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Positionspapier zum Thema Haushaltsabgabe

Eine Bestandsaufnahme zur inzwischen weithin unliebsam gewordenen Rundfunkgebühr

Erschöpft sich eine Rundfunkreform in plausibleren Zahlungspflichten?

In Berlin zeigt man sich entschlossen, dem Öffentlich-Rechtlichen-Rundfunk neue Einnahmequellen zu erschliessen. Mit der pauschalierenden Haushaltsabgabe, die kürzlich durch Paul Kirchhof, Mitglied des Kompetenzteams der Kanzlerkandidatin Merkel 2005, auf die Tagesordnung gebracht wurde, soll zukünftig von der bisherigen Gebühr für vorhandene Rundfunkgeräte Abstand genommen werden.

Das Kirchhof-Gutachten wurde von den Ministerpräsidenten der Länder und ARD, ZDF und Deutschlandradio in Auftrag gegeben und von denselben inhaltlich nicht staatstragend kritisiert. Die reflexartige Abwehrhaltung der Sender gegenüber einem Werbeverbot kommt nicht überraschend und ist wohl Teil der Inszenierung einer einkalkulierten Kompromisslösung mit der Regierungskoalition.

Von einer Erosion der Gebührenneinnahmen und Handlungsbedarf war bislang die Rede.
Wird die Rundfunkgebühr nun tatsächlich durch eine Haushaltsabgabe ersetzt, soll diese pro Haushalt 17,95 EUR monatlich ausmachen, was den Anstalten kräftige Mehreinnahmen in die Kassen spült. Denn bei Inkrafttreten müssten auch jene zahlen, die bisher keine empfangsfähigen Geräte bereithielten.

Der 7,3 Milliarden Euro Etat des ÖR wird nun aber keineswegs in Frage gestellt, in keinem anderen Land der Welt wird staatlich organisierter Rundfunk finanziell so gut ausgestattet. Der Leitsatz der britischen BBC, die etwa mit einem halb so grossen Budget gut funktioniert, "Qualität statt Quantität" ist bei dem der CDU nahestehenden Paul Kirchhoff offenbar nicht Grundlage des Wirkens.

Die wegen der Horch-und-Guck Methoden ihrer Außendienstbeauftragten bekannt gewordene GEZ mit ihren 1.100 Mitarbeitern steht ebensowenig zur Disposition. Welche Aufgaben sie in Zukunft übernehmen soll bleibt offen.


Die Haushaltsabgabe, ein probates Mittel des Fortschritts?

Die Strukturen der Öffentlich-Rechtlichen Rundfunkanstalten haben sich in den letzten Jahren festgefahren, eine Anpassung an die sich wandelnde Gesellschaft ist nicht erkennbar.

Undifferenzierte pauschale Abgaben halten immer mehr Einzug in den Alltag. Egal ob Druckerpapier, USB-Sticks oder CD-Rohlinge; Film und Musikwirtschaft erhalten einen festen Anteil vom Ladenpreis, ganz unabhängig einer möglichen Verwendung als Speicher für Film- oder Musikdateien.

Die Piratenpartei kritisiert solche Finanzierungsmodelle ähnlich einer Kopfsteuer scharf, diese widersprechen dem sozialen Geiste unseres Grundgesetzes. Während unser Staat den Hartz IV Beziehern unter dem Begriff "Grundversorgung" nur das Lebensnotwendigste zugesteht, sollen dem Rundfunk hingegen Champagnerfrühstück und Butlerservice erlaubt sein. Mit der Einführung des Privatfernsehens hat sich die Situation völlig geändert, die Allgemeinheit muss nicht mehr selbst für das vollständige Programm sorgen. Mit der digitalen Revolution ist es jetzt jedem erlaubt seine Meinung auch per Video in die Welt zu senden, zu minimalen Kosten. Wofür also noch teuren Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk mit Vollversorgung?

Der Grund für die Änderung des bisherigen Gebührenmodells hin zu einer Haushaltsabgabe  wird durch die umfangreichen Möglichkeiten des Internets und die immer größer werdende Anzahl an mobilen Geräten mitbegründet, die nunmehr auf das Internet zugreifen können. Dabei wurden der Öffentlich Rechtliche Rundfunk gerade gezwungen, sein Angebot im Internet weit hinter die Möglichkeiten zurück zu stellen. Aktuell muss insbesondere das ZDF das Angebot seiner Online-Mediathek in der Verweildauer stark einschränken und grosse Teile bisher öffentlicher Archive von der Monitorbildfläche verbannen.

Das Bundesverwaltungsgericht entschied kürzlich: Wird ein Behindertentransporter ausschließlich zur Beförderung von Behinderten genutzt, darf die GEZ keine Autoradio-Rundfunkgebühr einziehen. Sind für den Dienst-PC ohne Radio/TV Funktion Gebühren zu entrichten? Eine klare Linie ergibt sich nach den sehr unterschiedlichen Interpretationen von Gerichten jedenfalls nicht. Dass hier der mündige Bürger immer ratloser wird, nicht mehr nachvollziehen kann, was die Rundfunkanstalten für welche Empfangsgeräte in Rechnung stellen, ist verständlich.


Überflussprogramm mit Goldkante?

Wenn die Rundfunkausschüsse der Bundesländer nun versuchen, Abmeldungen zu kompensieren indem jeder Bürger per Definition zu einem Rundfunkteilnehmer wird, ist die notwendige Weiterentwicklung massiv gefährdet.

Denn warum sollten sich die Sender den ändernden Zuschauerbedürfnissen anpassen, wenn die Einnahmen garantiert sind?

Die Finanzierung durch Gebühren ist nicht nachweislich mit öffentlichem Interesse begründbar. Verliert das Fernsehen Zuschauer, und damit Gebührenzahler, muss es sich weiterentwickeln, um in einem von Wettbewerb geprägten Umfeld Attraktivität zu bewahren.

Das Öffentlich-Rechtliche Fernsehen hat einen Programmauftrag zu erfüllen, der im jeweiligen Landesrundfunkgesetz verankert ist. Danach sollen die Programme dem Zuschauer umfassend und ausgewogen Information, Bildung und Kultur anbieten. Bestimmte journalistische und ethische Prinzipien sind einzuhalten, parteipolitisch neutrale Berichterstattung darf man erwarten.

Jeder versteht unter dem Begriff „Unterhaltung“ etwas anderes. Es kann nicht sein, dass unter dem Deckmantel Grundversorgung bestimmte Geschmäcker  abhängig von Quoten bevorteilt werden. Das Unterhaltungsprogramm des Öffentlich Rechtlichen Rundfunks unterscheidet sich inzwischen kaum mehr von dem der Privatsender, wo aber ganz ohne staatlich garantierte Budgets produziert wird.


Handlungsempfehlung

Reformbedarf gibt es mehr als genug.

Die Akzeptanz des Bürgers für Rundfunkgebühren schwindet indes. Warum für ein Produkt bezahlen, dass man gar nicht nutzen möchte. Nur wer Dienstleistungen in Anspruch nimmt sollte auch dafür aufkommen müssen.

Wenn die bisherige Rundfunkgebühr entsprechend Gerätetyp durch die technische Entwicklung nun allgemein anerkannt als überholt gilt, könnten sich Piraten eine Finanzierung über eine entsprechende Position im Bundeshaushalt gut vorstellen. Über Verteilungsschemen an die jeweiligen Sender lässt sich beraten. Auch nutzungsabhängige Finanzierungsmodelle sind denkbar. Die moderne Technik kann hier differenzieren und stellt bereits heute Möglichkeiten zu einer solchen Umsetzung zur Verfügung.

Die im Staatsvertrag festgeschriebene Staatsferne muss endlich hergestellt und der Einfluss der Parteien in den Sendehäusern ausgeschlossen werden.

Der ÖR sollte Inhalte im Internet zumindest programmbegleitend verbreiten und dafür alle Kanäle wie auch die Privaten nutzen dürfen.

Das  in sportlich sehr aktiven Jahren stark erhöhte Sportbudget könnte deutlich reduziert werden. Selbst wenn das damit verbunden ist, derartige Veranstaltungen künftig nicht mehr im ÖRR zu sehen. Warum keine Fussball WM, EM oder Olympia auf Privatsendern, wenn die Übertragung allgemein zugänglich und qualitativ ansprechend bleibt? Wir möchten, dass die Spirale des Milliardenpokers um die teuersten Sportsenderechte zum Vorteil von Vermarktern und Veranstaltern verlassen wird. Elitäre Verfahren in denen mit öffentlichen Geldern um Höchstgebote gezockt wird, gehören auf einen ebenso öffentlichen Prüfstand.

Bildungsangebote gibt es im werbefinanzierten Privatfernsehen in wissenschaftlichen Standards nicht, da sie sich nicht rechnen und weit hinter dem zurückbleiben, was mit einem Boulevardprogramm erwirtschaftet werden kann. Unsere Gesellschaft jedoch wird von bildungsfördernden Sendungen profitieren.

31.05.2010