Benutzer:Michael Ebner/Antwort Verena Nedden

Antwort an Verena Nedden

Dies ist die Antwort auf die folgenden beiden Tweets:

Verena Nedden @xAVAUNEx · Vor 11 Stunden · @JohannesPonader @MichaelEbnerPP Art. 14 GG bietet Grenzen in der Enteignung. Wenn SozSich +Taxflat 45, ist die Grenze m.E. überschritten.

Verena Nedden @xAVAUNEx · Vor 10 Stunden · @JohannesPonader @MichaelEbnerPP @miez1980 @MLindemer Wie wär´s mit Umdenken anstatt #bGE in das heutige Erwerbsteuersystem zu quetschen?


Da brauche ich doch mal mehr als 140 Zeichen...

Sozialstaat 3.0 und der Halbteilungsgrundsatz

Der Hinweis auf Art 14 spielt auf die Entscheidung 2 BvL 37/91 des BVerfG an, genauer gesagt auf den folgenden Leitsatz:

<Zitat>3. Die Vermögensteuer darf zu den übrigen Steuern auf den Ertrag nur hinzutreten, soweit die steuerliche Gesamtbelastung des Sollertrages bei typisierender Betrachtung von Einnahmen, abziehbaren Aufwendungen und sonstigen Entlastungen in der Nähe einer hälftigen Teilung zwischen privater und öffentlicher Hand verbleibt.</Zitat>

Ich möchte hier besonders auf die Formulierung "in der Nähe" hinweisen. Zudem betrifft dieser Fall die Kombination aus Vermögensseteuer und Einkommensteuer, bei der Kombination von Gewerbesteuer und Einkommensteuer hat das BVerfG die Anwendbarkeit dieses Grundsatzes verneint (2 BvR 2194/99).

Es kann jedoch dahingestellt bleiben, wie die Kombination von Einkommensteuer und Sozialabgaben zu bewerten ist, da das Grundeinkommens-Modell "Sozialstaat 3.0" (http://sozialpiraten.piratenpartei.de/2014/05/04/2073/) diesen Halbteilungsgrundsatz sehr strikt beachtet:

Für sozialversicherungspflichtiges Einkommen ist eine FlatTax von 45% vorgesehen (in Kombination mit einem Grundeinkommen, so dass in Kombination wieder ein progressiver Verlauf rauskommt), des weiteren gibt es eine Fortführung von Renten- und Arbeitslosenversicherung, weiterhin paritätisch finanziert, so dass bei einem Abgabensatz von 20% ein Arbeitnehmeranteil von 10% verbleibt.

Der Arbeitnehmer zahlt also 45% Einkommensteuer und 10% Arbeitnehmeranteil, in Kombination also 55%. Wir brauchen jedoch jetzt nicht darüber streiten, ob 55% noch "in der Nähe der hälftigen Teilung" sind, denn das Wesen einer Renten- und einer Arbeitslosenversicherung ist ja, dass die Versicherten das Geld irgendwann wiederbekommen, dies wird dann noch versteuert (nachgelagterte Besteuerung), maximal gehen davon noch mal 50% Steuern weg (wenn vollständig zur nachgelagerten Besteuerung der Alterseinkünfte umhgestellt ist).

Von den 10% Arbeitnehmeranteil kommt also statistisch gemittelt alles wieder, also wieder diese 10%, die maximal zur Hälfte besteuert werden, sind also 5%. 45% Flat Tax + 5% Besteuerung der Einkommen aus Renten- und Arbeitslosenversicherung sind exakt 50% (während der Umstellungsphase zur nachgelagerten Besteuerung dann entsprechend weniger).

Fazit: Halbteilungsgrundsatz strikter beachtet, als ihn das BVerfG vorsieht.

Umdenken

Ich weiß, dass Du ein Fan eines Konstumsteuermodells bist, und Du wirst dafür Deine Gründe haben, ich bin es jedoch nicht, und ich habe dafür auch meine Gründe:

  • Ich halte es für kurzfristig nicht einführbar wegen europäischer Vorgaben (und den Optimismus, dass es die EU durchgehen lässt, wenn einfach noch mal eine andere umsatzbezogene Steuer inzugefügt wird, teile ich nicht) und da in einem gemeinsamen Binnenmarkt komplett unterschiedliche Besteuerungssysteme einfach nicht funktionieren.
  • Wenn die langfristige Entwicklung dahin geht, dass die Arbeit zum weit überwiegenden Teil von Maschinen erledigt wird, dann ist zu erwarten, dass die Einkommen zum weit überwiegenden Teil bei wenigen "Kapitalisten" (also Maschinenbesitzern) anfällt - diese können jedoch nicht so viel konsumieren, als dass eine Konsumsteuer den Staat und ein Grundeinkommen finanzieren könnte. (Eine nähere Betrachtung reiche ich nach.) Ich halte ein Konsumsteuermodell also auch für langfristig keine funktionierende Lösung.

Wir haben hier bezüglich der Umsetzbarkeit eines Konsumsteuermodells einen Dissens, belassen wir's doch einfach bei dieser Feststellung.

Bleibt die Frage, in wieweit es sinnvoll ist, neue Systeme kompatibel zum status quo einzuführen, oder ob es nicht sinnvoller ist, etwas "auf der grünen Wiese komplett neu" zu machen. Beide Herangehensweisen haben ihre spezifischen Vor- und Nachteile. Bei historischer Betrachtung waren die Entwicklungen in kleinen Schritten die friedlicheren Entwicklungen und haben - so zumindest meine Einschäzung - auch besser funktioniert. Eine andere Sicht der Dinge sei Dir unbenommen.