Prostitution

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Teampad Prostitution

Eine kleine Gruppe hat sich des Themas angenommen und in Zusammenarbeit mit einigen NGOs und Betroffenen mehrerer Initiativen, Informationen und Linksammlungen ausgearbeitet:


Vorlage:Hinweis

Position der Piraten zu Prostitution & Sexarbeit - 1. unverbindlicher Versuch

Akuteller Bezug: Geforderte Verschärfung des Prostitutionsgesetzes - Beschluß der Inneministerkonferenz (Bremen Nov. 2010) - Beschluß des Bundesrates (11.2.2011) - Planungen der Bundesfamilienministerin


1. Schritt - Sammlung von Gründen für oder gegen Prostitution & Sexarbeit

pro Sexwork & Paysexkonsum

  • Freiheitsrechte: Freie Berufswahl in einem freien Staat (Art.12 Abs.1 GG) ("Sex work is work!")
  • Selbstbestimmung über den eigenen Körper ("My body my business!"). Sexuelle Selbstbestimmung. (Prostitution ist eine der verschiedenen Formen, erfüllte Sexualität erleben zu können. Der Sex in der Prostitution hat ganz eigene Qualität, ist nicht zu vergleichen mit Sex in einer Liebesbeziehung oder Ehe. Ein Grundrecht für Behinderte (Surrogacy) und Heimbewohner was z.B. in München wg. Sperrgebietsverordnung verboten und eingeschränkt ist.)
  • Ausleben sexueller Interessen ohne emotionale Pflichten (Das Grundprinzip der uralten sozialen Institution Prostitution ist die Trennung von Sexualität und Liebe.)
  • Im Falle eines Verbotes sind illegale Angebote wahrscheinlich. Im Gegensatz zu erlaubten Angeboten kann der Staat hier schlechter in Bereichen wie Menschenrecht oder Gesundheit (z.B. HIV-Übertragung) eingreifen, und es ist schwieriger, ein seriöses Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem AnbieterInnen sauber, gewaltfrei und fair arbeiten können.
  • Weniger Verbote bedeuten mehr Freiheit für den Bürger, bedeuten mehr Eigenverantwortung und weniger Bevormundung durch den Staat.
  • Guter Verdienst, hohe Verdienstmöglichkeit (Effizienz, Wirtschaftlichkeit) und das auch ohne Nachweis von Hochschuldiplom oder Anerkennung ausländischer Zeugnisse (Migrant_innen). Sexwork ist eines der wenigen Berufsfelder, wo Frauen mehr verdienen als Männer. Prostituiton ist ein großer Umverteilungsmechanismus "von oben nach unten" (alt nach jung) und zwischen den Geschlechtern.
  • freie gestaltung der arbeitszeiten (Flexibilität), kompatibel mit Kindererziehung (Kindergarten-Öffnunszeiten). Viele Sexworker sind alleinerziehende Mütter). Auch kompatibel mit Studium, ehrenamtlicher Tätigkeit oder sozialen Tätigkeiten im Privatbereich, bspw. Pflege der Oma, behinderter Familienmitglieder, etc.
  • artikel "prostitution = emanzipation" http://courtisane.de/blog/?p=345
  • artikel "studentenprostitution" http://courtisane.de/blog/?p=457, Studien und Pressespiegel Student_innen Sexwork: http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=2371
  • Es gibt unzählige verschiedene gute Gründe warum Sexarbeiter der Sexarbeit nachgehen (Nur die Boulevarzeitungsleser denken zuerst an drogengebrauchende Straßenhuren (Beschaffungsprostitution), oder Frauen im Schaufenster wie Waren, weil das bekanntlich die konditionierten Medienbilder sind, auf die wir politisch handelnden Menschen nicht hereinfallen sollten). aus meinen faqs "warum machst du das?": Es gibt drei gute Gründe dafür, dass ich als Hostess arbeite.
    • 1.) Ich bin sexuell sehr begehrlich veranlagt. Ich habe gerne sinnen-intensiven Sex mit den Menschen, die mir am Herzen liegen. Dafür sorge ich privat. Aber auch Sex mit Fremden reizt mich ungemein. Diese Fremden sollen natürlich möglichst nett, sympathisch und intellektuell auf meiner Höhe, aber in Bezug auf mein sonstiges Leben nicht weiter vereinnahmend sein. Um das ganz sicher zu stellen, nehmen ich von diesen Menschen Geld für Sex.
    • 2.) Ich verdiene damit gutes, ehrliches und eigenes Geld. Dieses Geld ermöglicht es mir, den Rest meines Lebens so zu leben, wie ich das für richtig und wichtig halte, ohne finanziell von Menschen abhängig zu sein, die ich vielleicht nicht mal leiden kann.
    • 3.) Ich verdiene dieses Geld trotz relativ geringen Zeitaufwandes. So bleibt mir neben der Erwerbstätigkeit noch genügend Zeit für die vielen anderen (brotlosen) Tätigkeiten, die mein Leben erfüllen, z.B. meine ehrenamtliche Arbeit, mein Studium, die Betreuung meiner Familie, künstlerisch-kreative Projekte, Zeit mit Freunden, etc.
  • Man muß bei (polizeilichen oder von Beratungsstellen erstellten, etc.) Statistiken Vorsicht walten lassen. In solche Statistiken fließen meist nur Prostituierte ein, die in ihrem Job bereits Probleme haben/hatten. Prostituierte, die keine Probleme in ihrem Job haben, sind nirgendwo erfaßt und dringen daher kaum ins gesellschaftliche Bewußtsein. Es ist anzunehmen, dass zahlreiche Menschen heimlich und problemlos in diesem Bereich Geld verdienen, sowohl hauptberuflich, als auch nebenberuflich oder als Hobby im Sinne des Auslebens freier Sexualität.
  • Befriedigung und Triebabfuhr. Zufriedene Menschen (nicht nur Männer) sind glücklicher, leistungsfähiger, produktiver und damit sozial besser integriert wertvoller(?). Nicht jeder Mensch hat das (gott)geschenkte Glück eine Partnerschaft mit einem Wunschpartner führen zu können (Behinderung, Aussehen, Kommunikationsfähigkeit, soziale Klasse, Zeit...). Hier bietet die soziale Institution der Prostitution eine zusätzliche Option zu Versorgungsehe, eingetragene Partnerschaft, serielle Monogamie und ONS etc. (Es ist wie beim Essen, bei Muttern oder Freund_in, die mit Liebe kochen und die Lebensmittel selbst angebaut haben, mag es am besten schmecken, aber äußer Haus in einem fairen, professionellen Restaurant oder Supermarkt ist es auch gesellschaftlich anerkannt.)
  • Freier (Prostitutionskunden, Paysexkonsumenten, Prostituanden, Johns...) nicht vergessen: wir Freier werden auch diskriminiert, es geht den Staat und seine Organe nichts an, wie und mit wem ich Sex habe, ob ich dafür direkt bezahle oder indirekt. [Ja, sehr richtig!]
  • Prostitution läßt sich nicht abschaffen, also sollte sie fair organisiert werden (Fair-Trade).


contra Prostitution und Ausbeutung

  • Gefahren der finanziellen und sexuellen Ausbeutung (Zwangsprostitution) http://www.stoppt-zwangsprostitution.de/was_ist_zwangsprostitution/zwang_und_ausbeutung/ ("money is slavery by proxy" Die Gefahren der Ausbeutung sind eine Folge des Geldes, des Kapitalismus, des Geldsystems. Geld macht alles über den Preis vergleichbar auch was als Wert nicht vergleichbar ist. Alles wird zur Ware in einer globalisierten Welt. Bei Sexarbeit gibt es die internationale Pendler-Migration, wo Sexworker nur für wenige Tage im Jahr in einem wohlhabenden/hochpreisgen Land in der Sexarbeit arbeiten müssen und einfliegen, um dann den Rest des Jahres ihre Familie und Angehörien im ärmeren Land versorgen zu können. Das heißt auf dem Kapitalmarkt Arbitrage.) "Zwangsprostitution gibt es nicht" [Arbeitsgemeinschaft der Sozialberatungsstellen für Prostituierte 2005] Genauso wie es auch keine Zwangsmetzger, Zwangsbauarbeiter und Zwangsputzfrauen gibt, obwohl es diese Fälle von Ausbeutung zwar gibt und bekämpft werden muß. Aber in dem falschen Wort vermischt sich Hilfe mit Diskriminierung! "Es ist ein gesellschaftliches Konstrukt" [Dona Carmen e.V.]. Zwangsprostitution ist eine Entartung im Prozess der informellen Migration und clandestinen Prostitution. Heißt: Wir alle sind gezwungen, Geld zu verdienen, ob wir es als Metzger, Bankberater oder Sexarbeiter tun. Wenn wir nicht wollen, dass Menschen gezwungen sind, Dienste zu tun, die sie nicht tun wollen, nur um Geld zu verdienen, könnte ein BGE Abhilfe schaffen.
  • Menschenhandel. Es ist vielfach eine politische Agenda gegen Migration (von unten, informelle Migration, Clandestinas) und Prostitution. [Vgl. die Hetze anläßlich der Fußball WM 2006, wo von 40.000 eingeschleppten Zwansprostituierten phantasiert wurde. Später haben Studien der Polizei und EU ergeben: es gab 5 Fälle mit Bezug zur WM. Die gelenkten Medien und NGOs haben also um den Faktor 8.000 übertrieben! Alle Opfer waren volljährig d.h. älter als 18 aber noch keine 21 Jahre und somit Tatbestand Menschenhandel erfüllt, was aber Ausländer oft nicht wissen. Auch eine Deutsche und ein männlicher Sexworker waren unter den 5 Opfern [http://register.consilium.europa.eu/pdf/de/07/st05/st05006-re01.de07.pdf und http://register.consilium.europa.eu/pdf/de/07/st05/st05008.de07.pdf. Heißt: Legal als Sexarbeiter darfst du erst ab 21 Jahren arbeiten. Bist du über 18, aber unter 21 giltst du als Opfer von Menschenhandel. Viele Opfer von Menschenhandel sind einfach Sexarbeiter, die das 21. Lebensjahr noch nicht erreicht haben.
  • Sklaverei. Das war früher legal und Sklaven waren Sachen. Heute haben wir allenfalls sklavenähnliche Ausbeutungsbedingungen. Und das existiert bekanntlich in großem Maßstab, weil es Überbevölkerung und Kapitalmangel bei den Armen gibt. Arbeitsausbeutung ist vermutlich viel größer als sexuelle Ausbeutung, steht aber wegen dem fehlenden Sex nicht so hervorgehoben in Medien und Bewußtsein.http://www.sexworker.at/phpBB2/userpix/269_preisverfall_und_bevlkexplosion_1.jpg (Rote Kurve: Bevölkerungswachstum, Blaue Kurve: Preis für Sklavenarbeit in den letzten 4.000 Jahren. Überangebot an armen Menschen führt zur Versklavung [Modern day slavery, Prof. Kevin Bales, London] Ursachen: 1. Bevölkerungsexplosion, 2. Armut und Verletzlichkeit wg. Bürgerkrieg, korrupte Regierung, Klimawandel, Naturkatastrophe, Ressourcenknappheit, Konkurrenz, Krieg 3. Abwesenheit von Bürgerrechten (korrupte Polizei, failed state).
    • Verelendungstheorie (Pauperismus, vgl. Preisdumping, working poor, Lohndepression, -sklaverei) "Der Lohn schwankt bei vollkommener Konkurrenz unter den Bedingungen eines schrankenlosen Kapitalismus stets um das Existenzminimum." [Ferdinand Lassalle (1825-1864), Wegbereiter der deutschen Sozialdemokratie und erstem Präsidenten des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins, einer Vorgängerorganisation Sozialistische Arbeiterpartei SAP bzw. der späteren SPD http://www.de.wikipedia.org/wiki/Ehernes_Lohngesetz
    • Ist Prostitution illegal, müssen SexarbeiterInnen für ihren Dienst nicht mehr fair entlohnt werden, weil sie sich rechtlich nicht gegen die Ausbeutung ihrer Arbeitskraft wehren können.
  • Prostitutionstabu und Prostitutionsverbot sind teilweise ein moralischer Krieg fundamentalistischer, feministischer oder religiöser Kreise ("War against Whores" ist wie der "War against Terror" aus den USA gesteuert und massiv finanziert). Es geht um Macht und Definitionsmacht. Die aktuellen Kriminalitätszahlen (PKS polizeiliche Kriminalitätsstatistik vom BKA) z.B. hier: http://thierryschaffauser.wordpress.com/2011/11/24/trafficking-figures-in-germany/
  • Die Gefahren haben mit Prostitution nichts zu tun sondern mit Armut in vielen Teilen der Welt. (Zigarettenhändler in Berlin, chinesische Köche, Bauarbeiter, Pflegepersonal) Menschenhandel, Ausbeutung, Arbeitszwang sind nicht kausal an Prostitution gekoppelt. Prostitution ist nachweislich frei von diesen Strukturen realisierbar. Dass sie oft in Verbindung mit diesen auftritt, liegt an langjähriger und in vielen Teilen der Welt weiterhin bestehender Illegalität von Prostitution und genereller Abhängigkeit der Menschen vom Geld. Durch Illegalität wurde/wird Prostitution in die Kriminalität gedrängt und begünstigt dann natürlich auch kriminelle Strukturen. Dagegen hilft nur eine Legalisierung und gesellschaftliche Legitimation. Prostitution darf nicht mehr als amoralisch wahrgenommen werden.
  • In der Regel schwache Handlungsposition im geschäftlichen Kontext (trotz formeller Legalität und abgeschaffter Sittenwidrigkeit): Große Schwierigkeiten, a) faire Vermieter, b) Banken, die Geschäftskonten in dieser Branche vergeben, zu finden c) überhaupt faire Geschäftspartner zu finden (bei Prostituierten halten alle extra die Hand auf, s. z.B. Anzeigen in Zeitungen im bereich käuflicher Erotik kosten mehr als in anderen Dienstleistungs- oder Gewerbebereichen) [Die Legalisierung von Prostitution stärkt die Handlungsposition d. Prostituierten, d.h. gibt ihnen Möglichkeiten, s. ggf. gegen Ausbeutung und Diskriminierung zu wehren. Ist Prostitution illegal, müssen Prostituierte schweigen, z.B. auch bei einer Vergewaltigung.]
  • Die steuerliche Situation und deren Handhabung durch die ausführenden Finanzbehörden ist bundesweit sehr uneinheitlich, teilweise nicht explizit geregelt und nicht selten von Willkür geprägt. Sexworker mit ihren speziellen Kompetenzen im emotionalen-körperlichen Bereich sind oft mit Selbstständigkeit und Steuer überfordert. Sie brauche besondere Hilfen, Legalisierungsworkshops und Coming-out Gruppen.
  • gesellschaftlicher Rechtfertigungsdruck aufgrund der traditionellen gesellschaftlichen Ausgrenzung (sonst gäbe es dieses Pad nicht ... :>)
  • Gefahr, Beziehungsunfähig zu werden. [Warum sollte gerade Prostitution (mehr als generelle Erfahrungen von Gewalt und Unterdrückung) einen Menschen beziehungsunfähig werden lassen?] (Möglicherweise ist es das Stigma und die damit aufgebaute moralische Falle sich schlecht und dreckig zu fühlen. Würden die Sexarbeiter_innen als helfende Dienstleister_innen gesellschaftlich bewertet, die eine unglaubliche Leistung vollbringen wo ihnen die Gesellschaft zu Dank verpflichtet ist, würde sich das Problem erübrigen. Vgl. Konzept Tempelprostitution als Zivildienst.) --> moralische Legitimation i.d. Gesellschaft müßte gefördert werden
  • Gewalt- und Haßtaten. Z.B. Serienmörder und kleinkriminelle, weil Sexworker als nicht schützenswert gelten und man glaubt sich dort leicht und ungestraft Opfer suchen zu können. Daher der internationale Aktions- und Gedenktag 17. Dezember Gegen Gewalt und Haßtaten an Sexworkern - International Day to End Violence Against Sex Workers (http://en.wikipedia.org/wiki/International_Day_to_End_Violence_Against_Sex_Workers eingeführt von Dr. Annie Sprinkle, San Francisco 2003 http://anniesprinkle.org/day-to-end-violence-against-sex-workers/ ) - When UK Equalities Minister Lynne Featherstone mentions sex workers' customers as their main attackers, she ignores the fact that the main cause of violence against sex workers is institutional and actually comes from the state. - Unlike the minister, sex workers don't consider the men who try to have free sex or attack them as their clients. - When someone robs a bank we don't call him a customer but a thief. - This confusion is made to pretend that sex work is inherently violent and that the state is there to protect us. ... 22 December 2011 by Thierry Schaffauser www.morningstaronline.co.uk/content/view/full/113453
  • Ausbeutung wird es immer geben (so wie es Prostituton immer geben wird. Armut sollte verboten werden *lol*). Was ist Ausbeutung. Da gibt es zwei Arten: im Wirtschaftsleben und im Strafgesetzbuch. Im Wirtschaftsleben kauft der Unternehmer die Arbeitskraft des Arbeiters (Sexworker, Arbeiter oder Akademiker) und läßt Werte produzieren (Dienstleistung oder Produkt) und verkauft es auf dem Markt zum Gebrauchswert oder Nutzwert an Kunden. Die Differenz zwischen Erlös minus Arbeitskosten ist der Unternehmerlohn oder Mehrwert (Karl Marx). Deshalb bezeichnen Kommunisten/Marxisten den Unternehmer als Mehrwertbeschneider oder Ausbeuter. Das ist akzeptiertes Prinzip der Marktwirtschaft. Daneben gibt es Ausbeutung im Strafgesetzbuch nur im Zusammenhang mit Sexarbeit d.h. Zuhälterei. Das ist eine diskriminierende Sonderbehandlung der Prostitution.

Mythen und Falschinformation

Die medienwirksamen Argumente der Prostitutionsgegner, gegen die sich die Piraten mit ihren politischen Vorschlägen zur Prostitution werden verteidigen müssen:

  • Die Polizei hätte nicht genug Eingriffsrechte. Die Häufigkeit der Razzien und die zahlreichen Sonderrechte bezeugen das Gegenteil.
  • Ein Bierzelt oder Autowerkstatt sei schärfer reglementiert als ein Bordell. Das können nur Unwissende und Voreingenommene so glauben. Wenn man sich die bestehenden Überwachungsstrategien im Bereich Prostitution vor Augen führt, werden die in den angeführten Vergleichen unterschlagenen Unterschiede zwischen Bordellen einerseits und Bierzelten/Gebrauchtwagenhändlern andererseits sichtbar:
    • Im Unterschied zum Wirtschaftszweig Prostitution werden Mitarbeiter/innen von Gebrauchtwagenhändlern nicht strafrechtlich vor Ausbeutung geschützt. Im Unterschied zum Wirtschaftszweig Prostitution gibt es keine strafrechtliche Spezialverfolgung des „Menschenhandels zum Zwecke der Ausbeutung bei Gebrauchtwagenhändlern“. Im Unterschied zum Wirtschaftszweig Prostitution gibt es keine Sperrgebiete für Gebrauchtwagenhändler und auch nicht das gesetzliche Verbot, in Gemeinden, die eine bestimmte Einwohnerzahl unterschreiten, als Gebrauchtwagenhändler tätig zu sein. Im Unterschied zum Wirtschaftszweig Prostitution werden Mitarbeiter/innen von Gebrauchtwagen-händlern in der Regel nicht durch Razzien von der Arbeit abgehalten und müssen auch nicht ständig Gebrauchtwagen-Händlerkontrollen über sich ergehen lassen. Im Unterschied zum Wirtschaftszweig Prostitution gibt es keine Spezialparagrafen in Polizeigesetzen, die das jederzeitige Betreten der Räumlichkeiten von Gebrauchtwagenhändlern -auch ohne Gefahr im Verzug- erlauben. Im Unterschied zum Wirtschaftszweig Prostitution gibt es für selbständig tätige Ausländer/innen aus Nicht-EU-Staaten kein generelles Beschäftigungsverbot, das es ihnen unmöglich macht, hier als Gebrauchtwagenhändler tätig zu werden. Im Unterschied zum Wirtschaftszweig Prostitution versucht niemand, bei Mitarbeiter/innen von Gebrauchtwagenhändlern täglich Steuern einzukassieren bzw. zu diesem Zweck die Steuerfahndung auf sie anzusetzen. Im Unterschied zum Wirtschaftszweig Prostitution gibt es keine Kampagnen zur Sensibilisierung von Käufern bei Gebrauchtwagenhändlern. Im Unterschied zum Wirtschaftszweig Prostitution gibt es für Mitarbeiter/innen von Gebrauchtwagenhändlern kein Vermittlungsverbot seitens der Bundesagentur für Arbeit. Im Unterschied zum Wirtschaftszweig Prostitution gibt es kein Werbeverbot für Gebrauchtwagenhändler. Im Unterschied zum Wirtschaftszweig Prostitution gibt es kein eingeschränktes Direktionsrecht für Gebrauchtwagenhändler gegenüber ihren Mitarbeiter/innen. Im Unterschied zum Wirtschaftszweig Prostitution werden Gebrauchtwagenhändler, die ihren Mitarbeiter/innen Direktiven geben, nicht wegen „Gebrauchtwagen-Zuhälterei“ strafrechtlich zur Verantwortung gezogen. Im Unterschied zum Wirtschaftszweig Prostitution wurde die Förderung der Arbeit bei Gebrauchtwagenhändlern nicht über Jahrzehnte hinweg strafrechtlich verfolgt und mussten die Mitarbeiter/innen von Gebrauchtwagenhändlern nicht jahrzehntelang zur regelmäßigen medizinischen Zwangsuntersuchung ins Gesundheitsamt.Mitarbeiter von Gebrauchtwagenhändlern, die das 21. Lebensjahr noch nicht erreicht haben, gelten nicht automatisch als Opfer von Menschenhandel.
  • Frühkindlicher Mißbrauch. Dabei sind die Mißbrauchserfahrungen bei allen Frauen sehr hoch. Auch Jungs werden als Kinder mißbraucht. Niemand fragt, wieviele KassiererInnen, LehrerInnen oder BankerInnen als Kinder mißbraucht wurden.
  • Ex-Prostituierte seien traumatisiert (PTS). Das kann auch an den gesellschaftlichen Randbedingungen liegen, weil ihre Arbeit nicht gewürdigt und wertgeschätzt wird.
  • Verführt als Minderjährige (Einstiegsalter 13 Jahre). Das hört man oft in den USA, basisert aber auf manipulierten Zahlen http://eminism.org/blog/entry/62. Viele konservativen Argumente wurden schon früher auch gegen Homosexuelle vorgebracht und gelten inzwischen anerkanntermaßen als entkräftet. Manchmal geben sich die am stärksten vom Thema faszinierten Menschen öffentlich als die schärfsten Gegner aus. Das gilt nachweislich für Homophobie aber auch bei manchen Prostitutionsgegnern die heimlich selbst Kunde sind wie z.B. der hochrangige Polizist Göran Lindberg in Schweden (machte jahrelang im Ausland Werbung fürs "schwedische Modell" und wurde verurteilt wegen sadistischen Praktiken an einer minderjährigen Sexarbeiterin.
  • Angeblich sehr hohe Kriminalitätsrate im Rotlichtmilieu (sog. Begleitkriminalität). Dagegen spricht die polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) gemäß Zahlen von BKA.de. Ergebnis: Zuhälterei und Menschenhandelsverdachtsfälle kleiner als 1% bezogen auf die Zahl der geschätzen Sexworker insgesamt. Die Einführung der Menschenhandelsparagraphen und damit praktisch die Heraufsetzung des einfach zu prüfenden Tatbestandsmerkmals Schutzaltersgrenze von 18 auf 21 Jahre hat die Fallzahlen ansteigen lassen. Die tatsächlichen Verurteilungen und gerichtlich bestätigten Opfer sind vermutlich aber nochmal geringer. Diagramm: http://sexworker.at/phpBB2/download.php?id=971
  • Prostitution sei ein sog. Kontrolldelikt. Staftaten würden nur bei Kontrolle d.h. Razzia entdeckt werden. Dabei zeigen Veröffentlichungen, dass die meisten Anzeigen von den Sexarbeitern selbst und von Nichtpolizisten (Freier, Freunde...) kommen [Sarah H. Krieg, 2008 und BKA zitiert nach IMK Bremen 2010 PDF S. 7].
  • Erkennbarkeit von Menschenhandelsopfern/sog. Zwangsprostituierten: Es gibt von den Anti-Menschenhandels-Gruppen Merkmaltabellen wie Opfer erkannt werden können (blaue Flecke oder Verletzungen, keine Sprachkenntnisse, lebt im Bordell, apathischer Charakter/Passivität, trauriger Blick...). Ob das wirklich funktioniert ist fragwürdig. Nichteinmal die Polizei oder ein Gericht kann das leicht oder eindeutig feststellen (Vielfach werden Prozesse eingestellt, weil es 'nur' Beziehungskonflikte waren, oder es kam raus, dass die Ex-Sexarbeiterin ein Bleiberecht wollte, was sie nur als Opfer bekommt). Und jetzt die Entscheidungsverantwortung auf die Kunden zu verlagern, um Prostitution einzudämmen ist höchst fragwürdig. Es gibt keine Sexworker mit Ketten am Fuß. (Während es Ketten und Folterinstrumente im Bordell sehr wohl gibt: BDSM. Auch leben Migranten-Sexworker aufgrund Kostenersparnis oft im Sexarbeitszimmer. Oder haben blaue Flecke, weil sie Zoff mit dem Lover, der KollegIn hatten... Viele Kriterien gehen an der Sexwork-Lebenswirklichkeit vorbei.) Andererseits gibt es genug Möglichkeiten Zwang und Verpflichtung unsichtbar zu organisieren (vgl. normaler Arbeitsmarkt inkl. Hartz IV und fehlendes BGE). Darüberhinaus gibt es ein Heer von Sexworker-AspirantInnen (Arbeitslosen-Reservearmee), die gerne schnelles Geld z.B. mit Sex verdienen wollen. Warum also sollten sich Clubbetreiber eine gezwungene Frau ins Bordell setzen und ihr Geschäft riskieren. Zumal mit einer Person, die bei den Kunden nie so ankommen wird, wie eine selbstbewußt arbeitende Sexarbeiterin...


Positionen

  • ich denke die frage sollte nicht lauten, ob man für oder gegen prostitution ist. man fragt ja auch nicht, ob man für oder gegen bäckerinnen, verkäuferinnen oder ähnliches ist. die frage ist, sind wir mündige menschen und können wir für uns entscheiden, womit wir unser geld verdienen wollen/können, ja oder nein. die gefahr der ausbeutung von arbeitskraft besteht in jedem bereich. aber niemand spricht von zwangskellnern, zwangsputzfrauen oder ähnlichem. der diskurs zum thema prostitution ist enorm von vorurteilen geprägt. Solange es aber legale Arbeit ist, haben Prostituierte Möglichkeiten, sich gegen die negativen Aspekte der Prostitution zu wehr zu setzen. Ihre Position wird gestärkt, je akzeptierter der Beruf innerhalb der Gesellschaft ist, weil sich ein Sexarbeiter, der sich outet, dann nicht rechtfertigen/schämen muß.
  • Diskussion von 2009 im piratenpartei-forum: http://forum.piratenpartei.de/viewtopic.php?f=11&t=7960


Positive Gegenentwürfe und Visionen

  • Entkriminalisierung d.h. freie selbstbestimmte Prostitution (Sexarbeit & Paysexkonsum) unter Erwachsenen erlauben und mit struktureller Sicherheit absichern (z.B. bundesweite 24/7 Hotline, berufsbegleitende ErwachsenenFortbilungsAngebote...). Erlaubnis der Wohnungsprostitution in diskreter-bürgerlicher Form mit 2-3 Sexworkern, die sich gegenseitig schützen können, auch in Wohngebieten (Niederlassungsfreiheit, Freizügigkeit). Vorbilder: Neuseeland oder NSW (New South Wales, Australien).
  • Safer Straßenstrich mit safer-sex drive-in Love-Boxen wie in Köln und Essen nach Niederländischem Vorbild (Bitte nicht das stigmatisierende abwertende Wort "Verrichtungsboxen" benutzen, Danke). In Dortmund wurde das langjährig erfolgreiche Modellprojekt Ravensburger Straße, KOBER plattgemacht und abgerissen, weil die Stadt die Migration der Roma und Kleinkriminalität nicht in den Griff bekommen hat und der Regierungspräsident harte Polizeimaßnahmen einführen mußte. Die Prostituiertenarbeitsplätze mit struktureller Sicherheit wurden der Sicherheit geopfert und ein stadtweites Sperrgebiet eingeführt.
  • Öffentliches Idealbordell (FKK-Oase/Themenpark für Erwachsene gemäß der Tradition Tempelprostitution) als Arbeitsplatz und Weiterentwicklung von Safer Straßenstrichhttp://farm5.static.flickr.com/4107/5004926026_6295cb16ac_b.jpg (< Link für vergrößerte lesbare Ansicht. Das Wort staatliches durch öffentliches ersetzen).
  • Bundesweite Hotline und Hilfsangebote (von Sexworkern und Ex-Sexworkern selbst mitorganisiert). Es braucht spezielle neue nichtdiskriminierende Hilfsangebote. Diese müssen niederschwellig sein. Bsp. Self-regulatory Board (SRB) in Kalkutta Indien mit dem weltgrößten Rotlichtviertel. Dort überprüfen die Sexworker vom SRB das Alter/Freiwilligkeit neuer Sexworker und tragen so selbst zur Eindämmung von Menschenhandel und Ausbeutung bei). Hotlines helfen das lokale Regelungswirrwar zu überschauen, damit herumreisende Sexworker (Wanderarbeiter_innen) nicht in die jeweils aufgestellten gesetzlichen Fallen tappen und sich verstricken (Falle Prostitution) und nicht mehr abgezockt oder erpresst werden können. Es braucht besondere Hilfsangebote, weil bisher das Verhältnis der Sexworker zur Polizei gestört ist, weil die Polizei als Verfolgungsorgan wahrgenommen wird und dafür auch Sonderbefugnisse hat. Wie soll eine Sexarbeiterin Hilfe holen da wo es andere Bürger auch machen, wenn sie mehr befürchten muß zwangs-geoutet zu werden, aufzufliegen und ausgewiesen zu werden (Deportation)?
  • Sexworker-Interessenvertretung-Selbstorganisation aufbauen und stärken. Sexarbeiter brauchen einen staatlich-gesetzlich geförderten Dachverband und Mitentscheidungsrechte auf allen Ebenen bis hinunter zu den einzelnen Bordellbetrieben (Betriebsrat). Sexarbeiter ist man/frau nur zeitweise, so wie Student, Zivi/Soldat, Heimbewohner... da ist Interessenvertretung besonders schwer. Deshalb braucht es vergleichbare, spezielle Institutionen wie AStA, Ombudsman, Sprecherrat, Beschwerdestelle... In der bisherigen Helfer-Industrie (Beratungsstellen) sind Sexarbeiter nur als Klienten marginalisiert aber nicht auf Augenhöhe involviert http://www.bufas.net.
  • Zuständigkeiten neu regeln:
    • Prostitutionskontrolle bei der Gewerbebehörde statt Polizei (Sitte, BKA)
    • Hilfsangebote statt Polizei
    • Finanzamt statt Steuerfahndung
    • Wirtschaftsministerium statt Frauen-/Familienministerium
    • Deliberation (Mitbestimmung) statt Governance (Anhörung)
    • Medienselbstkontrolle bei Werbung statt Verbote (wg. Jugendschutz)
    • Ausbeutung (Arbeitsrecht) statt Zuhälterei/Menschenhandel (Strafrecht)
  • Berufsbegleitende Erwachsenenfortbildungsangebote, damit Ausstieg/Umstieg möglich und einfacher werden. (Legalisierungsworkshops, Coming-out Gruppen, sog. "Falle Prostitution" verhindern, Outplacement-Agenturen, Coaching und Supervision).
  • Akzeptanzkampagnen (Antidiskriminierunsgesetz, Coming-out der Sexworker & Freier)


Grundsätzliche Problemkreise

Soll etwas staatlich-gesetzlich geregelt werden, was den intimsten-privaten Bereich der menschlichen Sexualität betrifft, der durch die Menschenrechte besonders schützenswert gilt. Frei nach Karl Kraus: Die Probleme beginnen dann, wenn der Staat kommt um die Probleme lösen zu wollen. Wenn gesetzliche Regeln eingeführt werden, werden immer Menschengruppen geschaffen, die das nicht einhalten können/wollen und kriminalisiert werden.

Nur weil neben dem prostitutiven Sex auch Geld übergeben wird entstehen öffentl. Aufgeregtheit (Doppelmoral), Sonderregeln, Profitinteressen, Probleme und z.B. Steuerpflicht. Daraus resultieren starkte Kontroll- und Eingreifsrechte der Staatsorgane, was jedoch bei traditioneller Versorgungsehe oder Partnerschaft so nicht passiert, wo auch Sex oder emotionale Pflege gegen Geld oder materielle Versorgung getauscht werden. Unterschied ist nur: Promiskuitiät vs. (serielle) Monogamie (Ehe und Prostitution sind Konnexinstitute).

Prostitution ist die mit Tabu belegte Grenzüberschreitung zwischen privater Sexualität und öffentlichem Geldverdienen (Geldverdienen ist insofern öffentlich, als Steuerpflicht entsteht, weil das öffentlich garantierte Zahlungsmittel Geld eingesetzt wird und weil das Geschäft auf dem Markt(platz) abgeschlossen wird.). Aus der privaten Qualität folgt, dass viele Prostitutionsakte kaum sichtbar sind (Überlebenssexualität, Privatleben (Hobby-Sexwork, Escorts), Drogenkonsumfinanzierung (Beschaffungsprostitution), Überleben in der informellen Migration (Clandestinas), Sexwork als Identität z.B. bei Trans- oder Intersexualität...) und dass es keinen absoluten formalen qualitätsbildenden Abgrenzungskriterien nach unten gibt so wie sich bei Heilkunde irgendwann Ärzte von Müttern oder Quaksalbern abgegrenzt haben (Sexworker-Diplom, Berufsordnung, Marktschutz und Quotenregelungen ausländisch-exotische Fachkräfte;-) Dies scheint mir der Hauptgrund zu sein, warum das "Prostitutionsproblem" in der laut Volksmund ältesten Branche der Welt nach wie vor existiert. Es gehört viel Naivität und Optimismus dazu zu glauben mit einer Gesetzesnovelle die Probleme "in den Griff kriegen" zu können. Das ist letztlich ein Hinweis über die von Sexworkern und Verbänden geforderte Entkriminalisierung nach Neuseeländischem Modell genauer nachzudenken http://www.amazon.co.uk/dp/1847423345.

Problemkreise im einzelnen:

  • Probleme entstehen durch falsche, lebenswirklichkeitsfremde und rigide Prostitutionsregeln.
  • Wegen des Stigmas von Sexualität im Allgemein und Prostitution im Speziellen möchten viele Menschen sich nicht zeigen (outen) und erstrecht nicht registrieren und auch nicht zwangsuntersucht werden (früher Bockschein, der den Kunden keimfreie Körper der Sexarbeiter garantieren soll).
  • Sexarbeiter sind Frauen, Männer und Transsexuelle. Die Öffentlichkeit diskutiert nur über Frauen und insbesondere diejenigen, die in gut ausgeleuchteten Rotlichtvierteln oder auf der Straße stehen. Oder über Opfer. Manche erklären sich, wenn sie auffliegen als Opfer, um ein Bleiberecht zu bekommen.
  • Opfergeschichten und Einzelschicksaale werden herausgepickt und mediengeil aufgeblasen.
  • Viele Kontrollmaßnahmen treffen die Anbieter_innen überproportional hart im Vergleich zu den Nachfragern oder Organisatoren. Das Tabu Prostitution ist ein Unterphänomen des Sexualitätstabus und Promiskuitätstabus (Partnerwechsel), weil nach tradierter religiöser-staatlicher Lehre die Sexualität nur dem Fortpflanzungszweck dienen sollte (Familie als Keimzelle der Gesellschaft, Arbeiter- und Soldatenproduktion). Wegen diesen Tabus befindet sich Prostitution in einer gesetzlichen Grauzone, die die vielen Probleme mit verursacht.
  • vielfach wird deshalb moralisch fundamentalistisch argumentiert statt evidenzbasiert wissenschaftlich. In einer sozialen Grauzone oder marginalisierten Randgruppe kann es keine verläßlichen Statistiken geben. Die Branche hat kein eigenes Forschungsinstitut geschweige denn eine Sexworker Akademie.
  • wegen der rechtlichen Grauzone (Schattenwirtschaft) existiert Ausbeutbarkeit (Es kann vermutet werden dass die Grauzone teilw. bewußt aufrechterhalten wird gem. "teile und herrsche"). "Gebt den Sexworkern Rechte gegen Unrecht". Deshalb Entkriminalisierung: "weg mit den stigmatisierenden Sonderstrafgesetzen" ("Only rights can stop the wrongs").
  • Es gibt keinen geschützen Markt (Protektionismus) etwa über Berufsordnungen so wie z.B. bei Ärzten. Verständlich, dass dann der Wettbewerb auch anders ausgetragen wird/werden muß als bei Akademikern.
  • Begleitkriminalität / Organisierte Kriminalität (Mafia). Sie versucht einen Markt kriminell sich anzueignen. Sie tritt nur da auf, wo besondere Verdienstmöglichkeiten, eine hohe ungesättigte Nachfrage (Prohibition) und ein regulatorisches Machtvakuum existieren (Schwarzmarkt). Das liegt bei Sexwork kaum noch vor, weil die Preise gesunken sind, die Globalisierung und Grenzöffnung den Markt mit zunehmend freiwillig angereisten, kompetenten Migrant_innen überflutet hat, es eine sehr hohe Kontrolldichte gibt (Razzien, Milieuaufkärer), die Branche legalisiert wurde (ProstG von 2002). Kriminalität heraufzubeschwören liegt im Interesse von Polizeibehörden, NGOs und Fundamentalisten, die so ihre Existenz wirtschaftlich absichern.
  • Arbeitsteiligkeit ist kriminalisiert (Zuhälterverdikt). Sie ist bei Prostitution aufgrund des Prostitutionstabus und der Strafgesetze verboten und das was in anderen Branchen als 'human ressources / Personalpolitik' firmiert, kriminalisiert als Zuhälterei und Menschenhandel. Trotz ProstG von 2002 gibt es wegen der komplizierten Rechtslage und Rechtsprechung bisher keine Arbeitsverträge für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis im Bereich Sexwork. Ausnahme: Bardamen.
  • Isolation und Marginalisierung. Weil Unterstützer von Sexworkern als kriminelle Zuhälter/Menschenhändler gelten, finden Sexworker schwer/kaum Lebenspartner oder nur solche denen das Zuhälterstigma nichts ausmacht, weil sie es sind (self fullfilling prophecy).
  • Sozialschädlichkeit Damit ist die nichtreproduktive promiskuitive Sexualität gemeint (Lustprinzip statt Leistungsknechtschaft). Und z.B. die Umverteilung zwischen den Geschlechtern von den männlichen Familienvätern an die zumeist weiblichen Prostituierten. Womit dann die Ehefrau und Kinder in einer Versorgungsehe weniger hätten, aber dafür evt. einen glücklicheren Vater.
  • Jugendschutz Das ist teilweise ein vorgeschobenes Totschlagargument, worauf z.B. die Sperrgebietsverordnung vom BGH gerechtfertigt wird. (Es gibt Studien zu Pornographie, die zeigen, dass Kinder die sich dafür noch nicht interessieren, auch nicht abgelenkt oder verstört werden.) Analoges kann von Prostitution vermutet werden, zumal sie per TV und Internet eh in jedes Zimmer hineinwirkt, wenn es Eltern und funktionierende soziale Beziehungen nicht eingrenzen.
  • Putophobie (engl. Whorephobia, Sexworker-Feindlichkeit) Ist eine gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit so wie Misogynie (Frauenfeindlichkeit), Homophobie und Xenophobie (Ausländerhaß, siehe auch: Intersektionalität (Intersectionality). Eine Regulierung der Prostitution darf das nicht verschärfen oder gar zementieren.
  • Trading down. Damit ist die im bürgerliche Sinne erfolgende Entwertung von Wohn-Immobilien gemeint, wenn ein Viertel zum Rotlichtviertel zu werden droht, weil ein paar Sexarbeiter einziehen. Das ist quasi das Gegenteil von Gentrifizierung. Es wird in Prozessen gegen Prostitution verwendet. (Kennt jemand Prozesse gegen Investoren und Jupies wegen Gentrifizierung?)
  • Sündenbockmechanismus Viele gesellschaftlichen Strukturprobleme mit Markt, Macht und Geld (Ausbeutung, Wertordnung) werden auf Prostitution projiziert und dort stellvertretend abgestraft. Politiker konnen sich so als Saubermann und Macher gerieren. Von innenpolitischen Krisen und Politikdefiziten kann abgelengt werden (Extrembeispiel: Judenverfolgung. Damals kamen übrigens auch Sexworker ins KZ markiert mit schwarzem Dreieck als Asoziale. Sexworker sind bisher noch nicht entschädigt worden und es gab nie eine Entschuldigung von staatlicher Seite. Gleichzeitig gab es in Nazi-Deutschland staatlich organisierte Bordelle im KZ und an der Front. Da ist der Begriff Zwangsprostitution gerechtfertigt).
  • "Falle Prostitutiton": Wegen Schulden(falle), verbautem Lebenslauf, Prostitutions-Stigma, Kriminalisierung, fehlenden Hilfsangeboten, Täuschung oder Gewalt. (Sexworker die z.B. wg. Sperrgebietsverletzungen bestraft wurden und einen Eintrag im Führungszeugnis wg. Prostitution d.h. Sexualstraftäter haben, können später keinen Job z.B. als Erzieherinnen bekommen, obwohl sie sich nie etwas gegen Kinder zuschulde haben kommen lassen). Die Falle Prostitution wirkt vergleichbar dem sog. "Schlampenstigma", wo eine zu freizügige oder naive Frau (gefallenes Mädchen) gescheitert ist am Jungfräulichkeitsideal und dann ausgestoßen wird und nur noch in niederer sozialer Stellung überleben kann z.B. als Prostituierte (gefallener Engel).
  • Diversität (Vielfalt). Prostitution ist höchst ausdifferenziert und vielfältig. Von der diskreten Nebenerwerbsprostitution in Disko oder Pornokino bis hin zur börsennotierten Großbordellkette (Sydney) oder intl. Menschenhandelsnetzwerk, welches Politiker und Polizeichef bedient (aktueller Fall: DSK in Lille, Frankreich).
  • Drogen. Süchtige brauchen Hilfsangebote und Therapie.
  • Zuhältergewalt. Es braucht Notruf, Anlaufstellen und Hilfen so wie bei Gewalt in der Partnerschaft. Bei legalisierter Sexarbeit wie in Deutschland erst seit 2002 muß keiner mehr auf Zuhälter angeweisen sein um als Prostituierte arbeiten zu können. Aufklärung und Empowerment als Gegenstrategie. Nur schwache, uninformierte, sprachunkkundige und wg. Ausländergesetzen in Illegalität oder wg. Schulden in Zwangslage befindliche Menschen sind ausbeutbar.
  • Freiergewalt. Sie ist nur in speziellen klandestinen Bereichen oder Subkulturen zu finden, wo sich Täter trauen. Im z.B. frauengeführten, legalen Bordell sind die Männer im Gegensatz eher schüchtern, respektvoll, kooperativ und höflich. Triebtäter tarnen sich als Freier, sind aber keine (Einen Bankräuber bezeichnet auch keiner als Kunden). Gegen Gewalt reichen die allgemeinen Strafgesetze (Betrug, Nötigung, Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. (Zuhälterei-, Menschenhandel- oder Freierbestrafungsparagraphen sind diskriminierend und überflüssig.)
  • Vulnerable Sexworker (schwache, verschuldete, naive, hedonistische, sexy begehrte... Frauen und Jungs, uninformierte, Fremdsprachen unkundige Ausländer). Sie suchen einen Job in der Sexarbeit primär aus Not (nur dadurch sind sie in der Lage die Schallmauer des Stigmas überhaupt zu durchbrechen). Für sie ist Sexwork ein persönliches "Bailout-Programm". Nicht immer gelingt es, sich in sichere, legale, rentierliche Verhältnisse "hochzuschlafen". Sie können leicht Opfer werden, wenn die Gesellschaft sie einer Grauzone oder widersprüchlichen bis kriminalisierten Prostitutionsregimen überläßt. Andererseits gibt es Sexworker, die anfangs aufgrund eines Fehlers oder Übergrifs in eine Ausbeutungssituation geraten waren, aber dann wenn sie diese überwunden haben (freigekauft, geflohen, gerettet oder abgeschoben wurden) mit erweiterten Kenntnissen dennoch zurückkehren, um mit mehr Selbstständigkeit der lukrativen Sexarbeit erfolgversprechender nachzugehen. Notwendig sind Aufklärung (schon in den Herkunftsländern wird heute über Menschenhandel aufgeklärt), Ausbildung und Empowerment (Beratungsstellen, berufsbegleitende Erwachsenenfortbildungsangebote, Coaching, Supervision, Covering, Hotline...). Hinzu kommt, dass unsere Gesellschaft grundsätzlich geneigt ist Frauen als schwach und Opfer und Männer als stark und Täter zu interpretieren.
  • Ausbeuter, Profiteure gibt es im Sexbiz ebenso wie in der Finanzbranche *lol*. Ausbeutung funktioniert nur, wenn es ausbeutbare Menschen gibt. Da ist anzusetzen durch Aufklärung und Empowerment... [und evtl. ein BGE]


Regulierungskonzepte

Grundsätzlich lassen sich aus rechtlicher Sicht vier unterschiedliche Zugänge zur Prostitution feststellen (Wikipedia nach http://www.sjoe.at/content/frauen/themen/koerper/article/618.html):

  • Beim Prohibitionsprinzip werden alle mit Prostitution in Verbindung stehenden Handlungen und Personen bestraft (Alles ist verboten was nicht erlaubt ist). Vgl. Alkoholverbot USA. Das machte das organisierte Verbrechen erst groß. Heute gibt es in USA trotz bestehender Paysex-Prohibition weltweit einen der größten Sexdienstleistungsmärkte.
  • Das Abolitionsprinzip hat als langfristiges Ziel die Abschaffung der Prostitution. Die Prostituierten selbst werden bei diesem Prinzip als Opfer angesehen und nicht rechtlich belangt. Sehr wohl aber werden in Zusammenhang mit Prostitution stehende Handlungen wie Zuhälterei, Unterhaltung von Bordellen und Frauenhandel bestraft, mancherorts auch die Freier.
  • Das Regulationsprinzip toleriert Prostitution als notwendiges Übel und stellt es unter staatliche Kontrolle. Das Gesetz schreibt Genehmigung von Bordellen und Registrierung, Gesundheitskontrolle und Steuerpflicht für Prostituierte vor.
  • Das Entkriminalisierungsprinzip sieht Sexarbeit als Form der Erwerbsarbeit an und regelt sie entsprechend, das heißt, Prostitution wird entkriminalisiert und der Ausbeutung von Prostituierten rechtlich entgegengewirkt (Alles ist erlaubt was nicht verboten ist). Das ist das Prinzip von Freiheit, Liberalismus, Marktfreiheit (hier der kleinen Kaufleute und Dienstleister_innen), Selbstbestimmung, Selbstregulation, Anarchismus (im positiven Wortsinne als Herrschaftsfreiheit und ultimative Gegenantwort zu Patriarchat und Überwachungsstaat).

http://www.globalizationandhealth.com/content/figures/1744-8603-6-1-1.jpg (link zur vergrößerten Ansicht)

  • Die rechtliche Herangehensweise an Prostitution ist ein bisschen ähnlich wie die an Drogen: Je illegaler, je illegitimer etwas ist, desto mehr ist man gezwungen, in den Untergrund abzutauchen, desto eher ist man gezwungen, sich zur Ausübung kriminell zu verhalten, desto angreifbarer für kriminelle Handlungen anderer ist man. Es gibt keine Möglichkeiten zur Gegenwehr und damit zur Etablierung seriösen, vernünftigen Vorgehens und Angebots. Die Kriminalität ist durch die Kriminalisierung zum größten Teil selbst verursacht. Die Politik und Prostitutionsgegner lenken von einer verfehlten Sozialpolitik ab, indem sie Fälle des Fehlverhalten individualisieren (Stricher, Zuhälter..) um von soziostrukturellen Defiziten abzulenken. Gesetze gegen Prostituiton zu machen charakterisiert einen Politiker als heldenhaften Saubermann.


Gesetzliche Grundlagen

1. Gesetze

  • ProstG (Prostitutionsgesetz von 2002)
  • Artikel 297 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB) Sperrgebietsverordnung (Kommune, Regierungsbezirk)
  • GastG (Gaststättengesetz)
  • Baugesetze (Ländersache)
  • IfSG (Infektionsschutzgesetz von 2001)
  • §6 HygV (bayerische ZwangsKondom Prostitutionsverordnung von 2001)
  • StGB (sexuelle Selbstbestimmung, Zuhälterei, Menschenhandel)
  • BGB (Sittenwidrigkeit)
  • Ausländerrecht (Migrationskontrolle, Freizügigkeit)
  • Steuerrecht ("Düsseldorfer Modell" d.h. tägl. Vorsteuer zahlbar an Bordellbetreiber/Vermieter ist ohne Rechtsgrundlage)
  • OWiG (Werbeverbot)
  • PolG (Sonderkontrollrechte der Landespolizei)
  • Erbrecht (bis vor kurzem konnten Sexworker enterbt werden)
  • GG (freie Berufswahl)

2. Rechtsprechung

  • Urteil Sexarbeiterin Stephanie Klee klagt erfolgreich ihr Honorar ein
  • Urteil Café Pssst Berlin 2000 (Zulässigkeit integrierter Anbahnungs- und Verrichtungsbetrieb)
  • Urteil EuGH, BVerwG zur Freizügigkeit einer niederländischen Sexarbeiterinnen im Bordell Panorama in Villingen-Schwenningen 2002
  • Urteil BVG zur Zulässigkeit von Sperrgebietsverordnungen (d.h. Artikel 297 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch EGStGB): Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat die Beschwerde gegen Sperrgebietsverordnungen abgelehnt mit teilweise fragwürdigen Begründungen: Es sei dem Gesetzgeber nicht verwehrt sich nach wie vor auf unbestimmte Rechtsbegriffe wie den des "öffentlichen Anstands" zu beziehen. Dabei ginge es nicht -wie vom Kläger flälschlich vermutet- um die Durchsetzung herrschender Moralvorstellungen, sondern um das "legitime Ziel", die Allgemeinheit vor den "typischerweise mit Prostitution verbundenen Belästigungen und Gefährdungen" zu schützen [mystifizierte sog. Begleitkriminalität wissenschaftlich nicht haltbar]. ... Der Gesetzgeber stütze sich dabei "auf ungeschriebene Regeln" [was nicht sein soll, das nicht sein darf]. ... Daher seien Sperrgebietsverordnungen zum Schutze des öffentlichen Anstandes nach wie vor gerechtfertigt, "wenn die Eigenart des betroffenen Gebiets durch eine besondere Schutzbedürftigkeit und Sensibilität, z.B. als Gebiet mit hohem Wohnanteil sowie Schulen, Kindergärten und Kirchen und sozialen Einrichtungen ekennzeichnet ist." ... "Der Staat sei berechtigt, von Kindern und Jugendlichen Einflüsse fernzuhalten, welche sich, zum, Beispiel wegen der Kommerzialisierung sexueller Handlungen, auf ihre Einstellung zur Sexualität und damit auf die Entwicklung der Persönlichkeit nachteilig auswirken können." ... "Insoweit obliegt es dem Gesetzgeber zu entscheiden, ob, wo und wann Jugendliche mit dem gesellschaftlichen Phänomen der Prostitution konfrontiert werden sollen." (BVerfG, 1 BvR 224/07 vom 28.4.2009 http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20090428_1bvr022407.html )
  • Urteil Salon Prestige Berlin 2009 (Bordell zulässig in Wohn-/Mischgebiet)
  • Urteil Landgericht Augsburg 2009 zeigt die Diskrepanz zwischen progressivem Prostitutionsgesetz ProstG von 2002 und der in Bayern verweigerten Umsetzung dieses Gesetzes (so wie sich Bayern 2001 schon gegen das neue liberale IfSG mit der "Kondomzwangprostitutionsverordnung" gewehrt hat): Die konstruierte steurerrechtliche und strafrechtliche Zwickmühle für Bordellbetriebe, die sich um faire und legale Arbeitsplätze bemühen, wird erklärt an Hand von systematisch gegen Betreiber_innen geführte Prozesse. Folge ist die gewünschte Prostitutionseindämmung oder aber die Übernahme des Milieus von teilweise illegalen Gruppierungen oder eine Zunahme von Korruption Milieu-Polizei... http://infokrieginfo.blogspot.com/2011/12/finanzamt-steueropfer-bordellbetreiber.html und http://www.augsburger-allgemeine.de/augsburg/Bordellchefin-betrog-den-Staat-um-3-5-Millionen-id6905891.html
  • Diverse "Voodoo Prozesse" gegen Nigerianische Migrantinnen Netzwerke (Dabei ist Voodoo nichts anderes, als wenn ein Abgeordneter bei der Vereidigung auf Bibel und Gott schwört)
  • Pussy Clubs Stuttgart (2. Prozess läuft. Sexarbeiter werden als abh. Beschäftigte mit Sozialabgabenpflichtigkeit definiert und die Betreiber bekommen Millionenschulden angehängt)

Berichte & Informationen

Organisationen & Internetquellen:

When Equalities Minister (UK: Lynne Featherstone) mentions sex workers' customers as their main attackers, she ignores the fact that the main cause of violence against sex workers is institutional and actually comes from the state. Unlike the minister, sex workers don't consider the men who try to have free sex or attack them as their clients. When someone robs a bank we don't call him a customer but a thief. This confusion is made to pretend that sex work is inherently violent and that the state is there to protect us. ... 22 December 2011 by Thierry Schaffauser http://www.morningstaronline.co.uk/content/view/full/113453 Zur Diskrepanz zwischen progressivem Prostitutionsgesetz ProstG von 2002 und der in Bayern verweigerten Umsetzung dieses Gesetzes (so wie sich Bayern 2001 schon gegen das neue liberale IfSG mit der "Kondomzwangprostitutionsverordnung" s.o. gewehrt hat): Die konstruierte steurerrechtliche und strafrechtliche Zwickmühle für Bordellbetriebe, die sich um faire und legale Arbeitsplätze bemühen, wird erklärt an Hand von systematisch gegen Betreiber_innen geführte Prozesse. Folge ist die gewünschte Prostitutionseindämmung oder aber die Übernahme des Milieus von teilweise illegalen Gruppierungen oder eine Zunahme von Korruption Milieu-Polizei... (Urteil Landgericht Augsburg 2009) http://infokrieginfo.blogspot.com/2011/12/finanzamt-steueropfer-bordellbetreiber.html Fachbuch "Making Sex Work Safe" 3. edition by Cheryl Overs (free download): http://www.nswp.org/sites/nswp.org/files/Making%20Sex%20Work%20Safe_final%20v3.pdf oder on-line anschauen: http://www.nswp.org/page/making-sex-work-safe

Fachbücher & Literatur:

2. Schritt - Positionen und Forderungen von NGOs und anderen Institutionen

Shadow Report UN'CAT'' (Convention Against Torture) Germany 2011 http://www2.ohchr.org/english/bodies/cat/docs/ngos/SWF_Germany_CAT47.pdf

Shadow Report UN'CESCR'' (Committee on Economic, Social and Cultural Rights ) Germany 2011 http://www2.ohchr.org/english/bodies/cescr/docs/ngos/SexWorkerForumVienna_Germany46.pdf Germany 2010 http://www.sexworker.at/phpBB2/pafiledb/uploads/df858981723143ae55fea5750d2291df.pdf

Shadow Report UN'CEDAW (Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination against Women) Germany 2000 führte mit zur Einführung des ProstG.

Deklaration, Manifest und Empfehlungen der Sexworker und Hilfsvereine verabschiedet im EU-Parlament Brüssel 2005 http://www.sexworkeurope.org/de/resources-mainmenu-189/declaration-mainmenu-199 http://www.sexworkeurope.org/de/resources-mainmenu-189/manifesto http://www.sexworkeurope.org/de/resources-mainmenu-189/recommendations-mainmenu-200

SANGRAM Sexworker Bill of Rights 2010 1. People have the right to be approached with humility and respect. 2. People have the right to say yes or no to things that concern them. 3. People have the right to reject harmfull social norms. 4. People have the right to stand up to and change the balance of power. 5. People have the right not to be "rescued" by outsiders who neither understand nor respect them. 6. People have the right ot exist how they want to exist. http://www.sangram.org in Sangli West-Indien (Sangram heißt "Act Up").

Durbar Mahila Samanwaya Committee: Sex Workers’ Manifesto Theme paper of the First National Conference of Sex Workers, Calcutta, November 14-16 1997. http://www.durbar.org in Kalkutta, Ost-Indien (Durbar heißt die Unwiderstehlichen;-) und ist die Interessenvertretung für ca. 65.000 Sexworker.

Sexworker Forum Deklaration 2010 (gekürzt, lediglich Überschriften, Details siehe PDF http://www.sexworker.at/SWdeclaration.pdf ): 1. Grund- und Menschenrechte dürfen nur dort eingeschränkt werden, wo ein fairer Interessenausgleich mit Grund- und Menschenrechten Anderer hergestellt werden muss. 2. Keine verleumderische Vermischung von einvernehmlicher Sexarbeit mit Verbrechen! 3. Keine grundrechtswidrige Überwachung! 4. Keine Zwangsregistrierung aufgrund von Sexarbeit! 5. Keine Zwangsuntersuchung von SexarbeiterInnen! (früher "Bockschein") 6. Sexarbeit ist freiberuflich! (und damit nicht der Umsatzsteuer zu unterwerfen oder der Pflicht, ein Gewerbe anzumelden und in Privatwohung und Wohngebiet möglich vgl. Rechtsanwaltskanzlei, Fußpflegestudio) 7. Keine Sonderregelungen für Paysex im Steuerrecht! 8. Abschaffung sämtlicher Sperrgebietsverordnungen und baurechtlicher Sonder-Beschränkungen bei der Ausübung der Sexarbeit! Dazu ist aber erst mal eine genaue Definition erforderlich (Ist ein Bordell ein Vergnügungsbetrieb oder ein "normale" Gewerbe - In Baugebieten werden ja auch andere Betriebe / Gewerbe eingeschränkt) Das kommt auf die tatsächliche Große und Arbeitsform an. Ist es eine kleine Wohnung mit 2-4 Sexarbeiter_innen die diskret arbeiten so wie es die Kunden aus der Mittelschicht leiben, oder ist es eine mehrstöckige Vergnügungs-Oase mit Tabledance, Partyorgien und Alkoholausschank... 9. Entscheidungen über Sexarbeit nur unter Beteiligung der Sexarbeiter! "Nothing about us, without us." In Bordellen und Agenturen braucht es Sexworker-Sprecher (Betriebsrat). Die brauchen Entscheidungskompetenzen und Ressourcen die vom Betrieb oder Öffentlichkeit bereitgestellt werden müssen. Das braucht es dann auch auf allen höheren Ebenen: in jedem Rotlichtviertel, jeder Kommune, Landkreis, Regierungsbezirk, Bundesland und im Bund. Die Politik ist aktiv gefordert die Selbstorganisation der Sexworker zu unterstützen durch entsprechende Rahmenbedingungen. (Partizipation und echte Deliberation statt bloße Anhörung bei sog. "runden Tischen" der Regierung (Gouvernance) wie derzeit in NRW oder damals vom BKA und den Prostitutionsgegnern lanciert in Marburg.

Weitere Forderungen bezüglich der aktuell geplanten Gesetzesnovelle:

  • Keine Freierbestrafung Das Schwedische Modell ist eine ideologische Mogelpackung und eine Bewährung konnte evidenzbasiert bisher nicht nachgewiesen werden. Der Regierungsbericht ist sehr einseitig und kritikwürdig. Prostitutionsverbot in Schweden ist in einem ganz anderen sozialen-feministisch-politischem Kontext entstanden und nicht auf unser Land übertragbar. Die Szene tauch sonst ab in den Untergrund. Sexworker werden noch gefährdeter, weil sie nicht mehr in Ruhe ihre Kunden abchecken und auswählen können.
  • Keine generelle Konzessionierungspflicht für nur unbestimmt definierbare Prostitutionsstätten (Anzeigepflicht ja, Konzessionierung für Großbetriebe und Ketten ja) http://www.donacarmen.de/?p=241
  • Sonderschutzalter Prostitution 21 Jahre (Menschenhandelsparagraph im StGB) Das ist einerseits sinnvoll, weil Sexwork keine leichte, ungefährliche Tätigkeit ist, aber man kann auch mit 18 Soldat_in und Krankenpfleger_in werden, was auch nicht weniger gefährlich ist. Es findet somit wieder eine Kriminalisierung und Sonderbehandlung statt. Den Sexworkern unter 21 bleibt nichts anderes übrig als illegal oder auf der Straße zu arbeiten. Das erhöht den Schwierigkeitsgrad beträchtlich, schafft Probleme und erzeugt Opfer. Diese Sonderregel ist daher besser abzuschaffen.
  • Keine Kondomzwangsprostituton. (Keine Kondompflicht wie in Bayern nur damit die Polizei mehr Kontroll- und Eingriffsrechte hat, Kondomanwendung und Kondom-Promotion und -Aufklärung Ja!) Weitere Infos bei der AIDS-Hilfe, die Deutschland dank ihrer Präventionskonzepte basierend auf Freiwilligkeit und Einsicht zu den niedrigsten Infektionsraten in der EU geführt hat. Kondomkontrolle durch die Polizei sind ein fragwürdiges Sondereingriffsrecht in die Intimspähre.
  • Werbeverbot für Tabulos/Ohne-Kondom-Werbung z.B. über freiwillige Selbstkontrolle der Zeitungen und Medienverlage). Als Ersatz dafür dann Safe-Sex Aufklärungskampagnen, wo auch das Thema Paysex nicht ausgespart bleibt. Es kann nicht sein dass das Wort 'Safer-Sex' in der Werbung wg. Jugendschutz verboten ist, aber das Wort 'Tabulose Schlampe macht alles ohne' von Behörden oder freiwilliger Selbstkontrolle unbeanstandet bleibt.
  • Keine stigmatisierenden und traumatisierenden Razzien! Kontrolle Ja, aber nicht mit Sondereinsatzkomando. Das ist Zuhältermentalität auf staatlicher Seite. Studie zu der geringen polizeilichen aber hohen traumatisierenden Wirksamkeit von Razzien: http://www.sexworkersproject.org/publications/reports/raids-and-trafficking/ Razzien sind eine symbolische Politik der Prostitutionseindämmung und Sexworkerfeindlichkeit.
  • Vollständige Abschaffung der Sittenwidrigkeit der Prostitution im BGB (bisher steht es explizit nicht einmal im ProstG, nur in der Gesetzesbegründung zum ProstG. Die Rechsprechung legt das ProstG daher sehr einschränkend aus und formuliert "Prostitution ist nicht mehr schlechtin sittenwidrig".
  • Abschaffung sämtlicher auf Prostitution zielender diskriminierender Spezialparagrafen im Strafrecht, Ordnungswidrigkeitenrecht und Polizeirecht.
  • Erlaubnispflicht ausschließlich im regulären Gewerberecht mit Kontrollen der fachlich zuständigen öffentlichen Stellen, nicht aber der Polizei.
  • Anerkennung selbständig ausgeübter Prostitution als freiberufliche Tätigkeit im Gewerbe-, im Bau- und im Steuerrecht.