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Satzungsänderung: Verbot von Nebeneinkünften von Piratenpartei-Parlamentariern, Offenlegung der Einkünfte von Vorständen der Piratenpartei, Parteiprogrammänderungen zur Abgeornetenkorruption


Ich möchte hier vorschlagen, die folgenden Punkte in die Bundessatzung der Piratenpartei aufzunehmen und das Parteiprogramm der Piratenpartei um die folgenden Punkte zu erweitern.

Ich werde die Vorschläge über Mailinglisten veröffentlichen. Anmerkungen bitte auf die Diskussionsseite.

Vorschläge für Satzungsänderungen der Piratenpartei

Ich möchte vorschlagen, die Satzung der Piratenpartei um die folgenden Punkte zu erweitern.

  • 1.Mandatsträger der Piratenpartei in Länder-, Bundes- und Europaparlament dürfen keine Nebenjobs annehmen oder Nebeneinkünfte beziehen.


  • 2.Sie müssen, um dies kontrollierbar zu machen, ihre Einkommen detailliert offenlegen (z.B. durch Veröffentlichung von Steuerbescheiden). Im Gegenzug behalten sie alle Einkünfte aus ihrem Mandat.


  • 3.Als Voraussetzung für eine Kandidatur auf Listenplätze der Piratenpartei müssen die Kandidaten entsprechende Erklärungen abgeben.
  • 4.Funktionäre bzw. Amtsinhaber (Vorstandsmitglieder) der Piratenpartei ab Landesebene müssen ihre Einkommen offenlegen. Als Nachweis dienen Einkommensnachweise oder Steuererklärungen.

Anmerkungen

Anmerkungen bitte kursiv

Generell, das Verbot von Nebeneinkünften funktioniert natürlich nur dort, wo
volle Einkünfte gezahlt werden. Transparenz wird aber zu einem wichtigen 
Thema, sobald die Piraten politisch relevant werden, also in Landes und 
Bundesparlamenten vertreten sind. 
Und es wird schnell so weit sein, wenn die Menschen, die uns wählen sollen, 
das Gefühl bekommen, dass wir wirklich unabhängig sind. Aber spätestens zu 
diesem Zeitpunkt (dem Einzug in ein Parlament)  werden die Piraten und ihre
Abgeordneten zum Ziel von Lobbyismus werden. Wir werden glaubwürdige 
Tranzparenzregelungen hin bekommen müssen, ich glaub, das ist auch der 
eigentliche "politische Auftrag" der Piraten.--Naphthalin 22:44, 26. Okt. 2009 (CET) 

zu 1: willst Du Mieteinkünfte etc. verbieten?

Antw: Vielleicht wäre ein Lösung, Einnahmen, die ihren Ursprung in der Zeit 
vor dem Mandat haben, zu tolerieren - bei detaillierter Offenlegung. Ich habe 
irgendwo mal gelesen, die Nebeneinkünfte von Mandatsträgern sollten sich "auf 
die Vermögensverwaltung" beschränken.--Naphthalin 22:44, 26. Okt. 2009 (CET)

zu 1: Das fördert "Berufspolitiker", die völlig von ihrer Politkarriere abhängig werden und sich an ihre Position klammern. Demokratische Beteiligung sollte jedem offenstehen, ohne dass man dazu sein bisheriges Leben auf den Kopf stellen muss. Genauso muss man ohne Probleme in sein nicht-öffentlicher Leben zurückkehren können.

  Antw: Ich glaube, die meisten Abgeordneten klammern sowieso. 
Ein Mandat auf Landes- oder Bundesebene anzutreten bedeutet auf jeden Fall das
bisherige Leben auf den Kopf zu stellen, solche Mandate sind mit Sicherheit,
wenn man sie ernsthaft betreibt, "Volle Jobs", die keine Nebentätigkeiten 
zulassen. Man wird also für die Mandatszeit sowieso zum Berufspolitiker--Naphthalin 22:44, 26. Okt. 2009 (CET)

zu 1: Was ist mit Einkünften aus Unternehmensbeteiligungen (z.B. Anteil an GmbH), Aktien (z.B. Anteil an einem Pharmakonzern) usw. bzw. lässt sich das überhaupt nachweisen?

  Antw: Man muss die z.B. dem Finanzamt nachweisen. Nicht alle machen das,
aber bei einer "ordentlichen Abgeordnetenkorruptionsgesetzgebung" würde man 
sich strafbar machen und wenn man auffliegt, die entsprechnenden Sanktionen 
tragen müssen (was für ein Wort, aber Deutschland ratifiziert seit Jahren eine 
UNO Resolution zur Abgeordnetenkorruption nicht, die es unterzeichnet 
hat).--Naphthalin 22:44, 26. Okt. 2009 (CET)

zu 1: Die "Feierabendparlamente" der Stadtstaaten Bremen und Berlin sowie das "Teilzeitparlament"in Hamburg sind insoweit auszunehmen. --Matze 18:13, 26. Okt. 2009 (CET)

  Antw: Die Berliner, Hamburger etc Parlamente sollten besser Vollzeitparlamente 
werden mit ordentlichen Diäten. gerade das Berliner Parlament hätte die
letzten Jahre ein paar Abgeordnete nötig gehabt, die mit mehr Energie ihre 
Kontrollfunktionen hätten ausführen sollen --Naphthalin 22:44, 26. Okt. 2009 (CET)

zu 2: Auch Abgeordnete haben eine Privatshphäre

Antw: Sie bekleiden ein "öffentliches Amt". 
Schon jetzt müssen sie ihre Einkommen offenlegen, nur sind die Umstände so 
geregelt,  dass keine Rückschlüsse auf Abhängigkeiten möglich sind. Es geht 
aber nicht nur  um Offenlegung von Abhängigkeiten, sondern um die Verhinderung.

zu 2: Wie wird "detailliert" definiert? Muss z.B. ein Anwalt jede Zahlung seiner Mandanten preisgeben? Was ist mit indirekten Einkünften aus Firmenbeteiligungen, Aktien usw.? Die Lobbyisten überweisen die Schmiergelder im Zweifelsfall sowieso nach Luxemburg, so dass das Ganze ein zahnloser Papiertiger wird.

 Antw: Schily musste jetzt nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
seine Einnahmen als Jurist ausweisen... 
Bei einem Verbot von Nebeneinnahmen würden aber keine Einkommen aus
Anwaltstätigkeit anfallen--Naphthalin 22:44, 26. Okt. 2009 (CET)

zu 4: Klares VETO - wäre zB oft aus rechtlichen Gründen nicht zulässig - Betriebsgeheminisse, Mandantenschutz m.E. sind solche Forderungen auch nicht verfassungskonform.

Antw: Vielleicht wäre eine Lösung die Installation einer "Kontrollinstanz",
die den Vorstand nach Einsicht in die Unterlagen entlastet.
Siehe auch die Anmerkungen zu diesem Punkt weiter unten.--Naphthalin 22:44, 26. Okt. 2009 (CET)

zu 4: Vorstandsarbeit ist Ehrenarbeit. Damit wäre jeder ausgeschlossen, dessen Arbeitgeber darauf besteht, dass der Verdienst geheim bleibt (zum Beispiel meiner, sowie 90% aller nicht Tarifgebundenen Verträge). Leistungsträger schließt man damit aus. Benjamin Stöcker

zu 4: Wie wäre es mit einer Umsetzung nach norwegischem Vorbild, wo alle Bürger ihre Einkünfte offenlegen müssen [1]

  Antw: Ich glaube, dass wenn die Piratenpartei 5% und mehr bekommt, und das
bekommt sie, wenn sie glaubwürdig für Transparenz eintritt (die Vorschläge 
hier sind nur ein Anfang, wichtiger sind transparente Strukturen bei
Gesetzgebungsverfahren), dann sollen die Vorstände der Partei bezahlt werden 
- mit dem Verbot weiterer Einkünfte. In dem Fall wäre ein Vorstandsjob sicher  
auch eine "volle Stelle".  --Naphthalin 22:44, 26. Okt. 2009 (CET)

Vorschläge zur Aufnahme ins Piratenparteiprogramm

In das Programm sollten zusätzlich folgende politische Forderungen aufgenommen werden:

  • I.Die Piratenpartei fordert, dass diese Regelungen per Gesetz auch für Funktionäre und Mandatsträger anderer Parteien gelten sollen.
  • II.Verstöße gegen diese Regelungen sollten gesetzlich sanktioniert werden.
  • III.Forderung nach einer Erhöhung der Diäten und automatischer Koppelung an Durchschnitteinkommen
  • IV.Einführung von Karenzzeiten,
  • V.Offenlegung der Einkommensverhältnisse während der Karenzzeiten.
  • VI.Weiterzahlung von Diäten für die Dauer der Karenzzeiten bei Einkommenslosigkeit im Anschluss an ein Mandat.

Antworten

zu I: zu II: zu III: zu IV: zu V: zu VI:

Anmerkungen Satzungsänderungen

Zu 1: Mandatsträger der Piratenpartei in Parlamenten sollen keine Nebeneinkünfte haben

In Arbeitsverträgen sind Klauseln, die Nebentätigkeiten verbieten, durchaus üblich. Sieht man Parlamentarier als Angestellte des Volkes, ist das eine normale Forderung. Die Skandale der letzten Jahre und die Weigerung der Parlamentarier, ihre Einkünfte detailliert offen zu legen zeigen, dass große Firmen und Interessengruppen sich auch über Nebeneinkünfte vorn Parlamentariern Einfluss auf die Legislative "erkaufen". Um wieder Vertrauen in die Politik zu schaffen, ist ein absolutes Nebeneinkunftverbot nötig. Selbstständige (wie Ärzte oder Rechtsanwälte) müssten für die Zeit des Mandats die Selbstständigkeit aufgeben (für die eigentlich auch keine Zeit mehr bleibt). Wie man mit Einkünfte aus Firmen von Mandatsinhabern verfährt, müsste man sich überlegen. Denn auch hier sind Einflusseinnahmen denkbar durch gezielte Auftragsvergaben.

Zu 2: Detaillierte Offenlegung der Einkünfte von Parlamentariern der Piratenpartei

Parlamentarier sind ihrem Gewissen verantwortlich und können nicht von Ihren Parteien gezwungen werden, Normen zu erfüllen, die nicht gesetzlich vorgeschrieben sind. Man könnte aber prüfen, ob eine Verweigerung der Einkommensoffenlegung eines Parlamentariers der Piratenpartei über das bisherige gesetzliche Maß nicht mit einem z.B. Parteiausschlussverfahren geahndet werden könnte. Das soll keine Bestrafung des Parlamentariers sein, er behält ja sein Mandat und ist unabhängig, sondern die starke Willensbekundung der Partei, dass es sich bei der Verweigerung der detaillierten Einkommensoffenlegung und den Bezug von Nebeneinkünften um ein von der Partei nicht toleriertes Verhalten handelt. Der Parlamentarier hat sein Mandat mit Hilfe der Piratenpartei bekommen, ist als Parlamentarier aber nur seinem Gewissen verantwortlich. Sollten Gewissen und Parteimeinung nicht mehr im Einklang stehen, kann er weiter seine Positionen vertreten, kann aber nicht in Anspruch nehmen, dass für die Piratenpartei zu tun. Da die Diäten den Abgeordneten unabhängige parlamentarische Arbeit garantieren sollen, sollten diese auch den Abgeordneten zur Verfügung stehen. Die Piratenpartei muss deshalb auf die Zahlung von Anteilen aus den Diäten der Abgeordneten verzichten, wie es in anderen Parteien üblich ist.

zu 4: Offenlegung der Einkommen von Vorstandsmitgliedern in der Piratenpartei

edit 091025:

Ich wurde darauf hingewiesen, dass, da die Arbeit der Vorstände ehrenamtlich ist, auch Dritte durch eine Offenlegung der Einkommen betroffen seien und dass das Offenlegen bei abhängig Beschäftigten gegen deren Verträge verstoßen könnte, was Kündigungen zur Folge hätte. andererseits wird die Partei mit Sicherheit Ziel von Lobbyismus und Einflußnahmeversuchen, wenn sie anfängt, eine gewisse politische Relevanz zu bekommen. Also möchte ich den Vorschlag abwandelt. Solange die Vorstände ehrenamtlich arbeiten, sollte man ein Kontrollgremium aus Vertrauensleuten in der Partei installieren, das Einsicht in die Einkommensverhältnisse bekommen und den Vorstand nach Einsicht in die Vermögensverhältnisse entlasten.

Sobald die Partei oder parteinahe Sriftungen bezahlte Posten vergibt, sollten sowohl die Bezahlung öffentlich gemacht werden als auch eine "Ausschließlichkeitsklausel" in die Arbeitsverträge, die weitere Beschäftigungsverhältnisse verbietet und Nebeneinkünfte offen legt.

Ein weiterer Vorschlag war die Offenlegung von Posten neben der eigentlichen Berufstätigkeit, die eventuelle Abhängigkeiten bedingen.

Ich bitte um weitere Vorschläge!!! eof edit. Thorongil Dann mach ich hier mal einen Vorschlag. Wenn wir uns in diesem Fall ein Beispiel an der Verfahrensweise der hessischen Grünen nehmen: http://www.gruene-fraktion-hessen.de/cms/glas/rubrik/16/16768.glaeserne_abgeordnete.html wäre ein großer Schritt in Richtung Transparenz getan. Obwohl man dem Bundestagsvorbild mit dem (auch in meinen Augen ungenügendem) Stufensystem zu folgen scheint werden dort u.a. sogar Sitzungsgelder i.H.v 75,- Euro aufgeführt. Wir müssen das Rad also nicht neu erfinden sondern nur konsequent drehen.

Die Offenlegung der Einkommen von Parteifunktionären der Piratenpartei soll zwei Funktionen erfüllen. Die Vorbildfunktion: Die Offenlegung der Einkommen der eigenen Parteifunktionäre erhöht die Glaubwürdigkeit der Forderungen nach Transparenz von Politiker-Einkommen und unterstreicht die Entschlossenheit, diese Transparenz auch bei einem Einzug in Parlamente auch durchzusetzen. 2005 wurde auf starken Druck der Öffentlichkeit das Abgeordnetengesetz dahingehend geändert, dass Nebeneinkünfte angegeben werden müssen. Allerdings beschränkt sich die Angabe für hohe Einkünfte z.B. auf "über 7000 Euro", Rückschlüsse auf Abhängigkeitsverhältnisse von Abgeordneten sind so nicht möglich. (Nebeneinkünfte von Bundestagsabgeordneten)

Unabhängigkeit der Vorstände und Funktionsträger: Zweitens soll die Unabhängigkeit der Funktionsträger der Piratenpartei sichergestellt werden. Die Einkommenshöhen sollen nicht bewertet oder gar begrenzt, sondern durch Nennung der Einkommensquellen sollen Abhängigkeiten und Interessenkonflikte offen gelegt werden. Parteien tragen zur politischen Willensbildung bei. Funktionäre und Amtsinhaber von Parteien tragen zu dieser Willensbildung an besonders exponierter Stelle und mit mehr Einfluss als normale Bürger oder Parteimitglieder bei. Beispielsweise müssen Parteivorsitzende keine Parlamentsangehörigen sein, bestimmen aber mit Sicherheit die Politische Richtung ihrer Partei.

Anmerkungen Parteiprogrammänderungen

Zu I: Gesetz zum Verbot von Nebeneinkünften von Parlamentariern

Seit Dezember 2005 ist eine UNO-Konvention gegen Korruption in Kraft, die von der Bundesregierung und 140 anderen Staaten unterzeichnet und von über 100 Staaten ratifiziert wurde. Deutschland hat diese Konvention immer noch nicht ratifiziert. Um sie ratifizieren zu können, müsste der § 108 e StGB (Abgeordnetenbestechung) angepasst werden Standpunktpapier von Amnesty International.

091425_Edit In Mails tauchte oft das Argument auf, dass es reit um Abhängigkeiten und Nebeneinkünften von Politiker zu wissen. Ich glaube das NICHT. Riesters Abhängigkeiten von der Versicherungswirtschaft waren bekannt, dass er in dem Jahr (oder dem darauf folgenden?) mindestens 180 000 Euro für Reden auf Veranstaltungen von Versicherungsgesellschaften kassiert hat, war ebenfalls bekannt. Die 180000 sind seine eigenen Angaben gewesen (25 Reden für über 7000 Euro), genau so gut kann es das 5 oder 10 fache gewesen sein. Das Wissen über seine Abhängigkeiten hat aber die Riester Rente nicht verhindert, es hat nur dazu beigetragen, dass die Wahlbeteiligung auf ca. 50% sank. Wissen um Abhängigkeiten und Nebeneinkünfte und die Erkenntnis der eigenen Macht- und Einflußmöglichkeit führt zum Legitimationsverlust der Demokratie. Man muss es nicht nur wissen, sondern abschaffen und verhindern. Sonst wäre es besser, man wüßte es nicht.

eof edit

Zu II: Gesetze zur Abgeordnetenkorruption

Die Weigerung, die Mindestanforderungen der UNO umzusetzen, zeigt, wie groß der Widerstand der Bundesabgeordneten ist, gegen Korruption in den eigenen Reihen vorzugehen. Auf Grund der bisherigen Praxis wird eine für den Wähler glaubwürdige Unabhängigkeit nur zu erreichen sein, wenn Nebeneinkünfte generell verboten werden und ein Verstoß gegen dieses Verbot auch entsprechend geahndet wird, unabhängig davon, ob eine konkrete Vorteilnahme nachgewiesen werden kann. Die Diskussionen um Otto Schily und andere selbstständige Rechtsanwälte, die Angaben über Einkünfte mit Hinweis auf den Mandantenschutz verweigerten, lassen als logische Konsequenz auch nur die Forderung zu, selbstständige Tätigkeiten für die Dauer des Mandats zu verbieten (für die Parlamentarier theoretisch auch keine Zeit mehr haben dürften). Otto Schilys steht auch für ein weiteres Problemfeld. Seine Anteile an der Druckerei, der er durch die Einführung der biometrischer Ausweise riesige Aufträge verschaffte, und ähnliche Skandale (ex Postminister Schwarz-Schilling verkabelte die Republik mit Kabeln aus der eigenen Fabrik) problematisiert auch Einkünfte aus eigenen Firmen oder Anteilen an anderen (in meinen Augen ist Schilys Verhalten ein klassischer Fall von Korruption). Hier müsste ebenfalls auf die Schaffung von Regelungen hin gewirkt werden, die solche Interessenkonflikte bei Abgeordneten ausschließen.

In Korruption verstrickten Personen fehlt es oft an Unrechtsbewusstsein. Ziel einer eigenen Anti-Korruptions-Gesetzgebung ist es, auch das Unrechtsbewusstsein bei den Betroffenen zu schaffen Bericht BKA Tagung, 2001. Korruptionsdelikte sind schlimmer als z.B. Betrugsfälle, in denen Einzelne oder kleine Personengruppen geschädigt werden. Denn Korruption bei Gesetzgebungsverfahren betrifft immer die gesamte Bevölkerung und zerstört darüber hinaus die Demokratie.


Zu III: Erhöhung von Diäten und Koppelung an Durchschnittseinkommen

Um eine wirkliche Unabhängigkeit der Abgeordneten und die Attraktivität von Abgeordnetenmandaten zu garantieren könnte man die Diäten bei einem totalen Verbot von Nebeneinkünften anheben. Denkbar währe eine Koppelung an die Durchschnittseinkommen aller Deutschen, multipliziert mit einem festgelegten Faktor. Das hätte zur Folge, dass Parlamentarier nicht mehr gezwungen werden, "sich selbst bedienen" zu müssen. Gleiches sollte für Parlamentarier-Renten gelten. Ein Koppelung der Parlamentarier-Renten über einen Faktor an die gesetzlichen Durchschnittsrenten würde mehr Transparenz schaffen, auch hier ist in der Bevölkerung der Eindruck eines "Selbstbedienungsladens" entstanden. (Vielleicht wird als Nebeneffekt das Interesse der Parlamentarier an der gesetzlichen Rente wieder gesteigert).


Zu IV: Karenzzeiten

Politiker werden von großen Firmen und Konzernen für gewünschtes“ politisches Verhalten durch Stellen nach dem Mandatsende belohnt (Clemens, Schröder, Rührup, die Fälle sind Legion). Dadurch sichert sich die Firma außerdem das Insiderwissen der Politiker und Einfluss über die persönlichen Kontakte des Ex-Politikers zu seinen noch aktiven Kollegen und Kolleginnen. Die Karenzzeiten sollten lang genug sein, um das Insiderwissen veralten und ev. auch die persönlichen Kontakte zu Kollegen abreißen zu lassen. Eine Legislaturperiode wäre ein Vorschlag.

Zu V: Offenlegung von Einkünften während der Karenzzeit

Um Einflussnahmen durch das Versprechen von Einkommen oder Zuwendungen nach der Mandatszeit zu verhindern sollten auch noch nach einem Mandat die Einkommen ehemaliger Parlamentarier offen gelegt werden.

Zu VI: Weiterzahlung von Diäten bei Einkommenslosigkeit im Anschluss an Parlamentsmandate

Da vielleicht die „Wiedereingliederung“ von Abgeordneten Schwierigkeiten bereitet, wenn sie auf Grund ihres Mandats und eines Nebeneinkunftsverbots ihre Arbeitsstelle oder ihre selbstständige Arbeit nieder gelegt haben, wäre die Fortzahlung von Diäten im Falle der Einkommenslosigkeit für die Dauer der Karenzzeit diskutabel. (Ein Koppeln der Länge dieser Fortzahlungen an "Zahlungen normaler Arbeitslosenhilfe" würde sicher auch die Bewertung dieser Hilfe ändern).

Allgemeine Anmerkungen:

Offensichtlich stand das Thema Korruption schon beim Bundesparteitag 2009.1 auf der Themenliste (und wurde nicht bearbeitet?). Siehe BP 2009.1 Parteiprogramm Änderungsanträge

Die Wahlmüdigkeit und das schlechte Image von Politikern ist auf das allgemeine Gefühl zurück zu führen, dass die Politiker nicht die Interessen ihrer Wähler sondern andere Interessen vertreten. Dieses Gefühl ist das Resultat einer langen Reihe von Skandalen, die bis in die 1970er zurückreichen.

Korruption ist soziales Verhalten. Man hilf Bekannten,Freunden, hat einen Auftrag oder Stellung zu vergeben und gibt diese eben an die, die man kennt und denen man verpflichtet ist. Man hilft Angestellten der Ministerialbürokratie beim Formulieren, gibt ihnen Insiderinformationen aus der eigenen Firma oder Verband und diese revanchieren sich und berücksichtigen die gut erläuterten Interessen ihrer Freunde bzw. warnen fühzeitig bei unerwünschten politischen Entwicklungen.

Karlheinz Maldaner, bis 2003 Leiter der Telekom Hauptrepräsentanz in Berlin und damit unter Ron Sommer der Chef Lobbyist der Telekom sagte mit bemerkenswerter Offenheit in einem Interview mit Thomas Leif: "Man macht sich die Arbeit dadurch ein Stück leichter, dass man durch kontinuierlich gepflegte Kontakte Partner in der Politik und den Ressorts hat, mit denen die Kooperation so gut klappt, dass sie sich mitunter auch selbstständig melden bei Sachen, die "brennen", nach dem Motto "weißt du eigentlich schon, dass..." und im selben Interview "Aber sehr häufig bitten die Ressorts um Hilfestellung bei der Formulierung von Gesetzestexten oder spezifischen inhaltlichen Fragestellungen, weil sie mangels eigener Ressourcen darauf angewiesen sind. Die Industrievertreter helfen den Rechtsressorts und den Finanzressorts häufig Formulierungen zu finden, die sehr komplexe Fragestellungen wiedergeben und Bestand vor Gericht haben..."[1]

Korruption ist also ein Ausdruck dessen, dass der Mensch ein soziales Wesen ist. Deshalb liegt bei den Beteiligten auch oft kein oder ein geringes Unrechtsbewusstsein vor.

Was in der Peer-Group positiv wahrgenommen wird ist für die Gesamtgesellschaft hochgradig schädlich und für die Demokratie tödlich.

Korruption führt dazu, dass Entscheidungen nicht mehr aus sachlichen Gründen getroffen werden. Bei der Gesetzgebung werden die Interessen von Gruppen, Firmen und Verbänden berücksichtigt, die ihre Interessen durch eine erfolgreiche Lobbyarbeit dem Gesetzgeber "nahe bringen" können.

Vielleicht werden ministerielle Fachressorts nicht mit der nötigen personellen und fachliche Ausstattung versehen, um unabhängig Gesetzestexte zu formulieren zu können, damit sie auf die freundliche Zuarbeit hilfsbereiter Firmenvertreter angewiesen sind?

Da große Teile der Bevölkerung nicht die finanziellen und organisatorischen Möglichkeiten haben, ihre Interessen durch aufwendige Lobbyarbeit durchzusetzen, (nur als Beispiel Arbeitslosen, Alleinerziehende, Abhängig Beschäftigte mit niedrigen Einkommen...) fallen deren Interessen in der Politik unter den Tisch. Es entsteht der Eindruck, dass Wirtschaft und Verbände die Politik dirigieren und eine Einflussnahme über Wahlen nicht mehr möglich ist.

Für die Demokratie sind diese Folgen existenzbedrohend. Eine Demokratie, in der die Hälfte der Wahlberechtigten als Folge bewusster Entscheidungen (und nicht,weil das Wetter zu schön war) nicht wählen geht, hat eine massive Legitimationskrise. Deshalb sollte unsere Politik alles daran setzen, diesen Tendenzen entgegen zu wirken.

Glaubwürdigkeit erringt man jedoch nur, wenn man mit gutem Beispiel voran geht. Die oben vorgeschlagenen Maßnahmen werden die Mängel in den aktuellen Gesetzgebungsverfahren nicht beseitigen. Sie sind aber ein symbolischer Anfang und, um es mathematisch zu sagen, notwendige, aber nicht hinreichende Bedingungen für eine transparente Politik.

[1] Interview mit Karlheinz Maldaner, aus Thomas Leif, Rudolf Speth (Hrsg.). "Die Stille Macht - Lobbyismus in Deutschland, Westdeutscher Verlag, 2003, Seite 144 ff