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50px Dieser Artikel ist keine offizielle Aussage der Piratenpartei Deutschland, sondern hier findet/fand eine offene Diskussion des Themas statt.

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Uns ist bewusst, daß Wirtschaft ein Netz aus Wirtschaftsakteuren ist, die miteinander arbeiten und voneinander abhängig sind. Absolute Unabhängigkeit gibt es für Teilnehmer am Wirtschaftssystem nicht, über geschäftliche Beziehungen stehen wir alle miteinander in Verbindung und sind auf die Mitarbeit, Verlässlichkeit und Fairness der anderen Wirtschaftsakteure angewiesen. Die Struktur der Wirtschaft ist ein Netzwerk bestehend aus uns Menschen und unseren ökonomischen Verbindungen. Auf Basis dieser Erkenntnis ist uns klar, dass auch unser eigenes ökonomisches Handeln direkt und indirekt auf uns selbst zurückwirkt. Der wirtschaftende Mensch ist kein auf reinen Eigennutz programmierter Homo Oeconomicus, sondern legt, wie neuere Erkenntnisse der experimentellen Wirtschaftsforschung belegen, sehr viel Wert auf Fairness und soziale Beziehungen, die ihn altruistisch handeln lassen. Er ist eher ein Homo Reciprocans, Homo Cooperativus, Homo Oeconomicus Socialis.

Diese Situation erfordert besondere Verantwortung beim Handeln im und der Konstruktion des Wirtschaftssystems.

Wirtschaft ist nicht Zweck, sondern Mittel zum Zweck. Der Mensch und seine Umwelt sollten im Mittelpunkt wirtschaftlichen Handelns stehen. Das Wirtschaftssystem sollte nicht missbraucht werden können, um Menschenrechte auszuhebeln, Macht unfair zu verteilen oder anderen Grundsätzen unserer Programmatik zu widersprechen.

Das Wirtschaftssystem sollte ein möglichst neutral wirkender gesellschaftlicher Raum sein, in welchem wir Menschen miteinander unsere Grundbedürfnisse befriedigen. Neutral bedeutet hierbei, dass das Wirtschaftssystem so konstruiert sein muss, dass es nicht systemimmanent soziale Hierarchien aufrecht erhält oder Eigentums- und Einkommensungleichgewichte verstärkt. Vielmehr sollte das ökonomische Regelsystem und die eingesetzten Instrumente so gebaut sein, dass sie negativ rückkoppeln. Ökonomische Extremsituationen (wie extreme Boomphasen oder extreme Wirtschaftskrisen) sollten ebenso vermieden werden wie zerstörerischer Einfluss auf den Menschen und seine Umwelt.

Zielsetzung

Die Zielsetzung ökonomischen Handelns kann nicht in isoliertem Wirtschaftswachstum bestehen. Wirtschaftswachstum ist nicht essbar, ewiges Wachstum ist nicht möglich und es führt auch nicht automatisch zu einer glücklicheren Bevölkerung und kann als einzelne Kennzahl nicht die Komplexität wirtschaftlichen und menschlichen Lebens abbilden. Vielmehr sollte die Zielsetzung, auf welche das Gesamtsystem Wirtschaft ausgerichtet werden sollte, öffentlich diskutiert und in demokratischen Abstimmungen von der Bevölkerung vorgegeben werden. Mögliche Ziele wären beispielsweise:

  • möglichst hohes Wirtschaftswachstum
  • Erhaltung des Lebensstandards auch bei Nullwachstum
  • die Steigerung des 12pxBruttonationalglücks
  • die Verringerung der individuellen Arbeitszeit
  • die Steigerung der gesamtgesellschaftlichen Energieeffizienz
  • die Steigerung der gesamtgesellschaftlichen Zeiteffizienz
  • Energieautonomie

usw.

Der Mensch ist kein homo oeconomicus. Wie die experimentelle Wirtschaftsforschung zeigt, ist der Mensch insbesondere an Fairness interessiert. Die Wirtschaftsordnung muss dieser Situation angepasst sein. Priorität jeden wirtschaftlichen Handelns hat die Versorgung der Bevölkerung und die Freiraumschaffung für das Individuum. Dahinter sollte unbedingtes Wirtschaftswachstum oder übersteigerte Exportorientierung zurücktreten.

Die Rahmenbedingungen sind so zu setzen, dass besondere Leistung zu besonderer Entlohnung führt, nicht aber der reine Besitz zum automatischen Besitzzuwachs. Eine moderne Gesellschaft muss die Existenzsicherung für alle ermöglichen. Wir halten das marktwirtschaftliche Prinzip für eines der geeignetsten Werkzeuge, wirtschaftliche Prozesse abzuwickeln. Dem Unternehmertum kommt eine besondere Bedeutung zu. Unternehmen sind wichtige Knoten im Wirtschaftsnetzwerk, dort passiert die Haupt-Wertschöpfung. Ohne unternehmerisches Handeln gibt es kein Angestelltendasein. Wir fördern deshalb das Prinzip des Unternehmen statt unterlassen. Dazu wollen wir Konzepte erschaffen und umsetzen, die es erleichtern, sich als Unternehmer selbstständig zu machen. Hilfreich wäre dazu ein Abbau der Bürokratie.

Monopole & Dezentralisierung

Eine besondere Beachtung gilt wirtschaftlichen Monopolen. Monopolbildung führt regelmäßig zu einer Übervorteilung des Monopolisten gegenüber Kunden und Gesamtgesellschaft, was sich in erhöhten Preisen für letztere und Monopolprämien für erstere ausdrückt.

Eigene Freiheit (in ökonomischer Sicht) wird begrenzt durch die Abhängigkeiten, die andere in eine missbrauchbare Machtposition bringen. In gleichem Maße, wie Menschen (ökonomische) Macht über andere Menschen haben bzw. ausüben, sinkt der Freiheitsgrad der Machtloseren. Monopol- und Kartellstrukturen lassen den Menschen keine Alternative und führen deshalb zu verstärkten Abhängigkeiten. Das Wirtschaftssystem ist so zu gestalten, dass Monopole und deren Entstehung verhindert werden.

Dezentralisierung ist ein hilfreicher Ansatz, Machtkonzentrationen aufzubrechen bzw. zu verhindern. Förderungen sollten deshalb insbesondere Dezentralisierung stimulieren:

  • kleine und mittelständische Unternehmen statt Großkonzerne
  • kleine und mittlere Technologien statt Großprojekte
  • Subsidiarität statt Zentralismus („Europa der Regionen“)
  • erneuerbare Energien und nachwachsende Rohstoffe, die möglichst dezentral produziert und in räumlicher Nähe verarbeitet und verbraucht werden

Teilhabeprinzip statt Ausschließlichkeit

Inspiriert vom Ansatz freier Software wollen wir neue Teilhabe-Konzepte im Wirtschaftsleben fördern. Auch wenn Privateigentum in den meisten Situationen gerechtfertigt und sinnvoll ist, so muss doch festgestellt werden, dass privates Eigentum immer bedeutet, dass alle anderen Menschen auf dem Planeten von seiner Nutzung ausgeschlossen sind. Die Förderung von Eigentum in anderer Form findet sich beispielhaft in förderwürdigen Ideen wie:

  • freie Hard- und Software
  • offenes Wissen und offene Patente
  • freie Geschäftsmodelle
  • Bürgerbusse & CarSharing
  • Verbrauchergemeinschaften
  • Haus- und Wohngemeinschaften, Mietshäuser-Syndikate
  • Produktions-, Handels-, Kredit-, Einkaufs-, Grundeigentums- und Nutzungsgenossenschaften

Weitere freie/offene Konzepte, die Nutzungsmöglichkeiten auf möglichst viele Menschen verteilen (gemeinsame Nutzung statt ausschließendes Privateigentum), begrüßen und fördern wir ausdrücklich.

Finanz- & Währungssystem

Geld kann als gesellschaftliches Verrechnungs- und Informationssystem betrachtet werden: Die in Geld ausgedrückten Preise informieren darüber, wieviel Aufwand zur Produktion nötig ist und wie viel den Käufern ein Produkt wert ist. Geld und seine Derivate informieren darüber, wer bereits Leistung ins Wirtschaftssystem eingebracht hat (Geldbesitzer) und deshalb Anspruch auf Gegenleistung durch die anderen Wirtschaftsakteure hat. Es informiert darüber, wer Leistung vom System bezogen hat, ohne seine Gegenleistung zu erbringen (Geldschuldner).

Als neuralgisches System bedarf das Finanzsystem besonderer Beachtung und stabilisierender Elemente. Ohne funktionierendes Verrechnungssystem ist marktwirtschaftlicher Leistungsaustausch, Arbeitsteilung und Spezialisierung unmöglich.

Aus dieser Sicht kann auch das Geldmonopol hinterfragbar sein. Das Finanzsystem sollte, wie andere kritische Subsysteme des Wirtschafts- und Gesellschaftssystems auch, redundant ausgelegt werden. Dies kann durch die Installation zusätzlicher Währungs- und Verrechnungssysteme geschehen.

Insbesondere die Entwicklung dezentraler, internetbasierter elektronischer Finanzsysteme ist zu befördern. Wirtschaftsakteure könnten mit Hilfe solcher Systeme einerseits wählen, welche Zahlungsmittel sie nutzen und in welchem Wirtschaftsraum sie agieren, andererseits kann eine Vielzahl unterschiedlich konstruierter Währungssysteme zu einer Weiterentwicklung des Wirtschaftssystems führen: Zunehmend weg vom ehemals materiebasierten Goldstandard hin zum freien Verrechnungssystem. Die software-technische Gestaltung solcher Systeme sollte auf freier Software basieren, um einzelnen Gruppen von Wirtschaftsakteuren die Gelegenheit zu geben, eigene Instanzen zu installieren, wenn bereits existierende Finanzsysteme eine kritische Entwicklung durchmachen.

Diesbezüglich sind IT-Piraten aufgefordert das vorliegende Konzept der Piratenflagge aufzugreifen und das Portal Piratenmarkt.org zu entwickeln. Nach Etablierung der Flagge als zunächst rein virtuelle Währung soll die Piratenbank.org unter Vorbildnahme des Schweizer WIR auf den Weg gebracht werden.

Globalisierung & Regionalisierung

Der Prozess der Globalisierung ist zu begrüssen, soweit er allen Menschen des Planeten behilflich ist, glücklich zu werden. Dies kann durch Wohlstandssteigerungen erreicht werden, kann von diesen jedoch auch unabhängig sein. Globalisierung darf jedoch nicht dazu führen, dass die Handlungsfähigkeit von Menschen auf der einen Seite des Planeten eingeschränkt wird, weil destabilisierende Ereignisse auf der anderen Seite des Planeten eintreten.

Gemäß dem Ansatz der Dezentralisierung fordern wir deshalb, ergänzend zum Globalisierungsprozess einen Regionalisierungsprozess anzustoßen, der auf eine Ökonomie der Nähe sowie regionale Energieautonomie und Versorgungssouveränität abzielt. Regionen sollen ihre Grundbedürfnisse aus sich selbst heraus erfüllen können. Das betrifft insbesondere: Nahrung, Wohnen, Arbeit, Kommunikation, Nahverkehr, Bildung, Kultur, Pflege, Heilung und andere menschennahe Dienste. Die Einbettung jeder Region ins globale Wirtschaftsgewebe soll einerseits Versorgungsredundanz und andererseits globalen Warenaustausch bei globaler Arbeitsteilung gewährleisten.

Der zweisäulige Ansatz regionaler Ökonomie der Nähe integriert in das globale Wirtschaftsgefüge stabilisiert das wirtschaftliche und damit gesellschaftliche System der Menschheit, verringert Abhängigkeiten und wirkt heute bestehenden Machtungleichgewichten entgegen.

Evolution der Ökonomie & Sandboxprinzip

Wir sind uns im Klaren, dass der Kapitalismus nicht das Ende jeder ökonomischen und gesellschaftlichen Entwicklung ist. Wir stehen deshalb insbesondere für jene Weiterentwicklung ein und fördern Experimente, die neue Wege menschlichen Lebens und Wirtschaftens aufzeigen.

Insbesondere setzen wir uns für Experimentierklauseln ein, um neue ökonomische Instrumente, Konzepte oder Spielarten auszuprobieren (Sandboxprinzip) und die dort gemachten Erfahrungen in eine Weiterentwicklung der Ökonomie rückzuführen. Solche ökonomischen Experimente könnten in gesonderten gesellschaftlichen Räumen (geografische oder sektorale Räume, wie einzelne Regionen oder Branchen) durchgeführt werden. Konzepte wie das bedingungslose Grundeinkommen wären damit evaluierbar, unter realen Bedingungen in begrenzten Räumen und nicht als unausweichliches Dogma.