Benutzer:Bzapf/politisches Portfolio/Bertelsmann und die Bildung

Da gibt es ja diesen Konzern aus Gütersloh, der sich zufällig angeblich in den "Kopf" gesetzt hat, in Zukunft den Bildungsmarkt [1] zu dominieren - um es mal so zu sagen. Um zu begreifen, was das heißen soll, sollte man versuchen, die entsprechenden Worte zu analysieren.

Zuerst sollte man dazu den Begriff eines 'Mem' [2] (engl.: Meme) einführen und verwenden. Ein Mem ist ein gedankliches Gebilde, das kommuniziert werden kann. Interessant für uns werden Meme gerade dann, wenn sie z.B. Wertvorstellungen übertragen, Handlungen empfehlen oder eben mißbilligen. Dann werden sie zu Werkzeugen der Politik, möglicherweise sogar ihr einziges Medium.

Als Beispiel für Meme sollen hier einmal die Kirchen herhalten. Kirchen wie beispielsweise die katholische oder die lutherische haben als Zweck, gewisse Meme zu verbreiten und zu bewahren ("Den wahren Glauben" in diesem Fall - was immer das sein mag). Sie tun dies sehr effektiv. So effektiv, dass sie sogar von diesem Staat finanziert werden. Das ist in diesem Fall sogar eine Symbiose. Die Kirchen dienen dem Staat und umgekehrt.

Meme altern. Sie können nicht beliebig oft übertragen werden, ohne dass ihr innerer Zusammenhang verloren geht ("stille-post-effekt", vor allem passiert das, wenn solche Meme sehr umfangreich sind oder sehr subtile, aber entscheidende Bedeutungen enthalten - wie etwa bei der Bibel der Fall sein soll). Es gibt jedoch auch Meme, die sich als bemerkenswert standhaft erwiesen haben.

Diese Standhaftigkeit ist nicht unbedingt eine Funktion der inneren Widerspruchsfreiheit eines Mems. So gab es hier einmal Menschen, die dachten, die Lösung für das Katholisch/Protestantisch-Problem läge darin, die angehörigen der jeweils anderen Fraktion schlicht totzuschlagen - etwas, was eigentlich verboten ist. Über den Grad der Zumutung, die solch eine Idee erreichen kann, brauchen wir hier nicht spekulieren. Die hätten einfach allesamt sagen können, "wir lassen diesen Unsinn ab sofort", und der 30-jährige Krieg wäre niemals passiert.

Meme können voneinander abhängen und Teile voneinander bilden. Manchmal werden so mehrere Teile gleichzeitig übertragen, wo man nur meint, einen Teil zu übertragen, manchmal bleibt ein Teil auf der Strecke und kommt eben nicht mit. Einen oberflächlichen Vergleich könnte man zu Computerprogrammen ziehen. Manchmal ist ein Virus Bestandteil eines übertragenen Programms, Programme hängen manchmal ab vom Betriebssystem, das selber wieder ein Programm ist, es ist manchmal schwer zu erkennen, ob eine Funktion beabsichtigt ist oder nicht usw.

Aber ich schweife ab. Eigentlich wollte ich sagen, was ich mit "den Bildungsmarkt übernehmen" meinte.

Bildung

Bezeichnet ein Mem. Dessen Inhalt würde ich etwa so wiedergeben:

"Es gibt Dinge, die muss jeder lernen. Dazu müssen gewisse Rahmenbedingungen herrschen. Deswegen kümmere ich mich darum."

Dieses Mem kann ziemlich weit führen. Im Grunde könnte man es als das den Kirchen zugrundeliegende Mem bezeichnen. Ohne das Bildungsmem hätten die Kirchen niemals die heutige Form annehmen können. Es hat aber auch in anderen Kontexten Fuß gefasst, etwa im Staat. Tatsächlich ist es wohl so, dass, gäbe es nicht eine gewisse Grundlage [4] der "Bildung", der Staat (und auch die jeweilige Kirche) aufhören würde zu existieren.

Über den Inhalt dieses Mems kann man vortrefflich streiten. So gibt es Streits über den Grad des Imperativs, über die Dinge ("Kanon" anyone?) und über die Legitimation des einzelnen. Etwa, wie diese erlangt wird oder warum.

Diese Sachverhalte sind also die Ursache für jede Bildungsdebatte. In jeder Bildungdebatte geht es dem Anschein nach entweder um

  1. Den Lehrplan ("die Dinge", bzw. deren Auswahl)
  2. Den Ausdruck des Imperativs (Schulpflicht)
  3. Die Rahmenbedingungen (Gliedrigkeiten, Jährigkeiten, Renovierung der

Schulgebäude etc.) oder um

  1. Die Legitimation des Sprechers
  2. Seine Vergütung für das geleistete

Alle anderen Inhalte sind meines Erachtens "nicht Bildung". Damit ist "die Bildungsdebatte" die im übrigen auch die ultimative Metadebatte.

den Markt dominieren, Bildungsmarkt

Ein "Markt" ist erstmal aus dem allgemeinen Verständnis heraus etwas gutes: Man geht da hin und kauft was, oder verkauft, feilscht vielleicht oder läßt sich übers Ohr hauen. Kaum zu glauben, dass in den Ohren der heutigen Menschen dieser Begriff den Anruch des Kapitalismus hat. Nicht auszudenken, was wäre, würden die Menschen den Märkten nicht mehr vertrauen. Gemeint sind an dieser Stelle natürlich andere Märkte als der Wochenmarkt, nämlich die Börsen und die Läden, in denen Massenware verkauft wird. Massenware, da man mit dieser in kürzester Zeit massig viel Geld machen kann. Massenware wie Schulmedien eben.

Dies begründet wohl auch das Interesse eines Traditionsunternehmens wie der Bertelsmann AG, die sich in letzter Zeit auch auf dem CD-Markt umgetan hat. Anscheinend krampft sich dieser Verein in letzter Zeit sogar um das Internet. Vermutlich aus Gründen der drohenden Zahlungsunfähigkeit. Wenn man auch unterstellen könnte, dass Schule irgend etwas mit Medien zu tun haben könnten - niemand kann wohl wollen, dass Bertelsmann Einfluss nimmt auf die Inhalte. Gerade dass maßt man sich dort wohl aber an. Dieser Konzern will wohl nicht nur Bücher drucken, sondern auch mitreden, was in diese Bücher reingehört. Und da ist für mich eine Grenze überschritten.

Dazu gehört dann auch, dass Bertelsmann eben ein Interesse daran hat, die Welt "marktförmig zu gestalten", also in diesem Fall: sämtliche Einzelinteressen dem eigenen Interesse, alle Bildungsmedien in Deutschland herzustellen unterzuordnen. Wie gesagt, alles unterstelltermaßen: Da strategische Informationen dieser Art eben nicht zum Allgemeinwissen gehören, sind wir darauf angewiesen, darauf zu vertrauen, was man uns erzählt. Die Bertelsmann AG dient hier also sozusagen als Symbol für das, was schiefgehen kann, wenn man nicht zuende denkt.


"Den Bildungsmarkt dominieren", das ist das eigentliche Problem. Sobald jemand das tut, ist der Bildungsgedanke futsch. Diese Teile beschreiben zusammen fast das gesamte Elend dieser Debatte.

Markt ist Unterordnung unter den Mangel. Markt ist: sich nur das "kaufen", was man "sich leisten kann". Markt ist schlicht eine Idee, die sich nicht mit Bildung verträgt. Sobald wir Wissen daran messen, wie teuer es sich verkaufen läßt und von wem an wen, verraten wir jedes Bildungsideal, das jemals einer hatte. Und niemals sollte man auf die Idee kommen, irgendwelche Menschen als "Ausschuß" zu bezeichnen, selbst wenn sich diese Idee im Wort "Hartz IV" verbirgt.

Wenn diese Gesetze, die gewisse Schulen beschreiben, tatsächlich den Staat konstituieren sollten, wie manche behaupten, dann wäre er auf Sand gebaut. Wer sich auf diese Schulen verläßt, wird verlassen werden. Diese Schulen wird bald gar niemand mehr kaufen.

In der Tat gehen Brüche durch das gesamte System. Grundrechte verletzt? Nein, eingegriffen (Zitat CorinnaMira)! Gebeugt! Verzerrt! Man wird sich drehen und wenden können, wie man mag, der Widerspruch zwischen den Ansprüchen des einzelnen und den Ansprüchen, die ihm da angediehen werden, kann nicht größer sein. Wir sind alle anders? Pustekuchen! Wir machen alle gleich! Helle Köpfe? Abgeschnitten! Prinzip Champignon. Wer nicht in dieses Raster paßt, paßt in gar keins mehr. Selbsterfüllende Prophezeihungen.

Oh, Du kannst schon fünfstellige Zahlen multiplizieren? Na gut, ich gebe Dir eine 1. Du magst doch mal einen Abschluß, oder willst Du mal Hartz-IV-Empfänger werden? Zertifikate - das Wort bezeichnet nicht zufällig gleichzeitig die Ergebnisse von Schulbildung und auch geldwertes Vermögen. Bildung ist eben nicht die Fähigkeit, sich nach erfolgter Erpressung ein Scheinchen mit Stempel abzuholen.

Das Gegenmodell liegt übrigens im Handwerk. Wenn man schon dafür bezahlt wird, kann man immerhin auch gute Arbeit leisten. Jeder kann das, jeder sollte das können. Die Betonung liegt hier auf "gut" [5].

So bleiben den Sockenpuppen der Kirchen und der großen Konzerne eben nur zwanghaft und unwillig wirkende Versuche, "Ad Hominem"-Attacken zu fahren. Ketzereianklagen und Stildebatten. Was denn auch sonst. Es gäbe ja dann auch nichts anderes mehr. Nur noch Erkenntnis.

Zum Schluß bleibt mir eigentlich nur, zu sagen, dass man mich gewarnt hatte vor solchen Versuchen. Dass die Piratenpartei unterwandert werden könnte, und dass man dies nicht unbedingt erkennen könne. Vielleicht kann das tatsächlich nicht jeder. Ich aber schon.


[1] http://www.die-glocke.de/lokalnachrichten/regionales/Bertelsmann-investiert-in-US-Bildungsmarkt-347ec0d5-1542-4a62-9f14-82b77099df78-ds

http://www.wiwo.de/economy-business-und-finance-bertelsmann-investiert-in-akademischen-bildungsmarkt/6076550.html

[2] http://de.wikipedia.org/wiki/Mem

[3] http://www.lyricstime.com/knorkator-das-lied-lyrics.html

[4] Die Natur dieser Grundlage ist durchaus interessant. Die Sprache ist sicher eine Grundlage. "Das Recht" gehört sicher auch dazu, in der dynamischen Form Jurisdiktion und auch in der fixierten des Gesetzes.

[5] vgl. "Zen und die Kunst, ein Motorrad zu warten" - Pirsig