgliederverwaltung die, sich in die Buchhaltungssoftware einlesen lässt.
  2. Eine testierfähige Buchhaltung muss aufgebaut werden.
  3. Ein Finanzbarometer sollte entwickelt werden, das es jedem Mitglied ermöglicht den aktuellen Finanzstatus (vorhandene Mittel, verplante Mittel, beabsichtigte Projekte usw.) abzufragen.
  4. Außerdem solle ins LD-System ein Tool integriert werden, das es ermöglicht, auch über die Vergabe der Mittel abzustimmen.

Eine solche Struktur aufzubauen ist m.E. nur durch ein Team möglich. Deshalb auch mein Vorschlag: in Vorstand für diesen Bereich mehr als eine Person zu wählen.

Nun zu den konkreten Problemen:

Die Erstellung einer testierten Buchführung verursacht 1.000,00 € bis 2.000,00 € Kosten, wenn sie in korrekter Form vorliegt. Bei 12 Bezirken und einer Buchführung auf Landesebene macht das 13 Buchführungen, die je nach Umfang 13.000,00 € bis 26.000,00 € verursachen können.

Bezieht man dies auf die Finanzmittel von 2009 (rund 27.000,00 €) ist ersichtlich, dass wenn wir bei dem jetzigen Finanzstatus Bezirksverbände gründen, der größte Teil der Mittel für die Reproduktion der Parteibürokratie verloren geht.

Unter diesen Voraussetzung müsste Bezirksverband mindestens 200 voll zahlende Mitglieder haben

(20% von 36,00 € Jahresbeitrag = 7,20 € x 200 = 1.440,00 €), um nur die Bürokratie zu erhalten. Deshalb halte ich es für realitätsfremd wenn 3 Piraten einen Bezirksverband gründen können.

Ein weiter Punkt ist, dass der Landesschatzmeister auch die Verantwortung für die korrekte Buchführung der Bezirke übernimmt. Bei den Problemen, die wir in den letzten Jahren auf dem Finanzsektor erlebt haben, würde ich nicht darauf vertrauen, dass die Bezirke das unmittelbar hinbekommen. Die Folge ist, dass der Landesschatzmeister das überwachen und kontrollieren muss.

Ich persönlich gebe gerne zu, dass ich mich nicht als Finanzkontrolleur eigne und möchte es auch keinem empfehlen sich das anzutun.

Deshalb meine Bitte an Diejenigen, die gerne Bezirksverbände gründen möchten, ein eigenes Konzept zu entwickeln, wie sie sich die Lösung dieser Probleme vorstellen. Des weiteren würde ich es sehr begrüßen, wenn sie auch einen eigen Kandidaten für den Schatzmeister aufstellen würden, damit die Mitglieder auf dem Parteitag die Möglichkeit haben auch die Leute zu wählen, die das dann auch umsetzen wollen.

Zusammenfassend halte ich, bei dem jetzigen Entwicklungsstand der Partei in Berlin (in den Flächenländern mag das anders aussehen) die Gründung von Bezirksverbänden für kontraproduktiv.

Auch kann ich mir nur schwer vorstellen, dass ein Organisationskonzept das aus dem 18. Jahrhundert stammt noch eine Zukunft hat.


Warum bin ich gegen Bezirksverbände ?

Da die Diskussion zu sehr auf die Finanzen fokussiert wurde und ich auch gefragt wurde „warum ich nur so gegen Bezirksverbände bin“, hier mein grundsätzlicher Standpunkt:

Ich skizziere mal kurz (ganz grob) das bekannte Szenario:

Ein finanzschwacher Bezirksverband hat ein tolles Projekt, aber nicht genügend Mittel um es umzusetzen.

Also wendet er sich an den Landesvorstand um die fehlenden Mittel zu erhalten.

Der Landesvorstand will dem Ansinnen nicht nachkommen.

Da entwickelt der Bezirksvorstand das Bedürfnis, Einfluss auf den Landesvorstand zu erlangen. Also fordert er, dass der Bezirk einen Vertreter im Landesvorstand stellen / oder wählen darf.

Was für den einen Bezirksverband recht ist, ist den andern Bezirken nur billig. Also werden alle einen Vertreter in den Landesvorstand entsenden. Damit der Landesvorstand nicht zu groß wird, wird man die Mitgliederzahl beschränken, so erhalten die Vertreter der Bezirke die Mehrheit im Landesvorstand.

Der Landesvorstand ist jetzt nicht mehr Verwaltungsausschuss der Mitglieder, sondern er ist jetzt Verhandlungsort der Bezirksinteressen.

Also werden die Bezirksvertreter sich über die zu machende Politik „verständigen“ um im Landesvorstand eine stabile und arbeitsfähige Mehrheit zu schaffen.

Ist dieser Zustand, gewollt oder ungewollt, erst einmal erreicht, sieht sich das einzelne Mietglied auf einmal einem eingespielten Parteifunktionärskörper gegenüber, der die Entscheidungen fällt und das Geld verwaltet. Will das Mitglied dann trotzdem etwas bewegen, wird es auf den Antragsweg durch die Parteiinstanzen verwiesen usw. usw. Somit ist die Herrschaft der Funktionäre über die Mitglieder vollbracht.

Schlussfolgernd ergibt sich daraus, dass die Gründung von Bezirksverbänden der erste strategische Schritt ist, um die Errichtung einer Parteibürokratie zu ermöglichen, die dann am Ende die Herrschaft über die Mitglieder ausübt.

Dies ist genau der Zustand, in dem sich die Alt-Parteien befinden, der zu Mitgliederfrust und -Schwund, Parteien- und Politikverdrossenheit geführt hat.

Ich bin der Meinung wir sollten diesen Weg nicht gehen, sondern einen mit Hilfe von LD einen basisdemokratischen Landesverband aufbauen, dessen Landesvorstand nur der Verwaltungsausschuss der Mitglieder ist. Nicht mehr und nicht weniger.

Die Piratenpartei in Berlin hat die einmalig Chance, die erste Partei in Deutschland zu werden, die nicht nur Basisdemokratie theoretisch einfordert, sondern den Beweis antritt, dass es auch praktisch funktioniert.

Wir sollten dies Chance nutzen.

Deshalb nochmal meine Bitte an alle Mitglieder, zum Parteitag zu erscheinen und ihr Votum für oder gegen die Errichtung einer Parteibürokratie abzugeben.