Benutzer:2weiX/burschi

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Bist Du ein "Burschi"?

Wenn man so will, ja. Ich bin Mitglied einer pflichtschlagenden Studentenverbindung. Wie in fast allen Verbindungen ist hier die Bezeichnung "Bursche" für die aktiven Mitglieder korrekt. Die Bezeichnung "Burschi" allerdings ist zurückzuführen auf den Verbindungstyp "Burschenschaft" - jedenfalls nach allgemeingebildeter Lesart. Das Wort "Bursche" leitet sich vom frz. bourse ab, was soviel wie "Wohngeld" heisst. Die Studenten an den ersten Deutschen Universitäten wohnten in Gemeinschaftsunterkünften, welche Bursen genannt wurden. Leider ist das Wort "Burschenschaft" zum Synonym für alle Arten von Studentenverbindungen geworden, ein Umstand, der es vielen erschwert, sich zu ihrer Mitgliedschaft zu bekennen, und der dafür sorgt, dass alle Korporierten (das ist der Fachausdruck) generell als dumme Nazis dargestellt werden.

Achwas. Was gibts denn da noch?

Es gibt neben den Burschenschaften noch drei weitere große pflichtschlagende Dachverbände.Den Coburger Convent, den Kösener Senioren Convents-Verband (KSCV) und den Weinheimer Senioren-Convent (WSC). Daneben gibt es noch dutzende von konfessionellen, musischen, sportlichen (von der Sängerschaft bis zum Ruderclub)... Allein in Berlin gibt es ca 13 Pflichtschlagende und über ein Dutzend nichtschlagende Verbindungen.

Und wo bist Du jetzt?

Ich bin Mitglied einer sogenannten "Landsmannschaft". Unser Dachverband ist der CC (siehe oben). Hier ist ein Wiki-Link: http://de.wikipedia.org/wiki/Coburger_Convent und hier ist die Webseite: http://www.coburger-convent.de/ Hier findest Du folgendes Zitat: "Die Verbindungen des Coburger Convents vertreten das Toleranzprinzip, nehmen alle männlichen Studenten unabhängig von ihrer ethnischen und sozialen Herkunft, ihrer sexuellen Orientierung und ihrer religiösen Überzeugung auf". Diese Einstellung wird in der Tat gelebt.

Wie bist Du denn darauf gekommen?

Zimmerfalle, so einfach. Meine WG musste aufgelöst werden, und ich brauchte ein Zimmer. Hab mir das Haus und die Leute angekuckt, und bin nach einem knappen halben Jahr beigetreten.

Und warum bist Du da (noch) dabei?

Weil's Spaß macht und schmeckt. Es wäre verlogen zu behaupten, daß ich den exklusiven Aspekt des Verbingungstums nicht schätzen würde. Wer dabei bleiben will, muss sich der Mensur stellen. Man muss Verantwortung übernehmen. Die Organisation der Verbindung liegt in den Händen eines vierköpfigen Teams, das aus Aktiven (also Studenten) besteht. Hier lernt man eine ganze Menge über Organisation, Delegation, Teamwork. Es ist auch wirklich beeindruckend, mit Menschen auf "Du und Du" zu sein, zu denen man sonst keinen Zugang hätte. Lasst Euch aber nicht erzählen, daß das ganze eine einzige "Karrieremaschine" sei. Wie im "echten" Leben werden diejenigen, die in irgendwelchen Feldern protegiert werden, nach Fähigkeiten ausgewählt, nicht nach irgendeiner Mitgliedschaft. Zuletzt zum "Spaß und Schmackhaft": Es wird gerne und auch manchmal viel getrunken. Wer Spaß hat an der gepflegten Feierei, kommt auf jeden Fall auf seine Kosten. Die Darstellung, daß von morgens bis abends ein Bier nach dem anderen gepresst würde, ist jedoch (leider?) falsch... im Gegenteil! Es wird strengstens darauf geachtet, daß alle sich auch volltrunken noch anständig benehmen können, daß alle ihre Grenzen kennen. Fehlverhalten wird geahndet.

Uns bist Du jetzt ein Nazi, oder was?

Nein! Es ist sicher richtig, daß sich in Verbindungen eher ein konservativer Querschnitt der Studentenschaft abbildet, dies allein jedoch ist kein Grund, Verbindungen an und für sich ablehnend entgegenzustehen. Im Gegenteil! Sämtliche Korporierten sind angehalten, sich im demokratischen Prozess zu engagieren. Ich zitiere aus der Satzung meiner Verbindung:

“[Die Gemeinschaft] beruht auf den Grundsätzen Ehre, Freiheit, Freundschaft, Vaterland sowie auf den Traditionen der demokratischen Gleichheit, der Liberalität der Sache nach und der Ablehnung jeder parteipolitischen, ideologischen und konfessionellen Bindung der Korporation. Ihre Ziele sind lebenslange Verbundenheit und gegenseitige menschliche Hilfe, Bildung der Persönlichkeit, Mitarbeit an der Gestaltung der Hochschule und des freiheitlich demokratischen Rechtsstaates.”

Ich kann für mich, meinen Bund und meinen Dachverband sagen, daß rechtsradikale Umtriebe hier NICHT geduldet werden. Wie die Gesellschaft im Allgemeinen wird auch das Verbindungsleben immer von denen geprägt, die HEUTE leben. Das heisst in unserem Fall, dass diejenigen, die in den Verbindungen den Ton angeben, im Moment so zwischen 19 und 25 Jahren alt sind. Diese Leute sind ganz normale Studierende, wie Du und ich.

Sind "Ehre" und "Vaterland" aber nicht rechtskonservativ belegte Begriffe?

Nein. Hier eine kurze Zusammenfassung mit den gebräuchlichsten Begriffen, die Verbindungen als ihre Prinzipien anführen: http://de.wikipedia.org/wiki/Prinzipien_von_Studentenverbindungen. Natürlich kann jeder jeden Begriff immer umdeuten. Ich für meinen Teil definiere "Ehre" in meinem persönlichen Leben so, daß ich mein Wort halte, die Wahrheit sage, zu meiner Meinung stehe (das habe ich schon früher getan, wie viele Lehrer, Dozenten und meine Eltern leidvoll haben erfahren müssen - wieder und wieder) und die Meinung und Freiheit der anderen achte. Deswegen, nebenbei, bin ich PIRAT geworden, weil es sonst keine Partei (mehr) gibt, die für diese Grundsätze einsteht.

Sammlung der "AStA-Reader" über Burschis

Vieleicht hab ich mal Zeit, zu jedem dieser Reader meinen Senf dazuzugeben.