Stellungnahme Internetzensur

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A. Gliederung

  1. Einleitung: Zensurprovider, Bürgervereinigung
  2. Argumente gegen die Zensur im Internet
    1. Mehrheit der Menschen ist dagegen
    2. Leicht zu umgehen
    3. Nicht mit dem GG zu vereinbaren
    4. Sogar ehemalige Opfer sind dagegen
    5. Nicht mit dem Rechtsstaatlichkeitsprinzip vereinbar
    6. Neutrale Berichterstatter werden zu Verbrechern
    7. Verhindert nicht Ursachen
    8. Fazit: nur unwissender Bürger wird beruhigt
  3. Schluss: Anderen Ansatz finden, Beispiel vom manitu folgen

B. Stellungnahme

Es ist soweit: Die Regierung ist wieder einen Schritt weiter gegangen, die Bür­ger zu bevormunden. Letzte Woche unterzeichneten sechs Provider (Alice, Ar­cor, Telekom, Kabel Deutschland, O2, Vodafone) auf freiwilliger Basis eine Selbstverpflichtung, Seiten, die möglicherweise kinderpornographisches Ma­terial enthalten, zu sperren (Quelle: http://www.zensurprovider.de). Weitere Provider wollen sich der gesetzlichen Zensur unterwerfen, sobald sie rechtskräftig ist. Lediglich Manitu und QSC sind gegen eine Internetzensur, wobei Manitu im Falle eines Gesetzeserlasses sogar bis vor das Bundesverfassungsgericht zie­hen will (Quelle: http://www.manitu.de/zensur-freies-internet/). Zensur - eigentlich sollte dieses Wort ein rotes Tuch für jeden demokratischen Bürger sein, und tatsächlich gibt es zahlreiche Proteste seitens diverser Bürgervereinigungen. Die Liste der Argumente ist lang:


Den ersten Punkt, den ich dagegen vorbringen möchte, ist ein ganz simpler, nämlich die Demokratie. Ein Aspekt von Demokratie ist, dass die Menschen in einem Staat sich der Meinung der Mehrheit unterzuordnen ha­ben, damit ein gesellschaftliches Zusammenleben möglich ist. Die Mehrheit der Bürger ist aber gegen Zensurmaßnahmen, wie die eben schon genannten Protestkundgebungen beweisen. Da Deutschland eine Demokratie ist, so muss man darauf bestehen, dass nun auch dem Willen des Volkes entsprochen wird. Dass man diesen aber auch ignorieren kann, hat unser Innenminister schon in der Vergangenheit bewiesen, als er gegen den Protest zahlreicher Bürger die Vorratsdatenspeicherung beschloss.


Nicht nur, dass das Volk dagegen ist, es ist auch keinesfalls ein wirksa­mes Mittel. Eigentlich funktioniert der Filter folgendermaßen: Besucht der In­ternetbenutzer eine Seite, die auf der Schwarzen Liste steht, so wird er auf eine Seite mit einem Stopp-Schild weitergeleitet. Zunächst klingt dies ver­nünftig - doch nur zunächst. Der Nutzer kann tatsächlich innerhalb von fünf Minuten seinen Internetzugang zensurfrei schalten, indem er seinen DNS-Ser­ver auf eine bestimmte Adresse in den Netzwerkeinstellungen ändert. Nun surft er wieder völlig frei von Sperren durchs www. Eine einfache Anleitung findet sich beispielsweise unter http://www.ccc.de/censorship/dns-howto/. Die Sperre verursacht somit lediglich Kosten, die von unseren Steuern abbezahlt werden müssen, aber sie löst das Problem in keiner Weise.

Bis heute ist mir nichts von einer Kostenübernahme des Staates bekannt. Vielleicht irre ich mich, aber ich denke, das die Access Provider es direkt an ihre Kunden weiter geben müssen. --Mshweb 17:40, 1. Jun. 2009 (CEST)


Wir müssen unser Augenmerk allerdings natürlich auch auf unsere Ver­fassung lenken. Folgendes ist in Art. 5 (1) GG festgelegt:

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

Ein Gesetz zu beschließen, das bestimmt, dass das Internet zensiert wird, kann somit nur als verfassungswidrig eingestuft werden. Als die Provider vergange­ne Woche den Vertrag mit der Familienministerin von der Leyen unterschrie­ben haben, legten sie den Grundstein für die erste Zensur eines öffentlichen Mediums in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Man sollte doch davon ausgehen, dass nach den Erfahrungen mit dem Dritten Reich vor allem jeder Deutsche einer Zensur kritisch gegenüberstehen müsste. Im Falle, dass tatsächlich ein Gesetzesentwurf beschlossen wird, liegt die letzte Hoffnung meinerseits auf dem Bundesverfassungsgericht, das sich bereits erfreulicher­weise in der Vergangenheit schon mehrfach gegen zweifelhafte Gesetze wie z. B. den Bundestrojaner stellte.


Selbstverständlich sollte man Menschen, denen tatsächlich einmal se­xuelle Gewalt angetan wurde, die Gelegenheit zur Meinungsäußerung geben. Fragt man sie, was sie von der Internetzensur halten, so erhält man erstaunli­che Ergebnisse. Es folgt ein Zitat aus einem Interview mit Christian Bahl, dem Gründer des Vereins Missbrauchsopfer gegen Internetsperren (Quelle: http://www.zeit.de/online/2009/17/netzsperren-missbrauch); seine Meinung zu den Zensurmaßnahmen lautet:

"Die Diskussion, wie sie gerade läuft, ist nicht hilfreich. Die ist schlimm für die Opfer, ihnen wird damit noch ein zweites Mal wehge­tan. Ich fühle mich wieder zum Opfer gemacht. Ich fühle mich in der Debatte für ein politisches Ziel missbraucht. Das alles ist nur möglich, weil das Tabu Kinderpornografie instrumentalisiert wird: Das ist so böse, da darf man gar nicht offen drüber diskutieren. Das ist das glei­che Muster wie in den Familien, in deren Umfeld Missbrauch ge­schieht."


Eine größere Gefahr für unser Rechtssystem, das in der Internetzensur lauert, ist, dass dies doch nur der erste Schritt sein könnte. Möglicherweise folgen danach Aussagen wie Wir sperren Seiten, die .torrent-Dateien enthal­ten; dies wird dann wiederum akzeptiert und irgendwann werden regierungs­kritische Seiten verboten. Denn eine Kontrolle, welche Seiten gesperrt werden sollen, ist gar nicht möglich, da die Liste der zensierten Web-Seiten nicht öf­fentlich gemacht werden darf. Das BKA will sie lediglich täglich an die Provi­der geben, die dann ihre DNS-Server anpassen müssen. Es mag zuerst weit hergeholt klingen, doch wie man z.B. an der bereits erwähnten Vorratsdaten­speicherung sieht, hat sich die gegenwärtige Regierung dem Populismusver­dacht eher selten ausgesetzt.


Zudem erscheint mir wichtig, auch im Bezug auf den vorherigen Punkt, zu erwähnen, dass Gesetze wie diese auch dehnbar sind und somit zum Missbrauch seitens der Regierung einladen. Wie man unter http://tinyurl.com/hausd-kipo nachlesen kann, wurde einem dänischen Blogger zum Verhängnis, dass er auf die bei Wikileaks aufgetauchte Sperrliste von kinderpornographi­schen Websites verlinkte, genauer gesagt eigentlich nur auf die Seite http://schutzalter.twoday.net/, die wiederum auf die Sperrliste verweist. Somit hat er, um juristisch zu sprechen, nur mittelbar auf diese Auflistung verwiesen. Doch inzwischen wird ihm bereits vorgeworfen, kinderpornographischen Ma­terial zu verbreiten. Er geht zwar davon aus, dass die Anschuldigungen alsbald fallen gelassen werden, doch der Ruf eines Kinderpornokonsumenten wird ihm wohl immer anhaften. Ein solcher Fall wäre auch in Deutschland denkbar. Das Landgericht Hamburg hat in einem Grundsatzurteil schon 1998 entschie­den, dass man mit der Verlinkung auf eine fremde Webseite auch Verantwor­tung für deren Inhalt übernimmt, aber in einem so eng verflochtenen Netzwerk wie dem Internet ist es so gut wie unmöglich, nicht zumindest mittelbar über drei oder vier Seiten hinweg auf eine potentiell illegale Seite zu verlinken, selbst wenn dies nur über Referring passiert. Betrachtet man jedenfalls den Fall aus Dänemark genauer, so kann man nur zu dem Schluss kommen, dass die Verlinkung einfach ein Vorwand war, eine Hausdurchsuchung durchzufüh­ren.


Das wichtigste Argument jedoch gegen die Zensurmaßnahmen ist, dass das nicht die Ursachen löst, sondern nur eine Folge eindämmt. Natürlich ist mit dem Internet ein einfacher Weg gefunden worden, seine Waren an den Mann zu bringen, und somit leider auch illegale Sachen wie eben Kinderpor­nos. Aber es ist keinesfalls so, dass diese Branche vom Internet abhängig wäre. Sie hat schon funktioniert, als es das Internet noch gar nicht gab, und wird dies leider wohl auch, wenn es keinen Markt mehr bietet. Statt Zensur sollte sich die Regierung darum kümmern, die Quellen für kinderpornographi­sche Schriften trockenzulegen.


Fasst man alle oben genannten Punkte zusammen, so stellt man fest, dass die Internetzensur nur diejenigen beruhigen kann, die sich mit den technischen Hintergrund wenig auskennen. Man kann auch sagen: Der gute Wille war vor­handen, aber an der Umsetzung muss noch gearbeitet werden.


Ich persönlich denke, man sollte einen anderen Ansatz finden. Härtere Strafen wären ein Beispiel dafür. Wer nämlich kinderpornographisches Material ver­äußert, hat mit lediglich drei Monaten bis fünf Jahren zu rechnen beziehungs­weise bei Gewerbsmäßigkeit mit sechs Monaten bis 10 Jahren (§ 184b (1), (3) StGB). Der Käufer hat mit maximal zwei Jahren oder gar nur einer Geldstrafe zu rechnen (§ 184b (4) StGB). Auf jeden Fall müssen die Provider, sofern das Zensurgesetz tatsächlich rechtskräftig wird, dem Beispiel von Manitu folgen.

Man darf den vorliegenden Text keinesfalls so werden, als befürworte ich den Besitz, Handel oder ähnliches mit Kinderpornographie. Ich bin ledig­lich der Auffassung, dass unser Ziel, "in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen" (Präambel GG), nicht mit diktatorischen Mitteln wie Zen­sur gelöst werden kann. Imperare sibi maximum imperium est. (Seneca)

Ich vermisse hier den wichtigen Punkt das dieses Gesetz die eigentlichen Täter unbescholten lässt und stattdessen willkürlich den teils zufälligen Besucher einer Website kriminalisiert. Insgesamt entsteht der Eindruck, das hier unter dem Deckmantel des Kinderschutzes ein Präzedenzfall zur Internet Zensur geschaffen werden soll. Kein Wunder das bereits Stimmen laut wurden die eine spätere Ausweitung auf andere Tatbestände befürchten und sich Bilder regelrechter Verschwörungspraktiken aufdrängen. Ebenfalls sehr wesentlich ist, das die Bekämpfung von KiPo ganz anders zu erfolgen hat: 1. Herausfinden wer hinter dem entsprechendem Web-Angebot steht. 2. Dort eine überraschende Hausdurchsuchung (ohne vorher ein Stopp Schild aufzustellen) durchführen. 3. Die Site nach der HD löschen anstelle sie zu sperren. Für diese Schritte haben die Ermittlungsbehörden bereits sämtliche Befugnisse, der Gesetzentwurf ist somit doppelt unsinnig. --Mshweb 17:54, 1. Jun. 2009 (CEST)

--MircoL 14:34, 1. Jun. 2009 (CEST)

C. Kommentare, Anmerkungen, Hinweise