Benutzer:Pavel/LQPP-NB-DSE

Warum die vom Liquid-Team vorgeschlagenen Nutzungsbedingungen (NB) und Datenschutzerklärung (DSE) so sind, wie sie sind

Hätten wir NB und DSE nicht komplett selber machen können?

Nach dem Parteitagsbeschluss stellten sich zunächst zwei Optionen: NB und DSE mit Bordmitteln komplett selber machen, so wie es in den LV-Instanzen erfolgte, oder eine professionelle Kanzlei beauftragen.

Diese Frage wurde zunächst mit Juristen aus der Partei erörtert, die erklärten, dass sie mangels einschlägiger Erfahrung in dieser Verflechtung ohnehin komplexer Rechtsgebiete es sich nicht zutrauen, selbstständig in kurzer Zeit NB und DSE zu formulieren, die wasserdicht ist, insbesondere, da es sich um ein System handelt, für das es in dieser Form kein Vorbild gibt. Die Juristen erklärten sich aber bereit, den Prozess intensiv zu begleiten. Insbesondere hat sich eine Juristin aus der Partei tief in das Thema eingearbeitet, hat die Dokumente zusätzlich geprüft, die Kommunikation zwischen Projektteam und Kanzlei gemanaget und sich in das Thema eingearbeitet.

Brauchen wir wirklich wasserdichte, juristische Nutzungbedingungen?

Brauchen wir eine wasserdichte Ausarbeitung, oder kommen wir auch so klar? Es zeichnete sich auf dem Parteitag bereits ab, dass eine lautstarke Minderheit mit Vehemenz versuchen würde, eine Umsetzung des Parteitagsbeschlusses zu behindern. Es gab bereits vielfältige Anschuldigen, das System sei legal nicht zu betreiben, und es wurde angedroht, das System rechtlich anzugreifen. Daher schieden aus Sicht des Teams für die Bundesinstanz amateurhafte NB und DSE aus.

Zusätzlicher Druck entstand durch den zweiten Parteitagsbeschluss, LF für die Parteitagsvorbereitung zu nutzen. Das Risiko, dass das System im Vorfeld des Parteitags einem rechtlichen Angriff erliegt, sollte unbedingt vermieden werden.

Wieso wurde diese Kanzlei ausgewählt?

Es wurde eine der renommiertesten Fachkanzleien auf diesem Gebiet beauftragt, die neben grossen Industriekunden auch Wikipedia, Creative Commons-Fälle und freie Software vertritt und ebenfalls Erfahrung mit politischen Parteien hat. Diese Kanzlei wurde unabhängig von drei verschiedenen Seiten empfohlen, und hatte uns nach Anfrage im Vorfeld auch zunächst kostenlos und unverbindlich beraten und dann ein Angebot unterbreitet, das weniger als ein fünftel dessen betrug, was ein normaler Kunde zu bezahlen hätte.

Warum werden in der NB und DSE der Partei so viele Rechte eingeräumt?

Die nächste Entscheidung war dann, für welche Betriebsoptionen NBs und DSEs ausgearbeitet werden sollen. Ziel war, dem Vorstand und später den Nutzern eine möglichst große Freiheit bei der Auswahl und Veränderung der Betriebsparameter zu ermöglichen, ohne jedes mal die NB und DSE anpassen zu müssen. Auch verboten es Zeit- und vor allem Kostengründe, einen wochenlangen Iterationsprozess unter Einbeziehung einer Kanzlei zu veranstalten. Aus diesen Gründen wurde ein umfassendes und klares Briefing der Kanzlei mit dem Ziel vorgenommen, dass mit einer NB und DSE möglichst viele Betriebsoptionen möglich sein sollen.

Die Betriebsoptionen umfassen im wesenlichen:

  • Anbieten einer Datenbankdumps für Mitglieder (ja oder nein)
  • Anbieten einer API (ja oder nein)
  • Unterschiedliche Grade der Öffentlichkeit des Systems, also welche Daten nicht angemeldete Benutzer sehen
  • Unterschiedliche Verfahren bei der Löschung von Profildaten
  • Unterschiedliche Verfahren bei der Löschung des Bezugs zur Mitgliederdatenbank
  • Unterschiedliche Verfahren bei der Löschung der Abstimmungsdaten

Es sollte des weiteren für die Partei keine Verpflichtung geben, Antragstexte und das zugehörige Abstimmungsergebnis in seiner Summe jemals zu löschen, so wie in anderen System auch Anträge und Abstimmungsergebnisse in Sitzungsprotokollen erhalten bleiben sollen. Alles andere kann und wird nach derzeitiger Planung nach einer gewissen Zeit gelöscht werden.

Des weiteren sollten keine Probleme beim Transfer von Texten zwischen Wiki und LF-System entstehen. Hier gibt es das Problem, dass bei Löschen des Bezugs zur Mitgliederdatenbank und dem Löschen der Profile die Partei den Verpflichtungen aus der CC-Lizenz nicht mehr nachkommen kann. Ausgetretene Mitglieder könnten dann böswillig die Urheberschaft an bestimmten Texten reklamieren, deren Verwendung untersagen oder Schadenersatz dafür einfordern.

Um all das unter einen Hut zu bekommen war es erforderlich, dass NB und DSE so gestaltet sind, dass ein einzelnes Mitglied der Partei und damit allen anderen Mitgliedern größtmögliche Rechte einräumt, aber alles dennoch den gesetzlichen Bestimmungen genügt. Mindestverweildauern bzw. Löschfristen wurden so gewählt, dass Urheberrechtsprobleme in ihren Auswirkungen minimiert werden. Völlig vermeiden lassen diese sich aber nicht, wenn man Pseudonyme, Löschen und Kompatibiltät zum Wiki rechtlich unter einen Hut bringen will.

Wieso droht mir die Partei an, mich unter Umständen in Haftung zu nehmen?

Ein weiter Punkt war die Frage, wie viel Haftung die Partei für das Verhalten eines einzelnen Mitglieds im System übernehmen soll. Zwar kann man davon ausgehen, dass fast alle Mitglieder gutwillig sind, auf Bundesebene ist die Zahl der Ausnahmen insgesamt aber zehnmal grösser als in einem mittleren Landesverband, während die Ressourcen zum Handeln von Zwischenfällen nicht grösser sind. Auch scheint auf Bundesebene bisweilen ein rauherer Wind zu wehen, weil das Netz persönlichen Vertrauens weitmaschiger ist als in untergeordneten Verbänden.

Es wurde aber auch grundsätzlich von den Juristen dringend davon abgeraten, dass die Partei es ausschliesst, dass Ansprüche Dritter an die Verursacher durchgereicht werden können.

Daher geben die Nutzungsbedingungen hier einfach das Rechtsprinzip wieder, nach dem jeder selbst für das verantwortlich ist, was er macht. Dabei werden aber die möglichen Fälle so gut es geht benannt.

Es ist also vor allem möglichst klar geregelt, unter welchen Umständen die Partei die Möglichkeit hat, Geschädigte oder Strafverfolgungsbehörden mit ihren Ansprüchen direkt an den Verursacher zu verweisen.

Das heisst aber nicht, das die Partei verpflichtet ist, das zu tun. Sie kann sich auch schützend vor ein Mitglied stellen, wenn dies geboten ist.

Technisch ist es sogar so geregelt, dass es selbst bei Beschlagnahme oder Diebstahl der gesamten Infrastruktur für Dritte nicht möglich sein dürfte, gegen den Willen der Partei die Pseudonymität von Benutzern aufzulösen.

Mir wird ja ganz schlecht beim Lesen der Nutzungsbedingungen. Warum klingen die so böse?

Zunächst wurde an die Kanzlei der Wunsch herangetragen, die Nutzungsbedingungen freundlich zu formulieren. Davon hat die Kanzlei dringend abgeraten, weil es unehrlich wäre, mit schönen Worten etwas zu suggerieren, was nicht der Fall ist. Es wäre auch eine Verharmlosung und Täuschung des Nutzers. Zudem wären die Nutzungsbedingungen dadurch leicht rechtsunwirksam. Daher wurde entschieden, dass die NB und DSE klar und deutlich die Rechtslage wiedergeben sollen, auch wenn es unfreundlich klingt. Alles andere wäre in die Tasche gelogen. Die Nutzungsbedingungen spiegeln auch die Probleme wieder, die die rechtliche Situation in Deutschland für den Betreiber von Diensten im Netz und deren Nutzer mit sich bringt. Viele der in den Nutzungsbedingungen angeführten unschönen Regeln gelten im übrigen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen auch für alle anderen IT-Systeme der Partei, nur wird man dort vor der Nutzung nicht darauf aufmerksam gemacht. Zusammengefasst kann man also sagen, dass die Nutzungsbedingungen so sind, weil sie die rechtliche Situation weder verschweigen noch beschönigen und Gefahren von der Partei abwenden sollen, die beispielsweise durch verärgerte Mitglieder, eingeschleuste Störer oder Verrückte entstehen können.

Wie können wir zu einfacheren und freundlicheren Nutzungsbedingungen kommen?

Eine bessere rechtliche Situation für Nutzer des System kann die Partei vor allem durch bessere Gesetze erreichen, die schönere Nutzungsbedingungen zulassen und die Gefahr von rechtlicher Verfolgung im Netz minimieren.

Eine andere Alternative wäre, dass die Partei “schöne”, in Teilen rechtlich unwirksame Nutzungsbedingungen formuliert und das Risiko übernimmt, zum einen in Anspruch genommen zu werden, zum anderen die Gefahr einzugehen, dass durch Klagen der Systembetrieb ernsthaft gestört wird.

Die Übernahme dieser Risiken ist aber durchaus vertretbar, denn es ist ja bisher auch alles gut gegangen. Ausserdem ist die vom Wiki derzeit ausgehende Betriebsgefahr für die Partei deutlich höher einzuschätzen. Daher kann ein Vorstand diesen Weg tatsächlich mit gewisser Erfolgsaussicht gehen, wenn er sich einig ist und darauf vertrauen will, dass sich die Zahl böswilliger Mitglieder in engen Grenzen hält. Es bleibt aber das Problem, dass bei den Nutzern dann Unsicherheit und Unklarheit über das tatsächliche Rechtsverhältnis mit der Partei entsteht.

Können wir die DSE noch auf die schnelle ändern?

Das aktuelle Paket aus NB und DSE ist zertifiziert. Die Kanzlei haftet also dafür, wenn sie sich aufgrund von Fehlern als rechtlich nicht haltbar erweist. Für die Gültigkeit kommt es auch nicht nur auf den Text an, auch die Schriftgrösse, Formatierung und Hervorhebungen sind für die Rechtswirksamkeit von Bedeutung. Veränderungen sollten daher entweder gar nicht oder professionell vorgenommen werden, sonst können wir uns das Ganze auch sparen. Ausserdem sollte es für Änderungen einen wichtigen und dringenden Grund geben.

Letztendlich muss der Vorstand entscheiden, auf Basis welcher NB und DSE er einführen will, denn er muss rechtlich den Kopf dafür hinhalten. Derzeit liegt keine formulierte Alternative vor. Aus Sicht des Liquid-Teams müssen NB und DSE es vor allem erlauben, das System mit den gewählten Betriebsparametern zu fahren. Das ist mit den vorliegenden zertifizierten NB und DSE möglich.

Wieso steht in 4.3 der DSE, dass nicht gelöscht werden soll, wo es doch nunmehr klare Löschfristen gibt?

In der Tat ist es so, dass die Datenschutzerklärung der Partei mehr Freiheiten einräumt, als es nach den nunmehr gewählten Betriebsoptionen erforderlich wäre. Wäre die Festlegung der Betriebsoptionen vor sechs Wochen erfolgt, hätte dies berücksichtigt werden können. Der Verwendung der DSE stehen die Betriebsoptionen aber nicht entgegen.